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Der Mann ihrer feuchten Träume

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Sex im Auftrag des chinesischen Kommunismus.
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Das, was sie liebt, bleibt unerreichbar fern.

Der, dem sie dient, verunreinigt irreparabel ihren Leib.

Den, der sie trotzdem heilen könnte, darf sie nicht empfangen. Der Tag neigt sich bereits seinem Ende zu.

Wie sollen wir chinesischen Geliebten auf diese Weise denn jemals glücklich werden?

(Ming Ming, Rebellin, spätes 19. Jh.)

Es gab jemanden unter Yin Fus deutschen Dozenten, der in ihrem Herzen einen besonderen Platz einnahm: Dr. Heinz Moosbauer. In ihren Augen sah er außergewöhnlich gut aus. Außerdem war er genau im richtigen Alter zum Heiraten. Knapp unter vierzig. Frühzeitig ergraut. Strenger Blick. Sexy Unterkörper, wie sich manchmal durch den Stoff seiner Hose abzeichnete. Auf diese Stelle achtete Fu besonders gern.

Gerade himmelte sie den unerreichbaren Dr. Moosbauer wieder im Unterricht an. Ob er sie wohl bewusst zur Kenntnis nahm? Fiel es ihm überhaupt auf, ob sie in seinem Seminar anwesend war oder fehlte? Sie wagte nicht zu hoffen, dass er sie bemerkt hatte. Wang Mudan (alias Pfingstrose) neben ihr, der Fus blinde Schwärmerei allerdings aufgefallen war, kicherte.

Mit einer gequälten Grimasse entschuldigte sich der Dozent für vormoderne Chinawissenschaften bei den anwesenden fünf von erwarteten acht Studierenden. Pedantisch, nicht perfektionistisch genierte der Mann sich für eine Verspätung von fünf Minuten, mit der heute der Unterricht begann. Die Entschuldigung wurde vom Großteil der Anwesenden schweigend akzeptiert. Ihre ausdruckslosen Gesichter starrten Dr. Moosbauer mit toten Augen an. Vier Studierenden war nicht so klar, warum er sich überhaupt entschuldigte. Für 5 min? Nur 5 min, wo man von einem anderen Dozenten eine Viertel- bis eine halbe Stunde regelmäßige Wartezeit gewohnt war? Wenn das seine einzigen Probleme waren...

Kurz darauf wurde der Blick allerorts gesenkt, um schnell etwas ins Smartphone einzutippen oder auf der kürzlich aufgerufenen Seite nach unten zu scrollen. Sie langweilten sich schon jetzt, bei fünf Minuten Verspätung und zwei Minuten Erklärung. Lediglich ein Einziger, der größte Klugscheißer unter den Studierenden, nutzte die willkommene Gelegenheit, sich einmal mehr als Anführer zu profilieren. Das war es, was er offenbar über sich selbst vermutete; nicht das, wie er von anderen wahrgenommen und empfunden wurde. Im Stehen erklärte sich der aufstrebende Sinologiestudent stellvertretend für das Kollektiv: Die Seminarteilnehmerinnen und ihr Sprachrohr waren über die respektlose Behandlung erzürnt und unzufrieden.

„Herr Moosbauer!", erklang es herrisch.

Eine kleine Pause folgte, in der eine verrutschte Brille nach oben geschoben wurde.

„Wie Sie sicherlich schon vermutet haben, können wir Ihre Entschuldigung..."

Eine rutschende Brille wurde jäh nach oben geschoben. „...unmöglich akzeptieren, bevor Sie uns nicht die..."

Schon mal auf die Idee gekommen, die Brille vielleicht mit Sekundenkleber zu fixieren? Die Marotte nervte den Dozenten.

„...näheren Umstände Ihres Zuspätkommens lückenlos aufgezeigt haben."

Der Sitz der Brille erforderte abermals eine Korrektur.

„Die Mao-Bibel ruft zur kritischen Selbstreflexion auf..."

Gedankenlos schob diesmal der Mittelfinger die verrutschte Brille am Nasensteg nach oben zurück. − War dies ein Statement?

