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Introitus Teil 02

Geschichte Info
Viele Menschen aus den umliegenden Dörfern...
6.1k Wörter
4.07
37.9k
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Teil 2 der 3 teiligen Serie

Aktualisiert 01/14/2022
Erstellt 08/03/2009
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Andy43
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Liebe Freunde. Wie schon in Teil I erwähnt, ist dieses hier der Beginn eines Historienromans und keine reine „Fick, Leck oder Wichsgeschichte“. Wer aber Wert darauf legt, meinen Versuch, eine ernsthaft durchdachte Geschichte zu erzählen, diese zu lesen und zu kommentieren, dann würde es mich freuen. Diese Geschichte hat allegorische und metaphorische Züge. Daher ist hier nichts zufällig. Der Vergleich von „Sexszene“ in Teil I mit jener in Teil II, sollte als Hinweis genügen. Ich frage mich, ob ich den anschließenden Teil noch hochladen soll, da ich fürchte, dass diese Geschichte in „Literotica“ fehl am Platze ist. Danke für Eure Emails und Kommentare.

Viel Vergnügen. Andy.

*

Viele Menschen aus den umliegenden Dörfern strömten auf das Portal zu und betraten den gesegneten Ort, der sich vor ihnen zu einem großen Kirchenschiff öffnete. Zoë nahm etwas von dem geweihten Wasser und bekreuzigte sich, während sie einen Kniefall machte. Die ehrerbietigen Schwestern von Sankt Barnard saßen bereits im Chor und schwiegen. Die Oberen der umliegenden Dörfer und ein paar Assistenten der bischöflichen Herrschaft, die regelmäßig das Kloster besuchten, saßen auf schmalen Bänken vor dem Altar. Die Bauern und Handwerker der Umgebung drängten sich im hinteren Bereich der Kirche, wo es keine Bänke gab. Diese waren den Oberen vorbehalten. Einige Bäuerinnen standen in den hinteren Winkeln des großen Kirchenschiffes und tratschten. Das Gotteshaus füllte sich allmählich.

Die Mette begann mit dem festlichen Einzug des Priesters, der regelmäßig zur Feier der heiligen Liturgie aus der Nachbarstadt anreiste und den Schwestern als Beichtvater zur Verfügung stand. Die Mette wurde in Latein abgehalten und war nur den oberen Dienstherren verständlich, die mit dieser frommen Sprache vertraut waren. Nur wenn der Priester sich in seiner Ansprache an das gemeine Volk wandte, verstand man seine Worte, zumindest diejenigen, die ganz vorne einen Platz eingenommen hatten und seine Stimme deutlich hören konnten. Zoë beobachtete die Zeremonie und ließ ihren Blick schließlich über die Gesichter der Menschen wandern. Obwohl sie wusste, dass ihr Dorf eine halbe Tagesreise von Sankt Barnard entfernt lag, hegte sie die Hoffnung, ein ihr bekanntes Gesicht zu entdecken, eines aus ihrem Dorf oder gar eines aus der Verwandtschaft. Sie blickte enttäuscht in die Runde. Sie kannte niemanden. Mattis hatte sich so weit er konnte nach vorne durch die Menge geschoben und hörte aufmerksam an eine Säule gelehnt den Worten des Pfarrers zu, der aus der heiligen Schrift vorlas. Sie war verwundert darüber, dass Mattis so aufmerksam zuhörte, konnte er doch die rituelle Sprache nicht verstehen. Schließlich wandte sich der Pfarrer an die Gemeinde. Seine Worte hallten nur spärlich bis zu ihr.

Sie verstand nur ein paar Wortfetzen, die leise zu ihr drangen. „Früchte der Felder und Weinberge darzubringen..., unsere Sünden vergeben... ,dem immerfort glühendem Feuer der Hölle entkommen... Kyrie Eleison...“

