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Das Internat 01

Geschichte Info
Black Mannor war ein Ehrfurcht...
12.1k Wörter
4.29
189.1k
14

Teil 1 der 7 teiligen Serie

Aktualisiert 03/18/2021
Erstellt 03/31/2006
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Anmerkungen: Vorweg allen, die mit unruhiger Hand dasitzen – ruhig Blut. Der Einstieg wird Euch lang vorkommen, aber ich musste erst einmal diese merkwürdige Welt in meinem Kopf aufbauen, in der ich nicht so ungern leben würde. Ich habe deshalb als Ausgleich zwei Kapitel auf einmal bei Euch angelandet. Die Geschichte nimmt insgesamt die letzte Episode aus dem Segeltörn auf und mag dem einen oder anderen deshalb bekannt anmuten. Ich bin noch am Schreiben, das Internat wächst, wer Anregungen versenken will, mag sie gerne mitteilen, wenn sie passen werde ich versuchen sie einzuarbeiten.

Doch nun viel Spaß in Old England:

Black Mannor war ein Ehrfurcht gebietendes altes Gemäuer im Herzen der Grafschaft Wales. Das Gebäude hatte Tradition und diente ehemals als Familiensitz eines Geldadelsgeschlechtes, dem allerdings in der zehnten Generation die Mittel abhanden gekommen waren, so dass der damals recht herunter gekommene Besitz in den späten 80-er Jahren zur Versteigerung kam.

Das Anwesen wurde von dem neuen Besitzer – einer „Gesellschaft zum Erhalte britischer Traditionen in der Erziehung" – vollständig umgestaltet, restauriert und modernisiert. Die Gesellschaft hatte sich zum Ziel gesetzt, auf dem Gelände einen Internatsbetrieb zu organisieren. Zielgruppe waren allein schon von den erforderlichen Preisen her, die Eltern für diese Schule aufzuwenden hatten, die gehobene Mittel- und Oberschicht. Das Konzept war koedukativ angelegt, beherbergte also sowohl weibliche wie männliche Schüler und einen ebenfalls gemischten Stab an Lehrpersonal. Seit seiner Eröffnung in den frühen 90-er Jahren konnte das Internat deutliche Erfolge nachweisen. Schüler, die diese Anstalt besuchten, hatten regelmäßig gute bis sehr gute Chancen sich später an der Universität, im Beruf oder angestrebten Leben erfolgreich zu behaupten.

Auf den erstmaligen Besucher wirkte das dreistöckige Herrenhaus oft ein wenig düster, doch dieses Los teilte es mit vielen vergleichbaren traditionellen Anwesen dieser Region. Vielleicht lag das aber auch an dem großzügigen Gelände, auf dem es erbaut war. Schon die Anfahrt gestaltet sich aufwendig. Man reiste durch eine menschenleere herbe Gegend auf kleinen Straßen an, um dann – mit dem fast sicheren Gefühl, sich verfahren haben zu müssen – an einem riesigen Steintor mit schmiedeeisernen Torflügeln anzugelangen. Zur Straße hin grenzte sich das Gelände mit einer Moos bewachsenen, gut drei Meter hohen massiven Mauer ab, die die kleine Straße mindestens zwei Kilometer säumte. Hatte man sich über die Video-Gegensprechanlage angemeldet, schwang das Tor fast lautlos auf. Auf einer alleeartigen Zufahrtstraße ging es nun weiter, wobei im Rückspiegel wieder das sofortige Schließen des Tores beobachtet werden konnte. Bis zum Hauptgebäude war man im PKW nun noch fünf Minuten unterwegs. Die Alle war von ordentlich bestellten Feldern und Wäldchen gesäumt, Häuser waren jedoch nicht zu sehen. Die Straße öffnete sich zu einem Rund, an dessen gegenüber liegender Seite der mächtige viktorianische Bau auftauchte.

Auf manchen späteren Zögling dieser Anstalt mochte die Anfahrt Angst einflössend wirken, zu stark war der Eindruck am Ende der Welt angekommen zu sein und eher in ein Gefängnis als in eine Schule zu wechseln.

