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Das Ende aller Sorgen

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Am liebsten hätte sie ihm das arrogante Grinsen aus dem Gesicht geohrfeigt. Glockner trat wieder heran und musterte Erik mit scharfem Blick. „Also gut. Wie mir soeben gesagt wurde, haben Sie bereits mit Wespe darüber gesprochen. Er hat Erkundigungen über Sie eingeholt und laut ihrem Vorgesetzten sind Sie tatsächlich ein qualifizierter Präzisionsschütze. Er hat Sie ausdrücklich als fähigen Mann empfohlen. Wespe wird Sie also einweisen. Denken Sie immer daran, geschossen wird nur auf meinen direkten Befehl." Er sah den beiden Männern nach. Schließlich wandte er sich an Linda. „Ich bin guter Dinge, dass wir die Präzisionsschützen nicht brauchen werden. Sie haben ihn dazu bewegt die Bankangestellte, den Wachmann und Sie selbst freizulassen. Das war hervorragende Arbeit. Hoffen wir also, dass das ein Zeichen ist, dass er mit sich reden lässt. Wenn Sie nichts dagegen haben, bleiben Sie bitte noch etwas hier. Sie haben ihm Auge in Auge gegenüber gestanden. Ich hätte gerne Ihre Unterstützung, um ihn korrekt einzuschätzen, wenn wir mit ihm verhandeln."

Andys Hände, in denen er die Pistolen hielt, zitterten. Beide. Hoffentlich bemerkte niemand, wie unsicher er war. Vielleicht war es besser, nur mit der Spielzeugpistole herumzufuchteln, damit nicht noch jemand verletzt werden konnte. Aber sich eine echte Waffe in Actionheld-Manier in die Hose zu stecken, das traute er sich nicht. Zum einen aus Angst, dass sie aus Versehen losgehen könnte und zum anderen war die Waffe deutlich schwerer und er würde sie vielleicht verlieren. Das wäre ziemlich peinlich. Er kam sich sowieso schon vor wie ein Amateur. Verdammt, er war ein Amateur! Und wieso machte er sich überhaupt über solche Selbstverständlichkeiten so viele Gedanken? Er steckte die Spielzeugpistole hinter seinen Rücken in den Hosenbund und wandte sich seinen Geiseln zu.

Diese hatten inzwischen ihre Handys abgeben müssen und saßen in dem Bereich, der für die Beratungsgespräche vorbehalten war. Die Oma hatte das auf dem Boden liegen einfach nicht mehr ertragen können. Und das kleine Mädchen hatte das Spiel „Still-Liegen" auch sehr schnell satt gehabt. Nun waren die Leute an einem der Tische versammelt, starrten ihn an und unterhielten sich leise.

Er winkte dem verbliebenen Bankangestellten. „Sie da. Wie stellt man das Kamerasystem ab?" Der hagere Mann richtete sich auf. „Die Kameras sind Attrappen. Wir haben aber im nächsten Quartal eine Modernisierung geplant." Die Modernisierung war Andy herzlich egal. Er schaute argwöhnisch nach oben. Es schien allerdings wahr zu sein. Fast schon eine Ironie, ein Banküberfall mit einer unechten Pistole, während er von unechten Kameras gefilmt wurde.

Andy sah sich die Pistole, die er dem Wachmann abgenommen hatte, genauer an. Irgendwie musste man die Knarre doch sichern können? Nach einigem Suchen, fand er einen kleinen Hebel. Das musste es sein. Mit seinem Daumen legte er ihn um. Eine laute Melodie ertönte. Erschrocken fuhr er zusammen. Fast hätte er die Pistole fallen gelassen.

Es war eines der Telefone, das auf einem Schreibtisch stand. Bewegungslos stand Andy da. Das Telefon klingelte wieder und wieder. Die Melodie schien immer lauter und von Mal zu Mal eindringlicher zu werden. „Wollen Sie nicht langsam mal abnehmen?" rief der südländisch aussehende Geschäftsmann ihm schließlich genervt zu. „Das ist sicher die Polizei, die mit Ihnen verhandeln will." Wie in Trance setzte Andy sich in Bewegung. Wahrscheinlich hatte der Typ Recht. Endlich nahm er den Hörer ab. „Hall...Hallo?"

