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Junge Liebe Teil 13

Geschichte Info
Eine nicht ganz gewöhnliche Liebesgeschichte.
11.3k Wörter
4.69
37.2k
8

Teil 13 der 14 teiligen Serie

Aktualisiert 10/12/2022
Erstellt 01/04/2012
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Kapitel 2

Eine Geschichte über die Jugend, die Liebe und erste Male.

© 2012-2014 Coyote/Kojote/Mike Stone

XXXVI.

Tanja erwachte aus ihrem leichten Schlaf, als sie ein Geräusch hörte.

Sie schlief nicht mehr sehr ruhig, seitdem Peter dagewesen war. Aber sie hütete sich, das den Schwestern zu erzählen.

Es war ihr scheißegal, was die Ärzte davon hielten. Sie war nicht hysterisch, sondern einfach verzweifelt. Sie musste es ihm erklären. Sie musste sich entschuldigen. Sie musste... irgendwie alles wieder gut machen.

Aber statt sie wenigstens telefonieren zu lassen, drohte man ihr dauernd mit Beruhigungsmitteln und fesselte sie an ihr Bett. Keiner wollte ihr zuhören. Nicht einmal dieser Penner, der sich Psychologe nannte.

Stattdessen zwang man sie dazu, hier zu bleiben und ‚gesund' zu werden. Und wenn sie nicht aufpasste, würde sie wahrscheinlich in einer Geschlossenen landen.

Schließlich kannten die hier mittlerweile ihre Krankenakte...

Als sie aufschreckte, wusste sie für einen Moment nicht, was los war. Aber dann sah sie eine Bewegung in den Schatten bei der Tür. Und sofort machte ihr Herz einen Sprung.

„Peter?", fragte sie mit mühsam unterdrückter Erregung in der Stimme. „Peter, bist du das?

Gott! Ich bin so froh, dass du da bist. Ich wollte... Ich muss...

Es... es tut mir leid, Peter. Ich... ich erwarte nicht, dass du mir verzeihst. Ich will dir nur sagen, dass es mir unendlich leidtut. Alles! All die Dinge, die ich dir angetan habe. Alles, was ich zu dir gesagt habe. All die... Gemeinheiten."

Nach Luft ringend hielt sie inne. Die Gestalt kam langsam näher, aber irgendetwas stimmte nicht. Es war schwer auszumachen, aber irgendwie...

„Peter? Sag doch etwas... Bitte!", flehte sie und klammerte sich an die Hoffnung, die ihr als Einziges noch blieb.

Aber die Gestalt trat nur stumm an ihr Bett.

Hasste er sie so sehr, dass er nicht einmal mehr mit ihr reden wollte? Verdient hatte sie es. Ohne Zweifel. Aber... Wenn er nicht reden wollte, weswegen war er dann hier?

Sie sah, wie sich ein Schatten auf ihren Kopf zubewegte. Seine Hand vielleicht? Wollte er... sie berühren? Sie schlagen?

Nun... Wenn es das war, was er wollte, würde sie es ertragen. Sie hatte es verdient. Sie hatte jede Strafe verdient. Also streckte sie ihm das Gesicht entgegen und biss die Zähne zusammen.

„Jaja...", murmelte eine unangenehm vertraute Stimme. „Wärst du mal nich so gemein gewesen, wär dir das erspart geblieben."

„Laber nich", grunzte eine andere Stimme aus dem Hintergrund. „Halt ihr die Fresse zu, du Depp!"

In dem Moment, in dem Tanja Rene erkannte, holte sie sofort Luft, um zu schreien. Aber es war zu spät.

Grob presste er seine Hand auf ihren Mund und ihre Nase. Raubte ihr die Luft zum Atmen. Und nahm ihr die Möglichkeit, um Hilfe zu rufen.

Und sie konnte sich nicht einmal dagegen wehren.

„Praktisch, dass sie ans Bett gebunden ist", kommentierte Rene Pfaffer - Tanjas mit Abstand schlimmster Alptraum.

„Halts Maul und halt dich bereit. Wenn ich es sage, nimmst du die Hand weg und ich kleb ihr die Fresse zu."

