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Erben und Erben lassen 08

Geschichte Info
Sandy steht im Regen.
6.5k Wörter
4.59
23.7k
7

Teil 8 der 11 teiligen Serie

Aktualisiert 06/07/2023
Erstellt 12/18/2015
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Ein Sex-Krimi. Wer nur den Sexteil lesen will, kann die erste Hälfte des Kapitels überspringen.

Sonntagmittag

Jetzt auch noch das. Die Frau hat echt Nerven! Unbedingt heute noch möchte Sandy Bargeld haben, mindestens zweitausend Euro. Ich hätte einfach Nein sagen sollen, als sie angerufen hat. Stattdessen klappere ich Banken ab, bei denen ich mit den Firmenkarten für sie Geld abheben kann.

Es regnet, ein fieser, kalter Januarregen. Dieser eine Geldautomat draußen, ohne Vordach, reicht, um durchnässt zu sein, bis er Geld ausspuckt. Ab nach Hause, Haare trocknen. Das Bündel Geldscheine ist ohnehin dick genug, mehr gibt es eben heute nicht.

Sonntagnachmittag

Als ich Sandy abhole, bin ich mit einem Schirm bewaffnet. Aber jetzt ist auch noch Wind aufgekommen, der den Regen unter den Schirm peitscht. Dreckwetter. Sandy kommt mir auf halbem Weg vom Parkplatz zum Eingang der Villa entgegen, begleitet von James, der tapfer versucht, einen Schirm über sie zu halten. Ihre Schritte sind klein und zögerlich.

„Hast Du immer noch Probleme mit den Beinen?"

„Es wird besser. Nur Treppen steigen ist noch höllisch."

Ich biete ihr meinen Arm an, aber sie winkt ab. Trotzdem ist sie froh, als sie im Auto sitzt.

„Normal ist das ja wohl nicht."

„Ich weiß, vielleicht kann die Ärztin sich das ja mal ansehen, wenn wir mit ihr sprechen."

Das ist typisch Sandy. Für sie ist es ganz natürlich, dass alle Menschen sich Zeit für sie nehmen.

Ich biege von der Auffahrt auf die Straße ab. Die Scheibenwischer haben schwer zu arbeiten.

„Das Personal tratscht über uns, Ben. Über Derek und mich, über Dich und mich. Ich komme mir so blöd vor. Ich weiß gar nicht, was ich tun soll."

„Was sagen sie denn?"

„Ach, genau weiß es nicht. Sie tuscheln so, dass ich es gerade eben nicht hören kann. ‚Lissabon' hat mich das eine Mädchen genannt. Ich habe James gefragt, er meinte, sie habe über Fußball gesprochen. Wie auch immer, ich hasse es."

Wir fahren schweigend von Ampel zu Ampel.

„Wie geht es jetzt eigentlich in der Firma weiter?" frage ich.

„Na ja, der Vorschlag ist, die beiden Bereichsleiter für Vertrieb und Technik zu Geschäftsführern zu ernennen. Das sollte ich dann wohl bald tun, oder?"

„Ja, das macht schon Sinn. Aber ich meinte eigentlich, wie es mit mir..."

Sandys Telefon klingelt. Sie sieht mich entschuldigend an, geht kurz ran.

„Hallo?"

„Rossi hier. Ich habe schlechte Nachrichten. Die Mordkommission behauptet, ein Ehepaar habe Derek beobachtet, wie er am Sonntag von der Firma wegrannte, also zumindest durch diese Straße. Die Uhrzeit passt in etwa zum Todeszeitpunkt."

Sandy starrt durch die Windschutzscheibe in den Regen.

„Wussten Sie davon?" hakt Rossi nach.

„Nein."

„Das heißt, er verschweigt wesentliche Fakten. Es gibt übrigens noch mehr belastende Punkte, vor einem Jahr hat ihn eine Reitschülerin wegen sexueller Nötigung angezeigt. Das Verfahren wurde eingestellt, aber ein gewisser Eindruck von Gewalttätigkeit wird beim Richter zurückbleiben. Ich überlege ernsthaft, das Mandat niederzulegen. Es sei denn, er arbeitet endlich mit mir zusammen. Können Sie mir helfen, ihn zu überzeugen? Schreiben sie einen Brief. Sprechen Sie ihn so an, dass er zuhört, ich finde offenbar nicht die richtigen Worte. Es geht doch um seine eigene Haut, so dumm kann man doch nicht sein."