In der Tat hatte diese Schule jedoch wenig mit Ausreißern zu kämpfen, denn die nächsten möglichen Verlockungen der Zivilisation waren alle kilometerweit entfernt.

Aber in der Präambel der Gesellschaft hatte diese sich auch zum Ziel gesetzt:

„Die Gesellschaft widmet sich der Ausbildung mit dem Ziel der bestmöglichen Erweckung der Leistungspotentiale eines jeden Zöglings. Die freie Entfaltung soll fern aller schädlichen Einflüsse der sich zu schnell wandelnden Gesellschaft wachsen. Es sollen Werte und ein angemessener Respekt erlernt und verinnerlicht werden. Die Entwicklung zu einem selbständigen und selbstbewussten Menschen, der seinen adäquaten Platz in der Gesellschaft zu finden fähig ist, ist oberstes Ziel der Ausbildung.

Auf Werte wie Demut, Pünktlichkeit, Gehorsam, Respekt gegenüber der Lehrerschaft, dem Elternhaus und der Gesellschaft allgemein wird größten Wert gelegt und deren Inhalte ggf. mit einem Sanktionssystem vertieft."

Insoweit war der Standort mitten in der herben englischen Einöde durchaus gewollt und gehörte zur Zielsetzung einer fast schon Isolation zu nennenden Abschottung gegenüber den Verlockungen dieses Zeitalters. Aber viele Eltern gaben ihre Kinder auch gerade wegen dieser strikten Zielsetzung in die Obhut der Gesellschaft.

Der Sitz war U-förmig angelegt. In dem einen Flügel waren die Schlafräume untergebracht, der zweite Flügel diente dem Unterrichtsgeschehen und der Haupttrakt der Verwaltung und als Sitz der Lehrerschaft. In Nebengebäuden lagen die Sport- und Schwimmhalle, die Räumlichkeiten für naturwissenschaftliche Experimente, ein Reitstall und so manch anderer Zweckbestimmung, die dem Unterhalt des Anwesens diente.

Das Gebäude war im Innern modern, wenn auch Telefon, Fernsehen und Radio bis auf wenige Anschlüsse fast vollständig fehlten, das Anwesen erstreckte sich Kilometer weit über ursprüngliche und bäuerlich geprägte Landschaft, war insgesamt gepflegt und verfügte über eine Reihe von Außensportanlagen. So gesehen bot das Anwesen eigentlich Luxus pur und hätte ein durchweg angenehmer Aufenthaltsort sein können – wenn nicht, ja, wenn nicht....

1. Die Ankunft

Ilka war auf dem Weg zu ihrer ersten Stelle als Lehrerin. Sie hatte in Deutschland Sport und Englisch studiert und war über eine Zeitungsannonce auf das Stellenangebot des Internats in Black Mannor gestolpert. Ihre Bewerbung war sehr kurzfristig angenommen worden und nun war sie mit einem Jahresvertrag mit Verlängerungsoption mit etwas bangem Herzen unterwegs zur ersten Anstellung im Rahmen eines Referendariates.

Ihren kleinen Twingo lenkte sie, sich langsam an den Linksverkehr gewöhnend, durch das leere englische Wales. Sie hatte von dem Institut eine gute Wegbeschreibung übersandt bekommen aber langsam misstraute sie ihr und glaubte schon sich hoffnungslos verfranst zu haben, als das Eingangstor endlich auftauchte. Erleichtert seufzte sie still vor sich hin, war sie doch schon versucht gewesen, sich über ihr Handy bei dem Institut des Weges noch einmal zu versichern, hatte aber feststellen müssen, dass in dieser Region kein Empfang zu bekommen war. Beeindruckt zeigte sie sich von dem schier kein Ende nehmenden Weg zum Haupthaus. Mein Gott, dachte sie, das Ende der Welt! Pubbesuche Ade!

