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Gejagt

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Nachts, im Wald, doch sie ist nicht allein.
4.1k Wörter
3.84
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Die Bäume knarrten und seufzten geisterhaft, während sie sich im Wind bogen. Im Dunkeln sahen sie aus wie große, dünne Wesen mit langen Armen, mit denen sie nach allem greifen konnten, was unter ihnen vorbeiging. Es waren alte Bäume, hoch. So sehr ich meinen Kopf in den Nacken legte, konnte ich doch nicht sehen, wie weit sie in den Nachthimmel reichten. Kein einziges Blatt wuchs auf ihnen – nur dünne Äste, die sich langsam in Wind hin und her wiegten.

Der Mond hatte sich hinter den Wolken versteckt, nur ein leichter Silberschein am sonst pechschwarzen Himmel wies auf seine Anwesenheit hin; und dicker Nebel, der sich zäh und in geheimnisvollen Umrissen über die Landschaft ergoß, machte es fast unmöglich, irgend etwas zu erkennen.

Der Waldboden fühlte sich feucht an unter meinen Füßen. Aus ihm wuchs keine einzige lebendige Pflanze; er bestand nur aus Schlamm und verwesenden Blättern. Dazwischen kleine tote Äste, die der Wind abgerissen hatte. Das Wasser sammelte sich auf dem Boden zu Pfützen, die hin und wieder eine dünne Eisschicht bedeckte – die Temperatur mußte in etwa null Grad betragen.

Der ganze Wald roch tot. Trotz der Dunkelheit wußte ich, daß es hier nichts Grünes gab, alle Pflanzen waren entweder verrottet oder vertrocknet. Ich spürte einen fernen Geruch von Schnee, konnte aber nichts Weißes entdecken. Die Luft war von Feuchtigkeit getränkt, und der Nebel machte das Atmen schwierig, er kroch in meine Nase und nistete sich in meine Lungen ein, und in meine Augen, die bald zu tränen begannen.

Ich stand allein inmitten des Waldes, ohne zu wissen, warum oder wie ich dort hingekommen war. Bekleidet war ich nur mit einem kurzen Nachthemdchen, das mich nicht gegen die Winterluft schützten konnte. Mir war, als sei ich gerade erst aufgewacht – wie dieser kurze Moment, in dem man nicht weiß wer oder wo man ist. Aber die Zeit verging, und meine Verwirrung blieb bestehen.

Der Wind begann kräftiger zu wehen und zerzauste mein Haar, wehte es mir ins Gesicht. Ich mußte es mit Hilfe meiner Hände wieder hinter meine Ohren zurück streichen. Unter meinen Fingern fühlte es sich schwer und verknotet an, einen Moment fürchtete ich, es nicht mehr in seine gewohnte Glätte und Weichheit zurück kämmen zu können.

Der Wind wollte mit mir spielen und versuchte, mein Hemd hochzuheben; wie kalte Finger kitzelte er an meinem Rücken entlang. Seine Kälte ließ mich erschauern, machte mir eine Gänsehaut. Ich verschränkte meine Arme und preßte sie dicht an mich, um etwas wärmer zu werden, aber es half nicht.

Unentschlossen sah ich mich um. In welche Richtung sollte ich gehen? Egal, wohin ich blickte, es gab nichts als diese toten Bäume, die sich im Winde wiegten, und deren Umrisse im Nebel immer verschwommener erschienen, um so weiter von mir entfernt sie standen. Nichts deutete auch nur auf Spuren menschlicher Existenz hin, keine Lichter, kein Weg.

Irgendwo hinter mir knackte etwas im Wald, wie ein kleiner Zweig, der unter dem schweren Gewicht eines größeren Tieres oder eines Menschen zerbricht, und auf einmal wußte ich, daß ich hier war, weil ich vor jemandem oder etwas davonlief. Schnell wandte ich mich weg von der Richtung, aus der das Geräusch gekommen war, und begann zu laufen. Nach nur wenigen Schritten wurde ich schneller, schließlich fing ich an zu rennen – irgend etwas in mir sagte mir, daß ich fliehen muß.