„Wenn ich etwas tun kann", flüstert Sandy mehr als dass sie spricht, „werde ich es tun. Aber ich weiß nicht, ob er auf mich hört."

„Die Polizei organisiert jetzt die Gegenüberstellung mit den Zeugen. Danach spreche ich mit ihm, spätestens Dienstag. Geben Sie mir etwas, dass ihn überzeugt."

Ich biege in eine Parklücke direkt am Krankenhaus ein und Sandy beendet das Telefonat. Ich öffne ihr die Tür und halte den Schirm über uns.

„Ich habe ja gleich vermutet, dass Dereks ominöses Treffen mit Karl am Sonntag war. Allmählich wird es eng für ihn, selbst wenn jemand anders das Zyankali besorgt hat."

„Derek behauptet ja, bei dem Treffen sei es um den Reiterhof gegangen. Müsste dann Andreas Sunbirski nicht auch dabei gewesen sein? Könnte er Karl das Zyankali gegeben haben?"

„Sehr gut möglich. Aber warum sagt Derek dann nicht einfach die Wahrheit? Sag, was Du willst, aber wenn einer versucht, wegen Mangels an Beweisen davonzukommen, dann war er's. Wer unschuldig ist, will seine Unschuld beweisen."

Das Krankenhaus ist zum Glück behindertengerecht. Ohne eine einzige Stufe erreichen wir den Trakt für die Erste-Klasse-Patienten. Noch auf dem Flur bleibt mir die Spucke weg. Nicht wegen der hübschen Schwester, die uns bittet, in einer Gesprächsecke Platz zu nehmen, sondern wegen ihrer Kollegin da hinten. Ist das nicht ...?

„Warte mal kurz." Ich lasse Sandy und die Hübsche in der Gesprächsecke zurück, folge der anderen Schwester in ein Zimmer.

„Das ist das Schwesternzimmer, hier dürfen Sie nicht rein."

„Schwester Inge?"

Sie wird blass, sieht mich wortlos an. „Machen Sie die Tür zu. Was wollen Sie?"

Jetzt erinnere ich mich erst an meine Zorro-Maske. Klar, ich konnte ihr Gesicht sehen in Colins Club, aber sie nicht meins.

„Verzeihung, Gnädigste, ich vergaß mich vorzustellen. Gestatten, Zorro, der Retter von Witwen und Waisen, der maskierte Reiter, heute ganz ohne Maske." Ich ziehe meinen nicht vorhandenen Hut und versuche mich an einer theatralischen Verbeugung, die leider eher albern gerät.

Sie schmunzelt. „Zorro, eh? Ich bin Felicitas."

„Ben."

„Was ist aus dem armen Mädchen geworden?"

Es ist mir peinlich, aber ich muss zugeben, dass ich es nicht weiß. Sie auch nicht, vermutlich ist das Mädchen in einem anderen Krankenhaus gelandet.

„Du hast Dich nicht schlecht gemacht als Zorro. Hast die Kleine entdeckt, oder? Und vorher schon die beiden Riesen von dem anderen jungen Ding weggelockt."

„Ja, so ist das, als Held ist man stets im Dienst, selbst bei Wein, Weib und Gesang. Kann ich Dich nachher noch sprechen? Ich habe jetzt gleich einen Termin mit der Ärztin."

„Ich hab noch stundenlang Dienst, Du findest mich hier irgendwo. Aber", sie droht mir mit dem Zeigefinger, „ich mache Dir keinen Einlauf, klar?"

In der Gesprächsecke sitzen Sandy und die Ärztin bereits beisammen und inspizieren Sandys Beine.

„Vermutlich krampfartige Verspannungen. Das kommt vor bei extremem Muskelkater. Sie brauchen was zur Muskelrelaxation. Ich könnte Ihnen was verschreiben, ich habe nur gerade keinen Rezeptblock hier. Aber", sie schaut die zierliche Sandy verwundert an, „wie haben Sie sich das denn überhaupt geholt?"

