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Das Höschen lässt die Hosen runter

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Nachhilfeunterricht (The Story of Rory - Teil 9).
6.9k Wörter
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Liebe Lesefreunde,

ich habe es bereits angekündigt am Ende des letzten Teils. Die Rory-Teile kürze ich demnächst mit SoR 9 für Teil 9 usw. ab. Das lässt Platz für weitere Beschreibungen, wenn ich ihn den benötige. Für euch ändert sich eigentlich gar nichts. Ist auch nur eine Ankündigung.

Beste Grüße

R.

*

Das Höschen lässt die Hosen runter

The Story of Rory -- Teil 9 (SoR 9)

Die nächsten Tage wäre ich am liebsten im Boden versunken, nur um auch meiner Mutter nicht begegnen oder mich vielleicht vor ihr rechtfertigen zu müssen. Überraschenderweise verhielt sie sich aber nahezu wie immer. Sie war nicht böse oder so. Weder stellte sie mich zur Rede, noch riss sie mir die Rübe runter. Auch als zwei Tage später der Badeanzug auf dem Wäscheständer hing (sie muss ihn in der Persiltonne gefunden haben, da ich ihn immer noch versteckt hielt, obwohl sie es ja bereits wusste), sagte sie nichts dazu. Allerdings war mir das sehr unangenehm. Die einzige Ausnahme ist bis jetzt, dass sie nicht mehr morgens zum Kuscheln in mein Bett kommt. Das ist schade, aber irgendwie bin ich auch froh, da es einfach zu peinlich war und ich nie wieder daran erinnert werden möchte.

Am Freitagmorgen beobachte ich nach dem Zustellen mein Gesicht im Badezimmerspiegel, besonders mein rechtes Auge. Die Schwellung ist abgeklungen. Nur ein dunkler kleiner lilafarbener Rand ist geblieben. Ich muss das so genau prüfen, da ich heute wieder in die Schule soll. Will ja nicht zum Gespött werden! Meine Mutter lässt nicht mit sich reden, obwohl nur noch ein Tag bis zum Wochenende ist und bis Montag vielleicht nichts mehr zu sehen wäre. Unfassbar! Manchmal ist sie einfach so dämlich!

Zur Not müsste ich schwänzen!

Soll ich?

Hmmmmmm ...

Lieber nicht!

Mein Gewissen plagt mich zu sehr. Ständig zu spät kommen ist doch etwas anderes als mit voller Absicht ganz zu fehlen. Also mache ich mich auf den Weg und bin sogar pünktlich, da wir heute beim Klassenlehrer haben. Als ich vor dem Klassenraum mit den anderen warte, bleiben die erwarteten Sprüche aus. Vielleicht liegt es daran, dass ich mich ziemlich gut verbal wehren kann oder zur Not auch mal handfester. Es sind allerdings noch nicht alle da. Sandra guckt etwas komisch. Ich beachte sie nicht weiter.

Der dicke kleine Sven und sein Kumpel Torsten, mit dem enormen Zinken im Gesicht, erscheinen und natürlich grölt dieser schreckliche Klops sofort los, als er mein Auge sieht.

„Halt deine Fresse", drohe ich. Er lässt sich aber nicht einschüchtern.

Das kann man nicht anders sagen! Dieser Fettmops hat keinerlei Angst! Vielleicht ist er sich zu sicher mit Torsten an seiner Seite oder er ist schlicht zu dämlich!

„Ich warne dich, du kleiner Fettsack", schimpfe ich.

Er hänselt mich weiter. Ich packe ihn am Kragen und er versucht sich loszureißen.

„Eeeeyyyy, lass mich los", schreit er und wirkt so, als ob er damit nun überhaupt nicht gerechnet hat. Scheinbar ist er wirklich blöd im Kopf!

„Du fettes Schweinsgesicht", zische ich.

„Nimm deine Wichsgriffel weg", zetert er zurück.

Meine Rechte ballt sich und ich halte sie ihm unter die Nase. Noch immer hat er keine Angst, sondern keift nur mit seiner Grölstimme.

