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Der Seelentrinker Teil 5 von 7

Geschichte Info
Fantasy Roman um einen Wunschring in 7 Teilen - keine Erotik
5.2k Wörter
4.66
6.6k
1
0

Teil 5 der 7 teiligen Serie

Aktualisiert 06/10/2023
Erstellt 06/23/2020
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Verdorbene und dunkle Seelen

Tonja

Tonja lag auf ihrem Bett.

Maunzi hatte es sich zu ihren Füßen bequem gemacht und sich dicht an sie gekuschelt.

Ihre Mutter war vor wenigen Momenten wie gewohnt zur Arbeit gegangen. Sie hatte heute einen kurzen Mitteldienst.

Tonja war noch völlig aufgewühlt und verwirrt.

Sie hatte sich eine große Tasse Kräutertee gemacht, sich ein paar Kekse aus der Küche mitgenommen und wieder hingelegt.

Sie musste nachdenken.

Die halbe Nacht hatte sie nicht gut geschlafen. Aber langsam nahm alles etwas mehr Struktur an.

Die beiden Gespräche mit ihrer Mutter gestern hallten noch nach.

Es war zugegeben aber auch alles sehr schwer zu verdauen.

Aus der Zeit, wo sie noch an gute Feen, das Christkind, den Osterhasen und an Märchen glaubte war sie vor mehr als sechs Jahren mehr als nur unsanft herausgerissen worden, als ihr Vater mit Maria, Mutters bester Freundin, nach Russland abgehauen war.

Alle Konten hatte er abgeräumt, das Haus mit einer hohen Hypothek belastet und mehrere wichtige Dokumente trugen auch die gefälschten Unterschriften ihrer Mutter.

Tonja konnte sich noch sehr gut an all die mit ihrer Mutter gemeinsam durchweinten Nächte erinnern.

Das Haus war nicht zu halten und das Geld reichte nicht einmal ansatzweise, um alle Schulden und offenen Rechnungen zu bezahlen. Alles was zu Geld zu machen war, wurde zu Geld gemacht.

Privatinsolvenz ging nicht, weil Vater mit drin hing und irgendwo abgetaucht war.

Mutter ging putzen und machte gleich mehrere Jobs gleichzeitig. Ihre Mutter war nicht dumm, aber ihre Abschlüsse aus Zeiten der Sowjetunion wurden hier nicht anerkannt. Da gab es dann kaum andere Möglichkeiten.

Vor vier Jahren fing sie dann bei Aldi als Aushilfe an und erst dann ging es bergauf ...

Aber sehr langsam.

Teilzeit, Vollzeit, Schichtführung, interne Fortbildungen und jetzt seit Kurzem Filialleitung.

Sie war stolz auf ihre Mutter. Tonja half, wo auch immer sie konnte: Zeitung austragen, Babysitten, Hunde ausführen, im Haushalt, denn ihre Mutter hatte immer noch bis vor kurzem einen Zweitjob.

Und jetzt wo es langsam etwas besser wurde kam mit einem Mal diese Sache mit Marius.

Sie kannte ihn nur vom Sehen und jetzt auch aus den Erzählungen ihrer Mutter. Er sah aus, wie jemand der direkt einem Horrorfilm entsprungen war. Aber er hatte eine schöne Wohnung und von den Fotos her, sah er vor seinem Unfall normal und eigentlich recht sympathisch aus.

Und er hatte eine tolle Katze.

Unwillkürlich streichelte sie Maunzi, die diese Aufmerksamkeit sofort mit einem ausgiebigen Schnurren beantwortete. Irgendwie schien das Tier zu verstehen, dass sie jetzt gerade nicht allein sein wollte.

Tonja und Maunzi hatten sich sofort angefreundet.

Sie wollte immer schon ein Haustier.

Aber mit Schrecken dachte sie an den Tag, wo es Marius Kleinmanns wieder besser ging und er seine Katze zurück wollte.

Ihre Mutter mochte diesen Marius.

Das merkte sie.

An der ganzen Art, wie sich ihre Mutter verhielt.

