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Merlins Kinder 03: Das große Abenteuer

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2

Myrddin

(zur selben Zeit, am selben Ort, "Erde-1", Patrizias Erinnerungen)

"Ich finde die Idee immer noch schlecht."

Garwens Worte rissen mich aus meiner Versenkung. "Welche Idee denn, Schwesterherz?"

"Morgana, die schwarze Hexe, als Lehrling aufzunehmen. Sie will sicher nur hinter deine Geheimnisse kommen."

Ich lächelte in mich hinein. Artus selbst hatte mich darum gebeten, seine Halbschwester für einige Zeit aus Camelot verschwinden zu lassen. Ich hatte mich erst geweigert, doch dann hatte ich sie kennengelernt. Sehr nahe kennengelernt. Intim kennengelernt.

"Wieso meinst du, dass ich mehr Geheimnisse habe als sie? Ich hoffe auf einen Austausch."

"Sie wird dich von deinen Studien abhalten", versuchte sie es noch einmal.

Ich lehnte mich zurück und musterte sie. Ich hatte ein seltsames und bedrohliches Gefühl von Déjà-vu. Hatten wir dieselbe Unterhaltung etwa schon einmal geführt? "Mir wird es guttun, ab und zu herauszukommen."

Sie starrte mich an, drehte sich wortlos auf dem Absatz um und verschwand.

*

"Enid, meine Liebe", sagte ich am nächsten Morgen nach dem Frühstück zu meiner Haushälterin.

Sie knickste. "Ja, mein Herr Myrddin?"

"Hast du eine Ahnung, wo meine Schwester steckt?"

"Sie ist schon früh aus dem Haus, mein Herr. Sie hat ihr Pferd gesattelt und ist Richtung Camelot geritten."

Ich runzelte die Stirn. Was hatte Garwen vor? Doch plötzlich legte sich eine böse Vorahnung wie ein schwarzes Tuch über mich. Was wäre, wenn sie Morgana ...

Ich dachte nicht weiter, sondern sprang auf. "Ich muss weg!", rief ich.

"Aber Herr, die Abgesandten aus Londinium —"

"Vertröste sie auf morgen. Sag ihnen, es ginge um Leben und Tod." Ich hoffte nicht.

Sie starrte mich an, während ich in meine Stiefel sprang und aus dem Haus stürmte.

*

Meine Vorahnung brachte mich zu einer Scheune nahe der Straße nach Caerleon. Es war dunkel darin, doch ich konnte die Umrisse eines Körpers sehen, den man notdürftig mit Heu abgedeckt hatte.

"Garwen!", rief ich verblüfft. "Was ist geschehen?"

Sie antwortete nicht. Sie bewegte sich nicht, und es schien mir fast, als würde sie noch nicht einmal atmen.

Doch ihre Augen blickten mich verzweifelt an.

Ich kniete mich neben sie und legte meine Hand auf ihre Stirn. Furcht, Erschrecken und Verzweiflung drangen auf mich ein, doch es waren nicht die Gefühle meiner Schwester. Eine andere Seele steckte in diesem gelähmten Körper, der bald sterben würde. Ich blickte auf ihre Hände. Ihre Finger endeten in schwarzen, blutverschmierten Krallen. Und das konnte nur eines bedeuten —

Ich sprang auf und raste hinaus. Meine Geliebte war in Lebensgefahr.

Ich sprang auf mein Pferd und gab ihm die Sporen.

Weniger als eine Meile entfernt sah ich eine Reisegesellschaft. Eine Hand voll römischer Söldner standen auf der Straße; ein Ochsenwagen hielt daneben an.

Als ich näherkam, sah ich, dass eine Frau am Boden kniete und sich gerade über einen Körper beugte, der dort lag.

"Morgana", schrie ich. "Vorsicht!"

Doch es war zu spät. Der Körper — der einer alten Frau — bewegte sich und krallte seine Finger in Morganas Hals.

"Neiiin!" Ich sprang vom Pferd. "Was hast du gemacht?"