Die Zuhörer auf den vorderen Bänken bekreuzigten sich eifrig. Zoë tat es ihnen nach. Zoë schaute beschämt auf den Boden, als das Wort „Sünden“ und „Feuer der Hölle“ fiel. Sie schaute zu Martha hinüber, die mit einer Frau angeregt tuschelte. Zoë ängstigte sich zunehmend, als sie die Worte „Zuchtlosigkeit“ und „Verdammnis“ aus dem Munde des Pfarrers vernahm. Ja, es war eine Sünde, was Martha mit ihr getan hatte. Zoës Seele war nicht mehr unbefleckt, denn sie hatte es einvernehmlich mit sich geschehen lassen. Sie nahm sich vor, bei nächster Gelegenheit ihr verderbliches Tun zu beichten und sich geduldig in Bußfertigkeit zu üben. Sie besaß nichts, das sie dem Allmächtigen hätte geben können, außer ihrem aufrichtigen Versprechen, sich fortan keusch zu verhalten, wie es sich für ein unverehelichtes Mädchen gehörte. Sie versucht ihre Seele mit der Einsicht zu beruhigen, dass Martha sie nur über die geheimen Liebesspiele zwischen Ehegatten hatte belehren wollen und das war ja nichts verwerfliches. Martha fühlte ja anscheinend keine Scham. Aber es half nichts. Ihre anstößige Tat reichte Zoë, um sich mit Schuld beladen zu fühlen. Sie schaute zum Kreuz auf dem Altar, an dem der Herr für das sündige Menschengeschlecht unsägliche Qualen erlitten hatte, auch für Zoë.

Sie fühlte sich mit einem Male direkt betroffen, ja gar als Mittäterin. Sie hatte nicht nur sich beschmutzt, sie hatte auch dem allerheiligsten Herrn Jesus unsagbares Leid zugefügt, denn er war auch für ihre Sünden gestorben. Aber wie konnte er dass, fragte sich Zoë plötzlich. Hatte er sie schon vor der Zeit gekannt, ihr ganzes Leben überblickt. Entsprach ihr sündiges Leben einem göttlichen Plan. Sie bekam Angst und fühlte eine tiefe Ohnmacht. Es gab wohl niemanden, der es ihr sagen, es hätte erklären können.

Ein Glöckchen erklang und alle in dem Kirchenraume fielen auf ihre Knie. Zoë hielt andächtig ihre Hände zum Gebet. „Oh mein gnädigster Herr, rechne mir mein Schuld nicht an, tilge meine Sünden aus dem ewigen Verzeichnis meines unwürdigen Lebens vor deinem Angesicht,“ betete Zoë. Der Priester hob den heiligen Leib, das heilige Blut und murmelte beschwörende Worte. Zoë würde heute nicht davon nehmen, sie fühlte sich aus der Gemeinschaft der Heiligen ausgestoßen, unwürdig am heiligen Mahle des Herrn teilzuhaben.

Mattis warf einen Blick über seine Schulter und beobachtete aus den Augenwinkeln Zoës Andacht. Für ihn war sie eine Offenbarung und engelgleich anzuschauen. Ihr Gesicht war voller Ehrfurcht, und Mattis spürte, dass sie das glühende Feuer des Glaubens in ihrem Herzen trug.

Den Sonntagnachmittag über hielt Martha Zoë auf Trab, so dass sie kaum Zeit hatte, weiterhin über ihr Erlebnis mit Martha nachzudenken.

Dennoch hing ihr Vergehen wie eine dunkel Wolke über ihre Seele, und erst als die Sonne langsam den Horizont erreichte, fand sie Zeit für sich in Ruhe darüber nachzudenken.

Zoë schlenderte in Gedanken durch den Garten.

Sie hatte Mattis nicht bemerkt, der wie ein Einsiedler unter einem Baum im hohen Gras saß.

„Komm´ her Zoë, setzt dich zu mir,“ hörte sie Mattis rufen.

Sie schaute in Richtung seiner Stimme.

„Komm´ schon, ich beiße dich nicht,“ rief er.

Zoë kam langsam auf ihn zu und setzte sich schließlich unter den Baum.

Mattis steckte sich einen Grashalm in den Mund und kaute darauf.

„Mit der Zeit wirst du dich eingewöhnt haben. Martha ist es genauso wie uns ergangen. Sie ist schon lange hier. Sie hätte gehen können, aber sie ist geblieben.

Sie ist besitzergreifend, gierig, herrisch und falsch. Sie verbirgt etwas. Gib acht darauf, was du ihr anvertraust, sie hat einen guten Leumund bei den Oberen. Sie erfährt viel und redet viel,“ begann Mattis leise zu sprechen.

Zoë hörte Mattis´ Worten beunruhigt zu. Es wurde ihr mehr und mehr klar. Sie war ahnungslos in Marthas schamlose Fänge geraten.