Merkt der denn gar nicht in welche Gefahr er steckt? Ich meine, man muss doch damit rechnen, dass man etwas auf die Nase bekommen könnte, wenn man einen Stärkeren ärgert! Der macht mich richtig sauer!

„Hey, Rory Riesenschwanz", mischt sich Torsten ein.

Das ist zu viel für mich. Ich springe Torsten an („Ich reiß dir deine Rübennase ab"). Sofort ringen wir miteinander und Neugierige bilden eine Traube um uns herum. Selbst Sonja guckt zu. Es wird ein reines Kräftemessen, nichts wirklich Ernstes. Torsten ist eigentlich kein so übler Kerl im Gegensatz zum schrecklichen Sven, deshalb schlage ich ihn auch nicht und er mich auch nicht. Wir ringen nur mit ineinander verschlungenen Armen.

Eigentlich habe ich befürchtet, dass Torsten stärker sein könnte, weil er wesentlich stämmiger aussieht, aber ich schaffe es, ihn auf den Rücken zu drücken, beide Handgelenke zu packen und meine Knie auf seine Oberarme zu legen, so dass er sich kaum mehr wehren kann.

„Gibst du auf?" frage ich, als ich so auf ihm sitze.

„Hoch mit dir", antwortet eine andere Stimme, die mir einen leichten Schrecken versetzt. Mein Klassenlehrer. Er packt mich im Nacken, zieht mich von Torsten runter und schiebt mich vor sich in den Klassenraum, als ob er davon ausgeht, dass ich zurückhechten und mich auf Torsten werfen würde. Ich bin froh, dass der Streit vorbei ist.

Unterricht.

Gelangweilt male ich kleine Männchen in mein Heft, als auf einmal Sonja sehr zaghaft zu mir spricht: „Wie ..."

„Halt die Klappe", fahre ich sofort an und male weiter.

Rory, du wolltest ihr doch helfen!

Ach ja, stimmt ja!

„Was ist?" frage ich sie leise und ein bisschen freundlicher.

Sie schweigt.

„Hey, sorry, ich war, ähm, gerade im Gedanken. Also, was ist?" versuche ich es noch mal.

Sonja bewegt leicht ihre Fettgardine.

„Rede ruhig. Ich hab´s nicht so gemeint", spreche ich ihr gut zu und knuffe sie leicht in die Seite.

„Wie hast du denn ein blaues Auge bekommen?" fiepst sie.

Ich rolle mit den Augen. So eine dämliche Frage!

„Na, wie wohl? Ich habe mir aufs Auge gehauen", antworte ich flapsig und ersticke so die aufkommende Unterhaltung im Keim.

Nach der Stunde überlege ich mir, was die Frage überhaupt sollte. Wollte sie vielleicht eine Diskussion anfangen? Das wäre ja ganz löblich, aber wenn ich´s mir genauer überlege, habe ich doch keine Lust Babysitter für sie zu spielen.

Aber du wolltest doch helfen!

Sie kann sich selbst helfen!

Vielleicht hat sie aber Interesse!

Ich aber nicht!

Die macht bestimmt alles mit!

Will ich gar nicht! Die soll sich erstmal die Haare waschen, dann sehen wir weiter!

Freistunde.

Meistens spielen wir Fußball mit einem Tennisball auf dem Schulhof. Das machen wir auch in der großen Pause regelmäßig. Häufig kaufe ich mir auch einen Kakao im Plastikbecher beim Hausmeister. In diesen Bechern ist richtig viel drin und der Kakao schmeckt schön milchig. Zu dem kostet ein Becher nur 20 Pfennig. In den Becher knabbere ich am Boden immer ein kleines Loch rein. Daraus sauge ich dann den Kakao. So macht´s mehr Spaß und ich habe länger etwas von dem Getränk, weil nur ziemlich wenig durch die Öffnung passt. Man kann sich so den Kakao auch in den Mund spritzen.

Bevor ich beim Hausmeister bin, spricht mich ein pickliger Junge an: „Bist du Rorri?"

„Wieso?" antworte ich mit einer Gegenfrage und geben ihm so wohl zu erkennen, dass ich es bin.

„Du sollst mal zu Frau Höschen kommen", erklärt er.

