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Dunkler Abgrund Ch. 15

Geschichte Info
Bittere Rache.
13.1k Wörter
4.5
27.6k
3
Geschichte hat keine Tags

Teil 15 der 19 teiligen Serie

Aktualisiert 08/30/2022
Erstellt 05/28/2010
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Notiz der Autorin: Diese Geschichte enthält viel Handlung, NonConsent-Elemente, BDSM (mit und ohne Zustimmung), Homosexualität (ff, mm), psychische und physische Folterbeschreibungen und eine Liebesgeschichte. Sie ist lang und entwickelt mit der Zeit einen verhältnismäßig komplexen Handlungsablauf. Wer auf der Suche nach einem Quickie ist - und das sind wir alle mal - sollte sich vielleicht noch einmal umschauen.

Kapitel 15

Alec vibrierte. All seine Muskeln pulsierten unter seiner Macht, während er blind auf das Schlachtfeld starrte und nichts erkannte. Das Feld vor seinem Anwesen war leer. Leer bis auf hunderte, wenn nicht sogar tausende Leichen. Klagende Laute verstummten langsam, andere heulten auf, als die Hexen durch die Reihen der Verstorbenen gingen. Einige gewährten den Menschen und Vampiren den Gnadenstoß. Andere rollten Körperteile herum, auf der Suche nach ihren Freunden. Es waren viele gestorben. Fast die Hälfte der Hexen hatte den plötzlichen Werwolfsangriff nicht überlebt, doch dann, mitten im Kampf, hatten die Werwölfe einfach aufgehört.

Alec hatte die Bewegung in der Menge gemerkt, als sich plötzlich die Tiere umwandten und nicht mehr die Hexen, Lukan und ihn angriffen, sondern Damons Leute. Weshalb wusste Alec nicht. Es war ihm auch egal. Sie hatten gewonnen.

Blut strömte heiß durch seine Adern und das uralte Wesen in ihm wollte den Ausgang nicht akzeptieren. Er wollte jagen. Den Flüchtenden hinterher rennen und sie nacheinander abschlachten. Doch langsam beruhigte er sich. Kam wieder zu Verstand. Doch es dauerte. Die Anhänger von Damon würden noch früh genug ihre Strafe erhalten. Er brauchte sie nicht jagen. Es gab anderes zu tun.

Die Sonne würde bald aufgehen. Doch das beunruhigte ihn nicht weiter. Bei einer Schlacht mit Werwölfen musste man den Tag einplanen. Alec hatte vorgehabt, sich bis zum Einbruch der Dämmerung zurückzuziehen. Wohin, hätte er spontan entschieden, denn er hatte nicht damit gerechnet, dass sich der Kampf tatsächlich nur auf dem kleinen Feld zwischen der Allee aus Bäumen beschränken würde. Die meisten Kriege brachen zwar an einer Stelle aus, doch sie wuchsen für gewöhnlich. Alec hätte es nicht verwundert, hätte er sich im Morgengrauen irgendwo in der Innenstadt wiedergefunden.

Langsam sank sein Adrenalinspiegel, doch bei weitem nicht genug, um sein inneres Verlangen nach Brutalität und Gewalt zu bezwingen. Noch glitten seine Augen wachsam und aggressiv über die Haufen an Menschen und Vampiren auf der Suche nach einer Bewegung, einem Ventil. Die Hexen betrauerten ihre Gefallenen und auch die Werwölfe zogen sich in die angrenzenden Sümpfe zurück. Doch sie blieben in der Nähe, als wollen sie etwas beschützen.

Alec fuhr herum und ließ sein Schwert durch die Luft peitschen. Lukan gab ein zischendes Geräusch von sich, als die Spitze der Klinge seine Brustmuskeln aufschlitzte. Für einen Moment wollte Alec nachstoßen, doch dann zögerte er und ließ das Schwert zitternd sinken. Immer noch hielten seine Instinkte ihn vom Denken ab. Doch langsam hielt auch der Schmerz seiner vielen Blessuren in seinen Verstand Einzug.