„Mit Vera wirst du keine Probleme haben, sie ist ein einfältiges Mädchen, aber dennoch keine unwissende Natur.“

Mattis beobachtete Zoës frisch gewaschenes Haar, das leicht vom warmen Wind getrieben um ihre Wangen wehte. Hin und wieder strich sie es mit eine anmutigen Bewegung ihrer Hand aus dem Gesicht. Und wenn der leichte Wind in seine Richtung blies, meinte er, ihren blumigen Duft zu vernehmen. Er erfreute sich daran.

„Für euer Hochwohlgeboren ist das sonntägliche Baden ein Hochgenuss, nicht wahr,“ meinte Mattis schelmisch.

Zoë schaute ihn an und runzelte die Stirn.

„Es könnte dir bestimmt nicht schaden,“ meinte Zoë und rümpfte die Nase.

Mattis roch an sich. „Wenn einer wie ich in der Stallung schlafen muss, bleibt ein solcher Geruch nicht aus. Eine Katze riecht nun mal nach dem Nest aus dem sie stammt. Aber du hast recht, ich sollte mich wenigsten einmal im Monat von Martha baden lassen.“

Zoë lachte und zupfte an einer Blume.

„Die Sache mit dem Salat tut mir leid. Ich will damit sagen, dass ich dir nicht vor den Kopf stoßen wollte, verstehst du,“ sagte Mattis.

Zoës Gesichtsausdruck wurde ernst.

„Der Samen eines Mannes ist etwas besonderes, er bringt das Leben. Du solltest nicht so mit dir umgehen,“ meinte sie leise.

„Bist du jemandem versprochen,“ fragte Mattis nach einer Weile,“ ohne auf ihren Einwand einzugehen.

Zoë hielt einen Moment inne.

„Ja und nein,“ antwortete Zoë.

„Was heißt das, bist du nun oder bist du nicht.“

„Meine Eltern haben sich mit einer Familie aus dem Nachbardorf geeinigt. Aber wir sind arm, Mutter und Vater sparen für meine Mitgift.“

„Willst du ihn denn auch.“

„Er ist nett.“

„Also nicht.“

„Ich habe oft mit Mutter gesprochen, er wäre eine gute Partie.“

„Für deine Familie... „

Zoë grübelte.

„Mir wäre es egal, ob du arm bist,“ meinte Mattis und stocherte mit dem Grashalm in seinen Zähnen.

Zoë schaute ihn abwartend an.

„Ich bin zwar derb, aber kein schlechter Kerl. Denke nicht unwürdig über mich. Ich tue manche Dinge nur, um mich zu behaupten.“

„Ich denke nicht schlecht über dich, aber manchmal bist du mir rätselhaft, ich meine, die Sache mit dem Salat... „

Mattis grinste.

„Du hast noch nie gesehen, wie ein Mann es mit sich macht. Dir war es unangenehm, so etwas mit anzusehen, nicht wahr, mal abgesehen von der Salatwürze,“ fügte er grinsend hinzu.

Zoë schwieg und schmunzelte in sich hinein.

„Du bist noch unerfahren, nicht wahr, du weißt viele Dinge noch nicht und kannst schlecht unterscheiden, ob es jemand gut mit dir meint. Das ist alles andere als schlimm, Zoë.“

Zoë kam die Sache mit Martha wieder in den Sinn. Sie fühlte sich schlecht.

„Ich bin nicht dumm, meinte Zoë schließlich, ich weiß sehr wohl, was für mich gut oder schlecht ist.“

„Das weißt du wohl. Du bist nicht dumm, du bist rein.“

Zoë schaute Mattis ungläubig an.

„Wenn man wirklich „alles“ weiß, trug Mattis weiter vor, dann ist man nicht nur ein weiser Mensch, sondern auch tot. Dann erst erschließt sich das letzte Geheimnis. Bis dahin ist alles nur Stückwerk.“

Mattis´ seltsame Überlegung verwirrte Zoë.

„Das mit meinem Schwanz tut mir wirklich leid. Normalerweise mache ich so was nicht in Gegenwart anderer. Da geniere ich mich genauso wie du.“

„Was willst du damit sagen,“ fragte Zoë und klang erschrocken.

„Was Männer machen, tun Frauen auch. Auf ihre Weise.“

„Das ist Sünde,“ stellte Zoë nervös fest.