„Hier spricht Hauptkommissar Glockner. Bitte bleiben Sie ganz ruhig, wir finden eine Lösung. Es muss niemand mehr verletzt werden. Ich bin hier, um mit Ihnen zu verhandeln. Aber zuerst muss ich wissen, ob es allen gut geht. Brauchen Sie vielleicht medizinische Unterstützung?" Andy schloss kurz die Augen. Grandios. Schnell rein, schnell raus. So war es geplant gewesen. Und jetzt stand er hier, als Geiselnehmer und verhandelte mit der Polizei. Ein Desaster. Ein Alptraum. Er wünschte, er könnte die Zeit zurückdrehen und alles ungeschehen machen.

„Hallo, sind Sie noch dran?", fragte die Stimme des Hauptkommissars. „Ja, ja ich bin noch da. Es geht allen gut.", beeilte er sich zu sagen. „Wie gesagt, mein Name ist Glockner. Wie soll ich Sie ansprechen?" Andy stutzte. Seinen echten Namen konnte er natürlich nicht nennen. Obwohl, eigentlich war es auch egal. Was sollten die schon mit seinem Vornamen anfangen können. „Sie können mich... also, nennen Sie mich einfach Andy."

„Also gut - Andy. Wenn Sie die Geiseln freilassen, verspreche ich, dass Ihnen nichts geschehen wird. Wenn Sie kooperieren, wird sich das strafmildernd auswirken und ich kann mich für Sie einsetzen." Andys Hand krampfte sich um den Telefonhörer. Schweiß brach ihm aus. Er wollte nicht ins Gefängnis. Auf gar keinen Fall. „Nein, das kommt nicht in Frage." antwortete er knapp. Kurz war es still in der Leitung. „In Ordnung, das muss ich akzeptieren. Hauptsache, Sie bewahren die Ruhe. Haben Sie irgendwelche Forderungen?" „Nein. Doch. Vielleicht später...". In Andys Kopf kreisten die Gedanken. Wie konnte er aus dieser Situation entkommen? Er brauchte erst einmal Zeit.

Glockner wartete, doch Andy war nicht gewillt, oder nicht in der Lage, irgendwelche sinnvollen Diskussionen mit der Polizei zu führen. Also ergriff der Beamte erneut die Initiative. „Gut, das ist in Ordnung. Wir kriegen das schon hin. Wie wäre es, wenn Sie uns ein Zeichen des guten Willens geben und eine Geisel freilassen? Das würde es mir deutlich einfacher machen mich hier für Sie einzusetzen." „Nein, lieber nicht." Andy wusste gar nichts mehr. Am liebsten, hätte er einfach aufgelegt. - Am liebsten wäre er gar nicht hier.

Glockner runzelte unwillig die Stirn. So kam er nicht weiter. „Geduld ist eine Tugend", ermahnte er sich. Dieses Mal beendete Andy die Gesprächspause. „Ich werde jetzt auflegen. Wenn Sie irgendetwas unternehmen, werden hier Menschen sterben!" Mit diesen Worten legte Andy tatsächlich auf. Glockner gab seinem Techniker einen Wink, die Aufzeichnung zu beenden. Dann wandte er sich Wespe zu, der inzwischen zurückgekehrt war.

„Das war garantiert eine ungeplante Geiselnahme", überlegte der Hauptkommissar. „Und ich glaube, er macht das zum ersten Mal. Wir müssen vorsichtig sein, wenn er sich in die Enge getrieben fühlt, schnappt er vielleicht über." Wespe nickte. „Ja, unser Andy scheint reichlich unentschlossen. Den Namen hat er sich garantiert ausgedacht." Linda rieb sich gedankenverloren die Nasenspitze. „Vielleicht auch nicht." „Woher wollen Sie das wissen?", hakte Wespe nach. Linda zuckte die Achseln. „Es ist einfach nur so ein Gefühl." „Wie sieht der Plan aus, Chef?" Abwartend sah Wespe seinen Vorgesetzten an. Glockner kratzte sich am Kopf. Er hatte bereits das eine oder andere graue Haar, und irgendwie war er sich sicher, dass er heute noch ein paar mehr bekommen würde.