Kleine Zweige und Eissplitter am Boden stachen in meine nackten Füße. Die ersten Male, da dies geschah, wollte ich anhalten, nachsehen, welche Verletzungen sie mir zugefügt haben mochten. Aber ich lernte schnell, sie zu ignorieren.

Alle paar Momente stolperte ich über Wurzeln: Sie wuchsen nur zu dem Zweck, mein Rennen zu verlangsamen. Als wenn die Bäume mir Beine stellten. Ich konnte kaum etwas sehen. Es gab keinen Pfad, keinen Weg. Ich lief mitten durch den Wald. Äste und Zweige überall. Sie tauchten plötzlich vor mir auf, wenn ich schon zu nahe war, um noch die Richtung in die ich rannte wechseln zu können, und klatschten mir ins Gesicht oder auf den Körper. Oder verfingen sich in mein Nachthemd, versuchten es mir auszuziehen. Ich rannte weiter. Mein Atem ging schnell. In meiner Brust meldete sich ein stechender Schmerz. Immer wieder stand ein Baum direkt vor mir. Im letzten Moment konnte ich ausweichen, um nicht in ihn hinein zu laufen.

Deutlich hörte ich die Schritte hinter mir. Schnell und nicht sehr laut. Jemand, der ohne größere Anstrengung rennt, daran gewöhnt, durch den Wald zu laufen. Als wenn er so leise rennen könnte, daß ich ihn nicht höre, wenn er nur wollte. Aber er hatte daran kein Interesse, weil er sicher wußte, daß er schneller ist als ich. Und es schien mehr als nur Einer zu sein: Mindestens zwei oder drei. Und sie kamen näher.

Meine Beine waren bald müde vom Rennen. Ich zwang sie, sich weiter zu bewegen, und das bewirkte eine leichte Übelkeit in meinem Magen. In meinen Ohren hörte ich mein Blut rauschen, es schien direkt aus meinem Kopf zu kommen. Schwindlig. Kalt war mir nicht mehr. Die Anstrengung ließ Schweiß auf meine Stirn treten, der sich mit den kleinen Wassertropfen vermischte, die der Nebel dort hinterlassen hatte. Nur die Luft blieb kalt. Wie ein Messer stach sie in meine Lunge, jedesmal wenn ich einatmete.

Meine Füße klatschten auf dem feuchten Boden auf. Platschten im Wasser der Pfützen. Fast so laut wie mein Herzschlag. Der gleichmäßige Rhythmus meiner Schritte half mir, weiter zu rennen.

„Konzentriere dich auf diesen Rhythmus!" rief ich mir in Gedanken zu, um wirklich zu sprechen fehlte mir der Atem. „Nur auf das Aufklatschen deiner Füße! Und vergiß nicht zu atmen!"

Seitenstechen schnürten die Luft unbarmherzig ab.

Ein Teil von mir wollte einfach anhalten. Wollte sich ergeben, in was auch immer. Wollte nur nicht mehr rennen. Aber ein anderer Teil war so von Angst erfüllt, daß ich all meine Kräfte sammelte, und noch schneller rannte.

Und dennoch, irgendwo tief in meinem Unterbewußtsein, konnte ich nicht aufhören mir zu wünschen, daß sie schneller seien, daß sie bald aufholen mögen.

Was war das? Warum wünschte ich mir das?

„Wenn sie mich einholen, kann ich zu rennen aufhören," sagte ich mir.

Aber es war nicht nur Angst, die ich fühlte. Tief in mir regte sich etwas, das ich nicht zugeben konnte. Eine Erregung, eine verbotene Neugier darauf, was sie machen würden, warum sie mich verfolgten.

*

Plötzlich konnte ich schweres Atmen und ein leichtes Knurren viel zu nah an mir hören. Das leise Knacken der Fußtritte auf dem Waldboden schien direkt hinter mir zu sein, und in meiner Angst war ich sicher, heißen Atem in meinem Nacken zu spüren.

