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Die Skaterin Teil 03

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„Nein!“ Die alte Frau schüttelte energisch den Kopf und Kim glaubte, in ihren Augen Tränen zu entdecken.

„Wieso glauben Sie das?“, bohrte sie deshalb nach.

„Letzte Woche rief Sie mich an. Sie klang …“, die Frau schien kurzzeitig mit sich um Worte zu ringen und sprach dann weiter: „Sie klang erschöpft und kränklich. Sie wollte, dass ich ihr helfe, dann brach die Verbindung ab. Die Telefonnummer gehörte zu einem Münztelefon hier in der Stadt. Ich glaube, ich habe einen Schrei gehört, bevor die das Gespräch abbrach.“

„Wäre das denn dann nicht trotzdem eine Sache für die Polizei?“ Das Straßenmädchen mochte die Polizei nicht, aber sie hatte noch immer keine sonderlich große Lust von der Frau eingespannt zu werden, auch wenn ein Teil von ihr bereits versuchte der netten Frau zu helfen. Sie erinnerte Kim an die Großmutter, die sie nie gehabt hatte.

„Die Polizei hat meine Aussage aufgenommen und hat einen Streifenwagen vorbeigeschickt. Da Silvia inzwischen aber schon über 18 ist und außerdem bereits mehr als ein Jahr von zuhause davon gelaufen ist, kann die Polizei nicht viel machen.“

Die junge Frau nickte. Sie konnte die Polizei verstehen. Kim war selbst von zuhause abgehauen. Sie lebte alleine auf der Straße und hatte alle Verbindungen zu ihrer Vergangenheit abgebrochen. Vermutlich wussten ihre Eltern nicht einmal, in welcher Stadt Kim lebte, aber das war auch besser so. Aber Shiva war nicht sie. Das Mädchen hatte immer schon viel verletzlicher gewirkt als Kim.

„Ich kann mich ja mal nach ihr umhören. Vielleicht bekomm ich etwas heraus. Ok?“ Das Klang unverbindlich und so wollte Kim es auch haben, schließlich war sie sich selbst noch nicht ganz sicher, ob sie sich wirklich darauf einlassen sollte. Schließlich schuldete sie weder Shiva noch ihrer Großmutter Hanna etwas. Gleichzeitig empfand die werdende Mutter Mitleid mit der alten Frau. Es war dieses seltsame Gefühlschaos, welches Kim schon seit Monaten begleitete. Warum hatte sie dumme Kuh sich auch von Alex schwängern lassen? Sie hasste ihn.

„Das habe ich gehofft.“ Hanna Scheuring nahm aus ihrer Handtasche einen Umschlag und reichte ihn der jungen Frau. „Hier drinnen sind noch einige Informationen und meine Visiten Karte. Ruf mich bitte an, wenn du sie gefunden hast. Bitte!“

Kim steckte den Umschlag in die Bauchtausche ihres Pullovers, ohne hineinzusehen und stand auf. Das alles wurde ihr langsam zu viel. In ihrer Brust und ihrem Bauch rumorte es und die Skaterin wollte einfach nur noch fort.

„Ich werde es versuchen“, versprach sie und sprang gekonnt auf ihr Brett. Auf den glatten Marmorboden des Cafés quietschten die Räder kurz und dann war Kim schon in der Menschenmenge verschwunden, während Hanna ihr hoffnungsvoll nachsah.

***

Nachdem sie den Bahnhofskomplex hinter sich gelassen hatte, fuhr Kim mit ihrem Board einen Straßenzug weiter, bis sie sich in die geschützte Hofeinfahrt eines kleinen Computerladens verzog. Der Besitzer des Ladens hatte hier eine kleine Gartenlaube aus grün lackiertem Blech hingestellt, die ihm als Lager für allen möglichen Schrott diente. Außerdem lag hier jedoch auch eine Matratze und so hatte das Mädchen dies als ihren Ort als ihr neues Domizil auserkoren.