Morgana blickte mich mit Triumph in den Augen an und stieß ein Messer in das Herz der unter ihr liegenden Frau.

Ein hochgewachsener Söldner stellte sich mir in den Weg. "Anhalten", brüllte er. "Wer seid ihr?"

Ich wischte ihn mit der linken Hand zur Seite. Gleichzeitig hob ich die Rechte und feuerte einen Blitzstrahl auf den Körper meiner Geliebten, in der die Seele ihrer Mörderin steckte.

Sie brach zusammen. Ich konnte in letzter Sekunde einem Schwerthieb ausweichen, sprang zur Seite und feuerte einen weiteren Blitzstrahl ab. Und noch einen und noch einen —

Irgendwann erwachte ich aus meiner Rage und fand mich inmitten von Leichen stehend. Ich hatte sie alle getötet. Alle. Ich brach in die Knie. "Mein Gott", schrie ich. "Was habe ich getan?"

*

Ich lud die Körper von Morgana und Garwen auf den Wagen und brachte sie nach Hause. Die anderen Leichen ließ ich auf der Straße liegen. Mochten die Krähen sie fressen oder andere Menschen sich darum kümmern.

Enid kam mir schon an der Tür entgegen. "Die Abge—" Sie stockte, als sie meinen Gesichtsausdruck sah.

"Schick sie weg", herrschte ich sie an. "Ich will niemanden sehen."

"Herr?"

"Sorg dafür, dass Morganas Leiche zu ihrem Bruder gebracht wird. Ich werde Artus einen Brief schreiben und alles erklären."

Sie griff sich ans Herz. "Mein Herr —"

"Lass Garwens Leiche hinaus auf das Feld vor meinem Fenster schaffen. Ich will sehen, wie die Krähen ihr das Fleisch von den Knochen hacken."

"Aber, Herr!"

"Enid", sagte ich ernst. "Sie hat es verdient. Tu, was ich sage und erwähne weder Garwen noch Morgana noch einmal in meiner Gegenwart."

Sie knickste. "Ja, Herr." Sie wandte sich um und ging.

Ich blickte ihr nach. Enid war jung und gut aussehend. Und ich fühlte mich verpflichtet, meine Kräfte an einen Erben weiterzugeben. Wenn ich schon mit einer Frau schlafen wollte, warum nicht sie?

3

Patrizia

(Juni 2017, "Erde-2")

Ich lief barfuß im Gras hin und her. Es war ein wunderschöner, warmer Sommermorgen wie jeder Tag in Éabhas kleinem Universum. "Es reicht nicht", sagte ich, "Morgana zu retten. Wir müssen Garwen neutralisieren. Wenn ein Anschlag misslingt, wird sie gleich den nächsten versuchen."

Melanie runzelte die Stirn. "Wenn mich meine Kenntnisse der Artus-Sage nicht im Stich lassen, war Merlin doch ein Einzelkind. Nirgendwo habe ich etwas von einer Schwester gelesen."

Éabha winkte ab. "Du hast ja keine Ahnung, wie viele Versionen dieser Legende ich schon gehört habe."

"Hier geht es nicht um eine Legende." Barfuß auf dem weichen Gras konnte ich nicht aufstampfen. "Konzentriert euch auf den Fall. Ich will wieder heim."

"Komm her", sagte Melanie und nahm mich in die Arme. "Du solltest dir klarmachen, dass wir hier so lange Urlaub machen können wie wir wollen. Wir müssen eine Zeitreise machen, da ist es egal, wie viel Zeit vorher vergeht."

"Oh", machte ich kleinlaut. "Da hab' ich wohl mal wieder nicht vierdimensional gedacht."

Éabha hob fragend eine Augenbraue.

"Zurück in die Zukunft", erklärte ich. "Mein Lieblingsfilm." Dann runzelte ich die Stirn. "Hast du denn überhaupt eine Zeitmaschine hier?"