Immer noch aufgeputscht, aber mit mehr Kontrolle über sich, holte er tief Luft und ließ sein Schwert an seinem Rücken in die Scheide gleiten. Das Zischen von Metall auf Metall klingelte über das Dröhnen hinweg in seinen Ohren. „Was?", schnappte er gereizt und sah den jungen Vampir an, der sich das Blut von seiner Brust wischte.

„Die Sonne geht in wenigen Minuten auf." Lukans Augen leuchteten ebenfalls; aufgeputscht vom Kampf.

In wenigen Minuten. In seinem energiegeladenen Zustand war das eine Ewigkeit. Ein ganzes Leben. Er verstand die Besorgnis in Lukans Stimme nicht. Wie lange, meinte er, brauchten sie denn, um sich zu verstecken? Er hatte doch noch so viel Zeit. So viel Zeit, seinen Feinden hinterher zu jagen. Gezielt atmete er wieder ein und aus. Dieser aufmerksame, energiegeladene Zustand würde für gewöhnlich noch eine Weile anhalten. Ein paar Tage vielleicht. Es gab für ihn kein Umschalten von Kampf zu Frieden. Es war ein langsames Gleiten, aus dem immer wieder die eine oder die andere Seite aufblitzte.

Sein inneres, uraltes Tier kämpfte gegen die Fesseln seines Verstandes an. Viel zu lange hatte Alec ihm nicht mehr freien Lauf gelassen und nun beherrschte er ihn mit einer Gewalt, die seine Adern mit reißerischer Macht füllte. Er wollte mehr.

Er schloss einen Moment die Augen und ballte die Hände zu Fäusten, als plötzlich etwas seine Aufmerksamkeit erregte. Helles, blaues und rotes Licht blitzte auf und kam langsam näher. Instinktiv fasste er wieder nach seinem Schwert und beleckte seine Zähne. Menschen. Nahrung. Blut. Tot. Er lächelte grausam und ließ seine Klinge sirrend in seine Faust gleiten. Weshalb sie kamen, spielte keine Rolle. Sie kamen. Und sie würden sterben.

Lukan trat ein weiteres Mal auf ihn zu. „Die Polizei. Vielleicht haben die Nachbarn sie gerufen."

Alec verstand ihn nicht. Sein Wesen war in diesem Moment zu alt und zu unzivilisiert, um diese Worte zu entschlüsseln. Seine Füße bewegten sich automatisch und sein Körper duckte sich geschmeidig, während er auf die nähernden Lichter zuging.

„Alec!" Lukan blieb an seiner Seite, ohne ihn anzufassen. Er schien zu kapieren, dass das tödlich enden würde. „Schick die Polizisten einfach weg! Die Sonne geht gleich auf und wir müssen nach den Frauen sehen."

Welche Frauen?, dachte Alec noch und erstarrte dann. Alles Blut wich aus seinem Körper und wurde durch Kälte ersetzt. Grace! Wie hatte er sie nur vergessen können? Das Tier in ihm jaulte auf und grub seine Krallen in sein Gefängnis. Genau wie Alec geriet es vollkommen in Panik. Wie hatte er sie vergessen können? Sie war doch immer bei ihm gewesen. Er hörte die Schwingungen in seinem Blut, das sie suchte. Doch jetzt war es verschwunden. Er fuhr herum. Warum fühlte er sie nicht? Sie war die ganze Zeit da gewesen, während er kämpfte. Ein kleines Licht in seinem Inneren, das sich freute und plötzlich wütend war. Und dann... Stille.

Vielleicht eine Vision? Vielleicht war ihr Bewusstsein wieder abgetaucht? Er hatte es gespürt, doch er hatte sich nichts dabei gedacht. Er hatte überhaupt keine Gedanken gehabt. Die Polizei war vergessen, als er an Lukan vorbei rannte und das Haus betrat. Die Sprinkler hatten schon vor einer Weile aufgehört zu tropfen. Selbst die riesigen Wasservorräte mussten irgendwann aufgebraucht sein. Alec spürte trotzdem beim Durchqueren der Räume, wie sich einige verätzende Tropfen auf seiner Kopfhaut sammelten. Lukan war direkt hinter ihm, doch er hielt ein bisschen Abstand. Vielleicht, weil die Holzböden aufgeweicht und morsch waren. Vielleicht, weil er immer noch von Alecs Aggressivität Respekt hatte. Doch Alec hatte keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Die Verbindung zu Grace bestand noch, doch sie wurde nicht stärker, als er den Gang zu den Kellerräumen betrat. Er wusste schon, bevor er die Treppe hinunter rannte, dass sie nicht da war. Trotzdem musste er es mit eigenen Augen sehen.

