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K.E.E. Ein bisschen Apokalypse 04

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Maximilian sah nichts mehr, hörte nichts mehr und starrte nur noch auf das Tischbein direkt vor sich. Das alles war nicht passiert, es war ein Traum, aus dem er jeden Moment wieder aufwachen musste. Es gab keine Toten, keine Hirnfragmente, die auf den Boden lagen, keine Knochensplitter, keine Liter von Blut auf dem verblichenen Linoleum. Das alles war nicht passiert. Er würde gleich wieder auf seinem Bett aufwachen, das gewohnte Büro sehen und dann im Archiv und Rechenzentrum nach dem Rechten sehen. So, wie all die Jahre zuvor.

Er spürte, wie jemand vorsichtig seine Arme aus seinem Schoß herauszog, ihm unter die Achseln griff und langsam aufhalf. Er ließ es zu, alles was jetzt noch passieren sollte, schien ihm unausweichlich zu sein. Ob auch er jetzt sterben sollte? Ob er im Himmel seine Eltern und Mara wiedersah? Würde er um sein Leben schreien und am Schmerz verzweifeln, wie diese Schwarzhemden, bevor er seine Erlösung fand?

Wanda war es, die ihn aufnahm, rüber ins Labor und von dort aus in den Notschacht trug, sich dort mit ihm zusammen auf den Boden hockte und ihn in ihre Arme schloss. Ihr Oberkörper und der rechte Oberschenkel waren von Blutspritzern bedeckt und auch an der Stirn waren Flecken davon sichtbar. Doch für sie und Maximilian waren sie ohne Bedeutung und jeder für sich suchte das Erlebte zu verarbeiten. So wippte die Riesin mit ihrem Freund im Schoß mit ihrem Oberkörper vor und zurück, wie eine Mutter, die sich und ihr Kind zu beruhigen suchte.

„Ich war das nicht." Flüsterte sie leise. „Ich war es nicht." Wiederholte sie die Worte ein zweites Mal. „Ich kann so etwas doch gar nicht."

Drang es erneut aus ihren Mund heraus. So ging es in einem fort, unzählige Male. Maximilian fühlte sich nicht dazu in der Lage sie zu beruhigen, starrte vor sich hin, die Szenen des Kampfes in seinem Kopf ständig wiederholend. War das die Welt, die er erkunden wollte? Waren das die Menschen, auf die er hatte treffen wollen?

Vor Wandas Augen erschienen Szenen, die sie nie zuvor gesehen hatte. Gesehen? Nein, sie hatte sie auch gefühlt und war dennoch Statistin geblieben. In dem Moment wo sie den Wunsch verspürte Maximilian zu helfen, hatte sie eine Lawine an Gewalt losgetreten, die diese Männer hinfort, nein, regelrecht auseinandergerissen hatte. Sie wusste jetzt, dass sie kein normales Lebewesen mehr war, sondern ein Ding, eine Waffe.

„Lebt noch jemand von ihnen?"

Wanda schüttelt ihren Kopf.

„Wollen wir wieder runter gehen?" Fragte er sie.

Wanda nickte, war aber noch immer nicht in der Lage, ihm zu antworten.

„Ich habe mich geirrt."

Sie starrte weiter vor sich hin, obwohl er sich sicher war, dass sie ihn gehört haben musste.

„Ich höre ab jetzt auf dich, ich versprech es dir."

Sie reagierte nicht auf sein Versprechen, hielt ihren Blick auf einen Punkt auf der ihnen gegenüberliegenden Wand gerichtet und bewegte ihren Körper vor und zurück in leichten Schaukelbewegungen.

„Lass uns wieder runtergehen! Am besten gleich."

Abrupt hielt sie in ihrer Bewegung inne.

„Wir kommen nicht mehr hoch?" Fragte sie ihn.

„Solange unsere Vorräte reichen, haben wir keinen Grund dazu."

Wandas Hände verschränkten sich über seinen Bauch, dann zog sie ihn dichter an ihren Körper heran.

„Ich habe mir selbst dabei zusehen müssen, wie ich sie getötet habe, Max."