Éabha lächelte. "Meine ganze Welt ist eine Zeiten-Maschine, Kleines. Je nachdem, wo du sie verlässt, kommst du woanders und wann anders hin."

Ich blickte mich um. "Is' ja cool", murmelte ich.

"Und du weißt", fragte Melanie, "wo genau du uns rauslassen musst, damit wir bei Morgana ankommen?"

"Ja." Éabha sagte das mit voller Überzeugung.

"Also", fragte ich Melanie. "Hast du einen Plan?"

"Zumindest eine Idee. Wir müssen vor Garwen bei Morgana sein. Wir müssen irgendwie ihr Vertrauen gewinnen. Wir können sie nämlich nicht rund um die Uhr beschützen. Das kann sie nur selbst tun."

4

Morgana

(und wieder zur selben Zeit, eine Tagesreise entfernt ...)

Es donnerte.

Lucius zuckte zusammen und zog sein Schwert.

Patroclus legte ihm die Hand auf den Arm. "Nur die Ruhe, Kleiner. Das ist nur ein Gewitter."

Ich zügelte mein Pferd, auch die Männer hinter mir hielte ihre Streitrösser an.

Lucius wedelte mit seinem Schwert durch die Luft und hätte beinahe Patroclus' Nase erwischt. "A-a-aber d-d-das ist nicht normal."

Mein Blick folgte der Richtung seines Schwerts. Am Himmel hing eine Gewitterwolke. Eine sehr kleine Gewitterwolke. "Lucius hat recht", sagte ich. "Das ist nicht normal."

Ein Blitz zuckte aus der Wolke zu Boden und erneut ertönte ein grollender Donner.

Lucius bekreuzigte sich. "Jupiter ist wütend", sagte er.

Ich schüttelte nur den Kopf. Diese Römer! Konnten sich nicht zwischen Christentum und ihrer alten Götterwelt entscheiden. "Wir schauen uns das an", sagte ich. "Vorsichtig."

Wenn dort ein Magier mit dem Wetter spielte, sollte ich davon wissen. Mir fiel im Moment niemand ein, der das konnte und in der Gegend lebte.

Als wir näher kamen, rannte plötzlich eine kleine Gestalt aus dem Gebüsch in meine Richtung. Lucius war wie der Blitz von seinem Pferd und stellte sich dem Angreifer in den Weg.

Der ließ sich sofort auf die Knie sinken. "Domini", keuchte er, "auxiliate!"

Ein Kind? Ein Junge, vielleicht zehn Jahre alt, in seltsamer Tracht. Er war von Hals bis Fuß in schwarzes Leder gekleidet.

"Lucius, zurück!", befahl ich und stieg ab.

"Herren, helft", wiederholte der Junge.

"Was ist passiert?"

"Herren, helft", wiederholte er noch einmal und zeigte hinter sich.

"Lucius, Patroclus, schaut nach, was dort ist."

Lucius blickte argwöhnisch auf den Jungen, doch nach einem Wink von Patroclus folgte er, immer noch mit gezogenem Schwert.

"Wer bist du?", fragte ich den Jungen. "Wo kommst du her?"

Er blickte mich verwirrt an. Sprach er kein Latein?

Ich versuchte es auf Walisisch. "Beth yw eich enw?" Doch er schüttelte nur den Kopf. "êower nemning?" Keine Reaktion. "Nomen?"

"Oh", sagte er. "Pat— äh — Michael. Nomen est Michael."

Die Worte kamen stockend, als hätte er gerade erst begonnen, Latein zu lernen.

"Hier liegt eine Frau", hörte ich Lucius rufen.

Michaels Kopf fuhr herum. Dann wieder zurück zu mir. "Meus soror."

"Soror mea", korrigierte ich ihn. Seine Schwester? "Ist sie tot?", rief ich in Lucius Richtung.

"Nein", kam Patroclus' tiefe Stimme. "Sie atmet. Es sieht aus als hätte der Blitz sie getroffen. Und — äh — sie ist nackt."