„Ich glaube, er ist nicht unmittelbar gefährlich. Die Frage ist, stürmen oder weichkochen. Klar ist, unser Andy ist unsicher. Das bedeutet, wenn wir anfangen die Scheiben einzutreten, ergibt er sich vielleicht. Genauso gut kann es aber sein, dass er in Panik gerät und wahllos um sich ballert. Ich glaube, die beste Taktik ist das Verhandeln. Jedenfalls solange er keine Anzeichen macht Amok zu laufen."

Linda gab sich Mühe ihre Erleichterung zu verbergen. Andy war zwar kriminell, aber als sie sich gegenüber gestanden hatten, war ihr die ganze Zeit klar gewesen, dass sie keinem kaltblütigen Mörder gegenüberstand. Das wurde ihr erst jetzt zum ersten Mal richtig bewusst. Wespe wiegte überlegend den Kopf hin und her. „Ist schon richtig, Chef, aber dieser Andy ist dermaßen unsicher, dass er nicht einmal weiß, was er am Telefon sagen soll."

Glockner rieb sich das Kinn. „Ja, das Verhandeln ist wirklich kompliziert, wenn nur eine Seite redet. Ich muss irgendwie einen Draht zu ihm finden." Sein grübelnder Blick fiel Linda. „Und, was meinen Sie dazu?", fragte er schließlich. „Ich glaube auch, dass man mit ihm verhandeln kann. Das Schlimme ist ja, dass ein kleines Mädchen unter den Geiseln ist. Ich würde auf jeden Fall weiter mit ihm reden." Mehr fiel ihr irgendwie nicht ein.

Glockner lächelte. „Sie würden mit ihm reden?" Linda verstand erst nicht, worauf der Hauptkommissar anspielte, aber dann wurde ihr klar, dass sie sich missverständlich ausgedrückt hatte. „N.... Nein, so war das nicht gemeint.", stotterte sie. „Ich wollte damit sagen, dass er mit sich reden lässt, schließlich hat er doch auch die Frau und den Wachmann gehen lassen..."

„Ja, nachdem Sie mit ihm verhandelt haben. Ich bin für ihn nur ein gesichtsloser Anrufer. Sie dagegen kennt er bereits. Die Idee ist doch gar nicht so schlecht. Vielleicht vertraut er Ihnen mehr als mir. Wir können Sie bei den Verhandlungen unterstützen, Ihnen Zeichen geben oder aufschreiben, wie Sie jeweils reagieren sollen. Was meinen Sie, trauen Sie sich das zu?"

Wespe zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts. Linda versuchte ihre Unsicherheit zu verbergen. Schließlich nahm sie all ihren Mut zusammen und fasste sich ein Herz. „In Ordnung, ich mach's. Was soll ich sagen?"

Glockner griff zum Hörer und gab dem Tontechniker das Zeichen, die Aufnahme des Gesprächs vorzubereiten. „Versuchen Sie beruhigend auf ihn einzuwirken. Im Zweifelsfall stimmen Sie ihm zu, Streit müssen Sie auf jeden Fall vermeiden. Verbreiten Sie Optimismus, auf keinen Fall darf er denken, dass es keinen Ausweg mehr gibt. Und wie Sie bereits sagten: Versuchen Sie das Kind frei zu bekommen." Mit diesen Worten drückte er die Wahlwiederholung und reichte ihr den Hörer.

Linda biss sich aufgeregt auf die Lippen, während sie den Hörer ans Ohr presste. „Ja, Hallo?" meldete sich Andy. „Hallo Andy, hier spricht Linda. Ich bin die Polizistin, die bei Ihnen in der Bank war. Sie können sich doch an mich erinnern?" „Ja, natürlich." Eine kurze Pause. „Ich hoffe, der Bankangestellten geht es gut und sie ist nicht gestorben?" Linda musste ein Lachen unterdrücken, denn Glockner und Wespe zogen synchron die Augenbrauen hoch und wirkten etwas fassungslos. Der Geiselnnehmer war besorgt um seine Ex-Geiseln? „Ihr geht es soweit gut, sie ist ärztlich versorgt worden." Mit jedem Wort wurde Linda selbstsicherer. „Andy, wir müssen über Ihre Situation sprechen..." Wieder wurde es still in der Leitung. „Ja, in der Tat.", stimmte ihr Andy dann zu.