Die zweite Stimme war nähergekommen und nun gab es einen weiteren Schatten an Tanjas Bett. Sie war sich nicht sicher, aber es musste einer der anderen Pfafferbrüder sein. Nur... Was wollten die Wichser von ihr?

‚Nichts Gutes', wisperte eine innere Stimme ihr zu. ‚Sie kommen, um dir die Strafe zu verpassen, die du verdienst...'

Der Gedanke traf sie wie ein elektrischer Schlag und ließ sie ihre Gegenwehr kurz einstellen. Was sich als Fehler erwies, denn mehr brauchten die beiden Gestalten nicht, um ihr den Mund mit Klebeband zuzukleben.

„Wie wir besprochen haben", brummte der Zweite danach. „Einen Arm nach dem anderen und schön verschnüren. Wir brauchen kein Gezappel, wenn wir sie hier wegbringen."

„Ja, ja", murrte Rene. „Mach hinne. Ich hab Lust, meine ‚Freundschaft' mit ihr zu erneuern."

Tanja riss die Augen weit auf und was noch gesagt wurde, wurde vom Rauschen des Blutes in ihren Ohren übertönt.

‚Nein!', schrie sie aus Leibeskräften, aber es wurde von ihrem Knebel erstickt. ‚Nicht wieder! Nicht noch einmal! Lieber sterbe ich!'

Doch es interessierte keinen der beiden Brüder, was sie davon hielt. Sie setzen ihre überlegene Kraft ein und befreiten sie von ihren Fesseln, nur um sie Stück für Stück zu einem handlichen Paket zu verschnüren.

Niemand hörte ihre stummen Schreie. Niemand, außer ihr selbst.

*****

Haus, Hof und Garten der Familie Bübler lagen ebenso friedlich und still da, wie der Rest des Dorfes. Es war mitten in der Nacht und nicht einmal auf der vielbefahrenen Hauptstraße herrschte Verkehr.

Es gab praktisch keine Geräusche. Nicht einmal rollige Katzen, die irgendwo nach einem Kater suchten. Nichts.

Und trotzdem lag Peter wach. Irgendetwas hatte ihn aufgeschreckt. Und nun konnte er nicht mehr einschlafen. Er hatte ein sehr, sehr unangenehmes Gefühl in der Magengegend. Aber nicht von der körperlichen Sorte.

Zu lange versuchte er, sich nicht zu rühren, um die beiden Frauen nicht zu stören, die ihn mit ihren Körpern fast bedeckten. Sie schliefen tief und fest und friedlich. Und das war auch kein Wunder nach dem, was sie einander angetan hatten.

Fast hätte er bei der Erinnerung an die Show, die sie ihm geboten hatten, gelächelt. Selbst von ihrem leidenschaftlichen Spiel ausgeschlossen war er doch Teil davon gewesen. Und dafür war er dankbar.

Sie hatten sich ihren Schlaf verdient. Und er sollte auch versuchen, Ruhe zu finden. Aber es wollte einfach nicht klappen.

Irgendwann gab er auf. Vorsichtig löste er sich aus der doppelten Umarmung und murmelte entschuldigend, dass er gleich wieder da sei. Glücklicherweise rührten sie sich zwar beide ein wenig, ließen sich aber von seinen Worten wieder besänftigen und schliefen weiter.

Sicherheitshalber ging er daraufhin zur Toilette. Aber wie erwartet war die Nervosität in seiner Magengrube nicht körperlich.

Seufzend schlich er sich wieder ins Schlafzimmer und sammelte schnell seine Hose, Socken und Schuhe auf. Und eine Unterhose aus dem Schrank, weil er sich gerade nicht nach Nacktheit unter der Hose fühlte.

Er zog sich allerdings erst in der Küche an, um auch wirklich unbemerkt zu bleiben. Und dann setzte er sich an den Tisch und versuchte, die Gründe für das Unwohlsein zu ergründen. Aber es war völlig hoffnungslos.

