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Ein spezieller Therapieansatz

Geschichte Info
Bruder und Schwester - Jubiläumsausgabe.
8k Wörter
4.48
69.2k
12
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swriter
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Auch wenn garantiert nicht alle Leser und Kritiker mitfeiern wollen, präsentiere ich hier nicht ohne Stolz den 250. Versuch, Leser mit einer erotischen Geschichte gut zu unterhalten, deren Fantasie anzukurbeln und für ein kleines Feuerwerk zwischen den Beinen zu sorgen.

Ich danke meinen Lesern für ihre Treue und die Unermüdlichkeit, sich auch noch die 250. Story anzutun, und wünsche mir, dass auch meine zukünftigen Geschichten mit regem Interesse verfolgt werden. Und nein, liebe Kritiker ... Ich höre nicht auf, wenn es am schönsten ist, auch wenn mein persönliches Jubiläum ein guter Moment für einen Abgang darstellen würde. Noch habe ich zu viel Lust, zu schreiben und zu veröffentlichen.

Copyright by swriter Dez 2015

Als es an der Tür klingelte, runzelte Stefanie die Stirn. Sie erwartete keinen Besuch und hoffte, dass es nicht wieder ein Zeuge Jehovas sein würde, der ihr Gott und die Welt erklären wollte. Barfuß und mit bequemer Freizeitkleidung begab sich die 23-Jährige Richtung Flur und öffnete die Wohnungstür. Auf der Fußmatte stand eine Frau. Sie kam Stefanie nicht bekannt vor. Stefanie schätzte das Alter der Unbekannten auf jenseits der fünfzig. Die Frau sah gepflegt aus, war dezent geschminkt und trug ein ansteckendes Lächeln zur Schau. „Ja?"

„Guten Abend, Frau Sommer ... Ich hoffe, ich störe Sie nicht so spät am Abend."

„Was gibt es denn?"

„Mein Name ist Gudrun Naumann ... Darf ich vielleicht einen Moment hereinkommen?", bat die Unbekannte in freundlichem Ton, doch Stefanie blieb skeptisch und meinte: „Können wir das nicht hier an der Tür klären?"

Der ungebetene Gast nickte zustimmend. Dann sah Frau Naumann Stefanie eindringlich an. „Es geht um Ihren Bruder Sven."

„Ist etwas mit ihm?", fragte Stefanie besorgt. Ihr kleiner Bruder hatte schon so manches Mal in Schwierigkeiten gesteckt und es würde Stefanie nicht wundern, wenn Sven auch dieses Mal Probleme hatte. Frau Naumann schüttelte dezent den Kopf. „Ich bin die Therapeutin ihres Bruders. Sven ist bei mir in psychotherapeutischer Behandlung und es wäre wichtig, dass ich mich mit Ihnen, seiner Schwester, unterhalten könnte."

„Ich wusste gar nicht, dass Sven in Behandlung ist", stellte Stefanie fest und trat zur Seite. Gudrun Naumann schlüpfte dankbar in die Wohnung und lächelte Stefanie freundlich an. Stefanie begleitete denn späten Gast ins Wohnzimmer. Sie schaltete den Fernseher ab und bot der Therapeutin etwas zu trinken an, was diese dankend ablehnte. Sie setzte sich in einen Sessel, während Stefanie auf der Couch Platz nahm.

„Seit wann ist Sven bei Ihnen in Behandlung, Frau Naumann?", erkundigte sich Stefanie besorgt.

„Bitte sagen Sie Gudrun zu mir."

„Stefanie."

„Gut, Stefanie ... Nun ja ... Eigentlich dürfte ich Ihnen nicht erzählen, dass ich Ihren Bruder behandle. Ich bin zur Verschwiegenheit verpflichtet, und wenn herauskommt, dass ich mit den Verwandten meiner Patienten über diese spreche, würde ich ernsthafte Probleme bekommen."

„Das wird nicht geschehen", versprach Stefanie. „Aber was ist denn los? Hat Sven Schwierigkeiten?"