Er wandte sich zu ihr um und fühlte sich dazu verpflichtet, ihr etwas von ihrer Last zu nehmen.

„Du hattest Recht gehabt." Wiederholte er seine Erkenntnis. „Mit allem."

„Es waren zwei Jungen darunter. Sie waren vielleicht zwölf, vielleicht aber auch dreizehn Jahre alt?" Sie schluchzte laut auf. „Zwölf, dieses Miststück in meinem Kopf zeigt es mir an."

Er erinnerte sich an die gelben Striche, die sie gesehen hatte.

„Sie waren rot?"

Wanda blickte zum ersten Mal auf ihn herunter.

„Ja, beide."

„Dann können sie nicht unschuldig gewesen sein."

Wanda war mit seiner Feststellung nicht einverstanden.

„Kinder sind immer unschuldig, Max. Immer. Hörst du!"

„Es war die Kee, nicht du, sag dir das immer wieder."

„Es ist wie im Rausch passiert, Max. Du kannst dir das nicht vorstellen. Du siehst zu, du kannst alles fühlen, du hörst, du riechst, hast aber ein Gefühl von Ferne dabei. Es spielt sich alles langsamer ab, ähnlich wie bei einer Zeitlupe, weißt du, wie ich das meine?"

„Und du kannst die Kee dabei nicht steuern?"

Erneut stiegen Wanda Tränen in die Augen. „Ich weiß nicht wie, Max. Ich fühle mich ähnlich wie jetzt, wie in eine Art Trance. So als ob ich nicht realisieren könnte, dass all das, was ich sehe, wirklich geschieht."

„Aber dann bist du auch nicht schuld an der Situation. Du wolltest mir helfen und hast es auf die einzige Art getan, die dir zur Verfügung stand."

„Kee ist böse, Max. Sie zelebriert das Töten, ich habe es mitangesehen. Und ich kann fühlen, wie leicht es ihr fällt, weil ich mich selbst in diesen Moment frei und leicht fühle. Körperlich verstehst du? Es ist so ein perverses Gefühl.

„Komm! Wir verwischen unsere Spuren, ziehen den Schrank vor die Tür und machen Schluss mit dieser Scheiße hier." Er streichelte seiner Freundin mit seiner rechten Hand über ihre linke Wange. „Du hattest Recht gehabt, von Anfang an. Vielleicht ist das auch der Grund, warum man dich ausgesucht hat."

Wanda öffnete ihre Arme für ihn und ließ ihn aufstehen. Sie wollte ihm nicht sofort folgen, sondern noch eine Weile mit sich selbst alleine sein. Doch war sie das? Dieses Ding in ihrem Kopf würde immer da sein, egal was sie sich auch für ein Schneckenhaus suchen würde, in das sie sich zurückziehen wollte.

„Ich fang schon mal an, ja?"

Wanda sah zu ihm rüber. Selbst jetzt, auf dem Boden sitzend, war sie fast genauso groß wie er.

„Bleib von den Fenstern weg!"

„Keine Sorge, das mache ich. Bin heilfroh, wenn wir wieder in Sicherheit sind."

Max spürte, welch gewaltiger Schaden an Wandas Psyche angerichtet worden war und auch ihr wachsender Konflikt mit der KI in ihrem Kopf. Diese hatte ihnen eindrücklich demonstriert, wozu sie in der Lage war und mit was man zu rechnen hatte, wenn man sie gewähren ließ.

Wanda hörte Maximilian draußen werken und versuchte mit ihren Gedanken bei ihm zu bleiben. Für nichts auf der Welt wollte sie noch einmal diese Bilder vor Augen geführt bekommen, die sie vorhin mitangesehen hatte.

„Würde er sich jetzt wirklich mit dem Leben im Bunker zufriedengeben? Hatte ihm diese Lektion gereicht? Was wenn sein Verlangen an die Oberfläche zu gehen wieder zurückkehrte? Sollte sie ihn dann noch einmal unterstützen? Oder ihn aufhalten?"

„Wanda!" Maximilian trat an die Tür.