In Ermangelung anderer Einfälle beschloss er schließlich, sich draußen ein wenig die Beine zu vertreten. Und genau deswegen trat er zufällig gerade aus der Tür, als eine verhüllte Gestalt am Tor sich streckte und eine Wurfbewegung ausführte.

Zuerst verstand der junge Mann nicht, was er da eigentlich sah. Aber dann klirrte es laut, als ein Stein oder etwas in der Art die Fensterscheibe zu seiner Küche zerschmetterte. Die Gestalt gab daraufhin sofort Fersengeld.

Kurz war Peter wie erstarrt. Die Idee, dem Arschloch nachzulaufen, verwarf er sofort wieder. Zu viel Vorsprung. Aber was sollte der Scheiß? Diese Art von Vandalismus passte so gar nicht in dieses Dorf. Das kam hier einfach nicht vor.

Angespannt ging er wieder hinein und hörte Nadia nach ihm rufen.

„Alles in Ordnung!", antwortete er laut. „Ein... Stein...?"

Seine Worte wurden leiser, als er auf den halben Backstein sah, der durch das Fenster geflogen war. Der Stein selbst war nicht wirklich aufsehenerregend. Der Zettel, den man darum gewickelt hatte, schon.

Stirnrunzelnd und innerlich immer unruhiger hob er die Nachricht auf, löste die Schnur, mit der sie befestigt war und versuchte, die krakelige Schrift zu entziffern. Aber erst, als er das Licht einschaltete, konnte er einen Sinn in den Worten entdecken.

Dann lief es ihm allerdings eiskalt den Rücken hinunter.

Nein!"

*****

Nadia rieb sich den Schlaf aus den Augen und erwiderte Pattys fragenden Blick mit einem Achselzucken.

Sie war aus dem schönsten Traum gerissen worden, als es laut schepperte und klirrte. Aber das war okay, denn sie kehrte in ihre traumhafte Realität zurück.

Nur leider war der Mittelpunkt ihres Universums nicht im Bett...

„Peter?", hatte sie gerufen. Und als er nicht antwortete noch einmal lauter: „Peter?"

„Alles in Ordnung!", war die Antwort aus Richtung der Küche gekommen. „Ein...", setzte er an und dann wurde er zu leise, um ihn zu verstehen.

Zunächst beruhigt war sie zurückgesunken. Was auch immer es gewesen war, es schien unter Kontrolle. Also musste sie nicht sofort losrennen, um nachzusehen.

„Katzen vielleicht?", fragte Patty.

„Keine Ahnung, aber wenn, dann...", murmelte die Blondine.

Nein!", brüllte da plötzlich Peter in der Küche.

Keine Sekunde später war Nadia auf den Beinen. Sie hatte ihren Geliebten schon in so einigen Stimmlagen gehört. Aber diese war neu. Und zutiefst erschütternd.

Es war ein Schrei der ohnmächtigen Wut gewesen. Und er wurde gefolgt vom Geräusch sich schnell entfernender Schritte.

Mit Patty unmittelbar auf den Fersen flitzte Nadia in die Küche. Aber Peter war nicht da.

„Peter?", rief sie ängstlich. „Baby?"

Dann hörte sie ein lautes Quietschen von draußen und Augenblicke später Peters Wagen, wie er ansprang und dann mit viel zu hoher Geschwindigkeit von Hof schoss.

„Peter!", keuchte sie entsetzt.

„Nadia!", kreischte da plötzlich Patty hinter ihr voller Angst.

Alarmiert fuhr sie herum und sah ihre Freundin einen Zettel in der zitternden Hand halten. Rasch trat sie näher und versuchte, die Sauklaue zu entziffern. Und dann, sich einen Reim auf die Worte zu machen.

Haben dein Kussine Büpler!!!

Kom zur Bauruine in Walt!!!

Patze Schlambe weis wo!!!

Pring Blondie mit!!!

15 Minuden sons stirpt die Schlambe!!!

KEINE BULLEN sons lass mer dir n Arm da!!!

„Was...? Was...?", keuchte Nadia schockiert.

„Meine Brüder", wimmerte Patty.

„Die Waschlappen?", staunte die Blondine.