Hä!

„Zweiter Stock, Raum 10 B", fügt er noch hinzu.

Was will DIE denn?

Ich habe keine Ahnung.

Am besten aber ist wohl, ich gehe gleich und bringe es hinter mich, damit ich die Freistunde voll nutzen kann!

Mein eigener Klassenraum ist im Erdgeschoss und wenig später bin ich zwei Etagen darüber. Einige ältere Schüler stehen vor den Räumen. Ich halte Abstand und gehe nahe an der Wand mit den Kleiderhaken an denen vorbei.

10 B!

Ah, da!

Eine Gruppe Mädchen steht davor. Mir fällt sofort ein besonders großes auf mit sehr langen Beinen und einem richtig großen Hintern. Diese Schenkel sehen wirklich ... toll aus. *schluck*

„Guck mal, der schaut dir auf den Arsch", macht ein anderes Mädchen das große Mädchen auf mich aufmerksam. Sie dreht sich zu mir.

Ich will nur vorbei!

Die Mädchen beobachten mich. Ich starre auf die Tür, drängele mich schnell hindurch und drücke die Klinke. Verschlossen.

„Ey, hast du mir auf den Arsch geglotzt?" fragt die Große.

„Ja, hat er", bestätigt die Petze.

„Rory", ruft auf einmal Frau Höschen. Die dickliche kleine Frau geht an den großen Mädchen vorbei. „Ich habe dich vermisst", erzählt sie breit grienend.

Wie interessant!

„War krank", grummele ich und schiele ganz kurz zu den Mädchen, die unsere Unterhaltung beobachten. Sie tuscheln.

„Ja, das sehe ich", tut das Höschen mitfühlend. „Dein Auge. Was ist denn passiert?"

„Nichts."

„Aha!", sagt sie knapp und erzählt dann: „Nun, ich wollte dich auch nur an deine Nachhilfestunde erinnern. Denkst du bitte daran!" Sie dreht sich um, guckt zu den Mädchen und redet dann wesentlich leiser weiter: „Heute um 16 Uhr in der Callinstr. 14. Das ist in der Nordstadt. Ich habe mir extra den Termin freigehalten. Es wird bestimmt Spaß machen."

Ich bin fassungslos. Die dicke Kuh stellt mich bloß mit Nachhilfeunterricht, den ich nie und nimmer nötig habe, besonders vor dem großen Mädchen. Die spinnt wohl!

„Äh, also ...", versuche ich Einspruch zu erheben, als sie auch schon die Tür aufschließt und in dem Raum verschwindet.

Hey! Du kannst mich mal mit deiner Nachhilfe!

„Na, brauchen wir Nachhilfe", macht mich die Petze an. „Sind wir ein bisschen zu dumm für den Unterrichtsstoff?"

„Schnauze."

„Pass auf, was du sagst, Furzknoten."

„Pass auf, was du sagst, du Ffff ...", wehre ich mich und spreche das schlimme Wort doch nicht aus. So was sage ich eigentlich auch nie.

„Wag es ja nicht, du irischer Affe", droht sie und schubst mich gegen das große Mädchen. Sofort spüre ich ihre Weichheit, wie ihre Glocken unter dem Shirt wackeln. Wütend schubse ich zurück. Es geht hin und her, bis ich mit der Petze im Clinch liege. Sie mag ein Tick größer sein, aber ich bin stärker.

Abermals beendet ein Griff in meinen Nacken den Kampf.

„Wenn ich dich noch mal erwische, gibt´s ein Donnerwetter, Herr Brian", mahnt mich mein Klassenlehrer und guckt mich böse an.

So ein Pech aber auch! Schon wieder der!

„Ab nach unten mit dir", weist er mich an.

„Scheiß Elefantendödel", keift die Petze mir nach, als ich schmollend an sie vorbeiziehe und zum großen Mädchen linse. In dem Moment guckt sie mich auch an. Nettes Gesicht. Dann mache ich mich zügig vom Acker.

Elefantendödel?

Kennt die mich? Die weiß, dass ich irisch bin und einen Elefantendödel habe!

