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K.E.E. Ein bisschen Apokalypse 05

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Manuel öffnete seine Augen und blickte dieser seltsamen Frau direkt ins Gesicht. Unter anderen Umständen hätte er sie als bildschön empfunden, doch jetzt war sie der Teufel in Person für ihn. Warum hatte sie das Jupp angetan? War sie das Monster, von dem die Schwarzhemden gesprochen hatten? Der Druck an seinem Hals verringerte sich wieder. Anscheinend zeigten die Worte des Mannes Wirkung bei ihr. Manuel sah, wie sich ihr Arm senkte, dann öffnete sich ihre Hand. Er fiel erschöpft zu Boden, hielt sich seinen Hals und röchelte vor sich hin.

„Maks! Kümmere dich um Soks, er muss dort irgendwo liegen."

Das kleine Radsmädchen trat aus den Büschen heraus, weinte herzzerreißend und wollte sich erneut auf Manuel stürzen, als der Mann sie zurückhielt und zu dem Jungen ohne Beine schickte. Dort kniete es sich hin, umarmte ihren Freund und legte sich an dessen Seite. Manuel hatte sich nie darüber Gedanken gemacht, wie diese Wesen fühlten oder dachten. Es war ein Leichtes für ihn gewesen, all den Geschichten Glauben zu schenken, die man über sie erzählte. Sie waren eine Spezies, die es nicht geben durfte, ein entartetes Leben, das durch den Krieg erst gemacht worden war. Sie fraßen ganze Landstriche leer, infizierten das Wild mit ansteckenden Krankheiten und stahlen in der Nacht aus den Unterschlüpfen der Menschen Kinder, um diese dann zu fressen. Auch er hatte im Weiler erlebt, dass ein neugeborenes Kind am Tage seiner Geburt verschwunden war. Sie hatten es überall gesucht, doch nirgendwo gefunden.

Der Mann zog ihn mit sich zu dem Gebäude hinüber. Mit Schaudern bemerkte Manuel die Leichen am Zaun, deren halbverweste Gesichter ihn anzugrinsen schienen. Was hatte dieser Kerl mit ihm vor? Warum hatte man ihn am Leben gelassen? Weshalb sprach dieser Mann auf die gleiche Weise, wie er selbst und Jupp es getan hatte?

Sie betraten den Mitteltrakt des Gebäudes und nahmen die Treppe nach oben. Es gab Blutspritzer und Einschusslöcher an den Wänden. Hier war gekämpft worden und es gab keinen Zweifel darüber, wer diesen Kampf letzten Endes für sich entschieden hatte.

„Setz dich dort hin!"

Der Mann deutete auf einem Stuhl, der neben einem vernagelten Fenster stand. Manuel nahm darauf Platz und blickte verstohlen zu einer Gruppe Rads rüber, die ihn verstört musterte.

„Du bleibst hier! Solltest du zu fliehen versuchen, kann ich dich vor ihr kein zweites Mal retten."

Der Junge blickte zu dem Mann mit den grauen Haaren auf und rührte sich nicht. Ein Wort brachte er nicht heraus, zu mächtig waren für ihn die Eindrücke der vergangenen Minuten gewesen.

Maximilian blickte den Jungen noch einmal eindringlich an, dann ging er wieder runter in den Hof und von dort aus zurück in den Busch. Dort trat er an Wanda heran, die neben Nies stand und gedankenverloren auf den Leichnam des getöteten Radsjungen herunterblickte.

„Vergraben wir ihn, bevor sein Leichnam Tiere anlockt." Schlug er ihr mit gebrochener Stimme vor.

