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Eine alte Bekannte

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Copyright by swriter Feb 2011 (überarbeitet Feb 2016)

Bettina wollte sich gerade in die Badewanne begeben, als es an der Wohnungstür klingelte. Zunächst entschied sie sich, das nervige Geräusch zu ignorieren. Dann fragte sie sich, ob es etwas Wichtiges sein könnte, stieg aus der Wanne und zog sich ihren Bademantel über. Während der Klingelknopf malträtiert wurde, eilte Bettina zur Tür und entriegelte die Türsicherung. „Wer stört denn jetzt ...?"

Bettina verstummte und blickte die Person an, die knapp einen Meter von ihr entfernt auf der Fußmatte stand und sie musternd ansah. „Jenny ... Das ist ja mal eine Überraschung."

„Hallo Betty ...", sagte die andere Frau. „Ich weiß, dass du nicht mit mir gerechnet hast. Aber darf ich reinkommen?"

Bettina zögerte. Dann trat sie wortlos zur Seite, was die andere Frau als Aufforderung verstand, die Wohnung betreten zu dürfen. Die Frau mit der zerschlissenen Lederjacke und dem zerzausten Haar trat unsicher ein und blickte sich interessiert um. Während Bettina die Tür schloss, musterte ihr Gast die Einrichtung und blickte die Gastgeberin erwartungsvoll an.

„Wie lange ist das jetzt her?", fragte Bettina.

„Ich bin mir nicht sicher", antwortete Jenny gedankenverloren. „Ich denke, es werden jetzt zehn oder elf Monate sein."

„Ehrlich gesagt habe ich nicht damit gerechnet, dich noch einmal wiederzusehen", gab Bettina zu verstehen.

„Ich weiß, dass es mir nicht zusteht, hier so einfach bei dir aufzutauchen ... Aber ich weiß nicht, wo ich sonst hingehen soll", erklärte die unsicher wirkende Jenny.

„Ich wollte gerade in die Wanne ... Nimm schon mal auf der Couch Platz. Ich gehe nur kurz ins Bad und regle das", erklärte Bettina und kehrte ins Badezimmer zurück. Dort angekommen ließ sie das einladende Badewasser ablaufen und betrachtete ihr Spiegelbild über dem Waschbecken. Sie sah eine 28-jährige Frau mit kurzen braunen Haaren, deren natürliche Schönheit ohne Schminke gut zur Geltung kam. Sie sah müde aus und hätte sich am liebsten gleich ins Bett gelegt. Jenny hatte ihre Pläne durchkreuzt. Bettina entschied, das Beste aus der Situation zu machen, löschte das Licht und verließ das Bad. Sie kehrte ins Wohnzimmer zurück, wo ihr Gast auf der Couch Platz genommen hatte. Jenny sah sich noch immer im Raum um. „Schön hast du es hier."

Bettina setzte sich in einen der Sessel. „Ich habe renoviert, seit du das letzte Mal hier warst."

„Lebst du alleine?"

„Zumindest steht mein Name alleine im Mietvertrag", beantwortete Bettina die Frage. Für ihren Gast ließ dies Spielraum für Interpretationen und genau das war Bettina nur recht. Jenny musterte Bettina einen Moment und gestand dann: „Die Frau, mit der ich zuletzt zusammengelebt habe, hat mich vor die Tür gesetzt."

Bettina nahm die Erklärung zur Kenntnis, entgegnete aber nichts.

„Als ich damals abgehauen bin, hatte ich angenommen, dass ich alles richtig machen würde. Ich habe mir keine Gedanken darüber gemacht, wie du dich dabei fühlst. Ob es dich verletzt oder ob du dir Sorgen machst."

„Das kam mir auch so vor", warf Bettina ein.

„Glaub mir bitte ... Mein Gewissen ist alles andere als rein", gab Jenny reumütig zu. „Ich hatte damals angenommen, dass wir in einer Krise stecken und ich habe daran gezweifelt, ob unsere Beziehung noch eine Zukunft hat. Und da trat Lisa in mein Leben und ich hatte angenommen, dass sie die Frau ist, mit der ich glücklich werden kann."

