Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Noriko Teil 02

Geschichte Info
"Das rote Kissen".
7.4k Wörter
4.3
35.7k
3
Geschichte hat keine Tags

Teil 2 der 3 teiligen Serie

Aktualisiert 06/07/2023
Erstellt 07/29/2009
Teile diese Geschichte

Schriftgröße

Standardschriftgröße

Schriftabstand

Standard-Schriftabstand

Schriftart Gesicht

Standardschriftfläche

Thema lesen

Standardthema (Weiß)
Du brauchst Login oder Anmelden um Ihre Anpassung in Ihrem Literotica-Profil zu speichern.
ÖFFENTLICHE BETA

Hinweis: Sie können die Schriftgröße und das Schriftbild ändern und den Dunkelmodus aktivieren, indem Sie im Story-Infofeld auf die Registerkarte "A" klicken.

Sie können während unseres laufenden öffentlichen Betatests vorübergehend zu einem Classic Literotica® Erlebnis zurückkehren. Bitte erwägen Sie, Feedback zu Problemen zu hinterlassen oder Verbesserungsvorschläge zu machen.

Klicke hier
Andy43
Andy43
174 Anhänger

Anmerkung des Autors:

Wer Spannung sucht und 'ungewöhnliche' Erotik zugleich, wird hier fündig. Das verspreche ich Euch. Ich bin jedenfalls auf Eure Kommentare gespannt. Für diese danke ich Euch schon jetzt.

Ohne Teil 01 gelesen zu haben, wirst Du diesen Teil nicht verstehen und umgekehrt :-)!

Viel Spaß. Euer Andy.

Teil 02

(„Das rote Kissen“)

Dan klappte sein Handy auf, überlegte einen Moment und wählte dann ihre Nummer.

Sein Gefühl riet ihm abzuwarten, sein Verstand tat das Gegenteil.

Das Boot schaukelte wiegend auf dem leichten Wellengang. Lee saß auf seinem Skipperstuhl, schlürfte einen Longdrink und schaute Dan kopfschüttelnd zu.

Dans Anruf kam nicht durch. Er klappte sein Handy zu, zog ein Gesicht und schaute Lee an.

„Du bist verrückt“, meinte Lee. „Lass dein Hände von asiatischen Frauen. Sie sind nichts für Europäer. Wir selbst haben schon genügend Probleme mit ihnen und Japanerinnen sind noch schlimmer, als unsere koreanischen Mädchen“, lachte Lee.

„Ja, möglicher Weise hast du Recht“, antwortete Dan.

„Schau, mein lieber Freund, ich habe wie du, ein schönes, neues Boot, ein Haus, Freunde, einen gut bezahlten Job und Frauen, welche ich auch immer haben will. Dir geht es doch im Grunde nicht anders. Lass es dir gut gehen, genieße das Leben, die Arbeit ist schon schwer genug, denk an dich, du solltest dich nicht an eine einzige Frau verschwenden, und erst recht nicht an eine Frau, die du im Grunde gar nicht kennst. Vielleicht hat sie nur mit dir gespielt, warst du nur ein kleines Stückchen Glück... sehr wahrscheinlich sogar“, erklärte Lee.

Dan griff nach seinem Glas und nahm einen kräftigen Schluck.

„Und, wenn ich das alles gar nicht will“, fragte Dan.

Lee runzelte die Stirn.

„Was meinst du damit“.

„Ich habe alles was ich will, so wie du, aber das reicht mir nicht“.

„Reich ist, wer weiß, wann er genug hat“, zitierte Lee.

„Von dir ist das bestimmt nicht“, lachte Dan.

„Laotse“.

„Ihr mit eurem Laotse, meinte Dan, das habe ich schon mal gehört, den treffe ich in Asien an jeder Straßenecke. Wo wohnt der eigentlich“, meinte Dan lächelnd.

„Wenn du unsere Lebensphilosophie verstehen willst, woher unser Denken beeinflusst ist, unsere Kultur, unsere Art zu Denken, dann solltest du dir mal das Dao zur Hand nehmen“.

„Noriko hat so einen Spruch in ihrer Wohnung hängen“.

„Du liebst sie“, stellte Lee fest und schaute Dan auffordernd an.

„Wie kommst du darauf“, fragte Dan.

„Weil du ständig darüber nachdenkst“.

„Ich frage mich, ob es falsch ist“, erwiderte Dan nachdenklich.