Ich wandte mich um. "Gwendolyn, nimm eine Decke und folge mir."

"Ja, Herrin."

Ich winkte dem Jungen zu folgen und schritt durch die Lücke im Gebüsch. Nach wenigen Schritten kamen wir zu einer kleinen Lichtung. Das Gras war an mehreren Stellen verbrannt. Die Frau — ich hielt den Atem an. Sie war jung und sehr schön. Sie trug langes, blondes Haar zu einem sorgfältigen Zopf geflochten.

In ihren recht voluminösen Brüsten trug sie Eisenringe wie in die Nasen von Rindern. Ein sehr ungewöhnlicher Schmuck. Ebenso ungewöhnlich war es, dass ihre Schamgegend keinerlei Haar aufwies. Sehr interessante Mode.

"Gwendolyn", sagte ich. "Bedecke sie."

Oberhalb einer ihrer Brüste befand sich ein roter Fleck. Daran hatte Patroclus wohl abgelesen, dass sie von einem Blitz getroffen worden war. Ich kniete mich zu ihr und strich mit den Fingern leicht über das Mal.

Es kribbelte so stark vor Magie, dass ich zurückzuckte. Das stammte nicht von einem Blitz. Das war ein Gottesmal in Form von Lippen.

Sie stöhnte leise. Ich legte meine Hand auf ihre Stirn. Sie war kühl, es fühlte sich nicht nach einem Fieber an. "Was ist geschehen?", wandte ich mich an den Jungen, bevor mir einfiel, dass er mich wohl weder verstehen noch mir erklären konnte, was ich wissen wollte.

Die Frau murmelte etwas in einer Sprache, die sich nach Germanisch anhörte.

"Ihr Name?", fragte ich den Jungen.

"Melanie", antwortete er. "Auxiliate?"

"Ihr fehlt nichts", sagte ich. "Sie wird bald aufwachen."

Ich wandte mich um. Alle Soldaten standen um mich herum und starrten die inzwischen notdürftig verhüllte Frau an. "Habt ihr nichts Besseres zu tun?", fragte ich sie. "Schlagt ein Lager auf. Wir bleiben über Nacht hier. Bewegt euch!"

*

Wir hatten zwar nicht geplant, zwischen zwei Dörfern zu übernachten, doch mein treuer Patroclus ging nie irgendwelche Risiken ein. Wir hatten einen Pferdewagen dabei, der bis obenhin mit allem Möglichen vollgestopft war, was man für einen langen Feldzug brauchte.

Es dauerte nicht lang und die Männer hatten ein großes Zelt mit zwei Abteilen aufgeschlagen, in dem aus Heu drei Lagerstätten für uns Frauen und bereitet waren.

Sie hatten die seltsamerweise immer noch schlafende Melanie auf eine der Lagerstätten gebettet.

Ich schickte die Männer hinaus und wollte mich gerade daranmachen, sie gründlich zu untersuchen, als der kleine Michael mir etwas entgegenstreckte. Es war ein geflochtener Kranz aus Blättern so groß wie ein Armband.

"Non periculosus", sagte er. "Auxilium audire."

Hilfe zu hören? Ich schüttelte den Kopf ob des grauenhaften Lateins und musterte den Kranz. Er strömte Magie aus, göttliche Magie, aus derselben Quelle wie Melanies Mal. Machtvoll, aber offensichtlich ungefährlich.

Ich griff nach ihm.

"Gottseidank!", murmelte Melanie und richtete sich auf. Es schien ihr gar nichts auszumachen, dass dabei die Decke herunterrutschte und ihren Oberkörper freigab.

Ich blickte verwirrt von ihr zu Michael.

"Leg dir das Armband um", sagte er. "Dann kannst du uns verstehen und hast deine Hände frei."

Er sprach weder Walisisch noch Britannisch noch Latein. Es hörte sich irgendwie Germanisch an, aber ich konnte es perfekt verstehen. Ich schob meinen Arm in das Band.

"Wer seid ihr beide?", fragte ich.