Wanda schien einverstanden, hockte sich auf den Boden und begann mit beiden Händen ein Loch zu graben. Es war ihr ein Leichtes und selbst große Fels- und Trümmersteine schienen ihr keine großen Mühen zu bereiten. Dafür aber umso mehr der Tod des Jungen, dessen Leib keine zwei Meter von ihr entfernt auf dem Boden lag. Tränen standen ihr in den Augen und vergeblich suchte sie, die beiden Radskinder zu trösten. Es war ja nicht nur der Tod von Nies, der ihr zu schaffen machte, sondern auch die Tatsache, dass Maximilian und Soks ihr dabei zugesehen haben, wie sie auf solch grausame Weise Rache an seinen Mörder genommen hatte. Einmal mehr hielt sie sich für ein Monster und einzig die Tatsache, dass sie dem Kee Einhalt gebieten konnte, minderte ihren Schmerz ein wenig. Fünf Minuten später war es soweit und Maximilian bettete vorsichtig den Radsjungen in der Kuhle, deckte ihn mit Laub, Blättern und Steinen ab und schüttete das Loch wieder zu. Wanda hob indessen Soks vorsichtig vom Boden auf, nahm Maks bei der Hand und wollte mit den beiden Kindern zurück zum Gebäude gehen.

„Der andere ist da?" Fragte sie Maximilian im Gehen.

„Ja. Tue ihm nichts, Wanda. Bitte!"

Sie blickte ihn müde an, zeigte sich aber einverstanden. Vielleicht weil heute genug gestorben worden war und die Kinder schon jetzt viel zu viel Leid mitangesehen hatten? Oder weil er sie an ihren eigenen Vorsatz erinnerte, dass Kinder nie schuldig sein konnten?

Maximilian ließ den Jäger, wo er war. Sollten ihn Hunde oder Schweine fressen, ihm war das egal. Nies war noch ein Kind gewesen und hatte niemanden etwas zuleide getan. Ganz im Gegenteil, hatte er doch Soks Jahre lang auf seinen Schultern durch die Welt getragen. Warum jagte man sie so unbarmherzig? Es musste doch einen Grund dafür geben.

19 Das Verhör

Wanda betrachtete den Jungen mit seiner seltsamen Lederfelljacke und den viel zu weiten Stoffhosen voller Misstrauen. Würde er auch nur eine einzige Sekunde Feindlichkeit gegenüber Maximilian zeigen, wäre es um ihn geschehen.

Ihr Freund schien ruhig und gelassen zu sein, hatte auf einem Stuhl dem Jungen gegenüber Platz genommen und hielt ihm eine Reiswaffel hin.

„Nimm! Die ist ganz gut, wenn man Hunger hat."

Der Jugendliche starrte auf das Gebäck und blickte Maximilian schließlich ausdruckslos ins Gesicht.

„Gut, du willst nicht. Können wir trotzdem miteinander sprechen?"

Der Jugendliche blickte an Maximilian vorbei, rüber zu Wanda. Verständlich, dass er sich vor ihr fürchtete. Schließlich glaubte Maximilian so etwas, wie ein „Ja" zu hören.

„Gut. Ich werde dir nichts zuleide tun und Wanda dort drüben auch nicht."

Manuel schien sich erst überwinden zu müssen und blickte schließlich zu ihm auf.

„Beantworte mir nur ein paar Fragen, einverstanden? Sollten mich deine Antworten zufriedenstellen, kannst du gehen."

„Max!" Wanda schien mit dem Vorhaben ihres Freundes nicht einverstanden zu sein.

„Wanda! Kinder sind immer unschuldig, deine Worte. Wie oft soll ich sie noch wiederholen? Und er hat niemanden etwas zuleide getan."

„Er wollte Maks töten, oder etwa nicht?"

Maximilian blickte zu dem Mädchen hinüber, dass im Kreis ihrer Freunde saß und deren Geborgenheit suchte.

„Er wird mir gleich erklären, warum er das tun wollte. Mir ist das immer noch ein Rätsel. Sie geben kein Fleisch, sind nicht in einer anderen Richtung verwertbar und ernähren sich von Fallfrüchten und Insekten. Weshalb also jagt man sie?"

Er blickte den Jungen fragend an, der ihm kleinlaut antwortete.

„Wir können ihre Köpfe tauschen."

Maximilian blickte ihn entgeistert an. Er fühlte sich prompt an die Schrumpfköpfe der Südamerikaindianer erinnert.