„Wenn ich sage, dass ich alles habe, was ich mir wünsche, heißt das nicht, das ich das alles brauche, um glücklich zu sein, ich bin noch nicht angekommen“, antwortete Lee.

„Du widersprichst dich“, meinte Dan.

„Ich passe mich dem Lauf der Dinge an, beobachte die Welt um mich herum, frage mich, was mich morgen erwarten könnte. Wenn es so wäre, das ich morgen alles verlöre, alles was ich habe, so bliebe ich doch immer derselbe. Alles ist im Wandel. Ich arbeite hart, verlasse mich dabei aber nicht alleine auf mich selbst. Die Kraft liegt nicht im Haben sondern in der Weise wie man loslassen kann. Alles fließt. Auch ich gehe mehr oder weniger meinen Weg mit dem Dao. Du darfst dich nicht den Dingen unterwerfen, gehe mit ihnen im Einklang. Wenn du liebst, halte dich nicht daran fest, lasse dieses Gefühl los und entziehe dich seinem Einfluss. Lass dich nicht durch Wünsche und Begierden beeinflussen, handle intuitiv, lass es einfach geschehen. Im Loslassen liegt die Weisheit und Kraft, nicht im Besitz von Geld, Macht oder Gefühlen“.

„Es ist nun einmal so, dass ich das Gefühl ´habe´“, entgegnete Dan.

„Nein, mein lieber Freund. `Das Gefühl hat dich`, erklärte Lee nachdrücklich.

Dan runzelte die Stirn und dachte nach.

„Denke nicht darüber nach, ob es richtig oder falsch ist, ein Gefühl entzieht sich jeder Logik. Entscheide intuitiv. Lass dich los“, fügte Lee hinzu.

„Was sollte dann deine Warnung bezüglich asiatischer Frauen, du Scherzkeks“, fragte Dan lächelnd.

„Ihr Europäer seid zu verkopft, eure abendländische Kultur und Philosophie hat euch zu Meistern des Denkens gemacht. Ihr seid in allem so logisch. So kontrollierend. Und daher vertraut ihr nicht mehr eurer Intuition. Ihr seid nicht spontan. Ihr habt Angst vor dem Wuwei. Die Dinge in der Welt ordnen sich selbst, mein lieber Dan“.

Dan schaut ihn fragend an.

„Du hältst mir wohl gerade eine `daoistisch` verbrämte Standpauke“, knurrte Dan.

„Ruf sie an, aber lass dich nicht von deinen Gefühlen beherrschen, es wird sich fügen, die Dinge ordnen sich von selbst und wenn deine Erwartungen nicht eintreten, sie dir deiner Liebe keine Hoffnung macht, dann löse dich auch von deinen Befürchtungen und deinen Ängsten vor Dingen, die du noch gar nicht besitzt“.

Dan schaute auf sein Handy.

„Sie müsste jetzt zu Hause sein“, meinte Dan leise.

„Wenn es so ist, ist es so“, antwortete Lee und steckte sich eine Zigarette an.

Dan verdrehte genervt seine Augen, wählte ihre Nummer und hielt sich das Handy ans Ohr.

Lee grinste.

Noriko schaute auf das Display und nahm das Gespräch an.

„Hallo Dan“

„Hallo Noriko“.

„Was machen die Geschäfte“.

Dan zog ein Gesicht. Ich rufe sie an, weil ich sie... und sie fragt mich nach meinen Geschäften, was interessieren mich jetzt meine Geschäfte... ,zuckte es Dan durch den Kopf.

„Gut soweit, alles Bestens. Mein Flieger geht morgen, ich kann nach Osaka kommen, du wolltest dir eine Woche Zeit nehmen, so dass ich zu dir kommen könnte...“

„Ja, brauche ein wenig Zeit für mich, du bist in Seoul, nicht wahr“.

´Zeit für mich´ wiederholte Dan in Gedanken.

„Im Moment genieße ich das Meer... auf dem Boot meines Kollegen und Freundes Lee“, erzählte er.

„Du lässt es dir gut gehen“.

„Ein paar Tage Ruhe tun mir gut, nach der Arbeit“.

„Bevor du nach Osaka kommst... zum Zeitvertreib... für eine Woche“.

Was ist denn jetzt los, dachte Dan nervös.

„Wenn ich mich recht entsinne, wolltest du, das ich zu dir komme...“

„Was willst ´du´...“

Dan schaute zu Lee herüber, der Dans Worten aufmerksam zuhörte, in Dans Gesicht zu lesen versuchte und konzentriert einen Rauchkringel in die Luft hauchte.

