Rot

Ein Mann, von außen, sehr devot,
doch Tastendruck, schon bald war's klar,
nur laue Freuden ihm gebar.
Unter müden Herrenwitzen
galt Sehnsucht ihren Fingerspitzen.
"Wär'n Deine Nägel doch nur rot."

"Sie gäben mir den kleinen Tod",
ließ er sie aus der Ferne wissen.
Denn Nacht um Nacht in seinen Kissen
eingehüllt im stillen Zimmer
wurd sein Verlangen immer schlimmer.
Die Worte warns, die sie ihm bot,

befolgte brav ihr Spielverbot
für Stunden, Tage, Wochen gar.
Sie hingegen, nahm kaum gewahr
als er fragte, "Herrin, stör ich?"
Verzückt davon, dass er ihr hörig,
war sie doch noch von altem Schrot.

"In Deiner allerhöchsten Not",
bald sie ihm schrieb, ganz unumwunden,
"in den dunklen Tagestunden
bei der Gattin schleich Dich ein,
such Nagellack, er sei nun Dein.
In Deinem Bett machs dir kommod."

"Dann hülle ein in Purpurrot
die Nägel, doch statt der meinen,
die hier weilen, seins die Deinen."
Ein Abschied noch, bis nachts um acht,
er las nochmals, ganz leis' und sacht,
und tat darauf, wie sie gebot.

"Ich hoff' sie glänzen! Sündig rot
so wies Blut in meinen Adern?"
Ohne jedes weit're Hadern
nahm seiner Frau die läst'ge Last,
in seinem Raum ein selt'ner Gast,
der Kopf schon bald ganz puterrot.

Sie hatte ihm schon angedroht
"Die Nacht wird lang", in ihren Zeilen,
"Lass die Hand auf IHM verweilen,
für die Dauer fest umschlungen,
so als wär ich eingedrungen,
hinab, als Geist, den dunklen Schlot."

"Nun stell dir vor, es färbt sich rot
wo Damenkrallen fein poliert
mit voller Absicht wohldosiert
spitzen Nadelstichen gleich
sich graben ein ins steife Fleisch..."
Und so kam, lang vorm Morgenrot,

angeschlichen der kleine Tod.
Benebelt noch vom Aceton
bedankt sich artig für den Lohn
als er später, aus der Ferne,
schrieb: "Gehorchte nur zu gerne."
Ein Mann, so vollkommen devot,

dass er wahrhaftig ihr Pilot
auf dieser Abenteurerreise
hinab in jene dunklen Kreise,
darin ein erstes Versatzstück
das zunächst verweigerte Glück,
was sich ihr nun öfter darbot.

Und das Fläschlein Zinnoberrot?
Ward vergessen zwischen Laken...
Der Geschichte kleiner Haken:
Im Jahr darauf, im Schlafgemach
die angetraute Dame sprach:
"Dies Rot gabs heut' im Angebot."