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Weiblichkeit

Geschichte Info
Ueber Emanzipation, Libido, Stolz und Vernunft.
15.9k Wörter
4.16
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Eine Geschichte über Emanzipation, Libido, Stolz und Vernunft - eben Weiblichkeit.

*****

Wenn du eine klare und starke Meinung zum Thema Emanzipation hast, dann musst du diese Geschichte l-i-e-b-e-n *hrrhrr*

*****

I. - Richard

Auch wenn die Kollegen schon seit einer Stunde die Zelte abgebrochen haben, bin ich noch immer auf hundertachtzig.

Und dabei weiß ich gar nicht mal, ob ich nun mehr auf mich oder mehr auf Meier aus dem Marketing sauer bin. Sicher... Er hat sich diese Unverschämtheit erlaubt, aber ich habe ihn ja geradezu dazu eingeladen.

Dumm, Cassandra. Ganz dumm!

Aber wer hätte ahnen können, dass dieser Fettsack über so etwas wie Schlagfertigkeit verfügt, wenn er erst einmal zwei Bier intus hat?

„Sie könnten auch mal wieder einen Besuch im Fitnessstudio vertragen", hatte ich mich in das Gespräch über Lachmuskeln und Samenstränge als Rechtfertigung für Bierbäuche eingemischt. „Frauen finden ein paar weniger Samenstränge, die dafür besser in Form sind, nämlich wesentlich attraktiver als das da."

Ja... Martinis bekommen mir gar nicht. Ich sollte die Finger von dem Zeug lassen...

Nach dem Spruch war natürlich Schweigen im Walde bei den Männern. In Zeiten internetweiter Aufschreie über unangemessene Kommentare und Klagen wegen sexueller Belästigung bei verbalen Übergriffen lernen selbst die Deppen langsam, wann sie den Mund halten sollten.

Ich hätte es damit gut sein lassen können, denn meinen Punkt hatte ich gemacht. Die Eiserne Lady hatte mal wieder einem nassforschen Kollegen eine Schelle verpasst. Nächster Punkt auf der Tagesordnung.

Aber ich wollte wissen, was dem Blödmann auf der Zunge lag. Es war so offensichtlich, dass er eine richtig gesalzene Antwort parat hatte.

„Nur raus damit. Vergessen wir doch einfach mal für einen Moment die Geschlechter", schlug ich dummerweise vor. Schließlich war es ein lockerer Abend zur Feier eines großartigen Vertrags. Da konnte ich auch mal großzügig sein.

Und eine unfassbare Steilvorlage liefern...

„Das ist nicht das Problem", gab der Mistkerl süffisant grinsend zurück. „Ihr Geschlecht haben wir alle schon längst vergessen."

Das saß. Natürlich. Ich kaue noch immer daran.

Mit einem einzigen Spruch, für den ich ihn noch nicht einmal an den mickrigen Eiern gepackt kriege, hat er nicht nur die Schlacht gewonnen, sondern gleich den ganzen Krieg.

Und mir gehörig die Laune verdorben.

Ich weiß ja, dass mich die meisten Kollegen für eine frigide Zicke halten, aber sehen sie mich wirklich schon nicht mehr als Frau? Habe ich meine Weiblichkeit auf dem Altar der Karriere geopfert?

Ich blicke in den Spiegel der Diskotoilette und sehe eine Frau. Seriöse Hochsteckfrisur, businessmäßiges Kostüm mit Bluse und ganz dezente Schminke. So wie es sein sollte, wenn eine Frau im Büro nicht wie ein Flittchen wirken will. So wie...

Ach fuck! Das ist unfair!

Wieso darf ich nicht die Knöpfe der Bluse so weit aufmachen, dass man meinen sauteuren BH zumindest ansatzweise erahnen kann? Wofür habe ich vierhundert Euro ausgegeben, wenn kein Schwein das Ding zu sehen bekommt?

Ich fühle mich rebellisch, als ich vier Knöpfe öffne. Und noch viel rebellischer, als ich die Klammern aus den Haaren nehme und sie ausschüttele.