„Und wofür? Was habt ihr davon?"

„Wir dürfen Ärzte besuchen, bekommen Mittel gegen Krankheiten, Munition, Waffen und Konserven."

„Und wer gibt euch die Sachen?"

„Mendas verteilen sie. Sie leben im Osten, dort wo keine Bomben gefallen sind."

„Mendas? Und du bist keiner von ihnen?"

Der Jäger lachte heiser auf bei dieser Vorstellung.

„Mendas sind Frauen und ich bin doch keine."

Maximilian verstand nur Bahnhof.

„Warum wollen die Mendas, dass ihr Jagd auf die Rads macht? Ich kapiere das nicht."

„Sie verbreiten Krankheiten und stehlen Kinder, um sie zu fressen."

Maximilian blickte den Jungen entsetzt an.

„Was für Krankheiten? Ich lebe mit ihnen seit Monaten zusammen, ohne das ich irgendwelche Symptome an mir bemerkt hätte. Und Kinder fressen? Die meisten von ihnen haben gar nicht genug Zähne, um mit Fleisch etwas anfangen zu können. Geschweige denn, dass sie solch ein Wagnis eingehen würden sich euren Siedlungen zu nähern. Sie haben doch gar keine Chance gegen eure Stärke und euren Waffen."

Der Junge blickte an ihm vorbei und wollte ihn anscheinend nicht verstehen. Maximilian seufzte.

„Erzähl mir von den Mendas. Vielleicht kommen wir auf diesen Weg weiter."

Manuel suchte sich zu erinnern. Es war Jahre her, seit dem er das letzte Mal an der Grenze gewesen war und sie gesehen hatte.

„Das sind Frauen, die in den Städten im Osten leben. Männer dürfen dort nicht sein, es sei denn, sie sind bereit dazu für sie zu arbeiten."

Wandas und Maximilians Blicke trafen sich, sie beide konnten nicht viel mit dem anfangen, was der Junge ihnen da erklärte.

„Die Schwarzhemden, in welcher Verbindung stehen die zu diesen Mendas?"

Manuel hob seine Schultern.

„Ich weiß nur, dass sie sich aus den Weilern, Höfen und Dörfern holen was sie brauchen und jeden der sich gegen sie wehren will töten. Nahrungsmittel stehlen sie, Vieh, Holz, Leder, Felle, alles was man im Sauerland zu Geld machen kann."

„Sind es viele?"

Der Junge nickte.

„Sie haben ihre Festung drüben im Osten. Ein Haus, riesengroß. Dorste nennen sie es."

Maximilian interessierte sich sofort.

„Wie weit ist es von hier weg?"

Der Jugendliche wirkte unsicher und blickte angsterfüllt zu Wanda rüber.

„Sie lässt mich am Leben?"

Maximilian blickte sich zu seiner Freundin um, nickte ihr zu und suchte dann den Jungen zu beruhigen.

„Dein Glück war es, dass du noch sehr jung bist und Maks deinen Angriff überlebt hat. Ich kann dir nur eines raten Junge, tue ihnen nie wieder Leid an!"

Manuel hielt seinen Blick auf die große Frau in der schwarzen Rüstung gerichtet, die in diesem Moment demonstrativ die Klingen oberhalb ihres rechten Handgelenks austreten ließ.

Maximilian ließ sich von ihrem Gefangenen auf der von Wanda gezeichneten Karte den Stützpunkt der Schwarzhemden einzeichnen und fragte ihn nach weiteren Orten in der Nähe, die für sie von Interesse sein könnten.

„Wenn ich dir alles sage, lässt du mich wirklich gehen?"

Maximilian blickte ein zweites Mal zu Wanda hinüber, die ihm schließlich zunickte. Sie wollte den Jungen, so schnell es nur irgend ging wieder loswerden, zumal Maks unter dessen Gegenwart sehr zu leiden hatte. Das Mädchen weinte ununterbrochen und drückte Soks an sich, der immer noch nicht ganz zu verstehen schien, was da eigentlich passiert war.