„Es kommen wieder welche."

Wanda bemerkte erst jetzt eine Vielzahl gelber Striche in ihrem Blickfeld, die in einer dichten Reihe gehend, auf das Gelände zuhielten. Sie bewegten sich nur langsam, vielleicht wieder welche von diesen Schwarzhemden?

„Komm rein, Max! Bitte!"

Doch ihr Freund blickte vorsichtig aus dem Fenster und schien sich nicht, von dem, was er entdeckt hatte, lösen zu können.

„Sie haben jetzt die Leichen am Zaun entdeckt. Das dürfte sie abschrecken."

Wanda trat vorsichtig an ihn heran. Die Menschen, die auf das Gelände zuhielten, bewegten sich irgendwie seltsam. Einer von ihnen humpelte, ein anderer zog sein Bein hinter sich her und auch ihre Körperformen schienen außergewöhnlich zu sein. Ihre Extremitäten wirkten zum Teil ungleichmäßig, und schienen in einem seltsamen Verhältnis zu ihrem restlichen Körper zu stehen.

„Die sehen aus wie behinderte Menschen." Stellte Wanda erschrocken fest.

„Und sie haben Kinder dabei. Wie viele sind es, Wanda? Kannst du wieder die Striche sehen? Welche Farbe haben sie?"

Wanda suchte sich zu konzentrieren und sich ihrer aufsteigenden Angst nicht zu ergeben.

„Es sind um die zwanzig und gelb. Ihre Stimme überschlug sich, als sie beide Schüsse hörten."

„Sie haben keine Waffen, zumindest sehe ich sie nicht." Stellte Maximilian fest.

„Sie kommen her!" Erschrak Wanda.

„Ich sehe es. Der Anblick der Schwarzhemden am Zaun scheint sie nicht aufgehalten zu haben."

„Vielleicht gehen sie in den anderen Flügel?" Versuchte sich die Maschinenfrau Mut zu machen.

Maximilian duckte sich abrupt, als zwei der seltsamen Gestalten zu ihnen aufsahen.

„Scheiße! Haben sie mich gesehen?"

Wanda vermochte es nicht einzuschätzen.

„Sie halten auf jeden Fall auf unser Gebäude zu. Gehen wir in den Notraum, Max, noch kann ich es schaffen, den Schrank vorzuziehen."

Maximilian schüttelte den Kopf. „Sie würden uns hören, Wanda. Du selbst hast es doch vorhin gesagt. Und was, wenn sie den Bunker entdecken? Wohin gehen wir dann?"

Hundegebell wurde laut und kam schnell näher. Anscheinend hatten die Tiere Witterung aufgenommen.

„Sie werden getrieben, Wanda. Die Männer vorhin haben nach ihnen gesucht."

„Wanda wischte sich Tränen aus den Augen, die ersten roten Striche tauchten auf, auch wenn sie noch klein und unbedeutend wirkten. Waren das die Hunde? Sie waren schnell und würden bald hier sein."

„Lass uns in den Tunnel gehen, Max. Bitte! Wir dürfen uns nicht einmischen."

Maximilian blickte erschrocken zu ihr auf.

„Wanda! Ahnst du nicht, was hier gespielt wird? Alles was nicht ins Schema dieser Ungeheuer von vorhin passt, wird ausgerottet."

Sie zuckten beide zusammen, als sie unter sich Kinder weinen hörten. Auch die beiden letzten dieser seltsamen Menschen hatte nun das Haus betreten und schienen sich darin verstecken zu wollen.

„Was machen wir jetzt, Wanda? Helfen wir, oder lassen wir es zu, dass sie getötet werden? Du entscheidest, ich habe es dir versprochen."

Wanda starrte vor sich hin, ihre Nerven lagen blank. Sie wusste nicht, was richtig war in diesem Moment.

„Ich möchte das nicht noch einmal durchmachen, Max, bitte! Flehte sie ihren Gefährten an."

„Gut! Dann nehmen wir sie mit in den Notraum!"

„Und wenn sie das gar nicht wollen? Oder doch nicht so unschuldig sind, wie du glaubst?"