Am Eingang wurde sie von einem Hausdiener erwartet, der Ihr freundlich ihren Wagenschlüssel abnahm.

„Den parke ich für Sie ein Madam, um ihr Gepäck machen Sie sich keine Sorge, ich bringe es auf Ihr Zimmer. Der Direktor erwartet Sie schon!"

Eine weitere Bedienstete führte sie in die Empfangshalle, die von der Größenordnung her auch als Veranstaltungsort für ein Rockkonzert hätte dienen können, und von dort über eine phänomenale Freitreppe in das im ersten Stock gelegene Büro des Direktors.

„Herzlich willkommen", wurde sie von einem vielleicht vierzig Jahre alten freundlichen Mann begrüßt, der gleichermaßen drahtig, wie auch englisch distanziert und eine herbe maskulin Ausstrahlung verströmte.

„Ich bin der Rektor dieser Schule, nennen sie mich Mister Mc Gwendor.

Nächsten Montag beginnt das neue Schuljahr. Wie sie bereits wissen, unterrichten wir ab der neunten Klasse bis zum Abitur. Wir werden in diesem Schuljahr 200 Schüler hier ausbilden, in jeder Klassenstufe sind ungefähr 20 Schülern in zwei je Klassen. Allerdings haben wir in der untersten Stufe drei Klassen mit je 20 Schülern, denn nach oben verlassen uns immer wieder einige Schüler, die statt eines Studiums eine Berufsausbildung antreten. Einige heiraten auch schlicht.

Das bringt mich gleich zum nächsten Punkt. Sie wissen, dass wir bedarfsgerecht ausbilden, das heißt vor allem nach dem von den Eltern oder den Erziehungsberechtigten bestimmten Bedarf. Die Schüler und deren Eltern oder Vormünder nennen uns das angestrebte Ziel, wir helfen beim Erreichen. Natürlich beraten wir auch, wenn mehr oder weniger für die Schüler erreichbar ist – aber das formulierte und damit vereinbarte Ziel ist zunächst der zu Grunde liegende Maßstab. So haben wir auch eine Reihe von Mädchen, die schlicht eine gute - und wir meinen damit auch eine gebildete - Hausfrau werden sollen und deren Ausbildung dann mit der Heirat abschließt. Sie werden deshalb nicht verwundert sein, auch Fächer wie Hauswirtschaft, Ehehygiene usw. an diesem Institut vorzufinden.

Ihr persönlicher Schwerpunkt wird im Sport liegen – „mens sana in corpore sano" – davon halten wir hier viel, aber ich möchte Sie auch im Fach Englisch einsetzen. Daneben wird es ihre Aufgabe sein, in einer Schularbeitenhilfe mitzuwirken. Ansonsten unterstützen sich die Lehrkräfte auch gegenseitig, so werden Sie gewiss auch Einblick in andere Fächer bekommen, was Ihrer eigenen Ausbildung den letzten Schliff geben kann.

Der Lehrkörper an einem Internat hat nicht nur lehrende Aufgaben, sondern muss vielmehr vorbildlich wirken. Wir haben deshalb nicht nur für die Schüler eine Hausordnung, sondern auch für die Lehrkräfte entsprechende Anweisungen. Ich bitte Sie, diese zu studieren und vollständig einzuhalten, nur so können wir den Schülern das richtige Vorbild geben. Natürlich wird Ihr Verhalten auch in Ihre Beurteilung einfließen.

Vielleicht zu letzt noch, unsere Erfolge sind beachtlich. Wir schreiben das nicht zuletzt dem Umstand zu, dass wir uns nicht wie sonst alle Welt von einem klaren Strafsystem verabschiedet haben, sondern dies gegenteilig zum Wohle der Schüler ausdrücklich pflegen. Und mit Strafsystem meine ich durchaus auch Körperstrafen, die sowohl für die Schüler als auch gegebenenfalls die Lehrer Anwendung finden. Doch auch darüber finden Sie mehr in den Hausordnungen. Nicht vergessen sollten Sie dabei, dass unsere Kunden, die Eltern und Vormünder uns unsere Schüler genau wegen dieser Grundphilosophie zur Ausbildung anvertrauen und diese Philosophie von daher ein festes Dogma der Anstalt ist.