„Die Bank ist umstellt und hier ist überall Polizei...", begann Linda. Hektisch schrieb Wespe etwas auf eine kleine Tafel und hielt sie ihr hin. „Keine Auswegslose Lage suggerieren!", stand da in schnell gekritzelter, fast unleserlicher Schrift. Linda ignorierte die Tafel. „Andy, die Bank ist umstellt. Hauptkommissar Glockner will Ihnen wirklich helfen, aber er braucht Argumente. Verstehen Sie?" Andy räusperte sich. „Ja, ich denke schon. Wollen die die Bank stürmen? Dann gibt's aber Tote!" „Nein, nein", versicherte Linda schnell. „Andy, können Sie mir bitte entgegenkommen und das Kind freilassen? Seien Sie kein Unmensch!" Die Sekunden verstrichen, und schienen sich zu Minuten auszudehnen. „Helfen Sie uns, dann verschaffen wir uns allen etwas mehr Zeit!"

„Das klingt gut", kam zögernd die Antwort. „In Ordnung, ich lasse das Kind laufen." Glockner schüttelte stumm aber begeistert die Faust, fast könnte man meinen, er würde Fußball gucken und Deutschland hätte ein Tor geschossen. Wespe dagegen grinste nur breit. Sein Chef war ein verdammtes Genie! Doch Linda war noch nicht fertig. „Die Mutter muss natürlich auch mitkommen dürfen.", meinte sie lapidar.

Andy fühlte sich etwas überrumpelt. „He, so war das aber nicht abgemacht. Mir gehen hier so langsam die Geiseln aus...". Linda tat entrüstet. „Na hören Sie mal, Sie können das Kind doch nicht ohne seine Mutti rausschicken. Hier stehen lauter bewaffnete maskierte Männer rum, was meinen Sie, was das Kind da für eine Angst bekommt." Darauf wusste er keine Antwort. Linda verwirrte ihn.

„Meinetwegen, ich schicke die beiden dann jetzt raus." Andys Stimme wirkte leicht resigniert. „Es war schön mit ihnen zu sprechen." Dann legte er auf. Ungläubig starrten die beiden Männer Linda an. „Er muss die Mutter freilassen, weil das Kind sonst Angst hat?", stieß Wespe schließlich hervor. Linda lächelte ihm zu. „Frauenlogik. Diskutieren zwecklos!" Sie fühlte sich großartig. Glockner lachte schallend. „So steht das in keinem Polizei-Lehrbuch, aber der Erfolg gibt Ihnen Recht. Fantastische Leistung, dann wollen wir mal sehen, ob sich was an der Tür tut." Er nahm das Funkgerät, das vor ihm gelegen hatte. „Achtung an alle. Bereitschaft. Vermutlich kommen zwei Geiseln heraus."

Andy schüttelte den Kopf. Hatte er wirklich gesagt, dass es schön gewesen war mit ihr zu reden? Er war ein Volltrottel! Trotzdem, sie hatte eine Art an sich, die ihm gefiel. Oder aber es lag daran, dass er sich schon sehr lange nicht mehr mit einer so gut aussehenden Frau unterhalten hatte. So oder so, sie hatte eine sehr schöne Stimme.

Er unterbrach seine Gedanken und wandte sich seinen Geiseln zu. „Das Mädchen und ihre Mutter dürfen gehen. Alle anderen bleiben sitzen!". „Wir wollen auch gehen", rief die elegant gekleidete Frau. Zustimmendes Gemurmel kam auf. „Ruhe jetzt!", rief Andy. Mit der Pistole winkte er der Mutter mit ihrem Kind zu. „Gehen Sie. Machen Sie schon, gehen Sie endlich." Er schaute das kleine Mädchen grimmig an. Es fing an zu weinen. Das tat ihm leid. „Die Polizei weiß Bescheid, es wird nichts geschehen. Jetzt kümmern Sie sich um ihre kleine Tochter, sie ist zur falschen Zeit am falschen Ort." Er zwinkerte dem Kind zu, damit es keine Angst mehr hatte. Die Frau stand auf, nahm ihre Kleine an die Hand und drückte sich ängstlich an ihm vorbei. „Danke!", hauchte sie, als sie ihn passierte.