„Nur durch Kritik und Kampf können die inneren Widersprüche überwunden werden. Ich erachte es daher für unumgänglich, dass uns Studierenden der Diskurs eröffnet wird. Unser Studienerfolg hängt maßgebend davon ab, frühzeitig in die internen Vorgänge beruflichen Fortkommens und inhärenter Ursachenforschung eingeweiht zu werden."

Ein schrilles Lachen folgte, dann trat Stille ein.

Dr. Moosbauer räusperte sich kurz. Man sah ihm den Gedanken an: Was soll ich jetzt eigentlich sagen?

Eine Einzige freute sich über seine Verwirrung. -- Oh! Wie süß! Dr. Moosbauer war ja sooo süß, wenn er unsicher wirkte. Fu musste lächeln, auch wenn sie von Nicos Vortrag nur die Hälfte verstanden hatte. Ihr Kommilitone schien Probleme mit der Hausaufgabe gehabt zu haben, wenn sie ihn richtig verstand. Nng. Das interessierte Fu jetzt nicht weiter. Ganz sicher nicht, wenn sie in einem Raum mit Dr. Moosbauer sein konnte. Die Luft einatmete, die er vielleicht zuvor ausgeatmet hatte. Ein Molekül in ihrem hungrigen Mund, das er zuvor vielleicht ausgelutscht hatte. Unwillkürlich wurde ihr heiß. Zwischen ihren Schenkeln pochte es wild. Sollte sie sich heimlich berühren?

„Erst einmal danke für Ihre sehr interessante Wortmeldung. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann..."

Ihr Dozent wusste scheinbar nichts zu sagen. Nicht wirklich. Sie warteten vergeblich auf mehr. In seiner wachsenden Verlegenheit wurde Dr. Moosbauer von einer abgehenden chinesischen Blähung gerettet. Auf diese folgte großes Gelächter und allgemeine Erheiterung, die den belehrenden Vortrag von Herrn Neunmalklug schlagartig in den Hintergrund rückte. Es würde nicht auffallen, ihn zu übergehen. Besser hätte Dr. Moosbauer der wütenden Anklage nicht begegnen können. Erleichtert atmete er aus.

Unter dieser Maßgabe konnten sie sich endlich Dr. Moosbauers Forschungsfeld und Seminarfokus zuwenden: Chinas Keramik- und Porzellanherstellung in sozialökonomischer, soziokultureller und globalhistorischer Perspektive von den neolithischen Anfängen bis zur Kulturblüte während der Ming- (1368-1644) und Qing-Zeit (1644-1911). Sehr spannend, wenn man auf langweilige, überflüssige Forschung stand, die die Welt kein Jota besser machte.

Gerade erklärte der studierte Chinaexperte der dösenden Mehrheit, wie er die Symbolik im Dekor eines spätmingzeitlichen Exporttellers aus Jingdezhen auf der Grundlage einer zeitgenössischen Throneingabe an den Kaiser erst hermeneutisch interpretiert, dann die Ergebnisse in einem Fachaufsatz kritisch reflektiert und somit letztlich den gegenwärtigen Forschungsstand zum betreffenden Teller grundlegend erschüttert, wenn nicht gar zerschlagen hatte. Kurz erlaubte er sich einen leisen Anflug von Stolz, als sich Fu durch eine Meldung in sein Bewusstsein drängte.

Sofort unterbrach er seinen monotonen Singsang, mit der er die inhaltsüberladenen Folien seiner Power-Point-Präsentation untermalte, um ihr, die offenbar als Einzige zugehört hatte, das Wort zu erteilen.

„Sie haben eine Frage, Frau Yin?"

„Dr. Mossbauer, ich wollte Sie sagen, dass Sie einen Fehler machten. Dieser Schriftzeichen mou im klassischen Chinesisch hat anders Bedeutung."

Dr. Moosbauer war ernstlich betroffen. Ein heimlicher Alptraum war soeben wahr geworden: Seine letzte Forschung krankte an einem Fehler. Als Chinesisch-Nichtmuttersprachler war ihm dieser nicht rechtzeitig aufgefallen. Wie groß war der zu befürchtende Schaden? Im schlimmsten Fall hatte die eigene Forschung den bisherigen Forschungsstand doch nicht empfindlich erschüttert und konnte keineswegs als Durchbruch in der Jingdezhen-Forschung gefeiert werden. Womöglich war das das vorzeitige Ende seiner Karriere.