Aber irgendwie hatte Tonja gehofft, dass sich ihre Mutter vielleicht für einen anderen Mann hätte begeistern können.

Nun, vielleicht sah sie das zu nüchtern.

Tonja fühlte sich nicht kaltherzig an oder allzu abgeklärt. Ihre Mutter war noch jung. Und die Enttäuschung durch ihren Vater war immer noch sehr stark.

Aber klar, dass sie irgendwann auch einen anderen Mann finden würde.

„Gefühle!"

Tonja seufzte.

„Liebe..."

Die Katze sah sie groß an.

Liebe war auch in ihrer Schule immer wieder ein Thema und wenn sie so sah, was da in ihrem Freundeskreis so alles abging und das mit ihrem Vater verglich...

Tonja wollte einfach nur vorsichtig sein.

Konnte das ihre Mutter nicht verstehen?

Na ja. Mutter mochte anscheinend Marius nicht grundlos. Sie verstanden sich wirklich gut und sie konnte mit ihm über vieles reden.

Vielleicht aber nur deshalb, weil der Typ ein Krüppel, abgrundtief hässlich und wohl auch ziemlich abgebrannt war.

So jemand würde ihre Mutter wahrscheinlich nie enttäuschen. Oder es versuchen.

Denn wer ließ sich mit so jemanden wie Marius Kleinmanns denn schon ein.

Der musste doch direkt dankbar sein, dass sich ihre Mutter für ihn interessierte.

Insofern glaubte sie ihre Mutter verstehen zu können.

Die Gefahr, dass sie ein solcher Mann wie ihr Vater verlassen oder sitzen lassen würde, wäre mehr als nur gering.

Aber in der Summe war das alles wirklich zu extrem und es ging Tonja auch irgendwie deutlich zu schnell. Es war wie bei ihren Freundinnen in der Schule.

Alles normal.

Man verbrachte die Zeit mit Freunden.

Plötzlich ein Junge.

„Oh, der ist ja süß!"

Und dann Benny hier, Benny da und Benny überall.

Nur das dieser Benny kein hübscher Fußballer oder Schlagzeuger, sondern Marius Kleinmanns mit Rollator und einer Teufelsfratze war.

„Du musst ihn einfach nur mal kennen lernen, Tonja.

Du wirst ihn sofort mögen."

„Ja, ja. Bin ich mir sicher!

Ich werde ihn sofort mögen.

Soll ich ihn auch gleich Paps nennen?"

Den Blick den ihre Mutter gestern Abend nach diesem Kommentar hatte, würde Tonja nicht so schnell vergessen. Mit Tränen in den Augen rannte Ihre Mutter in ihr Schlafzimmer.

Und Tonja hatte es wieder mal verbockt.

Tonja war immer noch sauer auf sich selbst.

Dabei konnte sie nun mal nichts für ihre schlagfertige Art und ihren beißenden Sarkasmus. Das war ihre Art von Selbstverteidigung.

Ihre Überlebenstaktik -- reiner Selbstschutz.

Lebensnotwendig in der Schule, wo sie sogar in ihrem jetzigen Freundeskreis bis vor gar nicht allzu langer Zeit die klassische Außenseiterin war.

Ist nun einmal schwer, am Schulleben teilzunehmen, wenn man arm ist und mit jedem Cent rechnen muss.

Moderne Kleidung?

Gutes Handy?

Schöne Schuhe?

Essen gehen?

Kino?

Freunde einladen?

Zeitung austragen, Babysitten, Hunde ausführen und lernen -- „Sorry, habe leider keine Zeit!"

Eine halbe Stunde nach diesem Krach war sie ihrer Mutter nachgegangen und hatte an die Schlafzimmertür geklopft.

Sie saßen dann zusammen auf dem Bett ihrer Mutter und Tonja sagte ihr, wie leid es ihr täte.

Und das tat es wirklich.

Heute wollte sie mit ihrer Mutter zusammen in das Krankenhaus gehen.

Sie wollte das wirklich.

Und sie wollte diesem Typen eine Chance geben -- weil es wichtig für ihre Mutter war.

Auch wenn sie im Grunde ihres Wesens nach wie vor skeptisch und vorsichtig war.

