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Lügen haben kurze Beine.
6.1k Wörter
4.45
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Carmen wieder zuhause.

„So, Frau Rodriquez. Das wäre es dann. Hier ist ihr Vertrag. Ich hoffe, sie werden sich schnell wieder bei uns im Ort einleben.“ Carmens Makler überreichte ihr die Schlüssel zu ihrem neuen Haus und einen großen Strauß frischer Blumen. „Ich freue mich, sie hier begrüßen zu dürfen.“ Der Mann lächelte Carmen an. „Und wenn sie einmal Hilfe brauchen, bin ich jederzeit für sie da.“

„Danke“. Carmen lächelte zurück und nahm die Utensilien an sich. „Die Blumen sind wirklich sehr schön. Ich werde sie gleich in die Vase stellen. Wenn sie mich jetzt bitte entschuldigen würden?“

„Selbstverständlich. Sie haben sicher noch einiges zu tun.“

„Ja. Vor allem möchte ich mich erst einmal etwas ausruhen. Der Tag war doch sehr anstrengend.“

„Kann ich verstehen. Also dann auf Wiedersehen.“

„Ja. Auf Wiedersehen.“ Carmen bugsierte ihren Gast zur Tür. Als die Tür ins Schloss fiel und sie endlich allein war, legte sie sich auf die riesige Polstergarnitur im Wohnzimmer und schloss die Augen.

Sie war wieder daheim. Nach sehr vielen Jahren wieder an dem Ort, den sie damals verlassen hatte, um mit einem Mann ihr Glück im fernen Argentinien zu finden.

Carmen erinnerte sich an die Hochzeit mit Bernd, an die Geburt ihres Sohnes Daniel und an den Abend, an dem sie Manuel kennenlernte. Der Abend, der ihr ganzes Leben verändern sollte.

Ihr Mann Bernd leitete damals ein wichtiges Forschungsprojekt an der Universität der Stadt. Immer wieder kamen Gasthörer aus allen Teilen der Welt, um sich über die Studien ihres Mannes zu informieren. Es war üblich, dass einmal wöchentlich ein Empfang zu Ehren der ausländischen Gäste gegeben wurde. Auf einem dieser Empfänge lernte sie Manuel kennen. Und war sofort in ihn verliebt.

Er war so ganz anders als ihr Mann, der stocksteife Professor. Manuel sah nicht nur fantastisch aus, sondern hatte auch diesen unvergleichlichen südländischen Charme, dem wohl jede Frau erlegen wäre.

Sie tanzte mit ihm die ganze Nacht. Bernd schien das nicht zu interessieren. Er kommunizierte mit Forschern, Geldgebern und seinen Studenten und hatte keinen Blick für seine Frau übrig. Manuel dagegen hatte mehr als einen Blick für sie übrig. Er entfachte ein Feuer und eine Leidenschaft in ihr, die sie bis dato schon längst abgeschrieben hatte. Seit Bernd an diesem Forschungsprojekt beteiligt war, gab es für ihn nur noch dieses eine Thema. Die Familie im Ganzen und Sex im Besonderen waren für ihn nicht mehr relevant. Er hatte seit Wochen nicht mehr mit ihr geschlafen.

Manuel war da ganz anders. Er hofierte sie wie eine Königin. Zwei Tage später lag sie in seinem Bett. Eine weitere Woche später saß sie mit ihm in einem Flieger nach Buenos Aires.

Damit ließ sie ihr bisheriges Leben hinter sich. Bernd, das große Haus, ihr wohlbehütetes Dasein und vor allem Daniel, ihren kleinen Sohn. Dabei hatte sie noch nicht einmal ein schlechtes Gewissen. Bernd würde sich vorbildlich um ihr Kind kümmern. Außerdem war sie erst 22 Jahre alt und fühlte sich zu jung, um ihrem um einige Jahre älteren Mann zu folgen. Die Heirat mit ihm hat sich als ein großes Missverständnis erwiesen.

Carmen unterbrach ihre Gedankengänge. Sie stand auf, ging an den Kühlschrank, öffnete eine Flasche und schenkte sich ein Glas Sekt ein. Sie hatte heute einen Grund zum Feiern.