Mehrere Sekunden lang wartete Dr. Moosbauer vergeblich auf eine genauere Erläuterung des monierten Fehlers. Was sollte das? Ihn erst mutwillig in Verzweiflung stürzen, um ihm danach eiskalt den Rettungsanker zu verwehren? War das ihr Ernst? Manchmal hasste er den Kurs der hier versammelten Klugscheißer und Klugscheißerinnen.

Als dem Chinawissenschaftler schließlich der Geduldsfaden riss, ergriff er spontan die Initiative und bat die junge Chinesin inständig und von sich aus um die richtige Lesart des kritischen Zeichens.

Yin Fu lächelte ihn besonders lieb an, bevor sie sich erklärte. Wenn es sich um Herrn Dr. Moosbauer handelte, half sie doppelt so gern mit ihrem überlegenen Wissen aus.

„Sie übersetzen ʻTaktikʼ, aber mou besser wie yinmou, yinmou de mou ʻGeheimplanʼ, also nur ʻPlanʼ."

Zum zweiten Mal an diesem Morgen verschlug es Dr. Moosbauer die Sprache. Bin ICH doof oder..., murmelte er halblaut.

Laut und deutlich sagte er allerdings:

„Frau Yin! Ich habe das Wort nachgeschlagen und dem Eintrag im Wörterbuch unter anderem die Bedeutung strategy entnommen. Auf Deutsch..."

Sie fiel ihm lächelnd ins Wort.

„Ng, aber Plan trotzdem besser."

Ihr Lächeln wurde ausgeprägter. Es zeigte ihre ganze chinesische Selbstzufriedenheit. Als Muttersprachlerin war ihre Einschätzung in interpretativer Semantik unangreifbar. Gequält lächelte er zurück. Am liebsten hätte er sich auf die Stirn geschlagen oder Tränen übergroßer Frustration geweint. Es war sinnlos, noch mehr dazu zu sagen.

Yin Fu war allerdings sehr glücklich. Immerhin hatte sie gerade ihrem verehrten Dr. Moosbauer als Fachfrau für chinesische Kultur einen großen Dienst erwiesen.

Nach dem Seminar diskutierte sie den bedeutsamen Vorfall angeregt mit Pfingstrose im Café bei je einem großen Glas Latte Macchiato. Sie hatten dazu zwei Stunden Zeit.

„Hast du gesehen, wie glücklich er mich angelächelt hat? Seine übergroße Dankbarkeit hat mich sehr verlegen gemacht."

Pfingstrose lachte laut heraus.

„Du bist verliebt, weißt du das!"

„Pah! Du weißt doch, dass Dong mein Lover ist."

„Und wenn Dong nicht dein Freund wäre?", stichelte Pfingstrose listig. Sie versteckte ein Grinsen hinter ihrer Hand. In gespielter Mädchenverwirrung schlug sich Yin Fu die Hände auf die Ohren, um den verbotenen Gedanken, den ihr Pfingstrose einflüsterte, nicht hören zu müssen. Sie und ihr Dr. Mossbauer -- das ging doch nicht: Das ging zu weit!

„Pfingstrose, mach dich nicht über mich lustig!"

„Er mag dich doch auch. Außerdem bleibt er ein Mann. Wer weiß, was da eines Tages noch passieren kann..."

„Pfui, Pfingstrose, so darfst du nicht reden! Dr. Mossbauer ist unser Dozent, der würde doch niemals mit einer seiner Studentinnen schlafen! Das kann ihn in große Schwierigkeiten bringen. Die Leute würden hinter seinem Rücken viel Schlechtes über uns reden. Nein! Das mag ich nicht."

Damit hätte ihr Gespräch über Herrn Moosbauer sein jähes Ende finden können. Nach einem Moment großer Seelenpein und kurzen Nachdenkens über etwaige Konsequenzen offenbarte Fu ihrer besten Freundin jedoch ein strenggehütetes Geheimnis.