„Wenn ein schönes Mädchen wie du, solch eine Sünde ihrem Beichtvater gesteht, dann wird er sich des Abends in seine Kammer begeben und sich in Gedanken an dich erfreuen und am nächsten Tage erteilt man ihm die Lossprechung.“

Zoë erschrak innerlich als sie sich Mattis Gedanken vorstellte.

„Glaubst du denn, die Heiligen wären vollkommen auf Erden. Sie sind nicht anders als du und ich. Sei nicht einfältig,“ folgerte Mattis weiter.

„Bist du denn des Teufels, erwiderte Zoë, du darfst so etwas nicht denken, geschweige denn aussprechen, willst du dir nicht damit ein Anrecht auf den Himmel verwehren. Gott schaut in dein Herz und verzeichnet deine Sünden in sein Buch. Die ehrwürdigen Schwestern zum Beispiel bitten für uns im Angesicht Gottes, „sie“ sind rein.“

„Genau, sie machen uns Angst vor dem ewigen Feuer und pressen uns den Zehnten ab. Sie bereiten sich den Himmel auf Erden und wir haben dafür zu ackern. Ihre Fürbitten lassen sie sich teuer bezahlen. Ich frage mich nur, ob es stimmt, was sie uns erzählen.“

Eine Weile herrschte Stille.

„Hast du, oder hast du nicht,“ fragte Mattis plötzlich.

„Was?“

„Das schon mal mit dir gemacht, was ich mit mir gemacht habe, ich meine...“

„Sei endlich still, so was fragt man kein Mädchen.“

„Ist es denn nicht schön,“ hakte Mattis nach.

Zoë schmunzelte und schaute verschämt auf den Boden.

„Ich mache es jeden Abend,“ meinte Mattis kurz.

„Du bist wie ein läufiger Hund,“ zischelte Zoë.

„Ich bin im besten Alter. Noch kann ich damit wedeln.“

Zoë atmete genervt ein und war im Begriff aufzustehen.

„Ich denke oft an dich,“ meinte Mattis und zupfte einen Grashalm aus dem Boden. Er wurde ernsthafter.

„Du denkst dabei an mich,“ fragte Zoë brüskiert.

„Nicht nur dann,“ antwortete Mattis und kaute bedächtig den Halm.

„Ich bin noch keinem Mädchen begegnet, das so rein und schön ist wie du.“

Zoë wurde verlegen.

„Du bist jede Sünde wert,“ fügte er leise hinzu.

Zoë erschrak und drehte sich dabei etwas zur Seite.

„Ja, rot wie Hexenblut,“ entsprang es plötzlich ihrem Mund.

Mattis hielt einen Augenblick inne.

„Was meinst du damit,“ fragte er.

„Wegen der Farbe meiner Haare. Das sagen sie immer hinter vorgehaltener Hand, und zu Walpurgis machen sich die Kinder einen Spaß mit mir. Wenn sie mich erblicken, halten sie sich manchmal Reisigbesen zwischen die Beine und hüpfen wie toll herum. Die Leute lachen und schauen mich an. Mutter versucht mich dann immer zu trösten.“

„Man sollte diesen Bastarden den Besen in den Arsch stecken,“ meinte Mattis verärgert.

Für einen Moment schwiegen beide.

„Meinen Vater haben die Raben gefressen. Sie hatten unsere Schweine geholt. Die letzten Viecher, die wir noch besaßen. Vater bettelte, aber es half nichts. Vater verließ im Zorn der Glaube und dann lag der Vogt tot in unserem Stall. Das ist jetzt zwei Sommer her. So lange bin ich schon hier.“

„Ich habe davon gehört..., die Hand zu erheben und jemanden zu töten ist nicht recht,“ meinte Zoë betroffen.

„Den Hungertod zu sterben auch nicht,“ antwortete Mattis.

Zoë schwieg.

„Ich frage mich, ob Gott es so gewollt hat,“ meinte Mattis schließlich.

„Ich weiß nicht, was Gott will, aber ich denke, es hat alles seinen Sinn,“ flüsterte Zoë nachdenklich.

„Dann hat der Herr dich gewollt wie du nun einmal bist, und mich auch. Was spricht also dagegen, wenn ich dich auch will. Ich stimme mit ihm lediglich überein,“ folgerte Mattis betonend.

Zoë schmunzelte. Er hatte es offen ausgesprochen.