Da Kim recht hübsch war, hatte der Besitzer sie dort auch nie verscheucht und war nur einmal so zudringlich geworden, dass sie ihm auf der Matratze einen schnellen Ritt verpasst hatte. Das war zwei Wochen her und seid diesem einem Mal schien er eher Angst vor der selbstbewussten Blondine zu haben. Oder aber er hatte Angst, dass er sie geschwängert hatte und man jetzt schon die Folgen sah. Was für ein komischer Kauz.

Kim schmunzelte. Der Mann war Anfang vierzig und so verstockt wie kaum ein anderer, denn sie bis jetzt kennengelernt hatte. Vermutlich war er so ein richtiger Computer Nerd und das Mädchen hatte den blassen Kerl mit der Brille und dem wirren, schütteren Haar entjungfert. Vielleicht sollte sie dies zu ihrem Vorteil nutzen. Sie schüttelte jedoch gleich wieder den Gedanken ab. So etwas war nicht ihr Stil. Sie fand ihn irgendwie süß und wollte ihm nichts Böses. Außerdem wirkte er auf sie noch so unreif, auch wenn er kaum jünger als ihr leiblicher Vater war.

Sie ließ sich auf der Matratze nieder und nahm den Briefumschlag heraus. Der Umschlag wog schwer und in das dicke Papier waren die Buchstaben HS in schnörkeliger Schrift eingepresst worden.

Als Erstes wurde sie von zwei 100 Euroscheinen überrascht, welche von einem Zettel mit der Aufschrift „Für Auslagen bei der Suche nach meiner Enkelin“ zusammengehalten wurden. Ein aktuelleres Foto von Shivas Gesicht war dabei. Sie war darauf 16, und hatte alle Leichtigkeit des anderen verloren. Kim verstand, warum die Frau lieber das andere Bild ihrer Enkelin mit sich führte. Eine Visitenkarte von Dr. jur. Hanna Gabriela Scheuring war ebenfalls in dem Umschlag. Außerdem war da ein Zettel mit der Telefonnummer und der Adresse der Telefonzelle, von wo sich Shiva das letzte Mal gemeldet hatte. Kim merkte sich die Adresse und steckte alles wieder in das Kuvert.

Die Tatsache, dass ihr diese ihr fremde Frau 200 Euro geben hatte, lag Kim schwer im Magen. Mit Kaffee und Kuchen war sie keine Verpflichtung eingegangen, so aber fühlte sie sich irgendwie schuldig, wenn sie nicht zumindest ihr Bestes gab, um ihre Enkeltochter zu finden. Außerdem hatte das Gespräch sie auch ein wenig aufgerührt. Wenn Shiva wirklich in Schwierigkeiten steckte, wollte Kim ihr helfen. Zumindest wollte sie Frau Scheuring ermöglichen, ihrer Enkelin zu helfen. Sie streichelte sich über ihren festen Bauch und wünschte sich selbst eine solche Großmutter.

***

Gerhard blickte dem Mädchen sehnsüchtig hinterher, welches auf ihrem Skateboard aus dem Hinterhof auf die Straße fuhr. Im Laden war gerade kein Kunde. Er saß gelangweilt an seinem Rechner und prügelte in einem MMORPG auf irgendwelche Monster ein, um seine täglichen Quests abzuschließen. Das Spiel befriedigte ihn schon längst nicht mehr und die noch frischen Erinnerungen an Kim ließen seinen Geist schweifen.

Gerhard schloss die Augen. Er hatte immer noch ihren Duft in der Nase. Die Erinnerungen an jenen Abend, als er das Straßenmädchen eigentlich fortschicken wollte kamen wieder auf. Das Mädchen hatte ihn wehmütig angesehen und war auf ihn zugegangen und sagte: „Bitte, ich habe sonst keinen Schlafplatz. Und dieser ist sehr gemütlich.“

Sie hatte ihre Hand in seinen Schritt gelegt und ihn gestreichelt, wie es noch nie zuvor eine Frau mit ihm gemacht hatte. Sie küsste ihn, und auch wenn sie mehr als halb so alt wie er war, tat sie es mit einer Selbstsicherheit und Leidenschaft, welche seine Unbeholfenheit mehr als ausglich.