„Ich glaube, es gibt nichts Romantischeres als mit Dr. Mossbauer in seinem Büro auf seinem Schreibtisch Liebe zu machen", flüsterte Fu verschämt.

Pfingstrose kicherte.

„Wusste ich's doch! Du bist in ihn verliebt!"

Nachdem dies abschließend geklärt war, wurde sie sehr ernst. Es war an Pfingstrose, ein heikles Geständnis zu machen.

„Fu, ich muss dir auch etwas Wichtiges sagen. Seit gestern habe ich einen Freund. Wir sind uns im Café begegnet. Es war Liebe auf den ersten Blick. Mir ist auf dem Weg zur Toilette das Tampon aus der Hand gefallen und er hat es für mich aufgehoben. Wie ein richtiger Gentleman! Danach hat er mir einen Kaffee spendiert und wir haben ein langes Gespräch geführt. Später sind wir gemeinsam in eine Bar gegangen und er hat mir einen Cocktail spendiert. Es ist spät geworden und weil er nicht wollte, dass ich gehe, hat er mir einen zweiten Cocktail spendiert. Oh, Fu! Er sagt, er verdient ein Vermögen daran, Autos zu verkaufen. Ich glaube, er ist bestimmt ein BMW- oder VW-Manager. So ein richtig hohes Tier in einem Weltkonzern! Dabei dachte ich immer, dass sich kein reicher, bedeutender Mann je für mich interessieren würde."

Pfingstroses Gesicht glühte vor innerem Glück.

„Normalerweise greife ich nur die Loser ab. Ich war einmal aus Versehen mit einem Wanderarbeiter zusammen. Für 72 h. Mein Vater war fürchterlich wütend, als er es entdeckte! Ich bekam zwei Wochen Hausarrest. Aber mit meinem Neuen wird alles anders! Ich glaube, ich liebe ihn schon jetzt."

Auch wenn es sie diesmal ausnahmsweise nicht selbst betraf, für ihre beste Freundin konnte sich Fu freuen. Begeistert klatschte sie in die Hände, um dem Überraschungserfolg der anderen zu applaudieren. Sie zeigte sogar gelindes Interesse an Pfingstroses neuem Freund.

„Wie schön! Du musst ihn mir demnächst unbedingt vorstellen. Wie alt ist er?"

„Erst 24 Jahre."

„Hmm. Das ist gut, noch jung! Aus welcher Provinz kommt er?"

„Er ist kein Chinese. Niemand aus der Volksrepublik."

„Kein Volkschinese? Nng. Vielleicht jemand aus Singapur?"

Pfingstrose schüttelte wild den Kopf.

„Nein. Ein Deutscher! Er heißt Kevin. Kevin Vögler. Er hat mir gesagt, dass er noch nie eine Frau wie mich getroffen hat. Ich sei etwas ganz Besonderes. Die Kirsche auf seiner Torte. Die Butter auf seinem Toast. Die Banane in seiner Schale. Die leere Weinflasche in seinem Altglascontainer. Er hat mir noch mehr von diesen schönen Komplimenten gemacht. Leider habe ich die meisten vergessen. Mein Deutsch ist nicht so gut wie deins. Oh, Fu! Es war einfach zu romantisch: Noch gestern Nacht hat er mir seine unsterbliche Liebe erklärt. Er sagt, ich bin die einzige Frau, die ihm etwas bedeutet. Ohne mich kann er nicht weiterleben."

„Deutsche sind wirklich sehr direkt", stellte Fu halb verwundert, halb bewundernd fest.

„Ein Chinese hätte ewig gebraucht, dich zu fragen, ob du seine Freundin werden willst. Sieh mal! Dong und ich haben uns bereits ein dreiviertel Jahr lang aus dem Deutschkurs gekannt, bevor er mir endlich vorgeschlagen hat, ihn einmal zuhause zu besuchen. Danach ging alles sehr schnell."

