Engel müsste man sein 04

„Ich bin stolz auf dich, Anna!" Lena kichert immer noch und dreht sich auf den Rücken, verschränkt die Arme hinter ihrem Kopf und schlägt die Beine übereinander. „Das fühlt sich alles so unwirklich an, Anna! Aber es ist schön"

Die nächste halbe Stunde verbringen wir damit, die Reaktionen unserer Mitschüler auf den sozialen Plattformen zu verfolgen. Die meisten reagieren einfach überrascht und ungläubig. Die allermeisten finden es jedoch cool, sodass sich meine Befürchtungen etwas zerstreuen.

„Lass uns mal ein wenig aufräumen", sage ich zu Lena und räume die leeren Styroporschalen zusammen. Gerade als wir die Küche ein Stockwerk tiefer betreten, kommt meine Ma ins Zimmer. Ich habe nicht gemerkt, wie sie zurückgekommen ist.

„Hallo ihr zwei", sie lächelt uns an, bis ihr Blick an mir hängen bleibt. Diesen erstaunten, ungläubigen Blick sehe ich heute nicht zum ersten Mal. „Also entweder bist du sprunghaft 5 Jahre älter geworden, oder ich werde verrückt. Wusste ich doch, dass ich mich mal in der Klapsmühle untersuchen lassen sollte. Ihr zwei seht toll aus! Ich hoffe ihr hattet einen schönen Tag. Ich habe vorhin übrigens zwei volle Cocktailgläser reingebracht." Deshalb liebe ich meine Mutter so sehr. Anstatt mir Vorwürfe zu machen, nimmt sie alles mit kindlicher Naivität. Das ist wohl die künstlerische Ader, die sie hat. Manchmal glaube ich, dass sie zu viele Gedanken gleichzeitig hat und deshalb nicht alles zu Ende denken kann.

„Ach Ma, das hatte ich ganz vergessen. Aber im Pool war es einfach so schön!"

Mein schlechtes Gewissen regt sich etwas. Bisher konnte ich immer ehrlich zu meiner Mutter sein. Verstohlen versuche ich, einen Blick auf Lena zu erhaschen. Diese versteht sofort, tritt neben mich und nimmt meine Hand in ihre.

„Du, Mama...", setze ich an.

Auch wenn meine Ma in vielen Dingen nicht sehr aufmerksam ist. Was Menschen und Emotionen angeht, kann man ihr nichts vormachen.

Sie schaut uns kurz an und kapiert sofort was los ist. „Ohhh... Herzlichen Glückwunsch ihr zwei! Damit habe ich zwar nicht gerechnet, aber ich freue mich für euch!" Wie ein Wirbelwind kommt sie auf uns zu, nimmt uns in ihren Arm und gibt jeder einen Kuss auf die Wange.

Jetzt hat es sogar Lena die Sprache verschlagen.

„Nun schaut doch nicht so überrascht. Habt ihr Angst davor, dass ich das nicht gut finden könnte? Wo leben wir denn? Herrje, wir sind doch nicht mehr in den 60ern!"

Das ist so typisch meine Mutter.

„Wo ist Ralf?", ich nenne meinen Vater häufig bei seinem Vornamen.

Ihre Mine verfinstert sich ein wenig „Er ist über Nacht weg, irgendwas Berufliches. Machen wir einen Mädelsabend? Ach nein, ich wollte mich ja mit Pia treffen. Ein andermal dann, sorry!"

Und genauso schnell wie sie gekommen ist, ist sie wieder verschwunden. Wir hören, wie sie das Haus verlässt.

In Zeitlupe drehen wir uns einander zu und müssen beide augenblicklich laut lachen.

„Deine Ma ist echt die geilste! Wie locker sie das alles nimmt..."

„Zum Glück hast du dir was angezogen! Wenn sie dich nackt gesehen hätte, wäre sie vielleicht nicht mehr so entspannt gewesen."

„Was machen wir beiden jetzt?" Ein verführerischer, erregter Ausdruckt tritt auf Lenas Gesicht. Zwischen ihren Beinen wölbt ihr langsam wieder zum Leben erwachter Schwanz ihr buntes Sommerkleid immer stärker aus.

Ich lasse meine Muskeln mit magischer Energie durchströmen, schnappe Lena und trage sie wieder hinauf in mein Zimmer.