Ihre geschickten Finger knöpften langsam sein Hemd auf und streichelten seine Brust. Er fühlte noch immer jenes elektrisierende Kribbeln, als sie mit ihren Fingerkuppen durch sein Brusthaar und über seine Brustwarzen streifte.

Er fühlte, wie ihre Hände seine Hose öffneten und seinen Penis freilegten. Gemeinsam legten sie sich auf die Matratze seines alten Betts, welche er eigentlich zum Sperrmüll geben wollte, nieder. Sie küsste seinen Hals und seine Brust. Sie rieb ihr Becken an dem seinen.

Gerhard stöhnte auf. Das Gefühl war für ihn zu überwältigend. Er spürte, wie sich ihre Lippen um seinen Schwanz legten und ihn auf ihre weibliche Art molk. Er höre ihr schmatzen, während er selbst fast vor Lust verging. Er vernahm, wie sie eine Kondompackung aufriss. Gerhard spürte, wie sie es über seinen steifen Penis stülpte, welcher fast vor Geilheit schmerzte.

Als sich Kim auf seinem Glied niederließ, war der Computerhändler im siebten Himmel. In die feuchte Grotte einer Frau einzudringen war für den alternden Nerd ein Gefühl, welches er mit nichts in der Welt vergleichen konnte. Ihre Schamlippen legten sich um seinen reifen Schwanz, während sie ihn immer schneller ritt.

Niemals hätte er sich erträumt, wie es ist, von einem so hübschen Mädchen in dieses Reich der Sinne entführt zu werden. Mehrmals machte sie eine kleine Pause, während er fast so weit war, in ihr zu kommen. Sie beugte sich zu ihm runter und küsste sein blasses Gesicht. Sie streichelte seinen Brustkorb und setze schließlich ihren Ritt fort, um ihm die ersehnte Erlösung zu schenken.

Er spritze los. Gerhard keuchte laut und bäumte sich auf. Als er die Augen öffnete, sah er zwischen seine Beine und blickte befriedigt in seinen Laden. Er saß immer noch vor seinem Computer. Seine Hände hatte nun das mit seinem Schwanz getan, was die Mädchenfotze vor zwei Wochen mit ihm gemacht hatte.

Er nahm ein Taschentuch und wischte die Spuren seiner Selbstbefriedigung weck. Innerlich hoffte er, dass Kim ihm diesen Dienst erneut erweisen würde, aber er hatte Angst sie wieder zu anzusprechen. So verpackte er seinen Penis und sehnte sich nach ihr.

***

Kim hatte sich stundenlang gedankenverloren durch die Straßen der Stadt treiben lassen. Sie hatte nicht nur über jene seltsame Unterhaltung mit Hanna sondern auch über ihr eigenes Leben und das Leben ihrer Clique nachgedacht. Ihr Skateboard war zu einer Zeitmaschine mutiert, mit der ihr Geist durch die Vergangenheit reiste, bis sie schließlich in einem Nichts ankam, welches sich als Gegenwart entpuppte. Genaugenommen war dieses nichts ein Autobahnzubringer, an dem starker Verkehr herrschte. Hier ging es aus der Stadt, die zu ihrer Heimat geworden war.

Sie drehte sich um und blickte zurück. Die Sonne stand tief und beleuchtete die Skyline. Die Fenster der Hochhäuser funkelten, als ständen sie in Flammen. Hier war sie zuhause. In den Gassen und Straßen mochte es kalt und nass sein, aber für einen Moment war sie überwältigt von dem majestätischen Anblick, während sich im Kessel dieser Stadt die sonst grauen Nebelschwaden in feuriges Licht hüllten.

Kim schlug kurz die Augenlieder. Sie wendete ihr Skateboard mit einem eleganten Trick und fuhr in die Stadt zurück. Sie dachte an Shiva und das Geld ihrer Großmutter. Sie konnte es nicht zurückgeben, denn das Mädchen brauchte jeden Euro, aber sie wollte die nette alte Frau auch nicht betrügen.