„Dong kommt aus Hongkong. Im Vergleich zu anderen Chinesen ist er von der extrem schnellen Sorte. Du kannst dich glücklich schätzen, ihn gefunden zu haben."

Fu brummte misstönend. Da Pfingstrose es allerdings vorzog, in den kostbaren Erinnerungen an ihren neuen Freund zu schwelgen, überging sie Fus mäßige Begeisterung über ihren eigenen Freund. Über Dongs Empathielosigkeit hatten sie sich bereits zu oft ausgetauscht.

„Kevin sagt, dass er es aufregend findet, eine Chinesin zu daten. Er wollte wissen, ob ich noch zur Schule gehe oder schon studiere. Als ich ihm sagte, dass ich Sinologie studiere, konnte er erst gar nichts mit dem Begriff anfangen. Als ich es ihm erklärte, was ich studiere, war er jedoch ganz begeistert. Kevin sagt, dass ich sehr klug sein muss, so etwas Schwieriges wie Chinawissenschaften zu studieren. Er sagt, er selbst könnte sich diese Millionen Schriftzeichen niemals merken. Zu kompliziert für ihn. Ich sagte ihm, dass es genügt, fünftausend zu beherrschen."

Fu gähnte heimlich. Das wurde langsam langweilig.

„Aber er hat mich gefragt, was ʻIch liebe dichʼ auf Chinesisch heißt. Ich habe es ihm beigebracht: wo ai ni. Das war sehr lustig, weil er anfangs die Töne nicht getroffen hat. Ich musste ihm den Satz immer wieder vorsprechen. Er hat mir nachgesprochen: jedes Mal falsch."

Pfingstrose kicherte; Fu wünschte sich sehnsüchtig einen Strick, an dem sie sich erhängen könnte.

„Kevin sagt, er hat kein Talent für Fremdsprachen. Am Ende wurde es ihm zu dumm und er hat mich sehr überrascht, indem er mir den Satz plötzlich auf Russisch sagte: ja ljublju tebja. Das hat mir mein Kevin beigebracht. Wir haben so viel miteinander gelacht. Oh, Fu! Kann es einen Menschen geben, der glücklicher ist als ich? Kevin sagt, dass ich ihm so bekannt vorkomme. Wir müssen uns bereits in einem früheren Leben begegnet sein."

Fu gähnte. Lustlos nahm sie einen großen Schluck kalt gewordenen Latte Macchiatto zu sich. Kevin hier, Kevin dort − persönlich hoffte sie bald, jenem Kevin nie begegnen zu müssen.

„Kevin fährt eine VW-Limousine. Ich war mächtig beeindruckt. Er will nächstes Wochenende mit mir wegfahren. Er hat gesagt, dass es hier in der Nähe sehr schöne Flecken Natur gäbe. Kevin sagt, wir könnten ein kleines Picknick am Waldrand veranstalten -- mit Erdbeeren und Champagner."

„Pfingstrose, wollten wir nicht eigentlich noch kurz in die Bibliothek zum Lernen gehen? Wir haben nur noch eine Stunde dafür Zeit. Wir sollten lieber gleich aufbrechen, sonst bereuen wir es hinterher."

So eilig hatte es Fu noch nie gehabt, in die Bibliothek zu kommen. Obwohl Pfingstrose merklich enttäuscht war, ihrer besten Freundin nicht noch mehr über den wunderbaren Kevin berichten zu können, sah sie es augenblicklich ein, dass das Studium in jedem Fall vorging. Auf Prof. Dr. Dr. Dr.h.c. Meiningers Seminare sollten sie sich lieber intensiv vorbereiten, um später nicht unangenehm aufzufallen. Notfalls könnten sie auch noch heute Abend telefonieren, versicherte ihr Fu in gespielter Zuversicht.

Es gab mehr als einen Grund, warum sich der attraktive Dr. Moosbauer bei den Studierenden größerer Beliebtheit erfreute als ein bestimmter Kollege. In der aktuellen Sitzung des umstrittenen Seminars von und mit Prof. Werner Meininger (64), allseits bekannt unter dem wohlklingenden, sehr eingängigen sowie absolut hitverdächtigen Titel „Tiefenanalyse einer neo-teleologischen Kohärenz des Bronze-Ritualglockenspiels Bianzhong aus der späten Zhou-Zeit (ca. 4 Jh. v.Chr.) in vergleichender Relation zur Reform- und Öffnungspolitik der Deng Xiaoping-Ära (1978-1997)" hatte der alte Professor soeben das letzte Wort gesprochen.