„Fitnesstraining", antworte ich anstelle von Sandy, „mit einem überzeugenden Motivationstrainer." Ich lege meine Hand auf Sandys Schenkel. Die Ärztin schaut amüsiert bis spöttisch.

„Eigentlich sind wir ja wegen Karl hier", wechselt Sandy das Thema. Sie zeigt der Ärztin den Obduktionsbericht, den Rossi besorgt hat. „Was sagen Sie dazu?"

Die Ärztin studiert eine Weile die Werte. „Das Zyankali ist natürlich eindeutig, obwohl ich keine praktischen Erfahrungen damit habe." Sie schaut zu uns auf. „Mit Zyankali haben eigentlich nur die Pathologen zu tun."

Sie geht an einen Computer, ruft offenbar Karls Krankenakte auf. „Die übrigen Blutwerte passen schon, was da gefunden wurde, stammt von seiner Nachbehandlung. Freut mich zu sehen, dass er seine Medikamente genommen hat. Er war ja ein etwas schwieriger Patient, was die Compliance angeht." Sie verzieht den Mund.

„Wie meinen Sie das?" frage ich nach.

„Na ja, einmal ist er zum Beispiel aus seinem Zimmer gestürmt, wutentbrannt, wollte sofort entlassen werden. Kurz vor dem Aufzug ist er zusammengesackt, die Pfleger mussten ihn wieder ins Bett tragen."

Ich schaue Sandy fragend an, aber sie schüttelt den Kopf.

„Das hier ist merkwürdig, Flunitrazepam. Von uns hat er das nicht bekommen, und ich verstehe auch nicht, warum ein anderer Arzt das verordnet haben sollte. Medikamente mit diesem Wirkstoff werden eigentlich nur noch für extreme Beruhigungen vor Operationen genutzt."

„Was ist das denn eigentlich?" fragt Sandy.

„Ein Wirkstoff in Beruhigungsmitteln. Rohypnol ist das bekannteste Medikament auf Basis von Flunitrazepam. Sie kennen es vielleicht unter der reißerischen Bezeichnung Date-Rape-Drug."

„Date-Rape-Drug?"

„Bei Tranquilizern sieht man unter Einfluss des Medikamentes alles durch die rosarote Brille. Da sagt wohl manche Ja zu Sachen, die sie sonst abgelehnt hätte. Außerdem kommt es oft zu einem

Filmriss, das Opfer kann dann hinterher keine brauchbaren Angaben zur Tat machen."

„Ich nehme mal nicht an, dass Derek Karl verführen wollte." Ungewollt drängen sich schräge Bilder in meinen Kopf, die ich gleich wieder zu verdrängen suche. „Wäre Rohypnol oder sowas denn gefährlich?"

„Schon. Deshalb ist es ja verschreibungspflichtig. Warten Sie mal ... ja, Alkohol ist auch im Blut, und nicht wenig. Alkohol verstärkt die Wirkung erheblich. Das ergibt leicht eine kritische Überdosierung. In diesem Fall war der Stoffwechsel zusätzlich noch von der Krebsnachbehandlung geschwächt. Da führt sehr starke Beruhigung dann schnell zum Kollaps."

„Könnte es tödlich sein?"

Die Ärztin studiert noch mal den Obduktionsbericht, vergleicht noch mal die Krankenakte. „Also genau kann ich das nicht sagen. Ich weiß nicht, wann die Medikamente eingenommen wurden, und von wann die Blutprobe stammt. Möglicherweise war die Dosierung ja anfänglich noch höher und bis zum Todeszeitpunkt wurde noch etwas abgebaut. Aber ich glaube zumindest nicht, dass er schnell gestorben wäre. Er wäre vielleicht zusammengebrochen, aber man hätte bestimmt Zeit gehabt, ihm zu helfen. Das Zyankali hingegen war mit Sicherheit schnell tödlich."

Wir diskutieren noch ein paar Minuten, kommen aber nicht weiter. Die Ärztin verabschiedet sich freundlich, Sandy bedankt sich auf ihre charmante Art. Wir sitzen ratlos im Flur. Diese Krankenhausluft macht mich verrückt.