So entschied Kim, zumindest heute ein wenig nach dem verschwundenen Straßenmädchen zu suchen. Der Fahrtwind streifte ihr Haar und sie überlegte fieberhaft, wo sie mit ihrer Suche anfangen konnte. Die üblichen Stellen hatten die Privatdetektive bestimmt schon abgeklappert und Kim hatte keine rechte Inspiration.

Mit dem Fuß beschleunigte sie ihre Fahrt auf dem fast menschenleeren Gehweg und sie schloss während der Fahrt die Augen. Die kühle Abendluft streichelte ihr Gesicht. Sie ließ sie treiben, um einen ihrer sonst so zahlreichen Gedankenblitze zu haben. Sie dachte über die gemeinsame Zeit mit Shiva nach. Dachte daran, wohin sie wohl an ihrer Stelle gegangen wäre. Shiva war nicht für das Leben auf der Straße bestimmt. Sie hatte sich weder auf dem Skateboard noch unter den anderen jugendlichen Abenteurern wirklich wohlgefühlt. Sie war auf der suche nach jemandem, der ihr Schutz bot.

„Pass doch auf!“, schrie plötzlich eine männliche Stimme und sie öffnete die Augen gerade noch rechzeitig, um den alten Mann mit seinem Gehstock nicht über den Haufen zu fahren. Mit einem geschickten Schlenker wich sie ihm aus, ohne an Fahrt zu verlieren. Die junge Frau grinste frech und bog in die nächste Straße ein, ohne weiter auf die wüsten Beschimpfungen des Mannes einzugehen. „Blindes Huhn!“ war alles, was sie noch hörte.

Kim gefiel das Leben auf Messersschneide. Für die junge Frau bedeutete es Freiheit. Geschickt balancierte sie mit ihrem Skateboard Tag für Tag auf diesem dünnen Faden. Auf ihrem Brett war sie daheim. Mochten sich andere an ihr stören, sie blieb so, wie sie eben war. Andere Frauen hätten vielleicht an das Kind in ihrem Bauch gedacht. Sie hätte Angst um sich und das Ungeborene. Doch sie war nicht gewillt ihre Freiheit aufzugeben, selbst wenn es Schmerz oder gar ihren Tod bedeute.

Manchmal, wenn sie einsam irgendwo kauerte, hatte sie schon Zweifel an sich. In diesen Momenten dachte sie an ihre nichtvorhandene Zukunft. Sie dachte daran, dass sie den Winter vielleicht nicht überleben würde. Mit einem dicken Babybauch konnte sie schließlich kaum bei irgendwelchen Kerlen für ein paar Tage Unterschlupf finden, wie sie es in den vergangenen Jahren gemacht hatte. Doch so bald sie wieder auf ihrem Board stand, waren all die Zweifel, all Ängste weggeblasen. Das Adrenalin ersetze sogar den Hunger, der sie schon mehr als nur einmal geplagt hatte. Wenn ihr der Wind ins Gesicht blies, war sie einfach nur glücklich und unbekümmert.

Vielleicht war es jene leichtsinnige Unbekümmertheit, die sie jetzt auch dazu trieb, weiter in Richtung Nordpark zu fahren. Die Werwölfe hatten den weitläufigen Platz des dortigen Kriegerdenkmals zu ihrem Revier gemacht. Genauer gesagt: Ihr Anführer hatte Kim und ihre Gang bei einer Wettfahrt besiegt. Dies war jedoch nicht der einzige Preis, denn sie für ihre schmerzhafte Niederlage zahlen musste. Alex, der Anführer der Werwölfe hatte sie für einen Fick als Preis bekommen. Die leichte Wölbung ihres Bauches war die Folge jenes Tages vor vier Monaten.

Dieser Sieg und auch ihr martialisches Auftreten hatten großen Einfluss auf die Jugendlichen in der Stadt. Viele der Jungen und auch Mädchen ihrer Gang waren ebenfalls zu ihnen gegangen. Vielleicht wusste Alex, was aus Shiva geworden war. Sie hasste diesen gut aussehenden Mistkerl zwar, war dies der schnellste Weg, wertvolle Infos über das Mädchen zu erhalten.