Und dann fühle ich mich saublöd, weil ich aussehe, wie ein unordentlich gerupftes Huhn.

Die Hand, die sich in mein Blickfeld reckt, lässt mir fast das Herz stehenbleiben. Ich habe die dunkelhäutige Frau in den ultrakurzen Partyklamotten neben mir am anderen Waschbecken nicht einmal bemerkt.

Sie hält mir eine Bürste hin. Ich sehe sie an und runzle die Stirn.

Sie lächelt nur. Offen, freundlich, ohne erkennbare Hintergedanken. Und warum sollte sie auch welche haben?

Sie ist locker fünf Jahre jünger als ich, aber wenn ich mein Leben betrachte, könnten es auch fünfzehn sein. Wie lange ist es her, dass ich diese Art von Solidarität unter völlig fremden Frauen erlebt habe?

Ich seufze und spüre, wie mir die Tränen kommen. Einfach so.

Dass die kaffeebraune Schönheit mir daraufhin mit sanften Fingern über die Seite meines Oberkörpers kitzelt, trifft mich unvorbereiteter, als irgendetwas anderes in den letzten zwölf Monaten.

Ich kichere unwillkürlich, weil ich gar nicht anders kann. Und dann schnaube ich und starre sie böse an. Was soll der Scheiß?

„Man kann nicht gleichzeitig lachen und weinen", sagt sie mit samtiger Stimme. „Und wenn du weinst, brauchen wir eine Stunde, um dich wieder herzurichten."

„Was?", stammele ich. „Warum...?"

„Frauen halten zusammen, richtig? Vor allem gegen Arschlöcher. Wer immer sie sein mögen und was immer sie getan haben."

Sie sagt das, als würde es alles erklären. Und das tut es verdammt noch mal auch.

Grimmig nickend nehme ich die Bürste und bringe Ordnung in das Rattennest. Ich will verdammt sein, wenn ich mir von einem so saudummen Spruch den Abend verderben lasse.

Selbst wenn... er wahr ist?

Shit! Da kommen die Tränen wieder...

Meine neue ‚Freundin' beobachtet mich und sieht es kommen. Diesmal sieht ihre Taktik zur Verhinderung aber anders aus.

Sie gleitet hinter mich - Scheiße, wie kann sie sich auf diesen Absätzen so bewegen? - und legt ihre Arme um meine Hüfte. Ohne ihre hohen Absätze wären wir gleichgroß. So kann sie jedoch ganz leicht ihren Kopf über meine Schulter schieben und ihre Wange an meine Schläfe legen.

Was die Tränen aber wirklich wieder zurückdrängt, ist die Hand, die von unten meine linke Brust berührt und sie leicht anhebt.

„Man kann auch nicht gleichzeitig überrascht sein und weinen", erklärt sie ihrem Spiegelbild und der anderen Frau darin, die mit weitaufgerissenen Augen völlig fassungslos auf das Geschehen starrt. „Habe ich von meinem kleinen Sohn gelernt."

„Findest du mich männlich?", winselt die komische Frau im Spiegel mit der entfernten Ähnlichkeit zu mir.

„Süße...", haucht sie mir ins Ohr. „Wenn ich dich männlich finden würde, hätte ich dich niemals angefasst."

Alle Tränen sind vergessen, als ich ihren unglaublich sinnlichen Tonfall verdaue und dabei meinem Spiegelbild zusehe, wie es die Augen auf Untertassengröße aufreißt.

So sieht also ein Reh im Scheinwerferlicht aus? Aha...

Ich bin völlig perplex, denn alle meine Antennen sagen mir, dass sie mich anmacht. Alle Antennen und... nun... ihre Hand, die sich sachte ein wenig weiter auf meine Brust schiebt, vielleicht auch.

Mit funkelnden, braunen Augen sieht sie mich im Spiegel an. Ihre Lippen sind leicht geöffnet und schimmern einladend.

Whoops! Stopp! Ich bin doch nicht...