Der kleine Hauptraum war einigermaßen aufgeräumt. Im Fernseher flimmerte das letzte Bild vom Abspann eines Filmes. Es wirkte so, als habe nur jemand kurz Popcorn gemacht, bevor er den nächsten Film einlegte. Alec holte tief Luft und spürte hinter sich, wie Lukan den Raum betrat. Sein Blick glitt über das Sofa und die wild verstreuten Kissen. Hatten Holly und Grace eine Kissenschlacht veranstaltet?

„Grace?", grollte er mit tiefer Stimme und schnappte nach Luft, als der Geruch von Blut in seiner Lunge explodierte. Panik erfasste ihn, doch seine Füße glitten ruhig durch den Raum auf der Suche nach einem Anzeichen, wo Grace sein könnte. Vielleicht lag sie einfach hinter dem Sofa; gefangen in einem Traum.

Lukan gab einen leisen Laut von sich und drehte ab, um im Badezimmer zu verschwinden. Auch Alec hatte den Duft des Blutes aus dem Raum erfasst, doch es gehörte nicht zu Grace, deshalb interessierte es ihn nicht weiter. Vorsichtig näherte er sich dem Sofa und warf einen Blick dahinter. Ein dunkler Schopf war zu sehen.

Morgana saß auf dem Boden und kehrte mit ihren Armen Staub und Schlamm zusammen. Der Staub von irgendeinem Vampir hatte sich mit Grace Blut vermischt und bildete einen schwarzroten Teppich auf dem Boden. Mit hastigen, krampfhaften Bewegungen suchte Morgana den Staub zusammen und kehrte ihn zwischen ihre gespreizten Beine. Tränen liefen stumm über ihre Wangen, während sie versuchte diesen modrigen Matsch in eine bestimmte Form zu zwängen. Er zerfloss. Immer wieder.

Der Duft von Kreide und alten Büchern überdeckte fast den metallischen Geruch von Grace' Blut, doch Alecs Sinne waren so auf seine Geliebte eingestellt, dass er sofort ihre Essenz erkannte. Schmerz ballte sich in ihrem Inneren, während er fassungslos mitansah, wie Morgana dieses reine, warme Blut mit dem dreckigen Schmutz vermengte. Er blinzelte. Immer wieder. Doch das Bild wollte nicht weichen. Wo war sie? Wo war Grace? Weshalb war hier so viel Blut?

Kälte breitete sich in ihm aus, während er einfach dastand und versuchte das alles in ein funktionierendes Bild zu fügen. Doch es wollte sich nichts fügen. Grace war nicht hier. Und deshalb war einfach alles falsch. So schrecklich, schrecklich falsch.

Wie waren Vampire hier heruntergelangt? Der Eingang war verschlossen gewesen und die Sprinkleranlage war erst vor einigen Minuten ausgegangen. Er hatte geglaubt, dass sie in Sicherheit war. Er hatte nicht einmal einen weiteren Gedanken daran verschwendet! Weshalb auch? Weshalb sollte jemand Interesse an seiner Grace haben, wenn Alec offen auf dem Kampfplatz stand und nur darauf zu warten schien, dass jemand den entscheidenden Schwertstrich durchführte und ihn umbrachte? Warum sollte Grace von Interesse für seine Feinde sein, um ihn zum Kampf zu zwingen? Um ihn unter Druck zu setzen? Er war doch da!

Sein Herz krampfte sich zusammen, während seine Gedanken verzweifelt durch den Kopf stoben. Wo könnte sie sein? Hatte sie sich in Sicherheit gebracht? Hatte sie den Vampir umgebracht? Wer war es überhaupt? Und weshalb hockte Morgana hier?