„Ich wäre nicht hier, wenn Svens Probleme nicht ernst wären ... Und im Großen und Ganzen haben diese mit Ihnen zu tun."

Stefanie fühlte sich wie vor den Kopf gestoßen. „Mit mir ...? Aber warum? Was habe ich mit Svens Problemen zu tun? Wir haben doch kaum regelmäßig Kontakt."

„Ich weiß", bestätigte die Therapeutin. „Mir sind die familiären Beziehungen von Sven geläufig ... Es ist nur so ... In den Therapiesitzungen dreht sich alles um Sie, Stefanie. Ob Sie es glauben oder nicht."

Stefanie war sprachlos. Warum hatte Sven Probleme? Welcher Art waren diese? Und warum sollte ausgerechnet sie der Grund für diese sein? „Ich verstehe überhaupt nichts. Könnten Sie vielleicht etwas konkreter werden?"

Ihr Gast rang offensichtlich mit sich. Es schien Gudrun nicht leicht zu fallen, über vertrauliche Dinge ihrer Patienten zu sprechen, doch dann räusperte sie sich und sah Stefanie eindringlich an. Stefanie hielt den Atem an und lauschte erwartungsvoll.

„Ihr Bruder ist zu mir gekommen, weil er einen inneren Konflikt in sich trägt", erklärte Gudrun mit sanfter Stimme. „Er leidet sehr, weil er sich einem Zwang ausgesetzt sieht, dem er nicht so leicht entfliehen kann. Er ist fixiert auf eine Idee, von der er selber weiß, dass deren Verfolgung nicht gut für ihn ist. Sven hat schwer mit seinem Problem zu kämpfen und braucht dringende Hilfe."

Stefanie bekam es mit der Angst zu tun. „Jetzt sagen Sie schon, was er hat und worin das Problem besteht!"

Gudrun Naumann sah sie sanftmütig an und nickte. „Ihr Bruder Sven ist verliebt ... In Sie, Stefanie."

Stefanie öffnete den Mund zu einer Antwort, doch ihr fiel nichts ein, was sie hätte Sinnvolles erwidern können. Die Therapeutin ließ ihr Zeit und setzte ihre Erklärung nach einer Weile fort.

„Ich befürchte, es handelt sich um keine normale Liebe zwischen Geschwistern, wie sie absolut normal wäre. Sven hat sich scheinbar in den Kopf gesetzt, seine Schwester zu lieben, wie man eine Partnerin lieben kann. Mit allem, was dazugehört."

„Wie meinen Sie das?", fragte Stefanie irritiert nach. „Wie liebt er mich denn?"

„Er sieht in Ihnen seine Traumfrau", brachte Gudrun es auf den Punkt. „Sven liebt und begehrt Sie, verzehrt sich regelrecht nach Ihnen und leidet wie ein Hund, weil er sich nicht traut, seiner Schwester seine Liebe zu gestehen."

„Ich liebe ihn ja auch ... Aber als Bruder."

„Sehen Sie ... Bei Sven sieht das Ganze anders aus", berichtete die Therapeutin. „Sven liebt Sie nicht nur ... Er vergöttert Sie, will Ihnen nahe sein, Ihnen seine bedingungslose Liebe gestehen ... Und seine Liebe auch körperlich zum Ausdruck bringen."

Dies war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Stefanie sprang auf und rannte im Wohnzimmer umher. Dabei murmelte sie unverständliches Zeug vor sich hin und raufte sich die Haare. Dann blieb sie vor Gudrun stehen und sah ihr tief in die Augen. „Was erzählen Sie mir da ...? Dass Sven auf mich steht oder was?"

„Setzen Sie sich bitte wieder", bat Gudrun und wartete ab, bis Stefanie sich wieder beruhigt hatte und erneut auf der Couch saß. „Ich kann mir vorstellen, dass das ein Schock für Sie sein muss ... Und ich habe lange mit mir gerungen, ob ich Sie ins Vertrauen ziehen soll, aber Sven ist so unglücklich und verzweifelt, dass ich mir nicht sicher bin, ob er sich nicht etwas antun wird."

„Oh nein."