Angst übermannte mich wieder. Ich wollte rennen. Schnell. Weit weg – doch mein Fuß verfing sich in irgend etwas auf dem Boden und im nächsten Moment fand ich mich im Matsch liegend wieder, schwer atmend.

Der Schmerz in meinem Fuß sagt mir, daß er gebrochen sein muß. Im Mund spürte ich einen leichten Blutgeschmack, gemischt mit ein wenig von dem faulen Schlamm, in den ich gefallen war. Im Fall hatte ich mir auf die Lippen oder die Zunge gebissen.

Einige Momente lang nahm ich nichts wahr als die Müdigkeit meiner Beine, die Erleichterung, nicht mehr rennen zu müssen, und das Bedürfnis nach Luft. Langsam erreichte auch die Kühle des Schlamms auf meinem Gesicht und meinem Körper mein Bewußtsein, und der Schmerz in meinem Fuß. Schließlich begann ich, auf die Geräusche um mich zu achten.

Sie waren zu dritt. Einer hatte mich schon eingeholt, die anderen beiden näherten sich jetzt, und schlossen einen Kreis um mich. Ich erhob meinen Kopf ein wenig vom Boden, um sie sehen zu können. Aber ich konnte nicht feststellen, ob es sich um Menschen oder Tiere handelte. Sie erinnerten mich an Wölfe, waren aber zu groß dafür, und sie gingen auf zwei Beinen. Leise, langsam näherkommend.

Von meinem Blickwinkel gesehen schienen sie hoch in den Himmel zu ragen, obgleich ihre haarigen Rücken gebeugt waren; und obwohl sie lange Schnauzen hatten, war doch etwas Menschliches in ihren Gesichtern. Vielleicht die Form der Augen oder der Nase, ich weiß es nicht.

Von ihren Körpern ging ein Gestank aus, der mich selbst jetzt, da sie noch über einen Meter entfernt von mir waren, beinahe ohnmächtig werden ließ, und obwohl ich dringend Luft holen mußte, mochte ich ob dieses Geruches nicht einatmen. Endlich glaubte ich zu wissen, warum der Wald nach Tod roch.

Eine Zeitlang war es vollkommen still. Ich bewegte mich nicht, aus Angst, aber selbst wenn ich gewollt hätte, wäre ich nicht dazu fähig gewesen, mich zu bewegen. Sie liefen weiter um mich herum ohne ein Geräusch, wie ein Rudel jagender Raubtiere, das von seiner Beute noch nicht bemerkt werden will, während es jeden möglichen Fluchtweg abschneidet. Sie kamen mir ganz langsam näher. Sie hatten Zeit, sie wußten, daß ich nicht mehr fliehen konnte. Und sie waren vollkommen still, wie auch ich es war.

Nur der Wind in den blattlosen Bäumen, sein hohles Pfeifen und das Knarren der Bäume, unterbrachen die Stille. Und mein Herz – ich glaube, das schmerzhafte Schlagen meines Herzen war das Lauteste, was im ganzen Wald zu hören war.

Plötzlich gaben die Wolken den Mond frei, und der ganze Wald war in einem unheimlichen silbernen Licht gebadet. Auch der Nebel schien sich zu legen, kleine Wassertropfen glitzerten auf den toten Baumstämmen. Wasser und Eis auf dem Waldboden reflektierten das Mondlicht.

Mein Kopf war noch immer leicht erhoben, so daß ich sie jetzt deutlicher sehen konnte: Menschliche Hände und Füße, aber mit langen, scharfen Krallen, größer als ein Mensch und zu stark behaart um Mensch, zu schwach behaart um Tier zu sein, dünn, ich konnte ihre Rippen erkennen. Abgesehen von den langen Schnauzen voller scharfer Zähne, sahen ihre Gesichter menschlich aus. Bis auf die Augen – diese hatten dieselbe Farbe wie der Mond, sie schienen ihn zu reflektieren, und sie hatten keine Pupillen. Während sie langsam um mich herum gingen, ließen diese Augen nicht eine Sekunde von mir, ihr Blick war fest auf meinen Körper geheftet.