Mit dem Fuß beschleunigte sie das Tempo weiter, als sie den Kreisverkehr verließ. Sie erblickte die Treppe, die ihr beim letzten Mal den Sieg gekostet hatte. Kims Herz raste. Augenblicklich schossen ihre Drüsen weiteres Adrenalin in ihren Kreislauf und trieben die Skaterin dazu eine große Dummheit zu tun.

So schnell sie konnte fuhr sie auf die Treppe zu, die hinunter zum Platz des Kriegerdenkmals führte. Beim letzten Mal hatte sie sich bei dem Sprung nur mit viel Glück nichts gebrochen. Diesmal wollte sie den Trick vollenden. Sie schrie einen Kampfschrei aus, welcher bestimmt so manchen auf dem Platz in ihre Richtung sehen ließ und sprang dann ab.

Kim und ihr Skateboard stiegen in die Luft und sie sprang über Seitenmauer der Treppe. Erschrocken blickte mehre Jungen auf, die unter der Treppe an der Wand lehnten und gerade ihre Zigaretten qualmten. Die junge Frau und ihr Brett schwebten mehre Meter über sie hinweg und fast jeder auf dem Platz starrte fassungslos in ihre Richtung.

Vor vier Monaten hatte ihr Board den Sprung nicht heil überstanden. Kim dachte nicht an damals. Sie dachte nur an den Augenblick und dieser Augenblick gehörte ihr. Nach über 10 Meter Flugstreck berührten die Hinterräder ihres Skateboards als Erstes den glatten Boden. Dann krachten Vorderräder auf den Stein. Die Skaterin federte ihr eigenes Gewicht mit den Knien ab und ging dabei tief in die Hocke. Das Material ihres Bretts ächzte bedrohlich, aber es hielt.

Unter dem Jubel dutzender, zumeist jugendlicher Skater, verfuhr sie die überschüssige Energie ihres Sprungs und brachte das Skateboard dann vor dem Denkmal zum Stehen. Die Werwölfe standen im Halbkreis um die junge Frau herum. Die meisten erkannten sie sofort. Einige kannte Kim von früher, andere waren ihr vollkommen neu.

„Starker auftritt Kim!“, stellte Tobi fest und fügte sofort hinzu: „Was willst du hier? Willst du dich uns anschließen?“

„Nur wenn du mir den Sprung nachmachst“, erwiderte sie noch immer berauscht von diesem Auftritt. Sie entließ den 19 jährigen Skater, in seiner langen Jeans und seinem grauen Kapuzenpullover, aus der Verlegenheit, in dem sie sogleich fortfuhr: „Ich bin hier, um mit Alex zu reden. Wo ist er?“

Kim sah sich ein wenig verwirrt um. Normal sollte selbstherrliche Anführer der Werwölfe doch da sein. Er war eigentlich auch ein Grund für ihren risikoreichen Auftritt. Erst vor ein paar Wochen hatte ihr jemand erzählt, dass sich Alex hier immer mit einem ganzen Harem herumtreibt. Auch von seiner Schlampe, Elke, war nichts zu sehen. Wie kann er es wagen? Kim verzog die Miene.

„Der kommt glaub ich erst später, aber wenn du wegen einem Nachschlag vom letzten Mal hier bist, kann ich gerne für ihn einspringen.“ Tobi war in Kims Augen kaum mehr als ein Wichtigtuer. Bevor er zu den Werwölfen ging, hatte er sie schon bei den Thunder Chicken immer recht gerne angebaggert. Vielleicht war es an der Zeit ihn etwas herunter zu putzen.

„Wenn du mich in einem Rennen besiegst, darfst du mich auch ficken, sofern du etwas von Wert als Wetteinsatz hast, wenn du verlierst“, bot sie ihm mit einem Lächeln an.