Es machte Stefanie Angst und sie wusste nicht, was sie hätte erwidern sollen. Sie schüttelte ungläubig den Kopf und blickte die Therapeutin Rat suchend an. „Was genau erwartet Sven denn von mir?"

Gudrun atmete tief ein und aus. Dann lehnte sie sich entspannt gegen die Sessellehne. „Ihr Bruder liebt Sie und möchte Ihnen nahe sein. Sven will, dass Sie seine Liebe erwidern. Ich habe viele Therapiesitzungen mit ihm erlebt und ich weiß inzwischen, worauf er hinaus will."

„Und worauf?"

„Er will eine Beziehung mit Ihnen führen ... Mit allem, was dazugehört."

„Auch auf sexueller Basis?"

Gudrun nickte zustimmend. „Besonders das Sexuelle ist etwas, das Sven stark beschäftigt. Ja ... Ich habe den Eindruck gewonnen, dass Sven auf Sie fixiert ist und sich nichts sehnlicher wünscht als mit Ihnen schlafen zu dürfen."

Stefanie war sprachlos und schüttelte stumm den Kopf. Das konnte doch nicht stimmen! Das war undenkbar. Warum sollte Sven das Bedürfnis verspüren, Sex mit ihr zu haben? „Sie müssen sich irren!"

„Ich wünschte, es wäre so, Stefanie ... Leider hat sich Sven diese fixe Idee in den Kopf gesetzt, und langsam aber sicher bin ich ratlos und weiß nicht, wie ich ihm helfen soll ... Es sei denn ..."

Stefanie wurde hellhörig. „Es sei denn was ...?"

Gudrun sammelte sich und schenkte Stefanie ein freundliches Lächeln. „Ich habe mir gedacht, dass auf jeden Fall ein Gespräch zwischen Ihnen und Ihrem Bruder stattfinden sollte, bei dem Sven sich erklären kann. Es ist ihm glaube ich auch extrem wichtig, dass Sie erfahren, wie sehr er Sie liebt und begehrt."

„Weiß er etwa, dass Sie mit mir sprechen?"

„Nein ... Das weiß er nicht. Aber vielleicht hofft er, dass ich etwas arrangiere."

„Dazu wird es nicht kommen", war sich Stefanie sicher. „Therapieren Sie Sven, reden Sie mit ihm und treiben Sie meinem Bruder die Flausen aus ... Aber ich werde mich nicht mit ihm über unsere gemeinsame Liebeszukunft unterhalten, die in einvernehmlichem Sex mündet!"

„Ich verstehe Ihre Vorbehalte", zeigte sich die Therapeutin verständnisvoll. „An Ihrer Stelle wäre ich ebenso schockiert. Ich schlage Ihnen Folgendes vor, Stefanie ... Schlafen Sie eine Nacht in Ruhe darüber. Morgen früh werde ich mich mit Ihnen in Verbindung setzen und wir besprechen, wie es weitergehen soll."

„Da gibt es nichts zu besprechen. Das ist nicht normal und das wissen Sie auch."

Gudrun erhob sich und nickte Stefanie zu. „Ich werde Sie dann jetzt mal alleine lassen ... Denken Sie in Ruhe über alles nach. Wir reden später."

Sie fand den Weg alleine hinaus. Stefanie war auf der Couch sitzen geblieben und hing ihren Gedanken nach. Was war das nur für eine Schnapsidee? Und warum unterstützte diese Therapeutin ihren Bruder auch noch bei seinem wahnwitzigen Plan, eine Beziehung zu seiner Schwester zu beginnen? Das tat doch keine Psychiaterin, die ihr Geld wert war.