"Zeitreisende", sagte Michael grinsend.

"Patrizia", sagte Melanie. "Kannst du dich bitte zügeln."

"Ist schon gut, Großmutter."

"Zeitreisende? Patrizia? Großmutter?"

"Richtig", sagte der Junge. "Das hier —" Er wies auf seinen Unterleib. "— ist Michael, aber hier drin —" Sein Finger wies auf seine Schläfe "— steckt hundert Prozent Patrizia."

Ich runzelte die Stirn. "Ihr seid wandernde Seelen?"

"Nicht wirklich", sagte Melanie. "Aber du kennst so einen Zauber?"

Ich nickte langsam. Ich kannte sogar mehrere verschiedene. Allerdings eher vom Hörensagen. Ich war eine Anhängerin der Morrígan, doch das hieß nicht, dass ich auch die dunklen Seiten der Göttin verehrte. Sie war eine starke Frau, eine Kriegerin, stand aber auch für schwarze Magie. Sie erschien in vielen verschiedenen Gestalten und lieh sich dafür die Körper sterblicher Menschen oder Tiere aus.

"Einen speziellen", fuhr Melanie fort, "bei dem der Magier die Krallen in den Hals seines Opfers schlägt, um seine Seele zu tauschen?"

Ich zuckte leicht zusammen. "Woher", keuchte ich, "kennst du das?"

"Kennst du auch jemanden, der das mit dir tun würde?"

Allerschwärzeste Magie? Ich schüttelte den Kopf.

"Jemand, der dir einen bestimmten Mann nicht gönnt?"

"Garwen", keuchte ich. "Sag mir sofort, was ihr wisst."

"Hast du Zeit", fragte Melanie lächelnd. "Das ist eine wirklich lange Geschichte."

*

"Wieso bin ich in euren Überlieferungen eigentlich die Böse?"

Melanie, Patrizia und ich saßen auf Holzstühlen um einen Tisch herum. Über uns am Zeltpfahl hing eine Öllampe, die genug Licht erzeugte, um sein Essen sehen zu können.

Melanie zuckte die Schultern, was ihre Brüste auf interessante Weise wippen ließ. "Ich habe da so meine Vermutungen. Starke Frau; tut, was sie will; sagt ihrem Bruder und anderen Männern die Meinung." Sie wies mit dem Daumen über die Schulter. "Die Kerle tanzen schön nach deiner Pfeife."

Ich runzelte die Stirn. "Es sind Söldner. Sie tun, was man ihnen sagt."

"In zweitausend Jahren Geschichte haben Männer nur selten akzeptiert, dass Frauen ihnen sagten, wo es langgeht."

"Das ist immer noch kein Grund —" Nun ja, zusammen mit meiner scheinbar bekannten Verbindung mit der Morrígan konnte das nach außen hin schon gefährlich erscheinen.

Ich zuckte die Schultern. "Was sollen wir machen?"

"Ich bin keine Hexe", sagte Melanie, "Ich weiß nicht, wie man eine bekämpfen kann."

"Das Problem ist", sagte der Junge — das Mädchen — nachdenklich, "dass sie in jedem stecken kann. In der Originalversion hat sie sich eine alte Frau ausgesucht."

"Die Originalversion", meinte Melanie, "kann sie nicht mehr durchziehen. Wir sind um einiges später dran. Ich hoffe, sie liegt stundenlang im Gras und holt sich den Tod."

"Da kannst du nicht drauf hoffen. Sie wird einfach noch einmal die Runen werfen und sehen, dass wir später kommen."

"Wird sie uns beide sehen können?", fragte Patrizia.

Ich zuckte die Schultern. "Wohl eher nicht. Zumindest kann sie nicht erfahren, wer ihr seid."

"Herrin", meldete sich Gwendolyn, "ich habe das Kleid für Herrin Melanie."

Melanie blickte hoch und wandte sich an mich. "So etwas wie Unterwäsche habt ihr nicht?"

"Unter-Wäsche?", fragte ich.