Seien Sie nochmals willkommen, beziehen jetzt erst einmal Ihr Apartment und kommen um 18:00 Uhr zur ersten Lehrerbesprechung in das Konferenzzimmer."

Natürlich hatte Ilka die Grundphilosophie des Institutes anlässlich der Bewerbung studiert aber so unverblümt stand das dort den doch nicht. Körperstrafen, die gegebenenfalls sogar auch auf Lehrer anzuwenden seien? Nun, sie würde wohl die Hausordnung studieren müssen.

Die Bedienstete geleitet sie in den Lehrertrakt und führte sie in ein Apartment im zweiten Stockwerk mit ihrem Namen in Messinglettern an der Tür. Von einem großen Flur gingen mehrere Türen ab. Der Wohnraum erwies sich als groß und licht, die Möblierung zwar als spartanisch zweckmäßig aber nicht ungemütlich. Ihre Koffer waren ausgepackt und die Sachen in den begehbaren Schrank eingeräumt. Dort hing auch in einem eigenen Abteil ihre neue Schuluniform in mehreren Ausführungen; ihre Konfektionsgröße hatte sie bei der Bewerbung mit angeben müssen und es war gebeten worden, sich dafür bei einem Schneider vermessen zu lassen. Neben der Oberbekleidung entdeckte sie allerdings auch mehrere Garnituren Unterwäsche. Eine innere Schranktür war verschlossen. Sie war also vollständig vom Institut eingekleidet worden. Was für ein Service, dachte sie bei sich, mehr jedenfalls, als sie bislang gewohnt war. So schlimm konnte es hier also eigentlich nicht werden.

Auf dem großen Schreibtisch mit der klassischen englischen Büroleuchte lagen zwei umfangreiche Skripte, die sich als die Hausordnungen herausstellten. Das Bücherregal war gefüllt und wies alle gängigen Standardwerke ihrer Fächer auf. Sie öffnete die anderen Türen des Flurs und stieß auf ein riesiges Badezimmer mit einer frei stehende Badewanne, deren Füße Löwenköpfe nachbildeten. In der Ecke war eine moderne Duschkabine montiert, ein flauschiger weißer Bademantel und entsprechende Handtücher lagen auf einer überdimensionalen Massageliege zum Gebrauch bereit. Ein weiterer Raum beherbergt eine große Toilette, in der auch ein Bidet nicht fehlte. Irgendwie hatte sie immer mehr das Gefühl, in ein Luxushotel verreist zu sein.

Sie packte nun zunächst ihre Schmink- und Pflegeutensilien aus, die vom Zimmerservice unangetastet waren. Hinter den großzügigen Spiegeln des Badezimmers fand sie ausreichend Platz ihre sieben Sachen zu verstauen. Erstaunt war sie allerdings, dass sich dort schon eine ganze Hausapotheke zu befinden schien. Neben Pflastern, Binden und allerhand Tabletten und Wässerchen gab es auch mehrere Salbentiegel, die ätherisch rochen, deren Verwendungszweck ihr sich aber nicht erschloss. Eines der großzügigen Schrankabteile war abgeschlossen.

Ilka zog sich um und probierte die tadellos sitzende neue Schuluniform. Selbst die weißen Schlüpfer waren nicht unelegant und von guter Qualität, die BHs allerdings eher miederartig geschnitten und hoben ihren an sich schon recht ansehnlichen Busen nochmals stramm an. Das Gefühl war jedoch nicht unangenehm und die Passform der Teile gut. Sie trug nun einen wadenlangen dunkelblauen Schottenrock, deren Schöße vorn von einer goldenen Nadel zusammengehalten wurden und eine hochgeschlossene strenge Bluse mit kleinen Rüschen. Dazu gehörten passende Wollsocken und feste, jedoch elegante schwarze Damenschuhe mit einem halb hohen Absatz. Selbst die Schuhe passten auf Anhieb. Die Kleidung war durchgehend von hervorragender Qualität. Es befanden sich noch andere Kleidungsstücke in dieser Abteilung, die offensichtlich besonderen Anlässen aber auch dem Sport und der Freizeit gewidmet waren. Diese zu probieren nahm sie sich für später vor.