„Muss eine Frau lesbisch sein, um von einer Frau getröstet zu werden?", fragt sie.

Wie zum Henker kann eine Stimme so unfassbar sinnlich klingen? Und woher zum Teufel weiß sie, was ich gedacht habe?

Gut... Wenn ich mein Gesicht betrachte, ist die zweite Frage leicht zu beantworten.

„Was du jetzt wirklich brauchst, ist Bestätigung", raunt sie mir zu. „Wir machen dich zurecht und dann gehst du da raus und lässt dir von ein paar Männern den Hof machen. So richtig."

„Aber...", will ich widersprechen.

Da sprechen tausend Gründe dagegen. Und neunhundert-neunundneunzig haben mit meinem Ruf und meinem Job zu tun.

„Kein ‚aber' heute Nacht", sagt sie beschwörend und blickt mir dabei in die Augen. Ich fühle mich wie Mogli in der Umarmung von Kaa. ‚Hör auf mich... Glaube mir...'

Und - so absurd ich das selbst finde - ich will es.

„Heute Abend bist du keine taffe Geschäftsfrau", suggeriert sie mir. „Du bist eine heiße, kleine Büromaus. Und das einzige Wort, das du nicht fehlerfrei tippen kannst, ist Emanzipation."

Ich muss kichern, weil das ziemlich absurd ist. Aber dann klappt mir die Kinnlade runter, weil ich kichere wie ein Teenager. So wie ich es seit zehn Jahren schon nicht mehr getan habe.

„Du bist sexy und unter deiner seriösen Oberfläche heißer als ein Vulkan. Wir müssen nur dafür sorgen, dass du das nicht wieder vergisst, wenn du da raus gehst."

„Und... wie tun wird das?", höre ich meine Stimme fragen.

Eine knappe habe Stunde später weiß ich die Antwort. Und ich kann noch immer nicht fassen, dass ich mich darauf eingelassen habe. Martinis sind definitiv nicht gut für mich.

Aber - so sehr ein Teil von mir das auch verachtenswert findet - es funktioniert!

Ich verlasse die Toilette, nachdem ich mich beinahe selbst im Spiegel nicht mehr erkannt hätte. Und das, obwohl Sasha mir nur die Haare frisiert hat und mit etwas Kajal und Lippenstift einen Hauch mehr Ausdruck in mein Gesicht gebracht hat.

Gut... Einen wichtigen Beitrag leistet der Umstand, dass meine Bluse noch immer vier Knöpfe weit geöffnet ist. Nur einen Ansatz von BH wird niemand mehr dort sehen, denn der steckt in meiner Handtasche. Zusammen mit meinem Höschen.

Rouge trage ich nicht. Sasha lag ganz richtig, als sie sagte, ich würde keinen brauchen. Allein der Gedanke, dass ich keine Unterwäsche trage, lässt meine Wangen glühen.

Jetzt gerade verstehe ich vielleicht zum ersten Mal in meinem Leben, was einige meiner wenigen Freundinnen meinen, wenn sie von ‚sich weiblich fühlen' sprechen. Sie beziehen das zwar auf ihre Tage und die sind für mich weiterhin einfach nur ein lästiger Gedanke, aber ich verstehe das Gefühl...

Ich gehe langsam und unsicher hinaus in die Masse der Feiernden und fühle den seidigen Stoff meiner Bluse auf meinen Nippeln. Sie sind aufgerichtet, seitdem ich den BH ausgezogen habe. Und keine Kostümjacke verdeckt die Erhebungen, die sie verursachen.

Männer sehen mich an. Sie schauen kurz auf mein Gesicht und dann lange - sehr, sehr lange - auf meine Brust. Und sie grinsen dabei anzüglich.

In meinem Hinterkopf tobt eine Stimme und schreit etwas von Sammelklagen wegen sexueller Belästigung. Aber da ist ein anderer Teil von mir, der sich in der Aufmerksamkeit sonnt, als läge ich am Strand in der Karibik und würde in der Sonne baden.

Kopf hoch, Brust raus und immer einen Fuß genau vor den anderen setzen.