Sie war wieder dort, wo sie hingehörte. In Argentinien wurde es ihr von Manuels Familie nicht leicht gemacht. Sie war immer die der Eindringling in eine reiche Familie und wurde wie eine Hochstaplerin behandelt. Das änderte sich auch nicht, als sie sich von Bernd scheiden ließ und Manuel heiratete. Nach Manuels Tod vor 2 Jahren wurde alles nur noch schlimmer. Sie wurde als Erbschleicherin bezeichnet. Manuels Vermögen war nicht unbeträchtlich. Allerdings bestand es hauptsächlich aus Land und Viehbesitz. Als Carmen andeutete, nun ihre eigenen Wege gehen und nach Deutschland zurückkehren zu wollen, war es mit dem Familienfrieden gänzlich vorbei.

Carmen lies sich mit Hilfe eines Anwaltes ihren Erbteil auszahlen und nahm den nächst möglichen Flieger nach Deutschland.

Vor 3 Wochen kam sie in Frankfurt an und fuhr sofort in ihre Heimatstadt.

Sie quartierte sich in einer kleinen Pension ein und beauftragte einen Makler mit der Suche nach einer Wohnung oder einem kleinen Haus.

Schon wenige Tage später besichtigte sie ein kleines, helles Haus in einer Parkgegend am Stadtrand. Es gefiel ihr auf Anhieb. Sie kaufte es. Die Formalitäten erledigte der Makler.

Carmen suchte sich in den zahlreichen Möbelhäusern eine geschmackvolle Einrichtung zusammen. Zusammen mir ihren persönlichen Sachen, die sie aus Argentinien mitgebracht hatte, hat sie sich ein behagliches Heim eingerichtet.

Nun stand sie mit ihrem Sektglas in der Hand in dem großen Salon und lächelte zufrieden. Hier würde sie sich schnell einleben.

Der nächste Punkt ihrer Vorhaben dürfte schon etwas schwieriger werden. Sie wollte Daniel, ihren Sohn sehen. Sie wollte mit ihm reden und ihn endlich einmal in den Arm nehmen. Nach all den Jahren, in denen sie nicht den geringsten Kontakt zu ihm hatte, ein ziemlich hoffnungsloses Unterfangen. Zumal Bernd ihr schon nach dem ersten und einzigen Brief, den sie jemals aus Argentinien an ihren Sohn schrieb, unmissverständlich klarmachte, das Daniel keine Mutter mehr hatte. Bernd hatte ihrem Sohn vermittelt, seine Mutter sei kurz nach seiner Geburt gestorben. Damit hatte er jeden Rückweg zu ihrem Sohn unterbunden. Es würde Daniel einen Schock versetzen, wenn sie nach so langer Zeit von den Toten auferstehen würde. Dennoch, Carmen wollte ihn sehen.

Sie hatte schnell herausgefunden, dass Bernd und Daniel noch immer in dem großen Haus im Norden der Stadt wohnten. Sie wusste, dass Bernd nie wieder geheiratet hatte und eine Haushälterin für Ordnung und Essen in dem Haus sorgte.

Mit diesem Wissen parkte sie an einem der nächsten Tage ihren kleinen Wagen in der Nähe des Hauses. Von ihr hatte sie einen guten Blick auf die Gartenpforte. Es war noch immer die gleiche, durch die sie vor so vielen Jahren das Haus verlassen hatte.

Es war kurz nach 7 Uhr, als sich die Haustür öffnete und ein junger Mann mit 2 Sprüngen die Treppe hinunter sprang und eilig zum Tor lief. Auf dem Bürgersteig klemmte er sich seine flache Tasche unter dem Arm und rannte in Richtung der Hauptstraße. Sicherlich zur Bushaltestelle. Das musste Daniel sein. Carmen folgte ihm im Schritttempo. Sie ahnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass sie schon bei ihrem ersten Versuch das Glück haben sollte, ihren Sohn kennenzulernen.