Seine Hände fühlten sich kalt an, als er nach der Sofalehne griff, um Morgana vorsichtig anzusprechen. Erst da hörte er über das Rauschen in seinen Ohren hinweg, dass sie leise mit sich selbst sprach.

„Daddy... es wird alles wieder gut. Alles wird gut. Ich mach dich wieder heile. Du wirst so böse sein, wenn du wieder da bist. Weil sie weg ist. Dabei hast du dir doch so gewünscht, dass sie bei dir bleibt. Aber sie ist weg. Einfach weg."

Seine Nackenhaare stellten sich auf, während er dem verrückten Gequatsche lauschte. Immer noch schob Morgana den schmierigen Dreck zusammen und besudelte sich damit. „Wo ist Grace?", fragte er behutsam, obwohl alles in ihm diese Vampirin zerreißen wollte, um die nötigen Informationen aus ihr herauszuquetschen. Panik krampfte sein Herz zusammen. Wo war sie nur? Was war geschehen?

Morgana schreckte zusammen und hob den Kopf. Für einen Moment sah sie ihn blind an, bevor sie einfach mit ihrer unnützen Arbeit fortfuhr. Nein! Nein. Zitternd fuhr er sich durch die klebrigen Haare. Grace war in jedem Fall nicht hier und Damon hatte sie mit Sicherheit nicht gekidnappt. Denn so, wie es aussah, sammelten sich gerade unter Morganas Finger die Überreste von ihrem Erschaffer. Wer also konnte sonst hinter ihrem Verschwinden stecken?

Plötzlich schwappte Müdigkeit durch seine Glieder und sagte ihm, dass die Sonne aufgegangen war. Innerlich fluchte er. Wenn Grace sich nicht mehr in diesem Haus befand, musste er in jedem Fall auf die Nacht warten, um handeln zu können. Das Blut wich aus seinem Gesicht und machte es ganz taub.

„Alle hintergangen... uns alle hintergangen... redet von dem und meint das.... Wenn du wieder da bist, dann wird alles wieder gut. Alles wieder gut, denn du wirst sie bestimmt verfolgen. Ja, hintergangen hat sie dich." Morganas Augen füllten sich wieder mit Tränen. „Ich hab's sofort gewusst, als ich sie gesehen hab. Du hättest sie umbringen müssen, Daddy. Die Königin ist eine böse, böse Frau. Von hinten! Von hinten!"

Alles in Alec erstarrte zu Eis. „War Hyrie hier unten?" Mit einer schnellen Bewegung griff er über die Lehne des Sofas und packte Morganas Haar. Sie gab einen qualvollen Laut von sich, als er sie an den Haaren hinter dem Sofa hervorzerrte und sie zu Boden warf. Seine Finger legten sich um ihre Kehle. „Hat die Königin Grace mitgenommen?" Als er härter zudrückte, um ihre Wirbelsäule richtig zu fassen zu bekommen, wandelte sich der Blick von Morgana.

„Daddy?", fragte sie mit kleinlicher Stimme, als er ihr wehtat. „Du bist wieder da."

Er wollte gerade mit den Kopf schütteln und zögerte dann. „Wo ist Grace?", fragte er und schlitzte unabsichtlich mit seinen Fingernägeln die Haut an ihrer Kehle auf.

Morganas Augen leuchteten plötzlich halb irr und glücklich. Sie hob eine Hand und bemalte seine Wange mit den schlammigen Überresten von Damon. „Sie ist mit der Königin gegangen. Hat sich gewehrt, aber sie war viel, viel stärker. Es tut mir so leid, Daddy, aber ich konnte sie nicht aufhalten. Alec war draußen und ich musste doch die Menschen wieder aufs Schlachtfeld schicken. Haben sich versteckt, diese armseligen Kreaturen."

Alec verzog den Mund angewidert, während er diese kranke Frau ansah.