Einfache Anweisungen, die ich trotzdem nur mit Mühe befolgen kann. Sasha ließ es einfach klingen, aber sie konnte mich nicht auf das Ziehen vorbereiten, das meine Brüste irgendwie direkt mit meinem Unterleib verbindet.

Als ich den ersten, leichten Luftzug dort unten spüre, stolpere ich fast über meine eigenen Füße. Mein Rock ist trotz aller Bemühungen noch immer fast knielang. Es ist praktisch unmöglich, dass Luftbewegungen dorthin gelangen. Außer, wenn...

Gütiger Gott! Ich bin feucht!

Ich fühle, wie mir der Schweiß ausbricht. Die Disko ist sowieso schon heiß. Und jetzt gerade bekomme ich akutes Fieber dazu. Aber trotzdem fühlt es sich so verdammt gut an!

Ich ignoriere ganz betont all die Männer, die mich anstarren. Auch wenn es immer mehr werden. So, als würden sie sich untereinander darauf hinweisen, dass ich sie mit meinen Nippeln aufspießen will.

Ich schenke ihnen keine Beachtung, aber ich nehme sie dennoch wahr. Sehr genau sogar.

Bislang dachte ich immer, Männer würden einfach auf Brüste starren und nichts weiter. Würden sie anglotzen, sie sich nackt vorstellen und im Geiste dazu wichsen.

Manche - das ist unübersehbar - tun wohl auch genau das. Und hier in der lockeren Atmosphäre greift sich der eine oder andere auch schon mal in den Schritt und fummelt, als wolle er etwas dort in eine andere Position bringen. Als... als... als würde etwas dort plötzlich mehr Platz benötigen.

Wow! Wie konnte mir in den zwölf Jahren seit meiner ersten Periode denn zum Teufel entgehen, wie unglaublich erregend es sich anfühlt, zu wissen, dass man für eine Erektion verantwortlich ist? Oder wusste ich das mal? Vielleicht... Vor langer Zeit...

Aber noch aufregender als das, sind die anderen Männer. Die nicht ganz so betrunkenen oder primitiven Exemplare dieser seltsamen Gattung, die ihre Blicke über meinen Körper wandern lassen. Die immer wieder auch in mein Gesicht sehen und versuchen, Blickkontakt mit mir herzustellen.

Sie... sie... rücken sich in Pose. Mein Gott! Ich hatte keine Ahnung, dass Männer so etwas tun!

Die verändern ihre Haltung, nachdem sie auf mich aufmerksam geworden sind. Ziehen den Bauch ein wenig ein, strecken die Brust raus. Drehen sich etwas ins Profil oder nehmen eine betont lässige Haltung ein. Sie sehen mich mit funkelnden Augen an oder schauen betont desinteressiert an mir vorbei. Jeder hat eine andere Masche.

Voller Staunen bemerke ich, dass ich leicht lächele. Nicht ohne einen Hauch von Spott. Aber auch voller Stolz. Mein Körper entwickelt ein Eigenleben. Er scheint plötzlich ohne bewusste Steuerung von meinem Hirn zu funktionieren. Und ehrlich gesagt ist das ein wenig erleichternd, denn mein Hirn hat keinen blassen Schimmer, wie ich mich verhalten sollte.

Sind das die Hormone? Oder der Instinkt? Hätte mir das gestern jemand erzählt, hätte ich schallend gelacht.

‚Ich bin eine emanzipierte Frau', hätte ich voller Überzeugung erklärt. ‚Ich überzeuge durch meine Intelligenz und meine Fähigkeiten und lasse mich nicht auf meinen Körper reduzieren. Und wenn ein Mann das nicht akzeptieren kann, ist das nur ein Zeichen seiner Primitivität. Wir leben schließlich im einundzwanzigsten Jahrhundert und nicht in der Steinzeit.'

Jetzt gerade hat ein bislang fast noch nie gehörtes Stimmchen in mir eine Antwort darauf: ‚Aber auch im einundzwanzigsten Jahrhundert wollen die Menschen ficken. Und zwar so, wie sie es auch schon in der Steinzeit getan haben.'