Daniel verpasste den Bus nur um Sekunden. Er winkte dem Fahrer noch hinterher, als der planmäßig von der Haltestelle abfuhr. Doch vergeblich. Der Fahrer gab Gas und Daniel stampfte wütend mit dem Fuß auf. Carmen nutzte diese Chance.

Sie bremste abrupt neben Daniel, öffnete das Fenster und rief ihm zu: „ Komm, steig ein. Wenn wir uns beeilen, erwischen wir ihn an der nächsten Haltestelle.“

Daniel sah die Frau in dem kleinen Auto verdutzt an.

„Nun komm schon. Du hast es doch eilig, oder etwa nicht?“

„Doch. Sehr.“ Daniel öffnete die Beifahrertür und schwang sich auf den Sitz. „Danke. Das passiert mir so oft. Ich schaffe es einfach nicht, pünktlich zuhause wegzukommen.“

Carmen lächelte ihren Sohn an. „Warum nicht?“

„Ich trödele immer zu lange.“ Daniel sah die Frau an. Sie war sehr schön. Ihre langen braunen Haare hatte sie hochgesteckt und mit einem Reif gebändigt. Sie trug ein luftiges Sommerkleid mit dünnen Trägern und einem großzügigen Dekolleté. Er schätzte ihr Alter auf Mitte bis Ende 30.

Carmen bemerkte, dass der junge Mann sie musterte. Um sich noch etwas mehr zur Geltung zu bringen, bewegte sie sich unauffällig so, das der Saum ihres Kleides noch etwas höher rutschte und einen Blick auf ihre Knie freigab. Sie tat das nicht, um ihrem Sohn tiefe Einblicke zu gewähren, sondern um einen möglichst nachhaltigen Eindruck auf ihn zu hinterlassen. Sie wusste aus Erfahrung, dass der erste Eindruck von größter Bedeutung ist. Daniel holte sie aus ihren Gedanken zurück, während sie mit stoischer Ruhe hinter dem Bus herfuhr.

„Wenn sie nicht etwas schneller fahren, erwischen wir den Bus nicht mehr an der nächsten Haltestelle.“

„Oh, entschuldige bitte. Ich bin keine besonders gute Fahrerin. Wohin musst du denn?“

„Zum Gymnasium in der Steinstraße.“

Carmen kannte die Schule. Sie war dort selbst einmal Schülerin.

„Ok. Dann fahre ich dich dorthin. Ist ja schließlich meine Schuld, wenn uns der Bus immer eine Nasenlänge voraus ist.“ Carmen hoffte, dass Daniel dieser plumpen Ausrede nicht auf die Schliche kommen würde.

„Das ist ja nett von ihnen. Aber das müssen sie nicht. Sie können mich auch hier raus lassen und ich warte auf den nächsten Bus. Ist ja schließlich nicht ihre Schuld, wenn ich dauernd zu spät komme.“

„Kommt nicht in Frage. Ich fahre dich zur Schule. Ich darf doch Du sagen?“

„Natürlich. So alt bin ich noch nicht.“ Daniel lehnte sich zurück und sah verstohlen die schöne Frau an, die ihn zu Schule chauffierte. Seine Mitschüler würde dicke Augen machen, wenn sie ihn aus dem Auto steigen sehen würden.

„Gut, ich heiße Carmen. Wie alt bist du denn, wenn ich fragen darf?“ Es war eine rein rhetorische Frage. Carmen wusste natürlich, das Daniel mit dem heutigen Tag exakt 18 Jahre, 2 Monate und 4 Tage alt war.

„18. Und nächsten Monat fange ich mit dem Führerschein an. Ich habe lange darauf gespart.“

„Geben dir denn deine Eltern nichts dazu?“

Daniel senkte den Kopf. Dann sagte er leise: „Meine Mutter ist schon lange tot. Und mein Vater ist der Meinung, dass alles, was man haben möchte, sich jeder selbst verdienen muss.“ Daniel lachte. „Also habe ich gearbeitet. Jedes Wochenende an der Tankstelle und einmal wöchentlich Zeitungen ausgetragen. Jetzt habe ich das Geld zusammen“. Daniel sah Carmen voller Stolz an.