Eine neue Welle der Angst übermannte mich, ich zuckte zusammen, und es scheint, daß diese kleine Bewegung alles war, worauf sie gewartet hatten. Sie griffen an.

Nur ein leises Geräusch war zu hören, als sie plötzlich sprangen. Ein leichtes Abstoßen ihrer Pfoten gegen den Boden, um ihr Gewicht in die Luft zu erheben, ein kaum hörbares Rauschen der Luft, die ihre Körper im Sprung zerteilten.

Auf einmal fühlte ich ein Gewicht auf mir. Einer von ihnen war direkt auf meinem Rücken gelandet. Die Last seines Körpers und des Aufpralls nahm mir für einige Sekunden den Atem. Ein stechender Schmerz durch seine Krallen, die in meine Haut zerschnitten, ließ mich aufstöhnen. Ich hörte sein Knurren nahe meinen Ohren. Heißer Atem, Zähne. Mein Kopf wurde in den Schlamm gedrückt, so daß ich nichts mehr sehen konnte. Unvorsichtigerweise hatte ich meinem Mund geöffnet, um meinen Schrecken und den Schmerz in einem Schrei herauszulassen, und gleich war er voll Schlamm. Kalter Schleim legte sich auf meine Zunge, machte mich würgen. Unter den Schlägen ihrer Hände oder Pfoten, ich weiß es nicht genau, rutschte ich auf dem kalten Boden hin und her. Fast erwartete ich, im nächsten Moment in die Luft geworfen zu werden, wie eine Maus, mit der junge Kätzchen spielen, nachdem ihre Mutter sie für sie gefangen hat.

Dennoch schien ihre Aufmerksamkeit nicht auf mich gerichtet zu sein. Nein, die drei bekämpften einander, aber der Kampf fand direkt über mir, oder gar auf mir statt – sie kämpften um mich, ihre Beute, und es kümmerte sie kaum, daß ihre Bisse und Schläge mich verletzten, wenn sie einander verfehlten.

Das Gewicht auf meinem Rücken sagte mir, daß einer von ihnen direkt auf mir stand. Die Krallen seiner Füße drückten sich in meine Haut. Ich spürte jede seiner Bewegungen, wenn er ausholte, um den anderen einen Hieb zu versetzen, oder sie zu beißen. Er wollte sie von mir fernhalten: Ich war seine Beute.

Der Kampf schien nur wenige Sekunden zu dauern, dann hörte ich das enttäuschte Winseln der beiden Verlierer, während der Dritte über mir hockte, mich mit seinen Händen in den Boden drückte, wobei seine langen Krallen meine Haut zerschrammten, und den Rest des kleinen Nachthemds, schon durch ihren Kampf in Mitleidenschaft gezogen, zerfetzten.

Schließlich konnte ich meinen Kopf wieder bewegen und sah die anderen beiden. Sie saßen in geringer Entfernung auf dem Boden, ließen mich und den Dritten jetzt allein. Aber sie starrten uns an, während Speichel aus ihren Schnauzen tropfte. Silberner Speichel, wie das Mondlicht, und wie ihre Augen, deren Blick keine Sekunde von meinem Körper abließ.

Die Angst verlieh mir eine plötzliche Kraft. Ich wollte das Wesen von mir zu stoßen, schon fühlte ich seinen Griff schwächer werden... Aber ein stechender Schmerz in meiner rechten Schulter, direkt neben dem Hals, lähmte mich. Das Tier biß mich. Aber anstatt Fleisch aus meinem Körper zu reißen, hielt es mich mit seinen Zähnen fest. Ich konnte mich nicht mehr bewegen, obgleich seine Hände mich für einen Moment losließen.

Das Wesen riß die Reste meines Hemdes von mir. Meine Blöße erst machte mir vollkommen bewußt, daß ich diesen Kreaturen ausgeliefert war. Ich hatte selbst meinen geringen Schutz gegen den Wind verloren, wieviel weniger hatte ich ihren Krallen und Zähnen entgegenzusetzen, mit denen sie mich innerhalb von Sekunden töten könnten.