Aber war ihre Mutter gestern zufrieden damit?

Nein! Sie setzte da noch was drauf.

Sie hatte Tonja als Krönung noch das Märchen von diesem „Ring" aufgetischt.

„Ein „Wunschring" -- Gaaanz sicher, Mutter!"

War meine Mutter langsam aber sicher völlig durchgedreht?

Die Bilder des gestrigen Abends standen Tonja noch lebhaft vor ihren Augen.

Ja!

Gestern Abend ...

Da lachte sie immer noch, über die Geschichte mit den Bananenkisten...

Doch dann, als ihre Mutter den Bananenkarton aus dem Kleiderschrank holte und ihn öffnete ... Bei dem Blick auf das viele Geld ... Sie hatte gestern eine Gänsehaut. Und jetzt gerade bei der Erinnerung wieder.

Ja das war gestern.

Und es war real!

Die Kiste stand nach wie vor im Schrank!

Und dann erzählte ihre Mutter auch das von ihrem Vater.

Wieso auch immer -- Tonja glaubte die Geschichte sofort.

Ihr Vater war tot!

Er war für sie schon vor sechs Jahren gestorben, als er sie alle Sitzen ließ, mit all der Scheiße!

Der ganze Zorn, die ganze Wut waren wieder hochgekommen.

Aber auch etwas Trauer und Hilflosigkeit.

Sie hätte ihn gern noch einmal gesehen.

Ihm ins Gesicht gespuckt.

Ihm gesagt, dass sie ihn verachtete und dass er sich verpissen soll.

Dass er ihretwegen irgendwo in der Gosse verrecken kann!

Jetzt konnte sie ihm all das nicht mehr sagen.

... Ihrem Vater.

Nie wieder würde sie ihn wiedersehen können.

Nie wieder würde er die Gelegenheit haben, vielleicht doch zu versuchen, ihr all das zu erklären. Oder ihr zu sagen, dass er sie und ihre Mutter doch lieb gehabt hätte und er einen riesigen Fehler begangen hatte.

Vorbei.

Aus.

Sie musste all das vergessen.

Sie musste all das verdrängen.

Und an die Zukunft denken.

Endlich konnten sie weg hier aus dem Viertel.

Endlich würden sie all das tun können, wovon sie immer geträumt hatten.

Und endlich würde Tonja ihre Großeltern wiedersehen können. Sie konnte sich kaum noch an sie erinnern. Klar schrieb man sich oder telefonierte auf Skype. Aber für Videotelefonie war die Verbindung bei ihren Großeltern nicht schnell genug.

So war das halt mitten im Ural.

War halt nicht Frankfurt Gutleutviertel.

Aber die Dörfer um Inta hatten auch keine Ähnlichkeit mit dieser menschenfressenden Trabantenstadt. Tonja mochte Frankfurt nicht -- zumindest nicht der Teil, in dem sie wohnten.

Dagegen konnte sie sich noch daran erinnern, als sie vor acht Jahren das letzte Mal Oma und Opa besucht hatten -- und all die anderen aus der Familie ihrer Mutter.

Wie alt war sie da?

Sieben?

Würde sie sich jetzt da noch wohlfühlen?

Oder würde es vielmehr ein Kulturschock sein?

Tonja seufzte

Aber jetzt musste sie langsam aufstehen.

Sie trank einen großen Schluck Tee, knabberte an einem der Kekse und streichelte die Katze. Maunzi drehte sich schnurrend auf den Rücken und streckte ihr einladend ihren Bauch hin.

„Möchtest Du dort gekrault werden?

Ja?

Du bist eine große verschmuste Katze."

Maunzi räkelte sich genussvoll.

„Aber jetzt muss ich langsam wirklich aufstehen, Du Schmusemonster.

Ich muss zu Deinem Herrchen und die Blumen gießen. Und dann muss ich zum Rewe. Du magst ja Felix besonders gern. Und das hat meine Mutter leider nicht.

Was soll ich Dir denn Feines mitbringen?

Forellenhäppchen?

Wild?

Lachs?"

Maunzi schnurrte in höchsten Wonnen.