Dan suchte nach einer passenden Antwort. Er wollte ´sie´.

Lee schüttelte bedeutungsvoll seinen Kopf, als ahnte er Dans Gedankengang.

„Ich will zu dir und sehen, was auf uns zu kommt..“

Lee nickte schmunzelnd.

„Wann kommst du am Flughafen an...“

Dan entspannte sich wieder.

„Um die Mittagszeit“.

„Ich werde dich abholen..., ich muss morgen früh noch kurz zur Universität und fahre von dort zum Flughafen.“

„Schön, ich freue mich“, meinte Dan.

„Bis morgen, Dan“.

„Fruchtig in der Vornote und trocken im Abgang“, meinte Lee lächelnd, nachdem er an seinem Longdrink genippt hatte. Du musst mir nichts erzählen“.

„Ich dachte...“

„...sie hat dich zum Vögeln zu sich eingeladen und du 'dachtest'“, unterbrach ihn Lee.

„Bei unserem letzten... 'Beisammensein', war ich in ihrem Bett“, meinte Dan süffisant.

„Ist das was besonderes“, fragte Lee.

„Für sie schon... und für mich auch. Wir waren vorher etwas Essen..., da war mehr, verstehst du“.

„Mehr, wovon“.

„Gefühle, mein Lieber, Gefühle“.

„Es ist hoffnungslos“, meinte Lee.

„Sie hatte mir im Restaurant gesagt, das ´sie´ es schön finden würde, wenn ich ein Woche zu ihr käme“.

„Liebe geht halt durch den Magen, so sagt man es doch“, lachte Lee.

„Mit dir kann man nicht reden“, raunte Dan.

„Dir scheint es wirklich nicht klar zu sein“, meinte Lee.

„Was meinst du, sprich gefälligst Klartext mit mir“, raunte Dan.

„Sie haben sie dir geschenkt, ´für eine Nacht´, durch die Blume sozusagen, dass daraus mehr für dich geworden ist, ist wohl ganz allein dein Problem.“

Dan sah ihn erschrocken an.

„Ich war schon oft geschäftlich in Japan, genauso wie du, ich weiß wovon ich rede. Ich habe angenommen, auch du wüsstest Bescheid“, erklärte Lee weiter.

„Du meinst...“

„Es ist so, glaube mir. Glaubst du tatsächlich, dass es ein Zufall war. Du hast mir geschildert, wie sie dich damals auf deinem Zimmer besucht hat und versucht hat, dir etwas klar zu machen. Sie ist ein Geschenk gewesen, nach einem erfolgreichen Geschäftsabschluss“.

„Sie ist eine Prostituierte... ,denkst 'du'. Das hat sich für mich aber anders dargestellt“, raunte Dan säuerlich und kam ins Grübeln.

„Ja und nein, du wirst es nicht verstehen“, meinte Lee.

„Erkläre es mir trotzdem“.

„Für euch Europäer muss alles immer nach euren Vorstellungen ablaufen, nicht wahr. Alles muss für jeden Teilnehmer logisch nachvollziehbar sein. Es darf keine Unstimmigkeiten geben, alles muss daher offen ausgesprochen, ausdiskutiert und vertraglich festgehalten werden, damit es ja keine bösen Überraschungen gibt. Jede These über das Leben wird zu Tode diskutiert, auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft, bis auf die Knochen.“

„Was ist falsch daran“.

„Nichts. Aber du bist nicht in Europa. Glaubst du tatsächlich, sie hätten dir das offen sagen sollen. ´Als dank für unseren erfolgreichen Kontrakt, schenken wir ihnen eine Nutte, die ihnen ihren weiteren Aufenthalt bei uns versüßen wird. Wir wünschen ihnen daher fröhliches Vögeln. Erachten sie es als eine Aufmerksamkeit von uns. Teilen sie uns bitte mit, ob sie nach ihrem Geschmack war´“.

Dan schaute Lee verwirrt an, der an seiner Zigarette zog.

„Das läuft in Japan anders, und bei uns ist es ähnlich, zumindest in den entsprechenden Kreisen der Gesellschaft“. fügte Lee hinzu und lächelte.

„Du meinst...“

„Ich kenne deine ´Noriko´ ja nicht... ,ich könnte dir auch andere Namen nennen“, erklärte Lee verschmitzt.

Dan dachte nach.

„Was ist mit dem ganzen Drumherum, ich meine, ihr Studium, die Wohnung und... ,es kam mir wirklich nicht so vor“, dachte Dan laut.