Felicitas geht den Flur hinunter an uns vorbei, nicht ohne einen neugierigen Blick auf Sandy zu werfen. Sandy ist heute schwarzweiß gekleidet, flache schwarze Schuhe, eine enge Hose aus glänzendem schwarzen Material, eine weiße Bluse, die lose über die Hose hängt und ein schwarzer Pullover in extremem Grobstrick über der Bluse.

„Warte mal", vertröste ich Sandy und folge Felicitas. Sie kümmert sich um einen Patienten, sieht mich dann im Flur stehen wie bestellt und nicht abgeholt und bedeutet mir mit einer Kopfbewegung, ihr zu folgen. Wir gehen wieder ins Schwesternzimmer. Dort drückt gerade eine andere Schwester ihre Zigarette aus, schaut mich genervt an und verlässt schweigend den Raum.

„Ausgesprochen hübsch", kommentiert Felicitas und ich weiß, dass sie nicht mich meint.

„Auch eine Witwe, die Zorro zu retten versucht."

„Im Ernst jetzt? Dafür ist sie doch viel zu jung."

„Doch, ernsthaft. Sag mal", ich lehne mich neben Felicitas an den Tisch, versuche cool zu wirken, „ihr habt hier nicht zufällig was zur Muskelrelaxation bei krampfartigen Verspannungen?"

Felicitas dreht sich halb zu mir um. „Hat der Mann mit der Maske es übertrieben auf der Club-Party? Wie viele Nummern hast Du denn geschoben?"

„Ist nicht für mich. Ehrlich, ist für die Witwe da draußen. Bitte, Felicitas."

Sie schüttelt den Kopf. „Ich weiß nicht, warum ich das tue, aber na gut."

Felicitas geht zu einem Schrank, schließt ihn auf, sucht und findet eine Packung, notiert etwas auf einem Block im Schrank und schließt wieder ab.

„Hier", sie drückt mir die Packung in die Hand, „das ist ein peripheres Muskelrelaxanz. Einfach die betroffenen Muskeln damit einreiben. Wirkt schnell und stark. Aber Achtung, die Muskeln sind dann auch wirklich schwach."

„Danke", ich gebe ihr einen schnellen Kuss auf die Wange, „noch was anderes: Kannst Du Dich an den Patienten Karl erinnern, wie er hier rausgestürmt ist, schreiend?"

„Ich habe davon gehört", grinst sie, „so verrückt sind die Patienten in der ersten Klasse selten. Er wollte jemanden umbringen, soll er gerufen haben. Sein Besucher konnte ihn nicht stoppen und auch die Pfleger hatten Mühe mit ihm. Ich war selber nicht dabei. Aber Andrea. Ist es wichtig? Sollen wir sie fragen?"

Ich nicke und wir suchen Andrea, lassen sie den Vorfall erzählen. Sie beschreibt den Besucher, aber wie fast jede Personenbeschreibung ist auch diese sehr ungenau. Ich ziehe ein Foto von Andy Sunbirski aus der Tasche, das ich von seiner Website ausgedruckt habe. Andrea meint, er könne es gewesen sein. Felicitas starrt das Bild an, erkennt ihn aber offenbar nicht wirklich wieder, obwohl sie ihn ja erst Freitag gesehen hat. So ist das mit Zeugen. Wir bedanken uns bei Andrea und gehen wieder in Richtung Sandy.

„Ach, und noch eins", frage ich, „Wie käme ich an Rohypnol?"

Felicitas bleibt stehen, verschränkt die Arme. „Hast Du vor, Deine Witwe zu vergewaltigen?"

„Sie ist nicht meine Witwe, sonst wäre ich ja tot, oder? Und nein, das Rohypnol wäre nicht für eine Frau."

Sie ist offensichtlich nicht überzeugt. „Also legal bekommst Du das Zeug nicht und von mir erst recht nicht. Frag mal die Junkies am Bahnhof, die nehmen das wohl gelegentlich. Wenn sie nicht an härteren Stoff rankommen."

„Tatsächlich?" Ich bin überrascht. Felicitas lässt mich stehen, geht wieder an ihre Arbeit.

Ich sammle Sandy ein, auf dem Weg zum Auto erzähle ich ihr, was Andrea berichtet hat. Es regnet immer noch Bindfäden, das hört heute wohl gar nicht mehr auf. Ich helfe ihr in den Wagen, fahre wieder in Richtung der Villa.