Carmen nickte nur und dachte an Bernd. Das war typisch für diesen Prinzipienreiter. Aber er hatte recht. Daniel war stolz auf das, was er selbst erarbeitet hat und brauchte niemanden Danke sagen. Als sie damals ging, war sie sich sicher, ihren Sohn in den besten Händen zu wissen. Damit hatte sie recht. Einzig die Vorstellung, dass sie für ihren Sohn als verstorben galt, versetzte ihr einen Stich ins Herz.

Carmen bog in die Steinstraße ein und hielt vor dem Schuleingang. Während Carmen sich Gedanken machte, wie sie ihren Sohn ganz unverfänglich zu einem weiteren Treffen einladen könnte, kam ihr Daniel zuvor.

„Darf ich sie, Entschuldigung, dich etwas fragen?“ Daniel sah sie schüchtern an.

Carmen lächelte. „Ja, natürlich? Was möchtest du mich denn fragen?“

Daniel druckste herum. „Na ja. Also.“ Daniel wusste nicht, wo er ansetzen sollte. Er suchte nach einem Weg, diese wunderschöne Frau wiederzusehen.

„Na, sag es doch einfach.“ Carmen drehte ihr Gesicht dem jungen Mann zu und lächelte ihn an.

„Also, mein Vater ist der Meinung, dass ich keine Leistung ohne Gegenleistung annehmen sollte.“ Daniel kam wieder ins stocken.

Carmen lachte. „Und nun bist du der Meinung, dass du dich für die Fahrt revanchieren musst?“

Daniel griff sofort nach dem „Zaunpfahl“ mit dem Carmen winkte.

„Ja. Aber nicht, weil ich damit der Meinung meines Vaters folgen will. Sondern weil ich mich wirklich bedanken möchte“. Dann sprudelte es aus Daniel heraus. „Ich würde dich gerne zu einem Eisbecher einladen. Wenn du Eis magst. Wir können auch Kaffee trinken oder eine Bootsfahrt auf dem See machen oder in den Zoo gehen. Was sie, sorry, was du willst.“ Daniel sah seine Fahrerin erwartungsvoll an.

Carmen lachte und legte einen Arm auf die Lehne des Beifahrersitzes. Sie streckte ihre Hand aus und streichelte sanft über Daniels Wange. Es war wie ein elektrischer Schlag, als sie zum ersten Mal nach so langer Zeit die Haut ihres Sohnes berührte.

„Danke. Deine Einladung nehme ich gerne an. Wann ist Schulschluss?“

Daniel war völlig perplex. Er hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass diese Frau sich wirklich von ihm einladen ließ.

„Um 14 Uhr.“

„Gut. Dann bis 14 Uhr. Und nun nicht mehr trödeln. Los, los, ab in die Schule.“ Carmen lachte und hauchte ihrem Sohn einen schnellen Kuss auf die Wange.

Daniel sah ihr verwundert in die Augen. Er konnte sein Glück noch nicht fassen. Hatte er soeben die Frau seiner Träume kennengelernt?

Die Schulstunden zogen sich wie Kaugummi in die Länge. Es glaubte nicht wirklich daran, dass die Frau ihn tatsächlich abholen würde. Sie hatte ihn bestimmt schon längst wieder vergessen. Aber die Illusion allein war schon berauschend.

Daniel atmete hörbar auf, als die schrille Klingel endlich den Schulschluss ankündigte. Er packte seine Tasche und verabschiedete sich kurz von Julian, seinem besten Freund.

„Warum hast du es heute so eilige?“ fragte der überrascht.

„Ich werde vielleicht abgeholt. Frag nicht, von wem?“

„OK, ok. Dann bis morgen.“

„Ja, bis morgen.“

Daniel schlenderte über den Hof auf das Tor zu. Dann verzog er plötzlich das Gesicht zu einem breiten Grinsen. Sie war tatsächlich da. Auf der gegenüberliegenden stand das rote Auto, das ihn heute Morgen hierher gefahren hatte.