„Ich habe es dir schon versprochen. Nur solltest du mich anlügen, werden wir dich finden und du es bereuen."

Dem Jungen lag nichts ferner. Dieses Wesen dort, das wie eine Frau aussah, aber wie eine Bestie kämpfte, wollte er nicht noch einmal in seinem Leben begegnen.

„Wanda, ich muss mit dir sprechen!"

Seine Freundin mochte ihren Blick kaum von dem Kleinen abwenden. Immer noch herrschte in ihr ein unsagbar starker Drang ihn zu verletzen und zu töten. Noch immer war er rot für sie umrandet und somit ein Ziel des Kee. Sie musste all ihren Willen aufbieten, damit sie den Einsatzwillen ihrer mächtigen Verbündetin unterdrückte.

„Er wird uns verraten, dessen bin ich mir sicher." Stellte Wanda fest, bevor Maximilian ein erstes Wort an sie richten konnte.

„Mag sein, aber er wird von dir berichten und deshalb sich niemand in unsere Nähe wagen."

Wanda wischte sich ein paar Tränen aus den Augen, während ihr Blick über die Freunde hinweg glitt. Sie hatte versagt und sie nicht zu schützen vermocht.

Maximilian ahnte ihre Gedanken und schüttelte den Kopf.

Es war nicht deine Schuld, sondern meine. Ich habe nicht gemerkt, dass die Kinder im Busch verschwunden sind, während du unten warst. Ich habe nur an die Feuerstelle gedacht in diesem Moment.

„Maks darf nie wieder da raus. Sie muss es mir versprechen."

Maximilian sah zu dem kleinen Radsmädchen hinüber, dass seinen schmächtigen Oberkörper in eine Pendelbewegung vor- und zurückschwingen ließ.

„Glaub mir, sie hat heute genügend Lehrgeld gezahlt, so wie wir alle. Hoffentlich kommt sie darüber hinweg."

Wanda starrte vor sich hin und fragte ihn mit einem aggressiven Unterton.

„Und was willst du jetzt von mir?"

Maximilian erschrak über ihren Tonfall. So gereizt hatte er sie noch nie erlebt.

„Ich möchte zu den Schwarzhemden rübergehen und mit ihnen sprechen."

Wandas Gesicht wandte sich wie in Zeitlupe zu ihm um.

„Du willst was? Bist du von allen guten Geistern verlassen?"

„Gib mir Backup. Kann ich sie überzeugen, dann sind unsere Freunde zumindest in unserem Umkreis in Sicherheit. Unser eigentliches Ziel aber muss es sein, das diese Trophäenjagd auf sie ihr Ende findet."

„Das heißt, du willst zu diesen Mendas?"

Maximilian verneinte.

„Ich denke, sie werden relativ schnell bei uns auftauchen, wenn es kaum noch Köpfe gibt, die man eintauschen kann."

„Ich kann nicht überall sein, Max. Wie soll ich verhindern, dass irgendwo anders weiter auf sie Jagd gemacht wird?"

„Du kannst dich ohne uns schnell bewegen. Wenn ich die Schwarzhemden dazu überreden kann uns in Ruhe zu lassen, kümmerst du dich um die anderen Jäger. Du bist gemacht worden das Böse aus der Welt zu treiben, erinnerst du dich? Wie du siehst, ist diese Welt voll davon."

Wanda blickte ihn entsetzt an. Für ihn schien alles so leicht zu sein. Spürte er denn nicht, was mit jedem Mord, den sie beging, mit ihr passierte?

„Ich verliere mich selbst dabei. Das kann doch nicht dein Ziel sein."

„Du hast heute dem Kee Einhalt geboten, oder etwa nicht? Und du hast dafür gesorgt, dass der Junge nicht zu Schaden kam, in dem du auf mich gehört hast. Du bist stärker, als du es dir selbst eingestehen willst, Wanda. Du entscheidest über die Situation, nicht diese künstliche Intelligenz in deinem Kopf. Das hast du doch gerade eben bewiesen."