„Welche Farbe haben sie?"

„Sie sind gelb, die Kinder grün."

„Pass auf! Höre mir genau zu. Wir müssen uns beeilen. Bringen wir sie in den Raum! Du schiebst von außen, wir ziehen von innen. Wenn sie uns helfen, geht das ganz schnell. Wir haben das Gepäckseil, damit wird es gehen."

„Was ist mit mir?"

„Du lenkst die Schwarzhemden ab, Wanda."

„Mache Lärm, sorge für Geräusche in anderen Räumen, jage ihn Angst ein!"

„Und das Kee? Du entscheidest, Wanda, ob du es loslassen musst oder nicht. Siehe es als deine allerletzte Möglichkeit. Du wusstest vorher nicht, was es mit diesen Männern anstellen würde, doch das ist jetzt anders."

Sie blickte an ihm vorbei und schien schließlich einverstanden zu sein.

„Ich höre die Hunde schon sehr nahe, beeilen wir uns!"

Zusammen mit Wanda eilte er die Treppen nach unten und wäre an der ersten Kehre beinahe gegen einen ausgemergelten dünnen Körper geprallt. Nur ein paar Lumpen hingen an dieser traurigen Gestalt, die ähnlich einem Don Quichotte wirkte und unter deren Haut sich deutlich die Knochen abzeichneten. Eingefallene Wangen, lichtes Haar, wenige Zähne im Mund, schien dieser Körper einiges mitgemacht zu haben. Sein linkes hellgraue Auge schien blind zu sein, während das andere, völlig schwarze, erschrocken zu ihm aufsah. Seine dünnen Ärmchen hob er schützend vor sein Gesicht, während hinter ihm ein dumpfes Jammern und Heulen laut wurde.

Ein schrecklicher Anblick, welcher sich Wanda und Maximilian hier bot. Jede dieser Frauen und Männer zeigte ähnlich schwere defekte an ihren Körpern auf. Ausgemergelt und krank wirkten sie, wahrscheinlich hatten sie auch Hunger und Durst. Drei Kinder hielten sich ängstlich hinter den Erwachsenen verborgen und beobachteten sie mit verheulten Augen. Wer weiß, was diese kleinen Würmer schon alles mit ansehen mussten.

„Sie sind grün, Wanda?"

Sie nickte ihm zu. Mehr brauchte Maximilian als Bestätigung nicht.

„Schnell! Kommt mit! Wir müssen uns beeilen."

Die vorderste Frau legte ihren Kopf schief. Sie schien ihn zu verstehen!

„Schwer scheid?"

Maximilian ahnte, was ihm für eine Frage gestellt wurde.

„Ich bin Max und das dort ist Wanda."

Ungläubige Blicke wurden auf die Riesin gerichtet, die trotz ihrer beeindruckenden Gestalt, alles andere als souverän auf sie wirkte.

„Wir tun euch nichts. Wir können euch schützen."

Hundegebell wurde laut und schon hielten drei stämmige Bullterrier auf die Tür zu.

„Wanda! Halt sie auf! Bitte!!!"

Die große Frau wirkte eine Sekunde hilflos, dann drängte sie an der Gruppe vorbei, die ihr staunend Platz machte.

„Und ihr kommt jetzt mit, sonst sind wir alle dran."

Maximilian griff nach der rechten Hand des vordersten Mannes und zog ihn sanft mit sich. Es war wahrscheinlich genau diese eine Geste, die dazu führte, dass man ihm Glauben schenkte.

So schleppten sich die traurigen Gestalten weiter die Treppen hinauf, ließen sich von Maximilian ins Büro hinein und weiter ins Labor führen, um von dort aus in den Notraum zu gelangen. Er bot genug Platz für sie alle, wenn man auch sehr dicht zusammenstand.

„WANDA!"

Von draußen klang lautes Geheul und Winseln herein, dann wieder Bellen und Knurren. Dann wurden die ersten menschlichen Töne laut.

„WASCHN HE LOSCH! WHER WARSCH DES? WERSCH HATS GEDAN? VIEHSCHER! WO HANSCH DIE RADSCH?"