Bettina war sich ihrer Gefühle nicht sicher. Vor ihr saß die Frau, mit der sie eine lange Zeit zusammengelebt und mit der sie regelmäßig das Bett geteilt hatte. Dann verschwand Jenny von heute auf morgen aus ihrem Leben und bis gerade hatte sie noch nicht einmal gewusst, ob ihre frühere Lebensgefährtin überhaupt noch lebte. In einer Nacht- und Nebelaktion hatte sich Jenny damals aus dem Staub gemacht und Bettina in Ungewissheit zurückgelassen.

Bettina hatte damals einen winzigen Zettel gefunden, auf dem Jenny in ihrer bekannten Mädchenhandschrift ihre Flucht begründet hatte: „Hallo Betty! Ich hoffe, dass ich keinen riesigen Fehler mache, aber ich möchte mein Glück mit jemand anderem versuchen. Sie heißt Lisa. Ich weiß, dass ich dich damit wahrscheinlich verletze, aber ich möchte mich verändern. Ich habe das Gefühl, dass ich einen Tapetenwechsel nötig habe und ich hoffe, dass du nicht schlecht von mir denkst. Vielleicht laufen wir uns mal wieder über den Weg."

Damals fühlte sich Bettina wie vor den Kopf gestoßen, als sie Jennys Nachricht entdeckt hatte. Sie hatte die Beziehung zwischen ihnen nicht als absolut befriedigend empfunden, aber so schlecht waren sie nicht miteinander zurechtgekommen, dass eine von ihnen Reißaus hätte nehmen müssen. „Ich gehe davon aus, dass ich diese Lisa nicht kenne."

„Nein, das tust du nicht", bestätigte Jenny leise. „Betty ... Ich weiß, dass ich kein Recht habe, dass du mir überhaupt zuhörst und schon gar nicht, dass du mir verzeihst. Aber momentan weiß ich nicht, wohin ich soll und ... Es fällt mir unheimlich schwer, das alles hier."

„Du siehst nicht gut aus", stellte Bettina fest und deutete auf die Frau, die in die Couch gesunken vor ihr saß. Jenny sah an sich herab, als ob sie sich selber ein Urteil bilden müsste. „Tja ... Meine letzte Dusche ist schon ein paar Tage her. Ich bin praktisch obdachlos und da meine Eltern auch nicht mehr leben ..."

Bettina lag auf der Zunge zu erwidern, dass dies nicht ihr Problem sei und dass es in der Stadt so etwas wie ein Obdachlosenasyl geben müsste. Dann besann sie sich auf ihre gemeinsame Vergangenheit und die schönen Stunden zu zweit. „Hast du so etwas wie Gepäck?"

„Draußen im Hausflur steht ein Seesack mit meinen Klamotten ... Ist nicht viel", gab Jenny zu verstehen.

Bettina musterte sie scharf und sagte: „Dann hol ihn mal rein. Du kannst heute Nacht hier bleiben ... Und morgen früh sehen wir weiter."

Jenny bemühte sich, ihre Freude zu verbergen, doch Bettina nahm die große Erleichterung bei der anderen Frau wahr. „Du kannst auf der Couch schlafen und das Bad solltest du auch benutzen."

Jenny schien zu verstehen, dass Bettina nicht das Bett mit ihr teilen würde. „Ich danke dir. Und ich verspreche, dass ich dir so wenig Umstände wie möglich machen werde."

Bettina wusste von früheren Begebenheiten, dass es nicht so sein würde, erwiderte aber nichts. Während Jenny ihren Seesack in die Wohnung holte, besorgte Bettina Bettwäsche für die Couch und legte zwei Handtücher bereit. Als Jenny ihre Lederjacke auszog, erkannte Bettina, dass Jenny noch genauso dünn und knabenhaft wie früher aussah. „Wenn ich dich so sehe, frage ich mich, ob du zuletzt überhaupt etwas gegessen hast."