Die Augen waren nun auf den Jungen gerichtet, der plötzlich ein wenig unfreiwillig im Mittelpunkt stand. Diesmal entließ ihn Kim jedoch nicht aus seiner selbst gewählten Lage. Tobi schien hin und her gerissen zwischen dem verlockenden Angebot und den minimalen Chancen gegen Kim zu bestehen. Kim war gut, viele sahen in ihr die beste Skaterin der Stadt. Gegen sie anzutreten war fast gleichbedeutend mit einer Niederlage. Vielleicht war es aber genau das, was die hübsche junge Frau bei den jugendlichen Skatern so begehrt machte.

Als Tobi nicht antwortete, besann sich Kim, warum sie hergekommen war. Sie sprach laut in die Runde: „Dann eben nicht. Sagt mal, weiß jemand euch zufällig, was aus Shiva geworden ist? Viel schlechter als Tobi war sie ja auch nicht auf dem Brett.“

Kim hatte die Lacher auf ihrer Seite und Tobi blickte das ungefähr gleich alte Mädchen mit wütendem Blick an. In seinen Augen spiegelte sich Mordlust, denn er hasste nichts so sehr, wie vorgeführt zu werden.

„Dafür geht sie jetzt mit jedem ins Bett, der dafür zahlen kann“, erklärte Raffi, ein Skater in quietschbunter Hose, die aussah, als hätte man sie Picasso anvertraut.

Kim ließ den vor Wut schäumenden Tobi stehen und wandte sich dem anderen Jungen zu. „Wie meinst du das?“

„Ich habe letztens gehört, Shiva geht jetzt im Happy 18´s anschaffen.“

„Du warst wohl einer ihrer Kunden“, feixte einer der anderen Skater, den Kim nicht kannte.

Die anwesenden Jungs lachten alle. Sie ließ sich davon jedoch nicht beirren und ging zu ihm.

"Danke, du hast mir sehr geholfen", murmelte sie und gab Raffi spontan einen Kuss auf die Lippen, wo durch sie die Tonlage der Anderen augenblicklich änderte. Der Junge war verblüfft, doch als er ihre warmen Lippen auf den seinen fühlte, öffnete er intuitiv die seinen. Beide berührten sich einen Moment lang mit ihren Zungen. Als sich ihre Lippen von ihm lösten, stand er mit hochrotem Kopf da, während ihn nicht wenige der Jungs beneideten.

„Danke“, hauchte sie ihm ins Ohr und fügte leise, aber gut verständlich hinzu: „Ich schulde dir etwas.“

Dann wandte sie sich auch schon von ihm ab und schwang sich auf ihr Skateboard. Während sie davon fuhr, hinterließ sie auf dem Platz eine Schar lachender und schnatternder Jungen und Mädchen, die man gut und gerne auch mit einem Hühnerstall verwechseln konnte. Nur Tobi blickte ihr verärgert nach. In dieser Angelegenheit war für ihn das letzte Wort noch nicht gesprochen.

***

Kim fühlte, dass sie einen Volltreffer gelandet hatte. Das Happy 18´s war weniger als fünf Minuten von der Telefonzelle entfernt, von der aus der Anruf kam. Die Straße lag in der Nähe des Hauptbahnhofs und gehörte zu Orten der Stadt, die kleine Mädchen nachts besser meiden sollten. Sie selbst gehörte zwar genau zu der Risikogruppe, dachte aber nicht sich von der aufziehenden Dunkelheit beeindrucken zu lassen. Vielleicht war Kim von einer gewissen Todessehnsucht beseelt, vielleicht war sie jedoch auch nur leichtsinnig oder mutig.

Sie bog auf ihrem Skateboard in die Straße ein. Im Vorbeifahren fielen ihr die zahlreichen Straßennutten auf, welche sie misstrauisch beäugten. Eine junge Frau um diese Zeit auf dem Gehweg bedeutete in ihren Augen vor allem ungeliebte Konkurrenz. Das merkte auch Kim, denn immer wieder erntete die Skaterin pfiffe und zurufe aus vorbeifahrenden Autos.

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