Die Hunde blieben vor der Tür stehen, drehten sich im Kreis, trauten sich aber nicht ihr zu nahe zu kommen. Wanda hatte nach ihnen geboxt und getreten und einen von ihnen ein paar Meter durch die Luft geworfen. Sie wollte den Tieren nicht weh tun, aber es war die einzige Möglichkeit für sie, um sie von der Tür fernzuhalten.

Ein Mann betrat das Gelände, ein russisches Sturmgewehr im Anschlag. Er blickte darüber hinweg zu den Gebäuden rüber und näherte sich dann zielstrebig dem Mitteleingang, vor dem die Hunde jaulend warteten.

Wanda überlegte fieberhaft, was sie als Nächstes tun sollte. Den Soldaten aufhalten? Oder Max und den Flüchtigen helfen?

Der bewaffnete Mann war mittelgroß, hatte ein knochiges und verbissen wirkendes Gesicht, mit einem weit nach vorne ragendem Kinn, sowie einer schiefen Hakennase, die dem erst Genannten entgegenzustreben schien. Haare hatte er keine auf seinen Kopf, stattdessen brach sich das Sonnenlicht auf seiner Glatze.

Er hob seinen Arm und weitere Männer tauchten aus den Büschen auf. Auch sie trugen Waffen im Anschlag und richteten sie auf die umliegenden Gebäudefenster und -türen. Alles in allem gingen sie routiniert und erfahren vor, sie schienen nicht das erste Mal in solch einer Situation zu stecken.

Dennoch schienen sie beunruhigt zu sein. Immer wieder blickten sie zu den Leichen ihrer Kameraden hinüber, die von Kee sorgsam in Pose gesetzt, am Zaun aufgehängt worden waren. Sie hingen wie Trophäen an dem am oberen Rand der Absperrung befestigten Stacheldraht. Eine aufgehängt am Hals, eine andere am Fußknöchel, eine Dritte an ihrem rechten Handgelenk. Sie glichen verstümmelten Marionetten, an denen nur noch ein Faden befestigt war.

„AAAAAAAHHHHHHHHHHHHHH!!!!!!"

Ein großer blonder Mann stieß diesen Schrei aus, trat an den Zaun heran und betrachtete seine dahingemetzelten Kameraden genauer. Nur mit Mühe vermochte er sich von dem Anblick der grausam verstümmelten Toten zu lösen und nahm das Gelände vor sich genauer in Augenschein.

„Wer oder was immer das getan hat, sucht es!" Befahl er in klarer, deutscher Sprache."

„Wohhhhll, Antschührer!" Kam es von seinen Begleitern zurück.

Wanda überlegte kurz. Wenn sie jetzt nach oben ging, um ihren Freunden beim Verschieben des Schrankes zu helfen, dann würden die Schwarzhemden sie hören. Also musste deren Aufmerksamkeit in eine andere Richtung gelenkt werden.

So eilte sie die Hausfassade entlang, hob einen herumliegenden Trümmerstein von 2 bis 3 Kilo Gewicht auf und postierte sich in der Nähe des Seiteneingangs vom kurzen Schenkel des L-förmigen Gebäudetrakts. Von dort würde sie ihn auf die Gruppe werfen, die sicher mutmaßen würde, dass sich in diesem Gebäudeteil die Täter befanden, die ihre Kameraden auf so bestialische Weise aus dem Leben geschafft hatten.