Drei Tage später saßen Stefanie, Sven und Gudrun in Stefanies Wohnzimmer. Sven saß auf dem Sessel und Stefanie in gebührendem Abstand zu ihm auf der Couch. Gudrun hatte neben ihr Platz genommen. Sie sahen einander stumm an. Stille legte sich über den Raum, sodass man eine Stecknadel zu Boden hätte fallen hören können. Die Therapeutin hatte das Treffen arrangiert. Sie hatte am nächsten Tag mit Stefanie wie vereinbart telefoniert. Über Nacht hatte sich die Meinung der jungen Frau kaum geändert, und doch war Gudrun weiterhin der Meinung, dass sich Stefanie dem heiklen Thema würde stellen müssen. Es hatte weitere Nächte und Überredungskünste der Therapeutin bedurft, ehe Stefanie eingewilligt hatte, sich mit ihrem Bruder zu treffen und über seine Probleme zu sprechen. Da Gudrun Stefanies Wohnzimmer wesentlich angenehmer und gemütlicher erschien als ihre Praxis, hatte man den Ort der Zusammenkunft hierhin gelegt. Nun saßen sich die Drei schweigend gegenüber und belauerten sich eingehend. Gudrun ergriff das Wort.

„Es ist schön, dass wir drei hier nun doch zusammengekommen sind. Danke Stefanie, dass du uns eingeladen hast, um über das zu sprechen, was Sven bewegt."

Stefanie machte eine abfällige Geste und war alles andere als begeistert. Sven wirkte nervös und rutschte unruhig auf seinem Platz herum. Der 20-Jährige blickte unsicher in Richtung seiner älteren Schwester. Er wusste natürlich, dass sie nicht gut auf ihn zu sprechen war, und doch freute er sich über das Zustandekommen des kleinen Familienkreises. Sven war ein schlaksiger Typ mit wuscheligem Haar und legerer Kleidung. Er gab sich lässig, wirkte aber angespannt. Stefanie sah ihm seine Unruhe an und hatte einerseits Mitleid mit ihrem Bruder. Auf der anderen Seite war sie sauer auf ihn, weil sie sich seinetwegen mit diesem unglaublichen Thema auseinanderzusetzen hatte. Die Therapeutin war die Ruhe selbst und versuchte, das Gespräch zu moderieren.

„Ich habe Sven von meinen Gesprächen mit dir erzählt, und zunächst war er alles andere als begeistert darüber. Im Nachhinein bist du aber froh, dass es endlich heraus ist, oder?"

Sven fühlte sich angesprochen und nickte stumm. Er warf seiner Schwester einen schüchternen Blick zu und meinte: „Tut mir leid, Steffi ... Ich kann mir vorstellen, wie sehr dich das überrascht haben muss."

„Das kannst du wohl laut sagen", platzte, es aus Stefanie heraus. Gudrun machte eine beschwichtigende Geste und Stefanie erinnerte sich an ihr Versprechen, nicht aufbrausend zu sein und sich einem konstruktiven Gespräch nicht zu verschließen. „Ja, es hat mich überrascht ... Aber deine Therapeutin hat mit erklärt, wie wichtig dieses Gespräch für dich ist und dass dir am Herzen liegt, was du mir erzählen möchtest."

Gudrun schenkte Stefanie ein dankbares Lächeln und räusperte sich. Sie blickte Sven aufmunternd an. Sven realisierte, dass er nun das Wort ergreifen sollte und wurde noch unruhiger. Dann sah er seiner Schwester tief in die Augen und druckste herum.

Gudrun erkannte, dass er einen Anschub benötigte. „Erzähl Stefanie doch, wann deine Gefühle für sie begonnen haben."

„Gut ... Also ... Eigentlich schon immer."

Stefanie staunte nicht schlecht. „Auch schon, als wir Kinder waren?"

„Nein ... Aber irgendwie, als ich in die Pubertät gekommen bin. Da warst du ja schon einen Schritt weiter und ... nun ja ... schlecht hast du ja nie ausgesehen."

Stefanie wusste nicht, ob sie die Aussage als Kompliment auffassen sollte. „Was bedeutet das genau? Dass du für mich geschwärmt hast oder wie?"

Sven zuckte mit den Schultern. „Als ich angefangen habe, mich nach Mädchen umzuschauen, warst du ja auch in meiner Nähe."

„Und da hast du mir auf meinen Arsch oder meine Brüste gestarrt?"