Wie der abschwellende Ton einer bronzenen Glocke verklang der Nachhall eines besonders sonoren „Ähm" in der atemlosen Bewunderung seines teils schlafenden Publikums.

„Dann sehen wir uns... äh... nächste Woche?... wohl wieder. Oder? Ähm."

Besser hätte man ein Schlusswort nicht wählen können.

Die Mitglieder seines Fanclubs klatschten sogar. Vollauf mit sich und seinem Genie zufrieden zwirbelte der Professor selbstvergessen seinen herrlichen Bart. Jener Prozentsatz unter seinen Studierenden, den man zu Recht als fanatischen Meininger-Bart-Fanclub bezeichnen konnte, sah gebannt dabei zu. Ihre Augen folgten mit starrem Blick geschwollenen Gichtfingern, die den Meininger-Bart im Gesicht des Meininger-Menschen liebkosten. Der große Rest verließ heimlich den Seminarraum. Der menschlichen Blamage wollten sie nicht länger beiwohnen.

Was Prof. Meininger betraf, so schwelgte er noch ein wenig im Gefühl des Triumphs. Er war wieder einmal von sich selbst fasziniert. Unglaublich, wie es ihm für seine Studierenden stets aufs Neue gelang, Zusammenhänge zu konstruieren, wo in Wahrheit gar keine bestanden.

Allein der Titel seines neusten Seminars, „Tiefenanalyse einer neo-teleologischen Kohärenz des Bronze-Ritualglockenspiels Bianzhong aus der späten Zhou-Zeit (ca. 4 Jh. v.Chr.) in vergleichender Relation zur Reform- und Öffnungspolitik der Deng Xiaoping-Ära (1978-1997)", der schon jetzt Kultstatus genoss, war ein Wunder. Strenggenommen war der Ausnahmetitel das Ergebnis einer besonders produktiven Nacht, in der dem Professor nach zweieinhalb Flaschen chinesischen Schnaps nicht nur ein, sondern gleich drei Geistesblitze gekommen waren.

Der erste Einschlag hatte ihm im göttlichen Funkenregen den Titel seines Vertiefungsseminars offenbart.

Der zweite rief dem Professor in Erinnerung, dass nächste Woche Schweineschnitzel bei Aldento im Angebot waren. − Er würde da wohl lieber den wissenschaftlichen Mitarbeiter mit einer Einkaufsliste losschicken, bevor das Sonderangebot ausverkauft war. Die Teigtaschen seiner jungen taiwanischen Ehefrau (26) aß er schließlich am liebsten mit herzhafter Schweinefleischfüllung!

Der dritte Geistesblitz beinhaltete die tiefe Erkenntnis, dass er in den nächsten Tagen dem Dekan eine Flasche dieses vorzüglichen klaren Schnaps bei einem rein zufälligen Spaziergang an dessen Bürotür vorbei vorbeibringen musste. Es gab eine klitzekleine Gefälligkeit, die sich Prof. Meininger demnächst vom Herrn Dekan auszubitten gedachte: Da musste eine Statistik für die Evaluation noch einer positiveren Interpretation zugeführt werden...

Ein Herr Meininger war zuversichtlich, dass seiner bescheidenen Bitte entsprochen werden würde. Der wackere Verbündete im Dekanat war der Sinologie seit langem gewogen. Er zeigte sich oft sehr kooperativ, wenn akute Probleme auftauchten, doch nicht ohne guten Grund oder teuren chinesischen Schnaps.

Prof. Meininger lächelte überlegen sein hintersinniges Lächeln. So eine innige Männerfreundschaft, wie sie die beiden verband, bedurfte genauso wie die Herausbildung eines prächtigen Bartgebildes stetiger Pflege und hoher finanzieller Aufwendungen.

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