Mit Hilfe seiner Zähne, die tief in das Fleisch meiner Schulter gegraben waren, hob das Wesen mich hoch. Mein Kopf sank zur Seite, wie um dem Schmerz auszuweichen. Der untere Teil meines Körpers lag noch immer im Schmutz, während mein Oberkörper von der Schnauze des Wesens herunter hing.

Nur verschwommen nahm ich den Wald wahr, noch immer war er in silbernes Licht getaucht, beinahe schön trotz der toten Bäume. Ich glaubte sogar ein paar vereinzelte Schneeflocken zu entdecken, die trunken vom Himmel taumelten und sich auf dem dunklen Waldboden niederließen.

Einen Moment lang erblickte ich meinen eigenen Körper, meine eigene Haut. Blaß, sie nahm im Mondlicht einen unwirklichen, bläulichen Ton an. Dünn, beinahe durchsichtig sah sie aus. Eine Welle des Mitleids erfaßte mich, Mitleid für meinen eigenen, blassen Körper, von einem dunklen und haarigen Arm bedroht, der sich unter mich schob wie eine Schlange.

Der Kontrast meines Bauches, leuchtend hell und sauber trotzdem er im Schmutz gelegen hatte, und dieses dreckigen, haarigen Arms, prägte sich fest in mir ein, einige Augenblicke lang konzentriere ich mich nur auf dieses Zusammenspiel der Farben, vergaß den Wald und den Schmerz.

Die Hände des Tieres griffen nach meinen Brüsten. Das rauhe Leder der Handflächen drückte sich hart an sie, und die Krallen zerkratzten die Haut zwischen ihnen; als es Hände und Krallen ein wenig auseinanderzog, bohrten sie sich noch tiefer hinein. All das fühlte ich nur, ich sah nichts mehr. Vor meinen Augen war es schwarz, dann wieder tanzten grelle Lichter vor ihnen, alles andere verschwamm zur Unkenntlichkeit.

Die Krallen bewegten sich langsam meinen Bauch hinab, zerrissen meine Haut. Beinahe spürte ich, wie Blut aus mir tropfte, und doch nahm ich all dies ohne den Schmerz wahr, den es eigentlich verursachen sollte. Der eiserne Biß in meiner Schulter betäubte den Rest meines Körpers, alle Nerven konzentrierten sich dort. Mein ganzes Gewicht hing inzwischen an dieser einen Schulter. Ich wundere mich, daß sie nicht zerbrach, abriß, so daß diese schreckliche Kreatur auf einmal nur mit meinem Arm in der Schnauze dagestanden hätte.

Endlich nahm das Tier auch wieder die Arme zur Hilfe, griff fest um mich, und trug mich ein paar Schritte vorwärts. Dabei drückte es mich an sich, und ich bemerkte zwischen seinen Beinen ein riesiges Glied, hart an mich gepreßt, viel größer, als es die meisten menschlichen wären. Trotz meines Zustandes, trotz der Lage, in der ich mich befand, weckte der Schwanz dieser Bestie einen Urtrieb tief in mir, eine entfernte Erinnerung an frühere Erlebnisse und vergangene Lust, aus der Zeit bevor ich mich allein in diesem Wald wiederfand, und ein innerer Drang zwang mich, meinerseits meinen Körper dichter an den seinen zu drücken, als wollte ich seine Umrisse mit Hilfe meiner Haut zu erfassen.

Schmerz, Angst, und Blutverlust ließen ein Schwindelgefühl in mir aufkommen, nur verschwommen nahm ich war, daß es mich auf einem umgestürzten Baumstamm ablegte, meine Arme hingen auf der einen, die Beine auf der anderen Seite herab. Die harte Rinde reizte meine verwundete Haut, und kleine Splitter gerieten in die Schnitte auf meinem Bauch und meinen Brüsten.