„“Alles“ was Gott erschafft ist gut,“ antwortete Zoë.

„So ist es. Alles... und manches davon ist ihm außergewöhnlich gut gelungen... ,sie ärgern dich, Zoë, weil sie dich um deine Schönheit beneiden. Sie begehren etwas, was sie nie haben werden, fügte Mattis hinzu, und sie versündigen sich so an Gottes Schöpfung. In Wahrheit erachten sie sich selbst für gering und spucken dem Herrn dafür ins Gesicht.“

Zoë drehte sich zu ihm hin und schaute ihn an.

„Ich will nicht der Grund dafür sein, dass andere sündigen,“ flüsterte sie eindringlich.

„Das wollte unser Herr Jesus auch nicht,“ antwortete Mattis.

Zoë hörte staunend seine Worte. Woher nahm er diese Einsichten.

„Meinst du damit, dass unser Herr Jesus will, dass sich die Menschen um Meinetwillen versündigen, oder gar um Seinetwillen.“

„Wie es dir ergeht, ist es dem Herrn auch ergangen. Wenn Gott den Menschen so geschaffen hat, dass sie sich versündigen können, wieso schickt er dann seinen Sohn zu uns, um uns von Sünde zu befreien. Hätte er es sich nicht eher überlegen können. Er hat uns doch nach seinem Ebenbilde erschaffen,“ erklärte Mattis rhetorisch.

„Wie meinst du das,“ fragte Zoë.

„Wir Menschen sind in Wahrheit frei vor der Barmherzigkeit des Allmächtigen. In allem, was du zu tun gedenkst, bist du frei in deiner Entscheidung. Wir stehen in seiner Gnade.“

„Und die Gebote hast du wohl ganz vergessen,“ meinte Zoë empfindlich.

„Ich kenne die Gebote, ich kenne aber auch die Menschen, und vor allem die Barmherzigkeit der Oberen. Das gemeine Volk ist einfältig und dumm, sie heben ihre Hände in Demut zum Himmel hinauf, schwören jeden Eid vor der Inquisition aus Angst vor dem Feuer und glauben jedem Wort, das ihnen von der Kanzel eingegeben wird. Wenn sie sagen, du seiest des Teufels, unterstellen sie dir, dass du an ihn glaubst. Sagst du aber, du glaubst nicht an ihn, sagen sie, du leugnest ihn nur, denn er spräche aus dir. Jedes Wort deiner Unschuld verdrehen sie dir so, wie sie es haben wollen. Das Volk merkt nicht, das sie dahin geführt werden, wo man sie hinhaben will. In die Angst. Will man das Volk führen, muss man es ängstigen, und wenn sie beginnen aufrührerische Gedanken zu äußern, droht man ihnen wegen ihrer Sünden mit dem Höllenpfuhl... ,das Gottes Gericht nahe sei... und jedes Unglück machen die Oberen sich zu nütze, als ein Zeichen für Gottes Zorn, so wie die schlechte Ernte in diesem Jahr. Wenn sie ein Unglück heraufbeschwören und es nicht eintritt, verweisen sie auf ihre einflussreiche Führsprache vor dem Herrn. So sitzen „sie“ auf dem Thron und das Volk redet ihnen das Wort. Sie machen den Allmächtigen zu ihrem Diener und Henker. Sie legen den Menschen Lasten auf, selbst aber rühren sie mit keinem Finger daran, sagt der Herr. So sind die Oberen mit sich selbst barmherzig. Es geht ihnen um mehr als nur um demutsvolle Frömmigkeit, es geht ihnen um die Herrschaft. Wir leben in Zeiten des Aufruhrs,“ brodelte es aus Mattis heraus.

„Du bringst mit diesen ketzerischen Reden deinen Hals noch auf den Block,“ meinte Zoë leise.

„Deine Furcht bekundet die Wahrheit meiner Worte,“ meinte Mattis mit Genugtuung.

Zoë kam ihr schändliches Treiben mit Martha in den Sinn. Gleichzeitig dachte sie über Mattis´ Worte nach.

„Du hast Angst um mich,“ fragte Mattis.

Zoë schaute ihn an.

„Jeder bekommt es mit der Angst, wenn er dir zuhört, und woher willst du das alles wissen.“

Mattis spielte mit dem Gedanken sich ihr anzuvertrauen, schob ihn aber wieder beiseite. Zoë war noch nicht so weit.