„Kann schon sein", gab ihr Bruder kleinlaut zu. Stefanie warf Gudrun einen fragenden Blick zu. Diese nickte freundlich und forderte Stefanie gestenreich auf, das Gespräch fortzuführen. Stefanie sammelte sich und blickte ihren Bruder fragend an. Dann zuckte sie mit den Schultern und meinte: „Na egal ... Macht wahrscheinlich ohnehin jeder kleine Bruder bei seiner großen Schwester."

Gudrun schaltete sich ein und erklärte: „Sven hat mir erzählt, dass er dich schon immer attraktiv und begehrenswert gefunden hat."

Die Therapeutin und Stefanie hatten sich zuvor gegenseitig das „Du" angeboten. Stefanie nickte stumm und wartete auf weitere Details. Gudrun erkannte, dass Sven liebend gerne sie berichten lassen wollte, und so übernahm sie Teile der Erzählung. „Sven hat sich natürlich auch für Mädchen seines Alters interessiert."

„Hattest du nicht sogar ein paar Freundinnen?", fragte Stefanie nach.

„Ja schon ... Aber nie so richtig was Ernstes", entgegnete ihr Bruder.

„Auch später nicht?"

„Erzähl deiner Schwester, was du mir erzählt hast."

Sven bestätigte den Vorschlag seiner Therapeutin und sah Stefanie mit einem leicht gequälten Gesichtsausdruck an. „Ich habe mich mit Mädchen getroffen ... Aber irgendwie hatte ich nie so recht den Wunsch, mit ihnen intim zu werden ... Ich habe schon geglaubt, schwul zu sein, aber Männer haben mich gar nicht interessiert."

„Ich habe immer angenommen, dass du zwar keine feste Freundin hattest, aber dich dennoch mit Frauen eingelassen hast", hatte Stefanie zu wissen geglaubt.

Sven schüttelte den Kopf. „Ich bin mit meinen Kumpels um die Häuser gezogen, aber ich war nie der Typ, der sich an die Mädels herangemacht hat. Das war OK für mich. Ich habe mich natürlich immer unsicher gefühlt und war mir nie sicher, was ich eigentlich wollte ... Ich habe mir schon gewünscht, jemanden kennenzulernen und Sex zu haben oder so ... Aber es hat nie Klick bei mir gemacht und der oder die Richtige lief mir nie über den Weg."

„Und dann hast du dich eines Tages gefragt, was du wirklich möchtest", rief die Therapeutin Sven in Erinnerung.

Sven nickte eifrig und blickte Gudrun unsicher an.

„Worüber hast du dir Gedanken gemacht?"

Sven sah zu Stefanie herüber, die neugierig zuhörte, und erklärte: „Ich habe mich gefragt, wer die Richtige für mich sein könnte. Mir sind zahlreiche Frauen über den Weg gelaufen, aber bei keiner hatte ich das Gefühl, dass ich sie lieben könnte. Weder emotional noch körperlich ... Auch bei Männern hatte ich dieses Gefühl nie. Ich habe angenommen, ich wäre noch nicht so weit oder vielleicht so etwas wie asexuell. Bis ich mich an früher erinnert habe, als du noch bei uns zu Hause gewohnt hast."

„Wie meinst du das?", fragte Stefanie nach.

Ihr Bruder hielt ihrem Blick stand. Dann warf er Gudrun einen flüchtigen Seitenblick zu und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf seine Schwester. „Ich habe mich in deiner Gegenwart immer wohlgefühlt. Ich war stets gerne in deiner Nähe, war froh, wenn du zu Hause warst und wenn wir etwas zusammen unternommen haben. Dann bist du früh von Zuhause ausgezogen und hast deine eigene Wohnung genommen. Das hat mich belastet, auch wenn ich es erst hinterher erkannt habe, wie sehr du mir gefehlt hast."

„Das kann ich mir vorstellen", gab Stefanie zu verstehen. „Für mich war es auch nicht leicht, von zu Hause auszuziehen und auf eigenen Beinen zu stehen."

„Nein, das ist es nicht", entgegnete Sven. „Du hast mir richtig gefehlt ... Nicht nur als meine Schwester, sondern als die Person, die mich am meisten gereizt hat."