„Wenn Derek so sehr betont, dass er mit dem Zyankali nichts zu tun hat", überlege ich, „dann hat er vielleicht mit was anderem zu tun? Mit dem Rohypnol?"

„Ich weiß nicht, ich kann mir das einfach nicht vorstellen." Sie klingt trotzig.

Es nervt mich, dass sie ihn so in Schutz nimmt. Diesen Möchtegern-Manager. „Anzeige wegen sexueller Nötigung hat Rossi gesagt. Das würde passen zum Rohypnol."

„Er wurde nicht verurteilt, ja? Sei bitte fair." Der Trotz in ihrer Stimme nimmt nur noch zu. Ich will nicht fair sein, ich bin beleidigt. Beim nächsten Abbiegen übersehe ich fast einen Radfahrer. Dreckwetter, man sieht kaum was.

„Benficker."

„Was?" Sandy schaut irritiert zu mir rüber.

„Wenn Dein Personal Dich Lissabon nennt und das was mit Fußball zu tun haben soll, dann wette ich, es geht um den Verein Benfica Lissabon. Benfica - Benficker. Billig, aber so ist Spott."

Sandy schließt die Augen. „Ich hasse das, ehrlich. Das ist nur blödes Gerede, ja, aber es ist mir so peinlich." Sie sieht mich an. „Können wir im Penthouse übernachten? Ich will nicht in die Villa, ich will die alle nicht sehen."

„Ich dachte, Du hättest noch was vor? Du brauchtest doch dringend Geld?"

„Bitte, Ben, fahr zum Penthouse. Ich will nicht in die Villa."

Ich wende an der nächsten Ampel, zunehmend verärgert. Warum lasse ich mich dann vorm Geldautomaten nass regnen? Am Penthouse finde ich einen Parkplatz direkt vor der Tür. Perfekt, von hier zum Eingang sind es weniger Stufen als über die Tiefgarage. Beim Aussteigen läuft mir ein Rinnsaal kalten Wassers vom Autodach direkt in den Kragen. Mich schüttelnd und fluchend helfe ich Sandy aus dem Wagen.

Sie bleibt vor dem kleinen Absatz am Eingang stehen. „Kannst Du mich hochheben?"

„Komm, das sind zwei Stufen, jetzt stell Dich nicht an."

„Aber es tut mir weh!"

„Du wolltest hierher."

„Das ist Deine Schuld! Du hast mich dieses Wahnsinnstraining machen lassen."

„Spinnst Du? Hab ich Dich gezwungen oder was? Du hast Deine Muskeln selber platt gemacht." Ich werde laut.

„Hilfst Du mir jetzt mit der Treppe?"

Ich gehe die Stufen hoch und durch den Eingang, mit dem Schirm, lasse sie stehen. „Komm."

„Ben!" Sandy steht im Regen.

„Komm."

Langsam steigt sie die eine, dann die andere Stufe hoch, verzieht das Gesicht. Ihr grober Wollpullover saugt den Regen auf, man kann zusehen, wie die Tropfen darin verschwinden.

„Blödmann, warum hilfst Du mir nicht, was ist denn auf einmal?"

„Das fragst Du mich? Kapierst Du eigentlich, wie dreist Du bist?"

„Mir tut das hier weh!"

„Mir tut auch eine Menge weh, Sandy. Mir tut es weh, wenn ich mich durch den Regen schleppe, um für Dich Geld zu besorgen, und dann brauchst Du es nicht. Mir tut es weh, wenn Du Dich weigerst, die Wahrheit über Dennis zu akzeptieren. Mir tut es weh, wenn ..."

Ein anderes Paar kommt den Treppenabsatz von der Tiefgarage herauf. Ich halte meine Klappe, schlucke meinen Ärger herunter, Sandy ebenso. Schweigend stehen wir zu viert vor dem Aufzug, warten. Steigen gemeinsam ein, fahren hoch. Das Paar steigt vor uns aus, aber wir stehen weiter schweigend nebeneinander.