Seine Hände begannen wieder zu zittern, als er den Griff verstärkte. Hyrie hatte seine Grace. Hätte sein Herz geschlagen, wäre es in diesem Moment zum Stillstand gekommen. Grace war in Hyries Gewalt. Er konnte es nicht fassen. Angst verschlang sein ganzes Denken, während das Tier in ihm wieder die Kontrolle übernahm und mit einem schnellen Ruck Morganas Genick brach. Sie zerfiel langsam in seinen Händen, doch Alec achtete gar nicht darauf. Die Sonne fesselte ihn in diese Räume und alles, was er tun konnte, war bis zur Nacht zu warten.

Grace hatte sich auf ihn verlassen. Sie hatte ihm vertraut und geglaubt, dass er kommen würde, wenn sie in Gefahr war. Schmerzen explodierten in seiner Brust und machten ihm das Atmen unmöglich. Brennend schnappte er nach Luft. Sie hatte sich doch auf ihn verlassen. Sie hatte geglaubt in Sicherheit zu sein, weil er da war. Doch in seinem gewaltsamen Rausch hatte er nichts mitbekommen; hatte nicht gespürt, wie er die Verbindung zu ihr verlor. Doch er konnte sich das Grauen zusammenreimen, das sich hier unten abgespielt hatte. Sie hatte eine Vision gehabt; das hatte die Verbindung zu Alecs Blut gekappt, und als sie wieder erwachte, war sie von Damon angegriffen worden. Vielleicht hatte sogar der Segen oder der Bann der Hexen zugeschlagen und Damon umgebracht. Vielleicht war es Hyrie gewesen, bevor sie seine Geliebte mit sich nahm.

Etwas zerriss in ihm und begann glühend zu brennen. Er konnte nichts tun. Das erste Mal in seinem Leben konnte er keine Pläne schmieden oder in den Kampf stürzten. Er konnte einfach nur da hocken und auf den Sonnenuntergang warten. Dreizehn Stunden und neunundzwanzig Minuten. Eine Ewigkeit, wenn er sich vorstellte, was Hyrie alles mit ihr machen könnte.

*

Sam grinste Jean Antoine und ließ zu, dass sich sein Herz vor Glück zusammenzog und schneller schlug. Er hätte dem auch kaum etwas entgegensetzen können. „Ich fühle mich wie ein Bräutigam vor seiner Hochzeitsnacht." Das tat er tatsächlich. Das Gefühl, seinen Geliebten durch das Haus zu tragen, damit er nicht von der Sonne getroffen wurde, war unbeschreiblich schön. Er lebte. Wie könnte Sam nur mehr verlangen? Was könnte dies noch perfekter machen? Nichts. Rein gar nichts. Es war absolut... wundervoll.

Jean Antoine gab unter dem dicken Laken, das ihn vor der Sonne schützte, einen schnaubenden Laut von sich. „Ich fühle mich wie eine Braut, nach der Hochzeitsnacht." Er drehte sich leicht in den starken Armen des Werwolfs und drückte sich an ihn. „Mein ganzer verdammter Körper ist wund."

Auch Sams Muskeln schmerzten vom Sex; doch es war der ziehende, träge Schmerz, der von der Zufriedenheit, die ihn erfüllte, um ein tausendfaches übertrumpft wurde. „Du beschwerst dich?"

„Nope." Sam hörte sein spitzbübisches Grinsen, denn wegen der Decke konnte er es nicht sehen. Jean Antoine drehte sich wieder in seinen Armen. „Ich komme mir bloß verdammt bescheuert vor, weil du mich durch die Gegend trägst."

„Lass mir den Spaß." Er ließ die letzten Stufen nach unten hinter sich und steuerte den Gang an, der nach unten führte. Das Feuer hatte im ganzen Haus das Fundament angegriffen und die meisten Fenster gesprengt. Es fehlten einige Teile von der Fassade, doch nicht alles war zerstört. Den Tag würden sie trotzdem in den sicheren Räumen unten verbringen.