„Nichts steht im Licht, wenn der Herr es nicht will,“

antwortete Mattis mit ironischem Unterton.

„Wie meinst du das,“ fragte Zoë.

„Als ich dich das erste Mal sah, wusste ich alles,“ antwortete Mattis ernst.

Zoë schaute ihn fragend an.

„Du bist eine so wunderbare Frau, Zoë. Deine behutsame Art verweist auf ein besonnenes Herz. Ich stelle mir immerzu vor, wie es wohl wäre...“

Eine allzu vertraute Stimme drang aus der Ferne zu ihnen und unterbrach Mattis.

„Mattis! Zoë! Wo steckt ihr! Faules Gesinde!“

„Der Inquisitor ist im Anmarsch, er hat ein Auge auf uns,“ meinte Mattis lapidar.

Er berührte zärtlich Zoës Hand.

„Ich muss mit dir wichtiges besprechen, schleiche dich heute Abend unerkannt aus dem Haus und komm´ nach der Komplet zu mir in den Stall, hab ´ keine Angst,“ tuschelte er mit nachdrücklichem Tonfall.

Martha nahte.

Sie standen auf und gingen Richtung Küche.

Es war an der Zeit das Abendessen für den Konvent vorzubereiten. Mattis schürte das Feuer, legte Brennholz auf und hängte den großen Suppenkessel in den untersten Haken über das aufsteigende Feuer. Martha bereitete eine Bouillon. Sie schüttete Wasser hinein, gab Gewürze, Rindergebein und Gemüse hinzu.

Vera und Zoë waren im Refektorium mit dem Verteilen von Brot, Most und geräuchertem Speck beschäftigt. Am Tage des Herrn durfte den Ordensregeln gemäß deftigeres aufgetragen werden.

Zoë verrichtete ihre Arbeit und war in Gedanken bei Mattis. Er war ein außergewöhnlicher Kerl. Manchmal derb in seinem Handeln, ungehobelt, wie ein Bauernknecht. Es schien ihr, als sei das nur eine Fassade, etwas, das andere sehen sollten. Dahinter schien sich etwas ganz anderes zu verbergen. Seine Reden, seine Gedanken, sie offenbarten ihr einen anderen Mattis, einen gebildeten, wachen Geist, der wusste, was er sagte und wovon er sprach. Er konnte heilige Worte aus der Schrift zitieren und sie wie eine Anklage gegen die Obrigkeit benutzen. Gegen diejenigen, die doch fest im Glauben standen.

In Zoës Kopf türmten sich Fragen.

Verdrehte er nur die Worte gegen die Oberen, weil er sie wegen seines Vaters Tod hasste. Ist der Allmächtige tatsächlich so barmherzig, dass er mich trotz meines unkeuschen Verhaltens nicht verdammt. Wenn Mattis recht hätte, dann wäre das Verhalten der Oberen auch eine Sünde, die Gott ihnen in seiner unermesslichen Güte erlassen würde. Dann wäre ihr Handeln zwar falsch, aber sie müssten Gottes Zorn nicht mehr fürchten, ihr Handeln wäre gerechtfertigt vor dem Herrn und ihr unrechtes Handeln hätte so keine schlimmen Folgen für sie. Wäre dann nicht die Sünde nur deshalb in der Welt, um Gottes Barmherzigkeit zu offenbaren. Zoës Gedanken wanderten im Kreise und machten ihren Geist schwindelig. In ihr keimten viele Fragen auf, aber sie konnte sich selbst keine schlüssige Antwort geben. Mattis ist hübsch, kam es ihr plötzlich in den Sinn. Wie er da gesessen war, mit seinem süßen Lächeln und diesem schelmischen Mienenspiel. Er wirkt manchmal wie ein kleiner, unschuldiger Knabe und kann dann wiederum so ernst sein. Zoë schmunzelte. Ich glaube, er hat ein warmes Herz... und er mag mich, so wie ich bin... wunderbare Frau, hatte er gesagt. Zoë wurde es leicht ums Herz und ein kribbeln lief über ihre Brust. Mattis schien ihr vertrauter, als sie sich eingestand. „Ich werde heute Abend zu ihm gehen,“ sprach sie leise mit sich selbst. Sie wurde ruhelos bei dem Gedanken. Zoë versuchte das Gefühl zu verdrängen und konzentrierte sich wieder auf ihre Arbeit.

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