Die Tür öffnete sich und Carmen stieg aus. Sie hatte das Sommerkleid gegen einen kniefreien Rock und ein modisches Top getauscht. Dazu trug sie leichte Riemchensandaletten mit einem allerdings ziemlich hohen Absatz. Ihre langen Haare trug sie jetzt offen. Sie fielen wie ein dichter Vorhang bis auf ihren Rücken hinunter. Das Gesicht war nur dezent geschminkt und strahlte eine jugendliche Frische aus. Daniel konnte ihr Alter nur sehr schwer schätzen. Sie danach zu fragen, würde er wohl nicht den Mut haben.

Carmen begrüßte ihn mit einem freudigen Lächeln und gab ihm die Hand.

„Was machen wir jetzt?“ Ihre Frage brachte Daniel etwas in Verlegenheit. Bei seiner Einladung hatte er den Mund wohl etwas zu voll genommen. Diese Frau war viel zu elegant, um sie in eine Pommes Bude einzuladen. Sein Taschengeld Budget lies aber nicht sehr viel mehr zu. Vielleicht noch einen Eisbecher. Aber mehr lag wirklich nicht drin.

Carmen bemerkte die Unsicherheit ihres Sohnes. Wie sie ihren Ex-Mann kannte, war Daniels Taschengeld auf das von Psychologen angeratene wöchentliche Budget beschränkt. Bernd hielt sich immer strikt an die Ratschläge irgendwelcher Erziehungsberater.

„ Also ich würde gerne mal wieder in einem schönen Park spazieren gehen.“ Carmen sah ihren Sohn an und gab ihm ein Zeichen, sich in den Wagen zu setzen. „Hast du dazu auch Lust.“

Daniel strahlte Carmen an. „Ja, natürlich. Sehr gerne sogar“. Ihm fiel ein Stein vom Herzen.

„Wir könnten in den Stadtpark fahren. Er ist sehr schön und hat in der Mitte eine große Wiese, auf der man sich sonnen kann.“

„Das trifft sich gut. Ich habe zufällig eine große Decke im Auto.“ Carmen gab Gas und steuerte zielstrebig in Richtung Stadtpark. Sie parkte wenige Minuten später auf dem Parkstreifen. Carmen nahm die Decke aus dem Kofferraum und gab sie Daniel, der sie sich unter den Arm klemmte. Seinen freien Arm reichte er Carmen, die sich gleich bei ihm unterhakte.

„Ich habe nicht wirklich daran geglaubt, dass du mich abholst“, sagte Daniel leise und sah Carmen von der Seite an.

Carmen lächelte und log etwas. „Wenn ich ehrlich bin, war ich mir auch nicht sicher, ob ich wirklich kommen sollte.“ Natürlich war sie sich absolut sicher, ihren Sohn nicht mehr von der Leine zu lassen. Sie hatte ihn gefunden und würde sich um nichts in der Welt davon abbringen lassen, ihn so oft wie möglich zu sehen. „Ich hatte die Befürchtung, dass du mich für aufdringlich halten würdest. Immerhin hatten wir uns nur kurz zuvor kennengelernt und es war ja auch nur ein sehr kurzes Treffen“.

„Du kannst dir nicht wirklich vorstellen, wie sehr ich mich darauf gefreut habe, dich wiederzusehen. Ich konnte kaum den Schulschluss abwarten.“ Daniel lächelte stolz und drückte Carmens Arm an sich.

„Da ist die Wiese. Es sind nicht viele Leute hier um diese Zeit. Wir haben noch die freie Platzwahl“.

„Also dann ab in die Mitte“, rief Carmen und zog sich ihre hohen Schuhe aus. Barfuß zog sie Daniel mit sich und lief mit ihm an der Hand in die Mitte der großen Wiese.

„Hier ist es genau richtig“.

„Ja, stimmt. Einen schöneren Platz gibt es im ganzen Park nicht“ Daniel lachte und breitete die Decke aus.

Sie legten sich nebeneinander und Carmen schloss die Augen.

„Erzählt du mir von dir?“ Auch diese Frage war rein rhetorisch. Carmen hatte schon alles, was sie über ihren Sohn und seinen Vater wissen wollte, längst durch einen Detektiv in Erfahrung gebracht.

Daniel richtete sich auf, stützte sich auf dem Ellenbogen ab und sah die Frau neben sich an.