Mit weichen Knien erreiche ich eine Bar und nutze die Chance, auf einen Barhocker zu gleiten. Der Tresen gibt mir Halt und ganz automatisch schlage ich ein Bein über. Und erstarre...

Meine Oberschenkel unter dem Rock glitschen aneinander entlang. So als hätte ich eine ordentliche Portion Hautlotion darauf, die ich nicht richtig eingerieben habe.

Ich weiß der Theorie nach, was das ist. Es gibt schließlich nur wenige Möglichkeiten. Und meine Tage hatte ich letzte Woche. Womit nur noch eine Option übrig bleibt.

Ich kann nicht widerstehen, ein ganz klein wenig die Schenkel aneinander zu reiben. Ein Schauer läuft über meinen Rücken und ich muss mir auf die Lippe beißen, um nicht laut auszuatmen.

Wow! So gut hat sich das noch nie angefühlt. Darauf schwöre ich jeden Eid.

Ich meine... Ich habe mich nie für sonderlich prüde gehalten. Ich hatte einige Partner und angenehmen Sex. Und ich habe einen Vibrator. Ich bin eine moderne Frau.

Aber ich muss immer den... Motor vorwärmen. Und ich muss das eine ganze Weile lang tun, bevor ich feucht genug für einen Eindringling dort unten bin. Bei der Selbstbefriedigung verzichte ich sogar ganz auf diesen eigentlich überflüssigen Teil und konzentriere mich auf meine Klitoris. Jedes Kind weiß schließlich, dass dort die Lustgefühle der Frau entstehen.

Aber jetzt gerade... Jetzt, in diesem Moment, in dem ich ohne Unterwäsche in einer Disko sitze und von einem Dutzend Männern angestarrt werde, die mir alle die Klamotten vom Leib reißen wollen... In diese Sekunde, wo ich mit schmerzhaft geschwollenen Brustwarzen und buchstäblich klitschnasser Scham auf einem Barhocker sitze...

Gott! Was würde ich für meinen Vib geben, damit ich ihn in mich hinein stecken könnte. In meiner Vorstellung würde sich das gerade ganz großartig anfühlen.

„Was möchtest du trinken", schreckt mich eine Stimme auf.

Ein Mann auf der anderen Seite des Tresens - der Barkeeper - hat sich zu mir gebeugt. In seinen Augen steht der gleiche Glanz, wie in den anderen Blicken, die auf mich gerichtet sind. Und eine Spur von Überlegenheit. Weil...

Ja. Natürlich! Weil er einen Grund hat, mich anzusprechen. Weil er das darf, ohne sich rechtfertigen zu müssen.

Wow! Für diese Erkenntnis haben mein Hirn und ein gewisser, anderer Teil von mir - von dem ich eigentlich dachte, nur Männer würden ihn auch zum Denken verwenden - ganz hervorragend zusammengearbeitet. Ich hatte keine Ahnung, dass das möglich ist.

„Einen Mart...", will ich unwillkürlich antworten. Es ist schließlich mein übliches ‚Club-Getränk'. Wein kann man in solchen Läden praktisch niemals empfehlen.

Aber dann weiß ich plötzlich, dass dieses Getränk nicht zu mir gehört. Nicht heute.

Sex on the Beach", verbessere ich mich.

Und... ich betone wirklich das erste Wort. Ebenso, wie ich es laut und deutlich ausspreche.

Der Barkeeper zeigt mir ein atemberaubendes Lächeln. Es flammt richtiggehend in seinem Gesicht auf und das Glitzern in seinem Blick gewinnt die Intensität von Fernlicht auf einer verlassenen Landstraße. Er leckt sich sogar kurz über die Lippen.

„Kommt sofort", raunt er voller Verheißung.

Ich greife nach der Getränkekarte und fange an, mir Luft zuzufächeln, während er sich abwendet. Mir ist so unsagbar heiß, dass ich am liebsten...

„Hast du vielleicht ein paar Eiswürfel?", rufe ich ihm nach.