„Gut, alles drei!"

Schlagzeilen

Sabina wusste gar nicht, wo sie anfangen sollte.

Sie war vor ihrem Mitteldienst wieder zu Marius gefahren und hatte Kaffee und Kuchen für beide mit dabei.

Doch Marius durfte nichts essen. Er kam heute am Nachmittag überraschend schon eher dran. Das war eine gute Nachricht. Überhaupt sah er heute auch viel besser aus, als am Vortag.

Und so erzählte sie aufgeregt von ihrem gestrigen Tag und dem Fund.

Aber auch von dem Gespräch gestern Abend mit ihrer Tochter. Sie hatte deswegen lange mit sich gerungen.

Sie sprachen über das Geld, über Sabinas Idee mit Russland und der neuen Zukunft, die sie sich dort aufbauen wollte, aber auch über das Angebot an Marius, sich ihnen anzuschließen. Eine neue, alte Welt, die wartete und in der das Geld obendrein auch mehr wert war.

Marius schlug vor, dass Sabina erst mal das Geld bei sich aufbewahren sollte, wenn das für sie in Ordnung wäre.

Schluck um Schluck leerte sich der mitgebrachte Kaffee und sogar sein Stück Kuchen hatte sie auch schnell verdrückt. Sabina war kaum zu stoppen und redete unaufhaltsam wie ein Wasserfall, während Marius interessiert und geduldig zuhörte.

Ihm machte es Spaß über all das zu sprechen, aber auch einfach mit jemandem zu sprechen. Sabina hatte eine sehr angenehme Stimme.

Die bevorstehende Operation machte ihm keine Angst. Er hatte Schlimmeres hinter sich.

Sabina redete darüber, dass ihre Tochter Bedenken hatte. Sie erklärte die Gründe und erzählte von Oliver und was ihr Ex gemacht hatte.

Das war nun einmal tief in ihr und in Tonja verankert. Und sie kündigte an, dass Tonja heute am Abend auch ins Krankenhaus mitkommen wollte, um ihn kennenzulernen -- von sich aus.

Die aus ihrer Sicht wichtigsten Punkte hob sie sich für den Schluss auf.

„Marius. Ich weiß nicht genau, wie ich anfangen soll?"

„Am besten frei von der Leber weg ... Direkt und ohne Umwege."

Er lächelte leicht amüsiert und war dennoch auch leicht angespannt.

„Marius, hast Du den Wunschring benutzt um mich zu beeinflussen?"

„Wie beeinflussen?"

„Hast Du Dir gewünscht, dass ich etwas für Dich empfinde oder dass wir irgendwie zusammenkommen?"

„Ehrlich Sabina: Nein!

Ich weiß nicht ob der Ring das so könnte -- Liebe schaffen.

Vielleicht kann er Begehren wecken?

Oder den freien Willen unterdrücken?

Oder einfache Dinge vorgaukeln ...

Aber all das habe ich mir nicht gewünscht."

„Ehrlich?"

Sabina fixierte ihn genau.

Er hielt ihrem Blick stand.

„Ehrlich. Ich hatte kurz darüber nachgedacht. Aber ich wollte das nicht. Es sollte „wirklich" sein.

Ohne Wunsch."

Sie wollte ihm glauben. Das merkte er.

Doch sie hatte immer noch Zweifel. Auch das merkte er.

„Sabina, was passiert, passiert und was nicht passiert, soll auch so nicht passieren. Ich werde Dir keinen Druck geben -- in keiner Richtung. Und ich werde den Ring auch nicht für so etwas einsetzen. Das wäre mehr als unlauter.

Es wäre einfach nicht fair."

„Ich habe Angst.

Angst vor einer neuen Bindung."

„Und vor dem Schmerz. Das geht mir genauso. Lassen wir uns etwas Zeit. Vertrauen muss wachsen und wir müssen uns besser kennen lernen. Du, die Schöne und ich, das Biest.

Da ist nur ein Unterschied zum Märchen. Ein Prinz werde ich wahrscheinlich nie. Nur etwas weniger Biest."