Im Spiegel betrachtet kam sie sich nun ein wenig wie eine Gouvernante in einem alten Spielfilm vor. Doch unvorteilhaft war die Kleidung gewiss auch nicht, denn bei aller Strenge formte sie ihren schlanken Körper vorteilhaft nach. Ihr langes dunkles Haar setzte einen hübschen Kontrast zum jungfräulichen Weiß der Bluse.

Mit der Hausordnung zog sie sich in das einzig gemütliche Möbelstück des Raumes zurück, einen riesigen alten Ohrensessel, der unglaublich bequem wirkte und hinter dem eine Leselampe regelrecht zum Schmökern einlud. Sie schlüpfte aus den Schuhen, zog die Beine unter sich und widmete sich der Lektüre.

„Hausordnung für Jungen und Mädel in Black Mannor" prangte ihr entgegen. Das Werk war gut 20 Seiten stark. Schon die Präambel zeigte, dass sie in eine andere Welt eingedrungen war, so etwas hätte eine der ihr bisher bekannten Schulen nie veröffentlichen dürfen. So hieß es da nach kurzer Vorrede:

1. Mit Deinen Erziehungsberechtigten ist Dein persönliches Ziel abgesprochen. Dieses hat oberste Priorität, es zu erreichen gilt Dein gesamtes Streben.

2. Es ist auch abgesprochen, wie Du dieses Ziel erreichen wirst. Diese Absprachen haben für Dich und das Institut bindende Gültigkeit.

3. Den Anordnungen Deiner Eltern und / oder Erziehungsberechtigten / Vormünder ist unbedingter Gehorsam entgegen zu bringen.

4. Für die Zeit Deiner Ausbildung haben Deiner Eltern und / oder Erziehungsberechtigten / Vormünder Deine Ausbildung mit uns abgesprochen und Deine Erziehung in unsere Hände gelegt. Folglich ist den Anordnungen aller Lehrkräfte unbedingter Gehorsam entgegen zu bringen.

Es ging noch lange so weiter und je mehr sich Ilka in das Werk vertiefte, um so klarer wurde, dass diese Schüler fast alle Rechte beim Betreten der Anstalt abgegeben hatten. Von Selbstbestimmung keine Spur, maßgeblich war allein der Wille der Eltern bzw. der Lehrkräfte, auf die dieser Wille vererbet worden war. Es wurde weiter hinten dann dezidiert aufgeführt, was die Schüler alles so durften und was sie zu unterlassen hatten. Das Regelwerk war sehr fein gestrickt und wohl kaum wirklich zu Erfüllen. Auf den letzten Seiten fand sie dann mit Erstaunen eine Liste, in der die vorherigen Anweisungen aufgenommen wurden und Sanktionen bei deren Missachtung dezidiert festgeschrieben wurden. Für einfache Verstöße gab es Entzug von Freiheiten auch so etwas wie Karzer, die meisten jedoch endeten mit Prügelstrafen, wobei die Strafinstrumente und die Anzahl der zu verabreichenden Schläge genau festgelegt waren. Darüber hinaus gab es noch einen Auffangtatbestand, der den Direktor ermächtigte, bei besonders schweren Verstößen weiter nicht ausdefinierte Strafen auszusprechen. Vollziehender der Strafen, las sie weiter, war der Pedell. Demnach war die Woche über Buch zu führen und soweit Strafen ausgesprochen waren, wurden diese am Samstag vollzogen. Schwere Verstöße konnte jedoch auch unmittelbar geahndet werden. Sonntags war ein Kirchgang vorgeschrieben.