„Für dich mag sich das alles so leicht anfühlen, aber für mich ist es die Hölle. Kannst du dir nicht vorstellen, wie schwer es ist, zwischen ihren Gefühlen und meinen eigenen zu unterscheiden? Wie süß sie mir die Rache erscheinen lässt? Wie sehr sie es mich genießen lassen kann, den Tod des Jungen zu rächen?"

Maximilian griff nach ihre riesigen linken Hand und hielt sie zwischen seinen Händen. Er küsste deren Rücken und drückte sie gegen seine Wange.

„Ich halte dich für stärker als sie. Ich glaube daran, dass man sich in dir nicht geirrt hat. Wenn jemand diese Maschine in deinen Kopf steuern kann, dann du. Verstehst du mich? Sicher wird es noch die eine oder andere Situation geben, in der du gefordert wirst, aber je mehr Menschen von dir erfahren, desto weniger werden sie bestrebt sein einander Böses anzutun. Egal ob damals oder heute, du vermagst wirklich etwas zum Besseren zu verändern."

„Als Racheengel! Du tötest oder quälst niemanden, Max, das tue ich ganz allein. Und egal ob es eine Rechtfertigung dafür geben mag, ich halte das nicht mehr lange durch und dann wirst du zusehen müssen, wie du mit diesem Ding allein zurechtkommst."

„Das Kee tötet, nicht du, Wanda. Wie oft denn noch?"

Die große Frau sah ihren Freund mit verächtlichen Blick an. So weit war die Stimmung zwischen ihnen noch nie gesunken.

„Wenn du jemanden mit deiner Pistole erschießt, warst du es dann also auch nicht?"

„Das kannst du doch nicht miteinander vergleichen, Wanda. Du bist eine komplexe Menschmaschinenverbindung, das hast du doch mittlerweile selbst begriffen. An dir ist nichts einfach. Und dennoch kannst du dieser Welt etwas Frieden schenken, so wie es von Anfang an geplant war."

„Mit Mord und Folter?"

„Wenn sie die Richtigen treffen ja."

Wanda konnte ihre Abscheu vor Maximilian in diesem Augenblick kaum verstecken.

„Und dieser Jäger heute war der Richtige? Du hast den Jungen gehört. Für sie sind die Rads Schädlinge und ihre Köpfe tauschen sie gegen Dinge ein, die sie zum Überleben brauchen. Hat der Mann Nies gequält? Nein! Er hat ihn schnell getötet, wie es ein Jäger mit seiner Beute tut."

Maximilian starrte sie erschrocken an. Er kam nicht umhin ihren Worten Gewicht zu geben.

„Du glaubst also, wenn er mehr über die Rads gewusst hätte, wäre Nies vielleicht noch am Leben?"

Wanda hob ihre Schultern.

„Natürlich kann ich mir dessen nicht sicher sein, aber spielt das eine Rolle? Er hatte solch einen Tod nicht verdient und in meiner Wut habe ich mich auch noch an seinem Leid erfreut! Das bin ich geworden, Max und mit jeden weiteren Vorfall wird es schlimmer für mich werden."

Maximilian schien endlich zu verstehen.

„Dann gehen wir also morgen zu den Schwarzhemden, Wanda. Ich werde alles tun, damit du nicht einschreiten musst, versprochen."

„So wie bei dem Hund?"

„Hör auf damit, das hatten wir jetzt zur Genüge. Ich bin ein Mensch und mache Fehler, genauso wie Maks heute einen Fehler begangen hat. Wir lernen daraus und werden es klüger das nächste Mal klüger angehen."

Er blickte sie fordernd an.

„Hilfst du mir morgen?"

Wanda blickte ihn mürrisch an und ging ihre Optionen durch. Es wäre ihr ein Leichtes gewesen ihm am Gehen zu hindern, genauso wie auch den Jungen, aber würde dann nicht genau das passieren, wovor sie sich so fürchtete?