„Das ist Pierres Handschrift! Und der steckt in richtig üblen Sachen mit drin, Nadia. Mit richtig üblen Leuten!"

Nadia fühlte, wie ihr Herz einen Augenblick lang zu schlagen aufhörte.

Der Ausdruck in Pattys Augen war blanke Angst. Und sie kannte ihren Bruder am besten. Wenn er wirklich mehr als ein Maulheld war...

Panik kroch ihr in die Kehle. Aber sie knallte die Faust auf den Tisch und ließ den Schmerz die Angst zurückdrängen.

„Ruf die Polizei!", forderte sie Patty auf und wandte sich ab.

„Aber..."

„Tu es, Patty. Und sag ihnen, wo sie hin müssen."

„Und du?", fragte Patty, während sie hinter Nadia hereilte, um zum Telefon im Wohnzimmer zu gelangen.

„Ich hole Kenny oder irgendwen, der ein Auto hat. Und du sagst mir, wo ich hin muss."

Damit war sie aus dem Raum und im Schlafzimmer. Ihr erster Impuls war, das Nächstbeste anzuziehen, aber sie besann sich und suchte sich schnell eine Shorts und ein Shirt. Und dazu ihre Turnschuhe.

Schnell schlüpfte sie in die Kleidung und war beinahe fertig, als sie einen erstickten Schrei und dann Gerangel und eiliges Getrappel aus dem angrenzenden Raum hörte.

„Halt still!", zischte eine sich entfernende Männerstimme.

Noch ohne Schuhe und mit bis in den Hals schlagendem Herzen sprang sie zur Durchgangstür und hindurch. Fast hätte sie nach Patty gerufen, aber sie hielt sich zurück. Und sie rannte auch nicht weiter, sondern versuchte, sich leise zu bewegen. Wenn es Probleme gab - und es sah verdammt danach aus - half sie niemandem, wenn sie kopfüber hineinstürzte.

Vorsichtig schlich sie durch die Küche zur Eingangstür und lugte hinaus. Und dort sah sie zwei Männer, die eine sich windende Patty mit sich zerrten. Offenbar hielten sie ihr den Mund zu und ebenso offenbar war zumindest einer von ihnen ein völlig Fremder, während der andere der untersetzte Andre zu sein schien.

Fuck!!

Zielstrebig liefen die beiden über den Hof und auf die Straße. Sie wussten, wo sie hinwollten und die Chancen standen gut, dass auch Peter dorthin auf dem Weg war. So schwer es ihr fiel, ihre Freundin im Stich zu lassen - sie eilte zurück ins Schlafzimmer und streifte sich ihre Schuhe über. Und dann hielt sie nur noch einmal in der Küche inne, um sich ein Messer aus der Schublade zu nehmen.

Danach lugte sie noch einmal hinaus und sah gerade noch, wie ein Wagen aus einer Seitengasse kam und sich mit einem Affenzahn aus dem Staub machte.

Schlecht. Aber auch gut, denn damit hatte sie freie Bahn. Und zwar hinüber zu Kennys Haus.

*****

Kenny schreckte hoch, als jemand seinen Namen rief und gleichzeitig sturmgeklingelt wurde.

Das war hoffentlich reichlich wichtig, sonst würde er...

Moment... War das nicht Nadias Stimme? Und klang sie völlig außer sich?

Schnell rollte er sich aus dem Bett und eilte zur Vordertür, noch während seine Mutter von oben nachfragte, was zur Hölle denn los sei.

„Gleich, Mom!", schnauzte er und riss die Tür auf.

Tatsächlich stand eine atemlose und sehr aufgeregt wirkende Nadia davor.

„Sie haben Tanja und Patty. Und Peter ist auf dem Weg zu ihnen. Sie meint, vielleicht ist ihr Bruder Pierre dabei. Und der soll gefährlich sein. Brauche ein Auto, Kenny. Bitte!"

„Wohin?", fragte er sofort, während ihm heiß und kalt wurde.

„Bauruine? Wald?"

„Kenne ich. Eine Minute!"

„Kenny...", setzte sie an.

„Eine - Minute", sagte er energisch.

Daraufhin nickte sie.