Ein Blick aus dem Fenster hatte Sam heute Morgen gezeigt, dass der Kampf geendet hatte. Und so, wie es aussah, hatte Jean Antoines Seite gewonnen. Damon war nirgendwo zu sehen gewesen und auch der Rest der Vampire hatte sich in alle Winde zerstreut. Nur das Auftauchen der Polizeiwagen beunruhigte ihn leicht. Die Beamten hielten sich bisher noch vom Haus zurück, sondern sahen fassungslos auf das nebelige Schlachtfeld. Sie würden noch eine Weile tatenlos dastehen, bevor die Gerichtsmediziner kamen. Vielleicht würden sie dann mit eigenen Augen sehen, wie sich die Hälfte der Leichen bei den ersten Sonnenstrahlen in Staub verwandelte. Die Sonne war bisher noch nicht zur Erde durchgedrungen; der Nebel war zu dicht. Wahrscheinlich ein Nebeneffekt der Magie in der heutigen Nacht. Zu gern würde Sam ihre Gesichter sehen oder die Erklärungen hören, die sie für das Zerbröseln der Leichen hatten. Von den Bewohnern im Haus ahnten sie mit Sicherheit nichts. Und wenn, dann hielten sie sich von dem morschen Gebäude noch fern. Es drohte ihnen auch kein Hinterhalt. Vielleicht ahnten sie das. Vielleicht hatten sie auch einfach Angst und hielten sich deshalb bislang nur am Rand des Grundstückes auf. Vielleicht warteten sie auch einfach auf noch mehr Verstärkung.

Sam blieb am Treppenaufgang stehen, der nach unten führte, und ließ Jean Antoine langsam herunter. Mit einer Hand schloss er die Stahltür hinter sich und wickelte Jean Antoine mit der anderen Hand langsam aus dem dicken Laken. Seine Hand hatte sich während der letzten Stunden erstaunlicherweise gut geheilt, auch wenn die frische, rötliche Haut noch sehr empfindlich war und spannte. Doch das schmerzhafteste war vorüber: Das Nachwachsen der Knochen.

Jean Antoine streckte sich leicht und gähnte. Dann erstarrte er und fuhr herum. „Bring mich hier wieder raus."

„Was?" Sam starrte ihn an. „Draußen scheint die Sonne und hier bist du in Sicherheit. Was ist denn...?"

„Die Frau", antwortete Jean Antoine knapp. „Die Frau, die ich angegriffen habe, als du mich attackiert hast. Sie..." Er blinzelte kurz. „Lukan wird mich umbringen."

Sam spannte automatisch seine Muskeln an. Nein, das würde er nicht zulassen. Doch umkehren konnten sie auch nicht. Sie würden das jetzt klären.

*

Er glitt auf dem Boden aus, als er in das Bad stürzte und neben ihrem Körper zu Boden ging. In seinem Kopf waren keine Fragen, denn auf alles hatte er eine Antwort. Jean Antoine war plötzlich vom Schlachtfeld verschwunden und hier lag sie, Holly, blutend. Es war leicht, eins und eins zusammenzuzählen, doch ihn erfüllte keine Wut. Nur Angst. Panische Angst.

Lukans Hände zitterten, als er Holly langsam in seinen Schoß zog. Die hübschen Fersen hinterließen dabei helle, saubere Spuren auf den Fliesen. Ihre Brust hob und senkte sich rasch, während ihr Herz flatternd versuchte das verbleibende Blut mit Sauerstoff zu füllen und es durch ihren Körper zu jagen. Doch es war einfach zu wenig Blut in ihren Adern.

Der ganze gekachelte Boden war mit einer dünnen Schicht davon bedeckt und es leckte immer noch bei jedem unsicheren Herzschlag aus ihrem Hals. Lukan drückte die Wunde mit seinen Händen zu, doch es war viel zu spät. Es war einfach zu viel, das sie verloren hatte. An seinen nassen Knien klebte seine Hose in dem gerinnenden Blut fest, während er auf Holly hinuntersah. Ihre Augen waren geöffnet, aber glasig. Sie blickten ihn unstet an, als würde sie ihn nicht wirklich erkennen. „Bitte." Aus ihrer Brust hörte er ihre rasselnden, kämpfenden Atemzüge, bevor sie zitternd Luft holte und leise, keuchend flüsterte: „Tu es... nicht."