„Du weißt, dass ich schon immer so mager war", erklärte Jenny. „Aber tatsächlich habe ich schon längere Zeit nichts mehr gegessen."

„Was hältst du davon, wenn du dich duschen gehst und ich in der Zwischenzeit etwas zu Essen mache?", schlug Bettina vor.

„Das wäre super ... Und nochmals danke, dass du mich hier schlafen lässt", erwiderte Jenny unsicher.

„Hier sind die Handtücher", erklärte Bettina und reichte sie ihrer ehemaligen Lebensgefährtin. Jenny nahm diese an und verließ auf leisen Schritten das Wohnzimmer.

Während sich Bettina in die Küche begab und zwei Schnitten Brot schmierte, hörte sie das Wasser in der Dusche rauschen. Sie fragte sich, warum Jenny wieder in ihr Leben getreten war und wie sie mit dieser Situation umgehen sollte. Das Thema war lange abgeschlossen gewesen und nun stand Jenny vor ihr und drängte sich erneut in ihr Leben. Bettina kehrte mit den Broten ins Wohnzimmer zurück und setzte sich auf die Couch. Im Badezimmer wurde die Dusche abgedreht und kurz darauf gesellte sich Jenny zu ihrer Gastgeberin. Sie hatte sich das größere Badetuch um den nackten Körper gelegt. Ihr kurzes blondes Haar triefte vor Feuchtigkeit.

Jenny wirkte wie ein schüchternes junges Mädchen und aufgrund ihrer körperlichen Statue hätte man sie für eine Jugendliche halten können. In Wahrheit war sie 25.

„Deine Dusche ist herrlich", lobte Jenny und sah Bettina erwartungsvoll an. Diese deutete auf den Teller mit den Broten und erwiderte nichts weiter.

„Ich ziehe nur noch schnell was an", gab Jenny zu verstehen und lüftete im nächsten Augenblick das Badetuch. Als ob sie sich unbeobachtet fühlen würde, entblößte sie sich vor Bettina und warf das Badetuch über die Sessellehne. Jenny beugte sich zu ihrem Seesack herunter und kramte in diesem auf der Suche nach frischer Unterwäsche.

Bettina starrte auf den zerbrechlich wirkenden Körper. Jenny war sehr schlank, hatte kein Gramm Fett zu viel am Leib und wies kaum nennenswerte Brüste auf. Ihre Figur war wenig proportioniert und weibliche Rundungen suchte man vergebens. Die damaligen Tätowierungen zierten immer noch den abgemagerten Körper. Bettina konnte sich gut an die jeweiligen Stellen erinnern. Die Schmetterlingstätowierung auf Jennys Venushügel zierte noch immer den Eingang zu ihrem Schambereich. Die vereinzelten Stoppeln auf Jennys Intimbereich ließen darauf schließen, dass sich Jenny regelmäßig intim rasierte und dass die letzte Rasur einige Tage zurückzuliegen schien.

Bettina war irritiert, wie freizügig sich Jenny ihr gegenüber verhielt. Sie präsentierte sich nackt und ungezwungen einer Frau gegenüber, der sie fast ein Jahr lang nicht gegenübergetreten war. Wenn sich die beiden Frauen nicht früher über alle Einzelheiten ihres Körpers im Klaren gewesen wären, hätte man diesen Umstand als unpassend bezeichnen können. Plötzlich fragte sich Bettina, was sie an Jenny gefunden hatte und warum eine intime Beziehung zwischen ihnen entstanden war und eine Weile funktioniert hatte. Ihre frühere Partnerin war wenig weiblich und ihre Attraktivität stand weit hinter der anderer Frauen zurück. Doch Jenny hatte andere Talente, die sie geschickt einzusetzen wusste.