„Das alles ist keine Lüge, keine Fassade, es ist nur... inkognito sozusagen. Dan, sie ´kann´ nicht für dich sein, was sie für ´dich´ sein soll. Sie trägt eine Maske... ,und doch war es ´ihr´ Bett, verstehst du“.

Dan dachte an den Augenblick im Restaurant, wo ihn zuerst das Gefühl beschlichen hatte, sie hätten Noriko auf ihn angesetzt, um mehr über ihn und seinen Geschäften heraus zu bekommen, nachdem sie ihm erklärt hatte, dass sie in der gleichen Branche tätig werden wollte wie er, nach ihrem Studium. Sie hatte Angst, dass er ihr Motiv falsch verstehen könnte. Allmählich verstand er es.

Dans Enttäuschung stand ihm ins Gesicht geschrieben.

„Ich hatte zuletzt das Gefühl, sie würde mehr für mich empfinden, verstehst du“, meinte Dan.

„Warum sollte sich ein japanisches 'Freudenmädchen' nicht verlieben dürfen, betonte Lee. Finde es heraus, ich kann dir nicht sagen, ob es so ist, ich weiß nur, dass es für dich ein emotionales Abenteuer mit ungewissem Ausgang sein wird. Hüte dich vor deinen Gefühlen und dem, was du siehst“.

*

Der Zollbeamte reichte Dan seinen Pass. Die Überprüfung seines Gepäcks hatte wie immer lange gedauert.

Dan nahm seinen Pass entgegen, steuerte seinen Gepäckwagen in die Ankunftshalle und suchte zwischen den wartenden Menschen nach Norikos Gesicht.

Sie stand am Rande der Menschentraube, die sich am Ankunftsterminal drängte. Sie war ganz in Schwarz gekleidet. Ihr helles Gesicht leuchtete. Dans Herz begann zu klopfen. Ein leichtes Lächeln legte sich um ihren Mund, als Dan auf sie zu ging.

„Schön, das du da bist“, sagte sie leise und reichte ihm die Hand.

„Ich freue mich auch“, erwiderte er.

„Mein Wagen steht in der Tiefgarage“, meinte sie und steuerte einen Fahrstuhl an.

Dan wollte sie in den Arm nehmen, er spürte aber, dass sie es nicht wollte. Er fühlte eine zurückhaltende Distanz.

Er hatte sich eine herzlichere Begrüßung vorgestellt, dachte aber sofort an Lee's Warnung.

„Ist in Korea alles nach deinen Vorstellungen gelaufen, geschäftlich“, fragte Noriko.

„Ja, jetzt bin ich hier, wie versprochen, ich habe Zeit“.

„Das ist gut, so können wir uns mit der Zeit näher kennen lernen“, antwortete Noriko. Es klang, als hätte sie Monate dafür eingeplant. Dan runzelte die Stirn und versuchte mit der Situation klar zu kommen. Er dachte an die tabulosen Eskapaden mit ihr, die erst kurze Zeit zurück lagen und jetzt erst sollte er sie kennen lernen. Verdrehte Wirklichkeit, dachte Dan. Seine Gefühle stürmten nach vorn, während seine Vernunft die Handbremse zu ziehen versuchte.

Es war eine andere Noriko, die ihn am Flughafen begrüßte. Sie war sie, nicht ihre Maske. Dan dachte an ihr erstes Zusammentreffen in ihrer Wohnung, als sie ihm ihr Spiel erklärte. Das hier war keine Spiel mehr, keine Theateraufführung, kein illusorisch verklärter Blick auf eine Bühne. Noriko kam ihm fremd vor. Wer war sie.

Noriko öffnete den Kofferraum. Dan verstaute sein Gepäck.

Sie stiegen ein.

„Du kannst bei mir wohnen“, meinte Noriko und startete den Wagen. 'Kannst', fragte sich Dan in Gedanken. Wo denn sonst. Hatte im Grunde auch nichts anderes erwartet, nach Alledem. Wenn du wüsstest, wie ich Hotels hasse. Im gleichen Moment schossen ihm Lee's Ansichten siedend heiß in den Kopf. Wenn sie eine Hure war, dann war es schon etwas ganz besonderes, wenn sie mich bei ihr wohnen lässt. Die letzte Nacht, bevor ich abreiste, hatte ich in ihrem Bett verbracht, in 'ihrem' Bett. Sie fährt mit mir zu sich nach Hause, sinnierte Dan. Er erinnerte sich, wie empfindlich sie darauf reagierte hatte, als es um ihr Zuhause ging, er sich versprach, auf dem Dach des Einkaufszentrums, danach. Dan war angespannt. Es herrschte eine seltsame Stimmung.