„Mom!", brüllte er, während er sich umdrehte. „Ruf die Bullen und sag ihnen, sie sollen zur alten Bauruine im Wald über dem Dorf kommen. Da, wo die Villa gebaut werden sollte.

Und sag ihnen, es geht um Leben und Tod!"

„Kenneth?", rief seine Mutter verwirrt von oben, während er in seinem Zimmer in seine Klamotten sprang.

„Bauruine der Villa im Wald, Mom! Leben und Tod! Kein Scheiß!", schnauzte er ungeduldig. „Pierre Pfaffer! Sag ihnen den Namen, Mom. Pierre Pfaffer!"

Ohne ihre Antwort abzuwarten, schnappte er sich ihren Autoschlüssel vom Schlüsselbrett und flitzte an Nadia vorbei zu dem kleinen Renault. Die Blondine war unmittelbar hinter ihm. Das musste er nicht erst überprüfen.

Sekunden später trat er das Gaspedal durch und raste los. Und erst dann gestattete er sich, über sein weiteres Vorgehen nachzudenken.

„Was ist passiert? In Kurzfassung", keuchte er.

„Geklirr, aufgewacht, Peter schreit, rennt raus, fährt los. Stein, Brief. Haben Tanja und drohen. Umbringen oder verstümmeln. Keine Bullen", ratterte sie atemlos hinunter. „Anziehen, Patty Bullen rufen. Gerangel, zwei Typen holen Patty, einer Andre, glaub ich. Zu viel für mich. Versteckt. Angezogen, losgerannt."

Als vielleicht einer von unter einer Million Menschen war Kenny durch diese Aufzählung perfekt im Bilde. Er hasste es manchmal, wie langsam Leute Dinge erklärten. Vor allem, wenn er unter Storm stand. Aber mit dieser Art der Schilderung konnte er was anfangen.

„Du bist okay?", fragte er.

Sie schüttelte den Kopf.

„Verletzt?"

„Scheiß Angst!"

Das machte Sinn. Angst war etwas, was er auch noch haben würde, bevor diese Geschichte vorbei war. Aber jetzt gerade ritt er die erste Welle Adrenalin und fühlte sich trotz der Umstände ziemlich gut.

Nur einen Plan hatte er noch nicht. Aber wenigstens waren sie unterwegs. Und sie konnten Zeit für die Bullen schinden, die hoffentlich den Notruf ernst nehmen würden. Der Name Pierre Pfaffer war ihnen jedenfalls bekannt. Selbst nach all den Jahren, die der Mistkerl im Knast und sonst wo in der Weltgeschichte verbracht hatte.

Hoffentlich...

Erst dann sickerte eine bestimmte Information so richtig zu ihm durch: Tanja! Sie hatten Tanja!

Als wäre das, was einer der Wichser ihr angetan hatte, nicht schon genug gewesen. Als hätte sie nicht schon genug durchgemacht. Jetzt wurde sie auch noch als Geisel benutzt.

Aber diesmal nicht! Seine Zähne knirschten, als er sie fest zusammenbiss.

Diesmal nicht!

*****

Renates Herz schlug viel zu schnell, aber für ihre Tabletten war keine Zeit. Geklirr hatte sie hochgeschreckt und zuerst war sie verwirrt gewesen. Es war mitten in der Nacht und es war auch nichts weiter zu hören gewesen. Trotzdem mochte sie den Gedanken nicht, dass vielleicht irgendetwas zu Bruch gegangen war.

Langsam quälte sie sich aus dem Bett. Nie zeigte sich die Last der Jahre so überdeutlich, wie beim Aufstehen. Aber ihr Wille war noch immer stärker.

Es hatte sie sehr irritiert, dass ein Wagen mit quietschenden Reifen vom Hof geschossen war. Peter?

Ein Blick aus dem Fenster hatte natürlich nichts offenbart. Bis auf die zwei Gestalten, die sich geduckt auf den Hof schlichen.

Gütiger Gott!