Jenny wusste, was sie wollte und formulierte ihr Anliegen stets ohne Betrachtung von möglichen Konsequenzen. Wenn sie etwas wollte, nahm sie es sich, und genauso verhielt sie sich im Bett. Sie war wie eine Raubkatze bei intimen Spielen und gab sich ganz ihren Empfindungen hin, nicht ohne auf die Bedürfnisse ihres jeweiligen Partners einzugehen. Jenny hatte das unbestreitbare Talent besessen, Bettina in himmlische Sphären zu versetzen und das war der eigentliche Grund gewesen, warum Bettina Gefallen an ihr gefunden hatte. Dass sie sich im Laufe der Zeit auseinandergelebt hatten, lag an der fehlenden emotionalen Kompetenz ihrer Partnerin, mit der ein vernünftiges Zusammenleben kaum möglich zu sein schien.

Jenny war zu eigenbrötlerisch und machte das, was ihr gefiel. Im Gegensatz zu ihren Leistungen im Bett verhielt sie sich im Alltagsleben ichbezogen und machte es jedem Menschen in ihrer Nähe schwer, sie zu mögen. In diesem Augenblick stand sie nackt vor Bettina und war sich offensichtlich nicht bewusst, welche Erinnerungen dies bei Bettina hervorrief.

„Irgendwie sind meine Klamotten alle benutzt", stellte Jenny nach einer Weile fest und gab die Suche in ihrem Seesack auf. Bettina registrierte die Aussage und erklärte: „Du kannst etwas von meinen Sachen anziehen."

Sie erhob sich von der Couch und begab sich ins Schlafzimmer. Mit einem weißen Höschen und einem T-Shirt kehrte sie ins Wohnzimmer zurück, wo sie die nackte Jenny auf der Couch sitzen sah. Die junge Frau hatte sich entspannt in die Couch gelümmelt, die Beine übereinandergeschlagen und biss herzhaft und gierig in eines der Brote. Bettina legte ihr die Sachen an die Seite und wunderte sich erneut über die Ungezwungenheit ihrer ehemaligen Freundin. Bettina setzte sich auf einen Sessel und beobachtete Jenny beim Verzehr ihres Abendessens.

„Wo hast du eigentlich die ganze Zeit gesteckt?", fragte Bettina neugierig. Jenny erwiderte ihren Blick und antwortete kauend: „Ich habe mit Lisa zusammengelebt ... In Hamburg ... Hast du eine Cola oder so was?"

Bettina erkannte peinlich berührt, dass sie ihr nichts zu trinken angeboten hatte, und erhob sich erneut von ihrem Platz. Als sie mit einem Glas Cola zurückkehrte, saß Jenny noch immer splitterfasernackt auf der Couch, obwohl die geborgten Klamotten direkt neben ihr lagen. Bettina reichte ihr das Glas und setzte sich wieder. „Willst du dich gar nicht anziehen?"

Jenny trank einen großen Schluck und sah die andere Frau irritiert an. „Stört es dich, dass ich nackt bin ...? Früher hat es dir gefallen, wenn ich möglichst wenig anhatte."

Bettina schwieg einen Moment. „Früher waren wir auch sehr vertraut miteinander. Seitdem sind viele Monate vergangen."

„Für mich kein Grund, mich vor dir für meine Nacktheit zu schämen", stellte Jenny fest und leerte ihr Glas in einem Zug. „Aber wenn es dir unangenehm ist, ziehe ich mich sofort an."

„Das musst du selber wissen", gab Bettina zu verstehen. „Wenn du jetzt nichts mehr brauchst, würde ich mich gerne zurückziehen."

„Nein, alles klar", erwiderte Jenny. „Und nochmals danke, dass du mich hier übernachten lässt."

„Keine Ursache", meinte Bettina und verließ das Wohnzimmer.