„Ich werde dich beschützen, aber sei dir darüber im Klaren, dass jeder Mensch den ich töten muss, auf deine Kappe geht."

Maximilian blickte nachdenklich zu ihr auf.

„Das bin ich mir, Wanda. Und wenn wir alles richtig machen, wird es nicht so weit kommen. Wichtig ist nur, dass du die Kee unter Kontrolle hältst."

Wanda verteilte Trockennahrung und Wasser, ließ aber den Jungen dabei außen vor. Dieser hatte bisher keine Anstalten gezeigt zu gehen, er schien sich aus irgend einen Grund davor zu fürchten.

Maximilian nahm schließlich eine Packung Epa zur Hand und ging zu dem Jungen rüber. Immer noch saß dieser auf seinem Stuhl und blickte unsicher zu den Rads rüber, die nachdenklich an ihrem Essen kauten. Auch sie hatten mit dem Verlust von Nies zu kämpfen, stießen seltsam kehlige Laute aus und hielten einander fest, die Kinder dabei in ihre Mitte nehmend. Vielleicht spürte der Junge langsam, wie wenig an den Geschichten dran waren, die man sich über sie erzählte.

„Du willst noch nicht gehen?"

Manuel schrak aus seinen Gedanken und blickte ängstlich zu Maximilian auf.

„Ohne Waffe?"

Maximilian nahm sich den Stuhl, den er schon zuvor bei seinem Verhör benutzt hatte und setzte sich dem Jungen gegenüber.

„Wofür brauchst du sie? Willst du wieder Jagd auf sie machen?"

Maximilian wollte nicht auf seine Freunde zeigen, der junge Jäger verstand auch so, wen er meinte.

Der schüttelte seinen Kopf, zumal Wanda in diesem Moment zu ihnen rüber sah und mit bösen Blick fokussierte.

„Nein, nein. Aber ohne werde ich dort draußen nicht lange überleben. Hunde, Wölfe, wenn ich Pech habe, könnte ich aber auch auf Schwarzhemden oder Leuten aus der Horde treffen."

„Horde?"

„Das sind Banden, die hier ihr Unwesen treiben. Sie überfallen Händler und Siedlungen und töten alles. Gerüchten nach, verkaufen sie die Schädel ihrer Opfer als Radsköpfe."

„Und die Schwarzhemden? Wie gehen die mit der Horde um?"

„Sie machen Jagd auf sie, sowie sie von einer Bande auf ihrem Gebiet erfahren. Wenigstens etwas, wozu sie gut sind."

Maximilian zeigte sich beeindruckt von dem Jungen. Er schien einen klugen Kopf auf seinen Schultern zu tragen und seine Lage gut einschätzen zu können.

„Wohin willst du jetzt gehen?"

Der Junge wirkte hilflos in diesem Moment. Er schien sich vor der Welt dort draußen zu fürchten, gerade jetzt, wo er sich ihr allein stellen sollte.

„Zu Jupps Frau und deren Kinder. Vielleicht kann ich uns irgendwie durch den nächsten Winter bringen."

„Ohne Waffe?"

Manuel starrte vor sich hin. Verdammt, er hatte ja nicht einmal ein Messer.

„Ich treibe schon wieder eine auf."

Wanda löste sich in diesem Augenblick von der Wand und kam langsam zu ihnen rübergelaufen. Der Junge erschrak und drückte den Stuhl nach hinten, bis dieser gegen die Wand stieß, instinktiv zu seiner Feindin Abstand suchend.

„Frag ihn endlich, wie er heißt, ist das so schwer für dich?"

Blaffte die Riesin Maximilian gereizt an.

„Sie hat Recht. Scheiße. Wie heißt du, Kleiner?"

„Manuel."

Wanda blickte auf den Jungen herunter und ging schließlich vor ihm in die Hocke.

„Ein schöner Name. Ich kannte früher einige Jungen und Männer, die so hießen, wie du."

Maximilian kam noch ein anderer Gedanke.