Renate überlegte nicht, ob sie zum Telefon oder zum Schrank gehen sollte. Die nächste Polizeiwache war mehr als fünfzehn Kilometer entfernt und das Dorf war sehr, sehr ruhig. Also war die nächste Streife womöglich noch weiter weg.

Sie musste sich selbst zur Wehr setzen. Und sie musste schauen, ob die Kinder Hilfe brauchten. Vielleicht war Peters Wagen gestohlen worden. Und vielleicht wollten die Gauner noch mehr klauen.

Rasch streifte sie den Morgenmantel über und holte die Geldkassette aus ihrem Versteck. Einmal hatte sie dieses Geschenk von Rudolf zu gut versteckt. Und dann hatte sie es nicht zur Hand gehabt, als der Russe kam, um ihr Familie, Heim und Unschuld zu nehmen.

Seitdem war es immer in der Nähe und sie pflegte es jede Woche, wie ihr schneidiger Obergefreiter es ihr bei seinem letzten Fronturlaub beigebracht hatte. Und so war es wohl besser in Schuss, als sie selbst.

Sorgfältig nahm sie eines der Magazine und führte es ein. So vertraut war ihr diese Bewegung, dass sie nicht einmal dabei zitterte, obwohl sie sehr aufgeregt war. Und auch das Spannen des Kniegelenks funktionierte genau so, wie es sollte.

„Sie soll dein Beschützer sein, wenn ich an der Front bin", hatte er ihr erklärt. „Man kann nie wissen, ob nicht einmal Räuber kommen, weil sie denken, alle guten Männer stehen an der Front und sie können leichte Beute machen. Besonders so wertvolle Beute, wie meine kleine Renate!"

Dann hatte er sie hochgehoben und an sich gedrückt. Und sie hatte sich an ihm festgehalten, als hinge ihr Leben davon ab. Weil sie damals glaubte, dass er sie heiraten würde. Er hatte es versprochen. Und wenn der Krieg vorbei war - sie sagten ja immer, dass es nicht mehr so lange dauern konnte, bis zum Endsieg - wäre sie auch alt genug und der Vater würde es erlauben.

Und wenn er es nicht erlaubte, dann würde sie den Rudolf halt küssen und schwanger werden und dann musste er es gestatten. Ach was war sie mit vierzehn doch noch unschuldig gewesen...

Viel größer als damals war heute ihre Hand. Und auch wenn die Kräfte nachließen, war sie kein schwaches Kind mehr. Also würde sie schon mit dem Bocken der Pistole zurechtkommen, wenn es sein musste. Wie sie sich hinstellen musste, wusste sie ja noch ganz genau.

Unbeirrt von den Erinnerungen, die über sie hereinbrachen, war sie langsam die Treppe hinunter gegangen und zur Verbindungstür geschlichen. An ihrer Haustür war alles in Ordnung, also mussten die Gauner nach den Kindern trachten.

Doch als sie leise die Tür zur Einliegerwohnung öffnete, war es wohl schon zu spät. Niemand war mehr da. Alles war in Unordnung. Und auf dem Tisch lag ein Zettel.

*****

Tanja zuckte zusammen, als sie die Schritte hörte.

Sie konnte noch nicht lange aus dem Krankenhaus weg sein. Vielleicht erst Stunden. Aber sie hatte schon gelernt, das Geräusch der Schritte auf dem groben Stein- oder Betonboden zu fürchten.

Beim ersten Mal war es Rene gewesen, der ohne zu zögern ihre Brüste und Schenkel betatscht hatte und ihr davon erzählte, was er alles mit ihr anstellen würde, wenn Peter erst einmal erledigt wäre.

Und Tanja hatte geweint, weil sie Angst vor dem hatte, was er ihr antun würde. Und vor dem, was er und seine Brüder vielleicht Peter antun mochten. Aber geholfen hatte ihr das nicht.

Geholfen hatte ihr irgendein Fremder. Oder vielleicht war es auch Pierre, der älteste der Pfaffer Brüder. Jedenfalls hatte er Rene angeschnauzt, die Finger von ihr zu lassen. Was sie fast schon mit Dankbarkeit erfüllt hatte. Bis er irgendwann wiederkam und ihr von seinen Plänen erzählte.