Sie begab sich ins Badezimmer und benutzte die Toilette. Anschließend ließ sie sich erneut Badewasser ein und legte sich kurz darauf in das heiße Nass. Sie schloss ihre Augen und versuchte, alle Gedanken um sie und Jenny aus dem Kopf zu bekommen. Immer wieder tauchten Augenblicke aus ihrer gemeinsamen Vergangenheit auf. Nein, mit Jenny wurde es selten langweilig. Oftmals aber sehr anstrengend. Selten war eine konstruktive Unterhaltung mit ihr möglich und sie ließ sich kaum von einer einmal gefassten Meinung abbringen. Sie war eigensinnig, sprunghaft und brachte die Menschen in ihrer Nähe um den Verstand. Wie hatte sie es eigentlich so lange mit ihr aushalten können?

Machten ihre Künste im Bett das Fehlen der sozialen Kompetenz wett? Glichen die geilen Sexspielchen in der Wohnung und an diversen Plätzen in der freien Natur die negativen Eigenschaften aus? Na klar, mit Jenny konnte man gut auskommen, sofern man sie nicht bedrängen oder bevormunden wollte. Aber wehe, man gab ihr Ratschläge, wie sie mehr aus ihrem Leben machen könnte oder wenn man sie maßregelte, auch wenn es dringend angebracht schien. Alles in allem war die Zeit mit ihr oftmals schön aber auch sehr anstrengend gewesen und im Nachhinein erschien es Bettina richtig, dass Jenny ihr Glück bei einer anderen Partnerin gesucht hatte ... mit mäßigem Erfolg.

Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als es an der Tür klopfte. Bevor Bettina sich äußern konnte, wurde die Badezimmertür geöffnet und Jenny steckte den Kopf in den Raum. Bettina warf ihr einen irritierten Blick zu und Jenny fragte: „Kann ich reinkommen?"

Bettina fand nicht wirklich Argumente dagegen und bat sie herein. Jenny schloss die Tür hinter sich und nahm auf dem geschlossenen Toilettendeckel Platz. Sie hatte Bettinas T-Shirt angezogen, das ihr knapp über den Hintern reichte. Ob sie auch das Höschen trug, war nicht zu erkennen. Jenny schlug ein Bein über das andere und lehnte sich gegen den Spülkasten.

Bettina sah die andere Frau fragend an, weswegen sich Jenny räusperte und zu reden begann. „Es tut mir echt leid wegen damals ... Dass ich so einfach von heute auf Morgen abgehauen bin."

„Du hast getan, was du für richtig gehalten hast ... So wie immer", kommentierte Bettina und wartete gespannt, wohin die Unterhaltung führen würde.

„Du weißt, dass ich egoistisch bin und mich wenig um andere schere. Mir ist auch klar, dass ich mir damit wenige Freunde mache", stellte Jenny einsichtig fest.

Bettina erwiderte nichts. Jenny fuhr fort. „Ich habe die Spannungen zwischen uns natürlich auch gespürt und ich war mir nicht mehr sicher, ob du mich überhaupt hier bei dir haben wolltest ... Und dann habe ich Lisa kennengelernt und es schien, als wenn es super passen würde."

„Woran ist es denn gescheitert?", fragte Bettina neugierig.

Jenny blickte an die Decke des Badezimmers und seufzte auf. „Irgendwie verbocke ich alles durch meine Art. Ich kann schon verstehen, dass man mit mir nicht zurechtkommt."

„Ich bin lange Zeit mit dir zurechtgekommen", gab Bettina zu verstehen. Jenny blickte sie dankbar an. „Es kommt mir so vor, als ob ich jede Brücke zu meinen Mitmenschen einreiße. Und dann stehe ich immer alleine da und ..."

Plötzlich liefen Tränen an Jennys Wangen herab und sie blickte erneut zur Decke um das Fließen derselbigen zu unterbinden. Mit einem Ärmel des T-Shirts wischte sie sich die Tränen ab und wirkte wie ein junges Mädchen, deren Freund sie gerade betrogen oder verlassen hatte.