Dunkelheit stieg aus meinem Inneren herauf, immer weniger nahm ich wahr, was um mich geschah, und immer weniger kümmerte es mich.

„Vielleicht falle ich in Ohnmacht," dachte ich, „oder vielleicht sterbe ich auch, beides wäre gut."

Dankbarkeit übermannte mich: Sollte ich das Bewußtsein verlieren, könnte ich nichts mehr spüren, könnte mir nichts mehr weh tun. Mit allem anderen versank auch diese Erleichterung im Dunkel in mir, wurde hinab gezogen, gemeinsam mit dem Blutgeschmack auf meinen Lippen, dem Gestank der Kreaturen, dem silbernen Licht, den Bäumen, dem Schmerz, meinem Bewußtsein – alles verschwand. Zurück bleibt nur die Schwärze, die aus meinem Inneren hervor kroch.

*

Entsetzliche Schmerzen zwischen meinen Beinen rissen mich unsanft in die Wirklichkeit, in mein Bewußtsein zurück. Zuerst wußte ich nichts: Nicht wo ich war, noch warum es weh tat – das einzige, dessen ich mir bewußt war, waren Schmerzen überall in mir.

Nach einigen Momenten verstand ich, was mich aus der Bewußtlosigkeit gerissen hatte: Das Wesen war in mich eingedrungen. Dabei hatte es meine Schulter losgelassen. Ich bin sicher, daß sie weiterhin blutete, aber all den Schmerz, der sich zuvor in ihr konzentriert hatte, empfand ich nun zwischen meinen Beinen, in mir. Ich nahm nichts mehr wahr von der Welt als die Rute des Biestes. Langsam, Millimeter für Millimeter, zog es sie wieder aus mir heraus, um dann plötzlich und kräftig wieder in mich zu stoßen, so weit hinein wie es konnte.

Dieses Mal war ich dabei bei vollem Bewußtsein.

Ich konnte den schweren Atem des Tieres in meinem Nacken spüren, hörte ein leichtes Stöhnen von ihm, fast schon ein Knurren.

Mein Körper wurde nach vorne geworfen von immer schneller kommenden Stößen, und gleichzeitig hielt das Wesen mich fest, mit seinen Händen auf meinen Schultern und auf meinem Rücken, um immer weiter in mich eindringen zu können. Ich spürte ihn in mir zucken, und wünschte nur, daß es endlich vorbei sei.

Doch wann immer es seinen Schwanz wieder herauszog, spürte ich diesen tierischen Trieb in mir erwachen, den ich schon während meiner Flucht gespürt hatte. Irgendwo in mir meldete sich etwas, das beinahe ungeduldig auf den nächsten Stoß wartete, der dann doch immer wieder zuviel für mich war. Das ich nicht nur Schmerz und Schrecken empfand, machte mir mehr Angst als alles andere. Ich kämpfte dagegen an, versuchte mich aus meinem Körper zu entfernen, alles von ferne zu betrachten.

Es ist, als wäre ich zwei Personen auf einmal gewesen: Eine, die nur aus Schmerz, Angst, aus blindem, zitterndem Körper bestand, die stöhnte und schrie. Und eine andere, die nichts mit all dem mehr zu tun hatte, die in dem geisterhaft schönen Wald mit dem gefallenen Baum stand und meinen blassen, beinahe blauen Körper betrachtete: Wie er da im Mondschein glänzte, wie das Blut dunkle Flecken auf ihm bildete, und wie diese tierische und zugleich menschliche Kreatur sich vollkommen seiner bemächtigt hatte.

Als ich Schreie durch den Wald hallen hörte, sagte mir mein Verstand, daß es meine eigenen waren. Ich konzentrierte mich auf das Denken – das fühlende Ich blendete ich aus, Denken ist einfacher als Fühlen. Mit einer gewissen Faszination lauschte ich, wie meine Stimme erst laut und voller Schmerz klang, mit der Zeit heiser wurde, und schließlich nur noch in ein erschöpftes Wimmern überging, weil ich auch zum Schreien nicht mehr fähig war.

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