Ilka wurde es etwas mulmig, vielleicht hätte sie sich bei der Bewerbung doch gleich etwas intensiver mit dem Internat beschäftigen sollen. Aber sie hatte geglaubt, ob ihres Studiums, das englische Schulsystem zu kennen und die Grundphilosophie der Schule nicht weiter und vor allem nicht genau hinterfragt.

Na gut, dachte sie bei sich, wir leben im zweiten Jahrtausend, so schlimm kann es nicht kommen – und das Institut besteht schon viele Jahre und soll schließlich viel Erfolg haben, lasse ich mich halt darauf ein.

Sie nahm nun das zweite Werk in die Hand, die Hausordnung für das Lehrpersonal. Mit noch mehr Erstaunen las sie nach einem Vorwort, welches sich mit der Grundphilosophie des Institutes auseinander setzte und in sich logisch und eingängig war, die für sie nunmehr geltenden Grundsätze:

1. Sie sind in der Ausgestaltung all Ihrer pädagogischen Maßnahmen zuallererst den mit dem Institut vereinbarten Zielen der Eltern und / oder Erziehungsberechtigten / Vormünder der Schüler verpflichtet.

2. Soweit zu erkennen ist, dass Schüler für diese Zielsetzung über- oder unterqualifiziert sind, ist dies in der Schulkonferenz zu besprechen und ggf. vom Direktor mit den Eltern und / oder Erziehungsberechtigten / Vormünder der Schüler zu diskutieren. Soweit diese den Anregungen des Institutes folgen, und nur dann, werden die Ziele entsprechend verändert.

3. Sie sind dem Direktor gegenüber persönlich verantwortlich, dass die Zielsetzung den Vereinbarungen gemäß erreicht werden kann.

4. Den Anordnungen des Direktor ist unbedingter Gehorsam entgegen zu bringen. Sie sind verpflichtet ihn in allen Fragen die Schüler und das Institut betreffend zu beraten, Entscheidungen liegen indes bei ihm.

5. Sie haben sich entsprechend den Statuten des Institutes als ständiges Vorbild zu beweisen.

6. Ihre Aufgaben liegen einerseits in der fachlichen Unterweisung der Schüler, wobei sich die Lehrerschaft nach Kräften gegenseitig auch über die eigenen Fächer hinaus zu unterstützen hat, andererseits haben sie für die gesamte Dauer Ihres Aufenthaltes auch jenseits der Schulstunden über die Erziehung der Schüler zu wachen und stehen ihnen als Ansprechpartner zur Verfügung.

7. Verfehlungen der Schüler gemäß der Hausordnung sind in jedem Falle zu melden und soweit es sich um schwere Verstöße handelt in der täglichen Lehrerkonferenz zu besprechen.

Es ging immer weiter in diesem Tenor und Ilka wurde klar, dass echte Freizeit im nächsten Jahr für sie ein Fremdwort sein würde. Doch noch erstaunter nahm sie zur Kenntnis, dass am Ende der ebenso feingliedrigen Ordnung wie die der Schüler – irgendwie blieb nichts ungeregelt, von der Bekleidung über Pausen und Freizeitgestaltung – auch für die Lehrer eine Strafliste auftauchte. Die Strafen würden von Rektor höchstpersönlich veranlasst werden. Für die feste Lehrerschaft war danach ebenfalls der Pedell der Vollziehende, für Lehrpersonal in der Einarbeitungs- oder Ausbildungszeit würde der Rektor höchstpersönlich die Strafe verabreichen.

Ilka war versucht sofort alles hinzuschmeißen, so unwirklich kam ihr diese Ordnung vor. Doch wieder dachte sie daran, im zweiten Jahrtausend zu leben und knüpfte daran die Hoffnung, das alles so schlimm nicht sein könnte, wie es hier geschrieben stand. Das Institut bestand schon seit Jahren und wenn es Ungesetzliches unternähme, wäre schließlich die Polizei längst eingeschritten. Sie beschloss zu bleiben und sich zunächst darauf einzulassen. Gehen konnte man dann ja immer noch – dachte sie.