„Ich will ins Bad, ich bin ja klatschnass", fordert Sandy, als wir im Penthouse sind. Kommentarlos nehme ich sie auf meine Arme, trage sie die Treppe hinauf zum Schlafzimmer, hinter dem das Badezimmer liegt. Ziehe ihr den nassen Pullover aus.

„Hast Du Dich wieder eingekriegt?" fragt sie in säuerlichem Tonfall. Es reicht, mir platzt endgültig der Kragen.

„Du siehst wirklich gar nichts, Sandy, nichts außer Dir selbst. Ich habe ein Beweismittel unterschlagen, um Dir zu helfen, schon vergessen? Ich mache mich strafbar für Dich, und was machst Du? Du hast noch nicht mal dran gedacht, wie Du mir helfen könntest. Heute Mittag erst frage ich, wie es mit der Firma weiter gehen soll, und Du sagst null und nichts dazu, wie es für mich in der Firma weitergeht. Das interessiert Dich überhaupt nicht, oder? Dich interessiert nur Dein Erbe, Dein Derek, alles andere ist Dir egal. Ich riskiere Kopf und Kragen für Dich, und Du rührst keinen Finger. Schickst mich rum, Geld holen in dem Dreckwetter. Hast den Nerv, mich zu bitten, Deinem dämlichen Derek zu helfen. Bin ich Dein Laufbursche? Jedenfalls bin ich nicht gut genug für Dich, das habe ich schon verstanden. Nicht gut genug, um auf der Beerdigung neben Dir zu stehen. Nicht gut genug, um vor Deinem Personal zu mir zu stehen. Nein, peinlich bin ich Dir, das ist alles. Verdammt noch mal!"

Meine Fast fliegt durch die Luft, bevor ich weiß, was ich tue. Nur Zentimeter saust sie an Sandys Gesicht vorbei, donnert gegen den Spiegelschrank, Glas klirrt. Scheiße, tut das weh!

Erschrocken starren wir beide in den Spiegel. Lange Risse breiten sich um den Trefferpunkt aus, wie ein Spinnennetz. Unsere Spiegelbilder sind verzerrt und zerschnitten. Nacktes Entsetzen steht Sandy ins Gesicht geschrieben. Ich blicke runter auf meine schmerzende Hand. Zum Glück hatte ich den Pullover noch in der Hand, über den Knöcheln, sonst hätte ich mich sicher böse geschnitten. So ist es nur der Schmerz in den Knochen, und der ist schlimm genug.

Sandy macht einen Schritt zurück, weg von mir. Ich fühle mich plötzlich leer und kraftlos.

„Ich geh dann wohl besser."

Ich schmeiße den Pullover aufs Bett, drehe mich ohne einen weiteren Blick um und gehe die Treppe runter. Bis zum Fuß der Treppe schaffe ich es in völliger Stille, dann beginnen Sandys Rufe. Sie verfolgen mich auf dem Weg zum Aufzug.

„Ben!"

„Ben, lass mich hier nicht allein!"

„Ben, bitte!"

Ich beobachte die Leuchtziffern, die anzeigen, wie der Aufzug Stockwerk für Stockwerk erklimmt.

„Ben, ich kann die Treppe nicht gehen! Lass mich nicht hier allein, Ben, bitte!"

Die Tür öffnet sich, Licht fällt aus dem Aufzug in den grauen Vorraum.

„Ben, BITTE! Ich sehe es ja ein, Du hast ja Recht!"

Die Tür schließt sich wieder, ich stehe immer noch regungslos davor. Drehe mich um, gehe zurück zur Treppe. Bleibe stehen. „Ich bin hier, reg Dich ab", rufe ich nach oben.

Minutenlag gehe ich auf und ab, nehme kaum etwas wahr im fahlen Licht, das durch die regennassen Fenster fällt. Es dämmert schon wieder draußen. Mein Puls will sich nicht beruhigen, mein Ärger will nicht verrauchen. Ich bin wirklich verletzt. Sie interessiert sich einen Dreck für meine Lage, dabei kennt sie meine Gefühle für sie ganz genau. Sandy, meine liebe Sandy, du Fotze.

Ich hätte es gleich mit ihr klären sollen, nicht erst heute, warum musste ich warten, bis die angestaute Wut aus mir rausplatzt? Ich Vollidiot.