„Was soll ich dir über mich erzählen? Ich gehe zur Schule und bereite mich auf mein Abitur und danach auf mein Studium der Informatik vor. In meiner knappen Freizeit spiele ich gerne Fußball oder bin im Internet. Eine Freundin habe ich nicht und mit meinem Vater verstehe ich mich sehr gut. Ich bin also zufrieden und fühle mich wohl.“

Carmen drehte sich auf die Seite und sah ihren Sohn lächelnd an. „Das war ja mal eine schnelle Biographie. Warum hast du keine Freundin? Du siehst gut aus und bist ein sehr, sehr netter Typ. Die Mädels müssten doch bei dir Schlange stehen“.

Daniel druckste herum. Es war ihm unangenehm, die Frage ehrlich zu beantworten. Dann jedoch gab er leise zu:

„Na ja. Ich kann nicht so gut mit den Mädchen in meinem Alter. Mit ihnen schwimme ich nicht unbedingt auf einer Wellenlänge.“

„Warum das denn nicht. Welchen Typ Frau oder Mädchen bevorzugst du denn?“ Die Antwort auf diese Frage hat ihr Detektiv nicht beantworten können.

Daniel zögerte mit seiner Antwort. Eigentlich ging es die Frau ja nichts an. Er kannte sie erst seit heute morgen und wer weiß, ob er sie nach diesem Tag jemals wiedersehen würde.

Der Junge gab sich einen Ruck. „Ich mag lieber Frauen in deinem Alter“. Carmen sah ihren Sohn erstaunt an. „Ja. Sie sind ernsthafter und interessierter“. Daniel senkte den Kopf und flüsterte:

„ Vielleicht suche ich auch nur einen Ersatz für eine Mutter, die ich nie hatte. Wer weiß.“ Daniel zuckte mit den Schultern und sah seine Mutter, von der er nicht wusste, dass sie es war, betrübt an.

Carmen schluckte. Hoffentlich stellte es sich nicht als ein Fehler heraus, so aufdringlich in das Leben ihres Sohnes eingegriffen zu haben. Sie bekam eine gewisse Panik bei der Vorstellung, Daniel könnte für sie etwas mehr als freundschaftliche Gefühle empfinden. Während die Sonne unbarmherzig auf sie einschien, fröstelte es Carmen bei diesem Gedanken. Wie sollte sie damit umgehen, wenn es tatsächlich so sein sollte. Wenn sich ihr eigener Sohn in sie verlieben sollte.

Bevor Carmen die Notbremse ziehen konnte, war es schon zu spät.

Daniel sah Carmen tief in die Augen. Dann sagte er leise: „ Ich weis, das ich es nicht sagen darf, aber ich glaube, ich habe mich in dich verliebt“. Dann warf er hastig hinterher. „Schon heute morgen. Als du mich gefahren hast. Als deine Hand und dein Mund meine Wange berührt haben“. Daniel sah Carmen voller Hoffnung an. „Es hat einfach geknallt. Es tut mir leid, aber ich weis nicht, wie ich damit umgehen soll“.

Carmen seufzte hörbar auf. Das hatte sie befürchtet. Jetzt war die Zeit einer Entscheidung gekommen. Wie sollte sie diesem Jungen, ihrem Sohn, klarmachen, das es eine Liebe zwischen ihnen nicht geben konnte? Nicht geben durfte.

Würde sie ihn ablehnen, war es mit Sicherheit das letzte Treffen mit ihm. Würde sie seine Liebe erwidern, dann wäre es ein Schritt auf sehr, sehr dünnes Eis. Daniel die Wahrheit zu sagen, wagte sie erst recht nicht. Er würde kein Verständnis dafür haben, seit seiner Kindheit belogen worden zu sein.

Die Frau suchte verzweifelt nach einer Erklärung. Sie musste Zeit gewinnen.“Julian, ich mag dich auch sehr gerne. Du warst mir vom ersten Augenblick an sehr sympathisch. Sonst hätte ich wohl auch nicht angehalten.“ Sie sah ihren Sohn direkt ins die Augen. „Aber bitte, lass mir noch etwas Zeit.“

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