Bettina war nicht in der Stimmung, die Seelentrösterin zu spielen. Sie empfand ein gewisses Maß an Mitleid. Als abzusehen war, dass sich Jennys Gefühlswelt sobald nicht ändern würde, entschloss sich Bettina ihr Bad zu beenden. Sie stieg aus der Wanne und legte sich ihr Badetuch um den nackten Körper. Sie begab sich zu Jenny und ging vor ihr in die Hocke, während sie den Boden des Badezimmers volltropfte. Sie legte Jenny die Hände auf die Oberschenkel und sagte: „Jetzt hör doch auf, dich selber zu verurteilen. Du hast zwar so deine Macken, aber so schlecht wie du dich jetzt machst, bist du auch wieder nicht."

Jenny ging nicht darauf ein und ließ weitere Tränen fließen. So hilflos wie in diesem Augenblick hatte Bettina sie noch nie erlebt. Bettina rieb ihr mit einer Hand über den nackten Oberschenkel, was Jenny ein Gefühl von Geborgenheit vermitteln sollte. Jenny rutschte ein Stück nach vorne und sank vor der Toilette auf den Boden. Sie schlang ihre Arme um Bettina und drückte sich fest an die andere Frau. Bettina blieb kurz die Luft weg und veränderte ihre Position, sodass sie bequem sitzen konnte. Sie umarmte Jenny ebenfalls und fragte sich, ob diese sich beruhigen würde.

Sie spürte Jennys warmen Körper und bemerkte, wie das verliehene T-Shirt langsam aber sicher durchnässt wurde. Jenny störte sich nicht daran und suchte weiterhin die Nähe ihrer ehemaligen Partnerin. Einerseits fand Bettina es falsch, dass die Frau, die sie verlassen hatte, sich an ihrer Schulter ausweinen durfte. Andererseits empfand sie die Nähe zu Jenny als angenehm. Nach und nach schluchzte Jenny weniger, drückte sich aber weiterhin eng an Bettina, die ihre Umarmung aufrechthielt.

„Lass uns mal aufstehen", schlug Bettina vor und erhob sich, während sie gleichzeitig bemüht war Jenny aufzuhelfen. Dabei rutschte ihr das Badetuch vom Körper, sodass sie plötzlich nackt im Raum stand. Bettina störte sich nicht daran, da sie keiner Fremden gegenüberstand. Nachdem sich Jenny erhoben hatte, raffte Bettina das Badetuch zusammen und legte es sich erneut um ihren Körper. „Wenn du möchtest, kannst du heute Nacht bei mir im Bett schlafen."

Jenny reagierte erfreut auf das Angebot und Bettina fragte sich sogleich, ob ihre Freundin auf eine entsprechende Einladung gehofft hatte. Sie wusste nicht so recht, warum sie diese Offerte unterbreitet hatte. Wahrscheinlich hatte sie sich wegen Jennys momentaner Verfassung erweichen lassen.

Bettina begleitete Jenny ins Schlafzimmer. Anschließend kehrte sie ins Badezimmer zurück, wo sie die Badewanne leerte und sich ein Höschen und ein kurzes Oberteil für die Nacht anzog. Als sie ins Schlafzimmer zurückkehrte, lag Jenny auf einer Seite des Doppelbettes. Bettina erblickte das weiße T-Shirt auf dem Fußboden und wusste, dass Jenny zumindest halb nackt unter der Bettdecke liegen musste. Sie sagte nichts dazu und versuchte sich nicht vorzustellen, welche Intention Jenny damit verfolgte. Bettina schlug ihr Oberbett zur Seite und schlüpfte flink darunter. Im Gegensatz zu Jenny behielt sie ihre Sachen an. Jenny hatte sich auf die Seite gedreht und blickte Bettina erwartungsvoll an. Bettina drehte sich in ihre Richtung und betrachtete Jenny neugierig. Jennys Gesicht strahlte in diesem Moment die Unschuld eines jungen Mädchens aus, die sie schon früher zur Schau gestellt hatte, wenn sie das Herz eines anderen erweichen wollte. Wenn man in diese treuen Augen blickte, konnte man ihr nicht böse sein. Diese besondere Wirkung auf andere Menschen hatte Jenny offenbar nicht verlernt.

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