"Höschen, Büstenhalter", spezifizierte das Kind.

"Kleine Hosen? So wie die Gallier sie tragen, aber unter dem Kleid? Wofür soll das gut sein?"

Melanie lächelte. "Ist schon gut. Sag deiner Freundin, dass sie das Kleid an einen Haken hängen soll."

"Willst du nicht —" Ich wies auf ihre Brüste, die von der Decke nur notdürftig bedeckt wurden.

"Hier im Zelt ist mir so schon warm genug. Und wir sind ja unter uns Mädchen." Sie warf mir einen seltsamen Blick zu. "Aber wenn es dich stört?"

"Nein, nein." Ich wandte mich an Gwen. "Häng das Kleid an einen Haken. Und hol noch eins von meinen Unterkleidern. Das aus Seide. Unsere Gäste sollen nicht denken, dass wir Barbaren sind."

Melanie blickte mich überrascht an. "Ihr habt Seide? Ich dachte immer, die wäre erst mit Marco Polo nach Europa gekommen."

"Ich weiß nicht, wer das ist. Aber die Römer haben schon vor langer Zeit Seide nach Britannien mitgebracht. Inzwischen soll sie auch in Asia minor hergestellt werden."

"Weicher Stoff wird auf jeden Fall meinen Brustwarzen guttun."

"Du hast noch nicht erzählt, warum du solche Ringe trägst."

"Patrizia", sagte sie, "ich denke es ist Zeit fürs Bett."

"Oooch, Oma. Jetzt wo's spannend wird."

"Gwendolyn", sagte ich. "Zeige dem jungen Herrn seine Schlafstelle."

*

Ich erwachte mitten in der Nacht. Zuerst dachte ich, ich hätte ein Geräusch gehört, doch dann merkte ich, dass ich meine Blase dringend entleeren musste.

Nachdem sich Patrizia schmollend verdrückt hatte, schenkte Melanie uns noch zwei Becher mit spanischem Wein voll und begann zu erzählen. Den Teil der Geschichte, den sie bisher ausgelassen hatte.

Drei Becher Wein später lagen wir beide am Boden und sie demonstrierte mir, was das Wort Cunnilingus bedeutete. Nicht, dass ich mir die Bedeutung nicht hätte erschließen können. Außerdem war sie nicht die erste Frau, mit der ich mich vergnügte, aber ihre glatte, haarlose Haut war schon eine neue Erfahrung. Eine, die noch damit einherging, dass keine von uns ein lautes Geräusch machen durfte, auch nicht beim Höhepunkt. Auch nicht beim zweiten.

Irgendwann waren wir dann eingeschlafen. Doch nun musste ich dringend raus.

Ich blickte mich nach meinem Kleid um, doch Melanie lag quer darüber. Was für ein Hintern die Frau hatte!

Draußen war es hell genug, um den Weg in die Büsche zu finden und wieder zurück ins Zelt.

Drinnen jedoch — "Patroclus!", flüsterte ich. "Was machst du hier?"

Er stand mit dem Rücken zu mir und starrte offensichtlich auf Melanie. Dann wandte er sich um und blickte mich an. "Morgana", sagte er mit heiserer Stimme. "Ich muss dir etwas sagen." Er machte einen Schritt auf mich zu.

Irgendetwas war seltsam. Seine Augen blickten starr. Die Tatsache, dass ich nackt war, schien er gar nicht wahrzunehmen.

Noch ein Schritt. Er breitete die Arme aus und im schwachen Licht schien es, als hätte er Krallen an den Fingern. O Morrígan! Ich wollte einen Schutzzauber sprechen, doch seine Augen schienen mich zu bannen. Augen, die jetzt anfingen, rot zu leuchten. In einem Gesicht, das durch ein höhnisches Grinsen entstellt war. Doch plötzlich veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Er sah überrascht aus. Dann fiel er langsam nach vorne. Aus seinem Rücken ragte das Messer, das ich normalerweise in meinem Kleid versteckt trug.