Er lachte herzlich und Sabina stimmte mit ein.

Sie schob die Bild Zeitung auf seinen Nachttisch.

„Danke für die Zeitung. Aber wenn ich ehrlich sein darf -- die mit den vier Buchstaben lese ich nicht so gern. Zuviel Meinung und zu wenig Inhalt und Fakten."

„Geht mir genauso. Aber lies mal die Überschrift."

Der Aufmacher nahm fast die ganze Seite ein.

„Todesschlag gegen die Drogenkartelle"

„Bei einer Kontrolle des deutschen Zoll wurde in Bremen / Bremerhaven gestern Abend die zweitgrößte Menge an Drogen weltweit sichergestellt: 30 Tonnen Kokain, 5 Tonnen Heroin und viele weitere Rauschmittel. Auch konnte ein mittlerer dreistelliger Millionenbetrag in Dollar, Euro und Yen, sowie 5 Kilo Diamanten und viele Waffen sichergestellt werden ..."

Marius überflog kurz die Headlines und die martialischen Bilder und blätterte gleich zum Artikel auf Seite drei, der aber im Wesentlichen nur aus einer Wiederholung der Titelseite bestand.

Ein brasilianisches Drogenkartell hatte den Transportweg südamerikanischer Früchte genutzt, um über den Verteilungsweg Bremerhaven die Schengen Zone mit Drogen zu überfluten.

Auf die Spur der Drogenlieferung war man gekommen, nachdem Kunden in bundesweit fünf Filialen der Penny Warenhauskette zufällig Drogen und Diamanten zwischen Bananen gefunden hatten.

Ziel des Einsatzes war das größte Reifehaus in Bremerhaven.

„Fuck!"

Marius stand unter Schock.

„Genau! Sie haben darüber heute im Frühstücksfernsehen und auch im Radio berichtet. Heute um 14:00 gibt es eine Pressekonferenz von BKA und Zoll."

Sabina trank den letzten Schluck Kaffee aus dem für Marius vorgesehenen Becher.

„Was sollen wir jetzt tun?"

„Ich frage den Ring."

„Du hast gesagt, dass man ihm nur bedingt trauen kann."

„Ja. Aber ich habe es mir gewünscht. Und ich wünschte mir, dass niemand dieses Geld zu ihr oder uns nachverfolgen kann und niemand uns fragen oder deswegen belästigen würde."

Marius konzentrierte sich und der Ring erwachte, wurde warm und das Wispern kehrte zurück.

„Sag Sabina, dass sie ihre Hand auf den Ring legen soll. Dann könnt ihr mich beide hören. Und nein, es passiert ihr nichts."

„Sabina, wenn Du den Ring auch hören willst, musst Du deine Hand auf ihn legen. Er sagt, es würde mit Dir sonst weiter nichts passieren."

Marius legte seine Hand auf die Bettkante.

Zögernd streckte Sabina ihre Hand aus und berührte den Ring.

Er war ungewöhnlich warm.

Fast schon heiß.

Und er pulsierte regelrecht.

Plötzlich merkte sie einen dumpfen Druck hinter ihren Augen und hörte sie diese kalte, leicht zischende Stimme, die leise in ihren Gedanken anfing zu „sprechen":

„Macht Euch wegen Polizei oder dem Drogenkartell keine Sorgen. Das Kartell weiß nicht, was genau die Polizei gefunden hat und umgekehrt gibt es für die Polizei auch keine Inventurliste. Durch die große Menge an Drogen, Geld und Waffen geht Ihr komplett unter."

„Also müssen wir uns keine Sorgen machen?"

Sabinas Frage kam automatisch.

„Nicht aus dieser Richtung."

„Aus welcher Richtung denn?"

„Die Zukunft unterliegt ständigem Wandel. Der Wunsch wurde formuliert und ich muss seine Erfüllung immer wieder etwas anpassen.

Auch wenn es vielleicht heute so scheinen mag, ist das Geld bei Dir im Kleiderschrank sicher. Und auch in Zukunft werdet Ihr das Geld zusammen ausgeben oder es für Euch arbeiten lassen können."