Andy nickte ihr zu. „Ist schon in Ordnung. Bitte öffnen Sie die Tür nur einen Spalt, wenn Sie hinausgehen und schließen Sie sie hinter sich!" Es dauerte nicht lange und das Telefon klingelte erneut. Zu Andys Enttäuschung war es nur der Hauptkommissar. „Vielen Dank für Ihre Kooperation. Brauchen Sie noch irgendetwas? Medizinische Versorgung vielleicht?"

„Nein, es geht allen gut." Andy hielt kurz inne. „Kann ich mit ihrer Kollegin reden? Ich weiß nur Ihren Vornamen, sie heißt Linda." Kurz war ein leiser Satz zu hören „... hier, er will mit Ihnen sprechen...", da knackte es auch schon in der Leitung und Lindas glockenhelle Stimme erklang. „Ja Andy? Was ist los?" „Sagen Sie dem Mädchen, dass es mir leid tut, ja? Sie hatte Angst vor mir und geweint." Linda wiegelte ab. „Nicht wegen Ihnen. Ich glaube es war einfach zu viel Aufregung für die Kleine. Ist ja auch verständlich, oder?" „Ja schon." Eine Weile schwiegen sie beide.

„Linda?" „Ja?" „Sie denken sicher, ich bin ein Krimineller. Ein schlechter Mensch." „Nein Andy, sicher nicht. Na ja, kriminell schon, aber ein schlechter Mensch... Ich kenne Sie doch gar nicht. Und bisher wirken Sie nicht wie ein „Bad Boy" auf mich. „Danke", meinte Andy lapidar. „Das baut auf. Freundlich, lieb und nett, kriegte nie... - Naja, das ist 'nen Insider." Linda lachte. „Das Lied kenne ich!" Der verbliebene Bankangestellte winkte. „Hallo. Entschuldigung. Ich will ja nicht stören, aber einige von uns müssen mal auf die Toilette!" „Entschuldigen Sie, ich muss leider aufhören", verabschiedete sich Andy hastig. Er hörte gerade noch ein „Ja, ok...", dann legte er auf.

Die Zeit verging. Andy grübelte unentwegt darüber nach, wie er aus der vertrackten Situation entkommen konnte. Ging das überhaupt noch? Die Geiseln begannen sich zu langweilen. Der Geschäftsmann hatte sich seinen Laptop, erbeten. Nachdem Andy sich überzeugt hatte, dass das Gerät keinen Internetzugang besaß, durfte der Mann sich seiner anscheinend sehr wichtigen Arbeit widmen. Die übrigen Geiseln vertrieben sich inzwischen die Zeit mit albernen Spielen. „Ich sehe was, was du nicht siehst!" Andy schüttelte den Kopf. Als wenn sie auf einer Autofahrt wären. Das waren erwachsene Menschen! Überhaupt, eine richtige Geiselnahme müsste ja eigentlich ganz anders aussehen. Wie im Film halt.

Wie entkam man denn im Filmen? Sollte er sich einen Jumbo-Jet bestellen? Quatsch. Vielleicht einen Hubschrauber? Aber dann brauchte er auch einen Piloten und Hubschrauber waren sicherlich per Radar zu orten. Nein, er brauchte etwas Realistisches. Etwas, das funktionieren konnte. Ein Auto vielleicht. Aber wann hatte ein Geiselnehmer schon mal erfolgreich per Auto flüchten können? Sicher würde er bereits beim Einsteigen ins Auto erschossen, vollständig konnte man sich schließlich nicht hinter einer Geisel verstecken, es sei denn mit einer Tarnkappe. Und die waren noch nicht erfunden. Dieser Glockner hatte nach Forderungen gefragt. „Toll. Am besten hätte ich von ihm eine Idee gefordert, wie ich von hier entkommen kann.", murmelte Andy vor sich hin. „Mir fällt jedenfalls nichts ein."