Meine Gedanken überschlagen sich gerade. Weswegen ich nicht richtig sortieren kann, warum mich meine Vernunft anstarrt, als wäre ich nicht bei Trost.

Ich bekomme meine Eiswürfel in einem Whiskey-Glas und schnappe mir sofort einen davon. Stirn, Schläfen und schließlich der Hals... Ahhh...!

Die beißende Kälte tut mir so gut, dass ich sie mit geschlossenen Augen genieße. Die schwül-warme Luft, die ich mir zufächele, streift über das kalte Wasser auf meiner Haut und verursacht mir eine leichte Gänsehaut. Ich fühle mich fast, als würde ich gleich abheben.

Ohne die Augen zu öffnen, greife ich mir noch einen der wohltuenden Würfel. Eisige Rinnsale finden ihren Weg in meine Bluse. Über die Schulterblätter und an der Wirbelsäule entlang. Und auf mein Dekolletee, wo sie größtenteils den Weg zwischen meinen Brüsten hindurch nehmen. Aber nicht ausschließlich...

Das tut so gut!

Ich lasse einen dritten und vierten Eiswürfel auf meiner Haut schmelzen. Und die unerträgliche Hitze lässt ein klein wenig nach. Auch wenn mir meine armen Brustwarzen so langsam wirklich Sorgen bereiten, denn sie schmerzen richtiggehend durch das Kontrastprogramm und meine Erregung. Und ein anderer... Knubbel eifert ihnen so langsam nach.

Ich weigere mich, mir selbst einzugestehen, dass ich fast schon ein wenig weggetreten bin. Solange ich die Augen geschlossen halte, sehe ich niemanden um mich herum. Also fühle ich mich fast allein. Nur in Gesellschaft meiner völlig ungewohnten Erregung und einiger liebenswerter Eiswürfel.

Wie wäre es wohl, wenn ich... da unten...?

Statt diesem faszinierenden Gedanken in die Falle zu tappen, stecke ich mir einen der Würfel zwischen die Lippen. Völlig abgehoben bin ich dann doch noch nicht.

„Sie verursachen gleich eine Massenschlägerei", raunt mir eine tiefe Stimme in genau diesem Moment ins Ohr.

Erschrocken reiße ich die Augen auf. Angesprochen zu werden hatte ich nicht erwartet.

Ein Mann steht neben mir. Und für einen Moment sehe ich nur seine grauen Augen, die mich mit unglaublicher Intensität fixieren. Dann kehre ich zurück in die Realität und finde eine Million Gründe, knallrot zu werden.

Ich sitze auf einem Barhocker in einer Disko und trage keine Unterwäsche. Mit Zähnen und Lippen halte ich einen Eiswürfel halb in meinem Mund, während ich mir mit einer Getränkekarte Luft zufächele. Und mit weitaufgerissenen Augen starre ich einen völlig fremden Mann an, als hätte er mich beim Daumenlutschen erwischt.

Irgendwo schräg hinter ihm sehe ich an einer der Wände eine Reihe von mehr oder minder vertrauten Gestalten stehen, die mich mehr oder minder fassungslos anstarren.

Da sind meine Emanzipation, meine Würde, mein Stolz und nicht zuletzt meine Vernunft, die sich alle die Haare raufen. Aber auch mein Anstand sieht aus, als hätte man ihr einen Tintenfisch ins Gesicht geschlagen und sogar meine Libido schüttelt den Kopf, auch wenn sie dabei amüsiert grinst.

Irgendwas entgeht mir doch gerade, oder?

Ich sehe den Mann an und mustere ihn argwöhnisch. Er scheint Anfang dreißig zu sein und hebt sich positiv von den anderen Männern ab. Ein Anzug - ziemlich sicher maßgeschneidert - obwohl er das Jackett nicht trägt und das schwer zu sagen ist. Das kragenlose Hemd lässt ihn leger und modern erscheinen. Die Breitling an seinem Handgelenk korrespondiert gut mit dem Gesamteindruck.