„Gibt es eine Gefahr? Und aus welcher Richtung kommt sie?"

„Ja es gibt eine Gefahr. Ich darf nicht sagen, aus welcher Richtung sie kommt, weil ich sonst in zentralen Fragen einen Teil Zukunft ändern müsste, der vorherbestimmt ist und göttlichem Plan folgt. Ich kann hier auch nur sehr bedingt tätig werden. Selbst wenn ich wollte - das „darf" ich nicht."

Marius mischte sich wieder ein.

„Gut. Das verstehe ich. Aber was können wir tun, um uns zu schützen?"

„Auf diese Frage habe ich gewartet. Du musst Dir etwas wünschen. Aber nicht jetzt. Wünsche es Dir, wenn Du bald in den Operationssaal kommst.

Wünsche Dir, dass ich Dich, Sabina, Tonja, Deine Katze und Eure direkten Nachkommen schützen und vor wirklich Schlimmem bewahren soll -- auch dann noch, wenn Du mich nicht mehr tragen solltest."

„Okay?"

„Es ist ein machtvoller Wunsch. Er wird Dich viel Kraft kosten. Deswegen solltest Du ihn erst im Operationssaal aussprechen."

Marius sah Sabina an. Sie schüttelte leicht den Kopf.

„Vor wirklich Schlimmem -- das heißt, dass Du uns nicht vor allem beschützen willst. Das klingt für mich nach einer Hintertür."

„Das stimmt, Sabina. Ein paar Dinge werden passieren und wirklich unversehrt kommt ihr aus dieser Sache leider nicht raus. Das hängt aber nicht mit mir, sondern mit dem zusammen, was man Schicksal nennt. Ich will Euch nichts Schlechtes.

Ich habe Marius gesagt, dass nur wenige Menschen einen Wunschring nötiger hätten, als er.

Das stimmt.

Ich habe ihm gesagt, dass ich ihm helfen werde.

Es stimmt aber auch, dass ich nicht nur Gutes bewirke und auch gar nicht bewirken will. Dafür wurde ich nicht geschaffen.

Ich bin ein Seelentrinker.

Nur trinke ich nicht jede Seele.

Die von Marius will ich nicht und ich nehme ihm nur etwas Kraft für seine Wünsche. Das muss ich tun. Dafür „esse" ich eben seine Seele auch nicht auf.

Ich will eine andere Art von Seelen.

Das würde sich nur ändern, wenn Du Dich selbst änderst Marius. Wenn Du „ein dunkler Herrscher auf dunklem Thron" werden wolltest. Dann wärest Du wirklich interessant für mich.

Genau das sind die Seelen, von denen ich mich nähre.

Verstehe es nicht falsch Marius. Du bist für mich ein Medium. Ein Mittel zum Zweck, eine Zwischenstation, um meiner eigentlichen Bestimmung zu folgen."

„Ich soll Dich weitergeben an jemanden der „schlecht" und „böse" ist?"

„Ich habe Dir jetzt alles gesagt. Mehr darf ich nicht, selbst wenn Du es Dir wünschen solltest. Vertraut mir, auch wenn der Tag noch sehr viele Überraschungen bereithalten wird."

Marius entspannte sich. Sabina wollte gerade die Hand vom Ring wegziehen, als sie das Wispern wieder hörte:

„Wir sind jetzt unter uns. Marius kann uns nicht hören. Ich spüre, dass Dich drei Fragen bewegen, Sabina."

Sabina nickte.

„Ich will sie Dir nicht direkt beantworten, aber zeigen. Das wird vielleicht alles nicht genau so kommen, wie Du es siehst. Aber Du wirst verstehen, was im Kern passieren kann.

Ich helfe Euch wirklich. Und nein, er hat mich nicht eingesetzt, um einen Zauber auf Dich zu legen. Die Sympathie kam ganz von selbst. Doch sieh!"

Und für einen kurzen Augenblick schloss Sabina die Augen und sah.

Dann wurde der Ring wieder kühl, die Stimme war weg und auch der Druck in ihrem Kopf.

Marius schien von all dem wirklich nichts bemerkt zu haben.

Der Ring schwieg.

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