Ach quatsch, habe ich nicht! Was denke ich denn da?

Elefantendödel! Je länger ich darüber nachdenke, umso witziger finde ich es. Grinsend bezahle ich 20 Pfennig für einen Kakao und gehe auf den Hof.

Die gute Laune hält allerdings nicht lange an. Nach Schulschluss muss ich auf dem Nachhauseweg die ganze Zeit an Frau Höschen denken.

Wieso habe ich nicht einfach ´Nein` gesagt?

Verdammt!

Nachhilfe am Wochenende!

Immer wieder trete ich zornig gegen orangefarbene Mülleimer, die praktischerweise in gut erreichbarer Höhe an Schilder- und Laternenstangen befestigt sind. Allerdings trete ich nie so doll, dass einer kaputt geht.

Ich habe mich so aufs Wochenende gefreut und jetzt kommt dieses verfluchte Höschen! Die glaubt doch wohl nicht im Ernst, dass ich da hingehe! Außerdem habe ich Nachhilfe für Mathe so dringend nötig, wie noch einen Schlag aufs Auge!

Am Nachmittag sitze ich auf meinem Bett und versuche mit einem alten Fix-und-Foxi-Comic, den ich schon zigmal gelesen habe, das Höschen zu verdrängen. Die Haustür klackt.

„Ich bin´s", grüßt meine Mutter, als sie in mein Zimmer kommt.

Sag bloß!

„Was machst du denn schon hier?" will ich wissen. „Kannst du jetzt auch früher gehen?"

Sie setzt sich aufs Fußende meines Bettes. „Kann ich", sagt sie trocken.

„So, so, und was willst du hier?"

„Ich wollte mich mit dir mal unterhalten."

Oh, nein! Bloß nicht wegen dem Badeanzug!

Ich gucke sie nur ausdruckslos an.

Sie schmunzelt kurz bei meinem Anblick, bleibt dann aber ernst. „Ruairi, ich wollte dich etwas fragen."

Bloß nicht!

„Also ..." Sie zögert.

„Und?" frage ich flapsig.

Meine Mutter holt tief Luft. „Also ... du kannst mit mir über alles reden."

Aha!

„Und weiter?" Wieder flapsig.

„Und es ist auch wirklich nicht schlimm, wenn du es mir sagst ..." fährt sie fort.

Hä?

Ich gucke.

„Also, Ruairi ..." Sie zögert schon wieder und guckt mich entschuldigend an. „... bist du schwul?"

Mir fällt fast der Unterkiefer nach unten.

„Du kannst es mir ruhig sagen", erzählt sie mit nachsichtiger Stimme.

„HÄ? Ich bin doch nicht schwul", erkläre ich mit zusammengekniffenen Augen, um meine Worte noch zu unterstützen. „Wie kommst du denn auf diesen Mist?"

„Tja, ich dachte ..."

„Ich bin nicht schwul", meckere ich und springe auf.

„Du kannst es mir ruhig sagen. Das ist nicht Schlimmes."

Und ob das etwas Schlimmes ist! Es ist wie Pest haben!

„Ich bin nicht schwul!" Wütend schlüpfe ich in meine Turnschuhe.

„Was hast du vor?" fragt meine Mutter verwundert.

„Muss zur Nachhilfe. Bin zu blöd für den Unterricht."

Das ist wahrscheinlich der tiefste Tiefpunkt in meinem Leben. Natürlich weiß ich, weshalb sie mich das gefragt hat. Sie denkt wohl, dass ich gerne Frauensachen anziehe oder so. Mist aber auch! Wutentbrannt mache mich auf den Weg in die Nordstadt. Es dauert nicht lange, bis ich dort bin. Hier kenne ich mich aber nicht aus. Ein altes Muttchen kommt auf mich zu und ich frage nach der Straße: „Entschuldigung! Können sie mir sagen, wo ich die Karlstr. finde?"

„Karlstr.? Hm, also, da muss ich mal überlegen ... nein, die kenne ich nicht. Tut mir leid!"

Hm, hieß die überhaupt Karlstr.? Ich bin mir nicht mehr sicher.