Sie hatte in der Schule keine zehn Meter weit geworfen und auch wenn sie jetzt wesentlich mehr Kraft hatte als damals, würde sie keinesfalls jemanden treffen und dadurch verletzten können. Also holte sie mit dem Stein in ihrer Rechten aus und schätzte grob die Entfernung ab. Doch in dem Moment, in dem sie in die Richtung der Männer zielte, wurden diese auch schon von roten Vierecken eingefasst und markiert. Wie von selbst schnellte ihr Arm vor, peitschte regelrecht durch die Luft und schleuderte den Stein mit unglaublicher Energie und Geschwindigkeit auf den vordersten Mann der Gruppe. Ein dumpfer Schlag wurde laut, als das Trümmerstück seitlich in seinen Schädel eindrang, große Knochenstücke aus der Schläfe und seitlichen Schädelplatte herausbrach und auf der gegenüberliegenden Seite des Kopfes wieder austrat, Fleisch- und Hirnmasse dabei mit sich reißend. Mit dumpfen Ton zu Boden gehend, kollerte er noch ein Stück weiter. Dem Getroffenen aber fehlte das halbe Gesicht und einen Moment lang blieb er noch gespenstisch vor seinen Kameraden stehen, die ihn schockiert anstarrten, bevor er schließlich zusammenbrach.

Sofort wurden die Waffen der Männer auf den Teil des Gebäudes gerichtet, von dem aus Wanda geworfen hatte. Schüsse peitschten auf, Kugeln mit Leuchtspur schlugen in Wände, Rahmen, Fenster und Türen, lösten Stein und Staub, der wie Hagel auf das Vordach herunterprasselte.

Wanda aber eilte in das Hauptgebäude, nahm die Treppen und erreichte den Schrank in dem Moment wo Max und seine Schützlinge ihn zu bewegen suchten. Mit ihrem gesamten Körpergewicht warf sie sich gegen das riesige Büromobiliar und mit langgezogenen quietschenden Ton glitt es langsam der Wand entgegen.

„Zieht! Zieht, so fest ihr könnt." Hörte sie Max auf der anderen Seite rufen.

Für Maximilian kamen die Versuche der Männer und Frauen ihm zu helfen einer bloßen Geste gleich. Ausgemergelt wie sie waren, schienen sie schon Mühe damit zu haben, das schwere Seil von Boden aufzuheben. Doch Wanda gab den Ausschlag und jetzt stand der Schrank als Barrikade vor ihrer Tür und gab ihnen damit ein gewisses Maß an Sicherheit.

„Jetzt seid ihr ganz leise! Sprach er zu den Menschen mit den entstellten und asymmetrisch wirkenden Gesichtern." Er versuchte, seine Bitte mit dem ausgestreckten Finger seiner rechten Hand vor seinem Mund zu bekräftigen, die von einigen seiner Schützlinge unbeholfen nachgeahmt wurde. „Wir gehen in den Nachbarraum und warten dort. Bitte sorgt dafür, dass die Kleinen ruhig sind. Versteht ihr mich?"

Anscheinend nicht, denn ihre Blicke wechselten zu einer Frau, die sich verlegen ihren Kopf kratzte.

Maximilian seufzte, trat an eins der Pakete heran, öffnete es und verteilte Epa und Wasserflaschen an die Gruppe. Doch auch damit konnten seine Schützlinge wenig anfangen und so öffnete er sie für sie und deutete mit einer Reiswaffel auf seinen Mund und biss ein Stück davon ab.

Ab diesen Augenblick gab es kein Halten mehr und sofort machten sich diese halbverhungerten Menschen über das Essen und Trinken her, sodass Maximilian sie einzeln in den Nachbarraum schieben musste, damit so wenig Geräusche wie irgend möglich nach draußen drangen.

„Stellt das Feuer ein, ihr Arschlöcher. Seid ihr denn, um Gotteswillen, wahnsinnig geworden? Das war Munition für ein halbes Jahr! Wisst ihr eigentlich, was es uns kosten wird, sie zu ersetzen? Wollte ihr wie unser Feind mit Steinen schmeißen, wenn wir nichts mehr davon übrig haben?" Wütend blickte der große Blonde in die Runde und stieß dabei einen seiner Männer brutal zur Seite.

„Tödschen we ebe a bar Radschen mer." Schlug ein anderer vor.

Der Blonde nahm seine schwarze Skimütze von seinem Kopf herunter und ordnete seinen sorgsam gefetteten Seitenscheitel. Sein Blick blieb auf das Gebäude gerichtet, von wo aus der Stein mit so präziser und tötlicher Effizienz seinen Kameraden niedergestreckt hatte.