Stefanie wusste nichts zu erwidern und schwieg. Sven druckste herum und meinte: „Ich habe mich nach dir gesehnt ... Dich nicht mehr in meiner Nähe zu haben, hat beinahe körperlich wehgetan ... Das mag sich jetzt blöd anhören, aber ich habe dich so wahnsinnig vermisst."

Stefanie setzte einen wohlmeinenden Gesichtsausdruck auf und erwiderte: „Du hast mir auch gefehlt. Aber als Bruder."

Sven fasste die Äußerung nicht gut auf und ließ den Blick zu Boden sinken. Gudrun schaltete sich ein und erklärte: „Vor gut einem halben Jahr ist Sven zu mir in die Therapie gekommen. Er hat mir von seinen Sehnsüchten und seinem Trennungsschmerz erzählt ... Dass du, Stefanie, von zu Hause ausgezogen bist, war ein natürlicher Schritt für dich, doch für deinen Bruder war es ein Bruch, den er nicht verkraften konnte."

„Aber du hättest mich doch jederzeit besuchen können", glaubte Stefanie zu wissen.

„Ja, ich hätte dich besuchen können, aber ich wollte mehr, als nur in deiner Nähe sein, auf deiner Couch sitzen. Ich habe dich vermisst, wie man eine Geliebte vermisst. Du hast mir gefehlt ... Ich wollte dir nahe sein, dich berühren und spüren. Und nun warst du so weit weg und unerreichbar für mich. Damit bin ich nicht klargekommen."

„Aber selbst wenn ich zu Hause geblieben wäre, wären wir uns nicht nähergekommen", behauptete Stefanie.

„Vielleicht doch, weil wir uns immer über den Weg gelaufen wären", war sich ihr Bruder sicher. „Früher oder später hättest du gespürt, wie ich denke und was ich empfinde ... und dann wären wir uns bestimmt nähergekommen."

„Nein."

Gudrun meldete sich zu Wort. „Vielleicht solltet ihr eure Gefühle füreinander so gut es geht beschreiben ... Stefanie?"

Stefanie atmete hörbar ein und aus. Sie war leicht genervt und fragte sich, wohin das alles führen sollte. Sie setzte sich gerade hin und sah ihrem Bruder in die Augen. „Sven ... ich liebe dich ... Du bist mein Bruder. Es gibt Momente, in denen ich dich vermisse, wo mir unsere Gespräche fehlen. Du hast mich immer zum Lachen gebracht. Das fehlt mir."

Sven hatte offenbar auf weitere Ausführungen gewartet, doch als diese ausblieben, setzte er zu einer Erklärung an. „Ich war immer glücklich, wenn du in meiner Nähe warst. Du bist meine große Schwester und hast auf mich aufgepasst. Später, als du dich zu einer schönen Frau entwickelt hast, habe ich mir immer vorgestellt, dass ich irgendwann einmal eine so schöne Freundin haben werde ... Bis ich festgestellt habe, dass ich keine Freundin wie dich suche ... sondern dich zur Freundin haben möchte."

„Aber das geht doch nicht", wollte Stefanie klarstellen.

„Warum nicht?"

„Denk doch mal nach", forderte sie ihren Bruder auf. „Wir sind Geschwister. Wie stellst du dir denn unser Zusammenleben vor?"

„Glaubst du denn, ich weiß nicht, dass diese Art der Beziehung speziell wäre und sicherlich verboten oder zumindest fragwürdig?", erwiderte Sven.

„Aber warum hast du dir dann in den Kopf gesetzt, dass wir beide ein Paar werden könnten?"

„Weil ich dich liebe und dich an meiner Seite haben will. Mit allem, was dazugehört."

Gudrun räusperte sich und ergriff das Wort. „Ich habe Sven mehrere Monate lang therapiert. Es zeigt sich eine unbändige Sehnsucht nach dir, Stefanie ... Man kam kaum in Worte fassen, wie sehr er dich begehrt und wie dringend er deiner Nähe bedarf."

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