Beim nächsten Passanten versuche ich es wieder. Eine junge hübsche Frau mit blonden langen Haaren. „Tschuldigung! Wissen sie, wo hier die Karlstr. ist?" Insgeheim hoffe ich, dass sie es nicht weiß.

Sie schüttelt ihren Kopf und will weitergehen.

„Ähm, und die Karlchenstr?" sage ich schnell. „Ich weiß nicht so genau den Namen."

„Callinstr. gibt es", erklärt sie.

„Ja, das kann auch sein."

Sie beschreibt den Weg. Es ist nicht weit weg und wenig später stehe ich in der Straße.

Welche Hausnummer war´s denn?

Keene Ahnung!

Was soll´s? Macht ja nix! Auch nicht, wenn´s die Callinstr. gar nicht ist!

Ich klappere Haus für Haus ab und schaue auf die Namensschilder. Glücklicherweise ist die Straße nicht besonders lang. Als ich bei 14 ankomme, erschrecke ich mich leicht, als ich Höschen lese.

Oh, nein, das wird sie sein!

Wütend haue ich auf die Klingel. Der Summer geht. Sie wohnt nicht sehr hoch und ich bin schnell vor ihrer Wohnungstür.

*bing bong*

„Ja, ich komme gleich", höre ich Frau Höschens Stimme durch die Tür.

Gefühltermaßen bin ich bestimmt zu spät. Sie lässt mich warten.

„Gleiheich", ruft sie wieder.

Mach auf, sonst gehe ich wieder!

Die Tür öffnet genau im dem Augenblick, in dem ich das denke. Frau Höschen lässt mich mit einem breiten Grinsen in einen beinah kreisrunden Flur rein.

„Du bist aber spät", stellt sie fest.

„Hm", nuschele ich nur, da ich selbst nicht weiß, wie spät es ist.

„Gut, ist ja nicht schlimm", sagt sie irgendwie fahrig und hält mir ihre flache Hand wie zum Indianergruß entgegen. „Warte hier kurz."

Ich schaue ihr hinterher, wie sie in einem Raum verschwindet und mich schon wieder warten lässt. Derweil schaue ich mich im Flur um.

Mann, Mann, Mann, was mache ich hier nur?

Ich habe noch nie einen runden Flur gesehen!

„Rory!" Meine Aushilfslehrerin winkt mich in der Tür stehend zu sich. Sie lächelt. Bevor ich eintrete, fragt sie noch: „Was möchtest du denn trinken?"

„Nichts, danke", antworte ich knapp. Will nur schleunigst wieder weg!

„Ich habe alles da."

„Ne, danke."

„Cola?"

Oh, Mann, nervt die!

„Kalte Milch", sage ich patzig.

„Oh, kalte Milch!" Sie scheint erstaunt zu sein. „Magst du nicht auch etwas anderes?"

„Sprite."

„Sprite?"

„Oder Seven Up." Schmeckt beides gleich.

„Das habe ich leider nicht da, Rory", sagt sie, ballt dabei eine Faust und schlägt auf einen imaginären Tisch, als ob sie sich ärgern würde.

Ich dachte, du hast alles da, du dumme Nuss!

„Wie wäre es mit Cola? Coca-Cola!"

„Von mir aus", gebe ich nach.

„Gut, dann setz dich doch schon mal ins Wohnzimmer, ja!" Sie zeigt auf den Raum, aus dem sie gekommen ist.

Als ich eintrete sitzen bereits zwei andere Schüler dort. Sie teilen sich zwei große Couches. An den Ecken, wo sich die Sitzmöbel treffen, sitzen sie sozusagen über Eck beieinander.

„Hallo", grüße ich lustlos.

Keine Antwort.

Idioten!

Ich setze mich auf die etwas größere Couch ganz am Ende so weit wie möglich von den beiden Hansels entfernt hin. Sie haben bereits Unterlagen vor sich auf einem großen Glastisch liegen, genauso wie zwei leere Gläser. Der Glastisch hat eine denkbar ungünstige Höhe. Er ist kaum höher als die Sitzfläche der Polster.