Es war verdammt heiß unter der Skimaske. Für die sommerlichen Temperaturen war so ein Textil gänzlich ungeeignet. Das Atmen fiel ihm schwer und mit dem Ding auf dem Kopf Denkarbeit zu leisten war unmöglich. Fast glaubte er zu ersticken. Also zog er sie ab und legte sie neben das Telefon. Sollten die Geiseln ihn doch ruhig sehen, das war jetzt auch egal. Andy musterte die Wand. Die große Uhr, die dort aufgehängt war, besaß einen Sekundenzeiger, der mit einem leise klackenden Geräusch Strich für Strich vorwärts sprang. Andy beobachtete eine volle Umrundung. Und dann noch eine.

Erik warf einen Blick auf seine Uhr. Was für eine langweilige Vorstellung. Er hatte gedacht, beim SEK war Action angesagt. Stattdessen lag er hier auf einem Flachdach herum. Würde er nicht gerade in der glühend heißen Sonne braten, er hätte inzwischen Moos angesetzt. Liebevoll streichelte er über die PSG-1 von Heckler & Koch. Das Gewehr fühlte sich geil an und sah auch geil aus. Genau das richtige für einen geilen Typen wie ihn. Er grinste.

Seine Abschussquote bei Frauen war enorm. Nur bei dieser Scheiß-Linda war er noch nicht gelandet. Die hielt sich für was Besseres. Aber er würde es der Alten schon noch besorgen. Er sah wieder durchs Zielfernrohr. Am liebsten hätte er nochmal reihum geschaut, zu den anderen Scharfschützen, aber das hatte dieser Wespe ihm strikt verboten. Was hatte der gesagt? „Nicht rumspielen, immer das Ziel im Auge behalten!"

Genauso ein Spießer wie dieser Glockner. „Präzisionsschütze". Was für ein umständliches Wort. Scharfschütze klang viel bedrohlicher. Und für einen scharfen Hund wie ihn auch passender. Wieder grinste er. Dann verzerrte sich sein Grinsen zu einer ärgerlichen Grimasse. Die hatten ihn doch mit Absicht hier postiert. Direkt gegenüber der Bank. Aber von so weit oben gab es nichts zu sehen, die Fenster da unten waren mit Jalousien versehen, die jeden Blick in die Bank verwehrten. Aus seiner Position war der Winkel so spitz, dass er höchstens jemanden erschießen könnte, wenn der sich da unten auf die Fensterbank setzte. - Wenn die Jalousien nicht wären. Seine Position hier oben war seiner Meinung nach total nutzlos.

Dann gab es da noch dieses halbkreisförmige Oberlicht. Aus Klarglas. Extra dick zwar, aber für die Durchschlagskraft seiner PSG-1 kein Problem. Das blöde war nur, auch hier war der Winkel so spitz, dass er durch sein Zielfernrohr grade mal etwas weniger als einen Quadratmeter Boden sehen konnte. Und dieser Quadratmeter befand sich in der Eingangshalle. Zum einen rannte so weit vorn niemand herum, schon gar nicht ein Bankräuber, zum anderen, selbst wenn der Typ durch sein Blickfeld laufen würde, so schnell würde er kaum reagieren können, um einen sauberen Abschuss zu erzielen. Vor allem, wenn er vorher noch Meldung machen musste, dass er schießen konnte und dann noch auf die Freigabe Glockners warten musste. Scheiß Vorschriften!

Erik mahlte mit den Zähnen. Egal, er war hier, er hatte dieses scheißgeile Gewehr -- und wenn er Geduld hatte, dann würde er diesem Scheißkerl Wespe und seinem Scheißvorgesetzten beweisen, dass er zum SEK gehörte. Er konnte zum Helden werden, einen Menschen abknallen -- und seine Kollegin würde gar nicht mehr anders können, als mit ihm, dem Retter der Geiseln, zu vögeln. Erik schnaubte wütend durch die Nase. Er wusste, dass er sich etwas vormachte. Aus dieser Position war kein Abschuss zu erzielen. Glockner und Wespe hatten ihn verarscht.