Frau Höschen erscheint mit ebensolchen Arbeitsmaterialien wie meine Mitstreiter sie bereits haben und einem sehr gut gefülltem Glas Cola. Das Glas ist ein Coca-Cola-Glas. Es hat diese Kelchform mit dem eingebrannten Coca-Cola-Schriftzug.

Ich finde die Gläser toll. Bestimmt schmeckt´s daraus noch mal so gut! Auch finde ich gut, wie die Höschen das Glas gefüllt hat. Ich mache meine Gläser auch immer randvoll. Da muss man zwar etwas aufpassen, damit man nicht kleckert, was gelegentlich passiert, aber dafür muss man nicht so schnell wieder nachschenken. Mit Essen ist es genauso. Wenn ich mir etwas auftue, dann wird der Teller immer richtig voll, fast überladen. Meine Mutter sagt zwar dann immer, dass ich ja zweimal gehen kann, aber das ist doch sprichwörtlicher Blödsinn! Ich meine, wenn ich mir gleich so viel auftue, wie ich auch essen will, ist es doch dümmlich, wenn ich mir weniger auf den Teller mache, dafür aber zweimal in die Küche latschen muss und dann das Essen eventuell auch noch erkaltet ist. Unsinn also! Natürlich höre ich nicht auf meine Mutter und esse dann vorm Fernseher oder in meinem Zimmer.

„Trink", fordert Frau Höschen regelrecht, aber weiterhin mit einem breiten Lächeln, das jetzt aber irgendwie leicht verkniffen wirkt. Sie wirkt angespannt.

Ich beuge mich vor, spitze meine Lippen und schlürfe ein bisschen Cola von oben weg. Will ja nicht kleckern! Mit einem gestellten Grinsen schaue ich zum Hös-chen auf.

„Trink ruhig. Ich dachte, du bist durstig", sagt sie.

Bin ich aber nicht! Hab ich auch nie gesagt!

Statt weiter zu trinken gucke ich auf die Unterlagen mit den Übungsaufgaben. Pipifax.

„Wenn du ausgetrunken hast, können wir ja dann anfangen", bemerkt Frau Höschen scheinbar nebenbei.

Ja, und dann mache ich ratzifatzi das Heft voll und verschwinde wieder! Die wird Augen machen!

Mit großen Schlücken leere ich das Glas. Ein kleines Bäuerchen entfährt mir und ich schaue zu den anderen beiden rüber. Sie gucken mich blöde an. Frau Höschen verlässt den Raum wieder. Dann greife ich mir einen Stift und beuge mich tief mit den Unterarmen auf meinen Oberschenkeln abgestützt runter zu den Aufgaben.

So ein blöder Tisch! Wie soll man denn da schreiben?

Wieder schaue ich zu den beiden anderen Schülern. Sie glotzen.

„Habt ihr einen an der Waffel?" frage ich vornübergebeugt und fange an die Aufgaben zu bearbeiten. Im Schnellverfahren löse ich die ersten paar. Die nächste ist 14 % von 812 D-Mark. Ein Klacks, denke ich noch, als ich abrupt stoppe. Mit dem Schreiber in der Hand schaue ich auf die Aufgabe.

Blinzeln.

14 von 812 ... Prozent ... das ist ...

Gummibonbons!

Gummibonbons?

Blinzeln.

Statt weiter die Lösung der Rechenaufgabe zu finden, schwirrt mir das Wort Gummibonbons im Kopf rum. Abermals neige ich den Kopf zur Seite und blicke die Jungs an. Sie gucken. Dann lege ich den Kopf auf den Glastisch und starre zurück.

Gummibonbons!

Ich beginne leise mit dem Kopf auf der Tischplatte zu lachen.

„Ah, Rory, du amüsierst dich schon" höre ich Frau Höschens Stimme.

Mir egal. Ich lache.

Plötzlich richten mich zwei Hände an den Schultern auf. Frau Höschen steht vor mir, lächelt mich breit an und drückt mich an die Sofalehne zurück.

„Na, du bist ja wirklich ein Lustiger und so hübsch", sagt sie, während sie mich auf der Couch platziert und fügt freundlich an: „So ist das doch viel bequemer."