Noriko schwieg während der Fahrt. Dan beobachtete den Verkehr.

Er fand sich nicht zurecht, erkannte aber doch, das Noriko nicht in Richtung ihres kleinen Apartments fuhr. Sie steuerte den Wagen in Richtung Stadtrand.

„Es dauert nicht mehr lange, dann sind wir bei mir Zuhause“, erklärte Noriko plötzlich, als hätte sie Dans Gedanken gelesen. „Ich habe mir wie versprochen ein Paar Tage frei gehalten. Ich muss nicht zur Universität. Wir sind da.“

Noriko hielt vor einem mehrstöckigen Wohnhaus im modernen Stil, dessen Fensterscheiben dunkel getönt waren. Noriko bediente eine Fernbedienung, die das Tor zur Tiefgarage hoch fahren ließ und steuerte hindurch. Sie hielt auf einem nummerierten Parklatz. Sie schaute in den Innenspiegel und kontrollierte ihr Makeup, dass sie wie immer dezent aufgetragen hatte. „Du bist schön“, sagte Dan und schaute sie an. „Ich sehe in der letzten Zeit immer nur dein schönes Gesicht vor mir.“ Dan nahm allen Mut zusammen. „Du weißt, das ich dich liebe“, erklärte er und legte alle Hoffnung in seine Stimme. Sie lächelte zunächst. Ihr Gesicht nahm wieder ernstere Züge an.

„Wenn du siehst, was ich bin, wirst du mich nicht mehr wollen. Wenn du aber erkennst, wer ich wirklich bin, wirst du mich lieben“, erklärte sie. Es hängt nicht von mir ab oder von Anderen, es hängt allein von dir ab, was 'du' in mir siehst. Das ist meine Hoffnung. Es ist schon schwierig für manche Japaner. Du wirst loslassen müssen, was du jetzt in mir siehst, um mich zu bekommen. Nicht, weil ich dich nicht will, es ist deine kulturelle Herkunft, die uns trennt, sie verhindert das, was du zu verstehen meinst, wenn du sagst, 'ich liebe Noriko'.“

Dan schaute sie entgeistert an. Er verstand kein Wort.

„Du wirst es verstehen müssen. Willst du mich überzeugen, so muss ich mir ebenfalls deiner sicher sein, um deinetwegen“, meinte Noriko, die sein Gesicht musterte. „Du hast keine Wahl. Lass dich darauf ein und versuche zu verstehen oder vergiss mich“.

„Ich kann dich nicht vergessen“, erwiderte Dan.

„Vergiss Noriko..., sieh mich an“, sagte Noriko.

Dan dämmerte es.

„'Wer' bist du“, fragte er sie.

Noriko schmunzelte.

„Die, die dich an die Hand nimmt. Du kannst sie jeder Zeit los lassen. Wir werden heute Nacht eine private Theateraufführung besuchen, für einen ausgesuchten Zirkel von hohen Persönlichkeiten aus allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Es wird dir seltsam vorkommen, aber, was immer du siehst, lasse es einfach auf dich wirken, es wird sich wahrscheinlich deinem Verständnis entziehen“, eröffnete Noriko ihm. „Lass uns jetzt nach oben gehen, du hast sicher Hunger“.

Der Fahrstuhl öffnete sich. Noriko betrat den Flur und öffnete die Wohnungstür. Dan betrat hinter ihr die Wohnung. Das Penthouse lag in der obersten Etage. Noriko legte ihr schwarzes Jackett ab und hing es an eine Garderobe im Entree zu ihrem Wohnzimmer. „Deine Koffer kannst du später auspacken. Lass uns erst etwas essen“, meinte sie, ging in Richtung Wohnzimmer, warf ihre Handtasche auf eine große, vanillefarbene Ledergarnitur, die in Hufeisenform um einen riesigen, ovalen Glastisch gruppiert war und verschwand durch eine Glastür in Richtung Küche.

Dan schaute sich staunend um. Die Größe des Wohnzimmers alleine hätte einer durchschnittlichen, japanischen Familie zur Wohnung genügt. Die getönten Fensterscheiben reichten bis zum Boden und warfen ein gedämpftes, aber angenehmes Licht in den Raum. Das Interieur war in hellen Farbtönen gehalten und wurde nur durch die bunten Farben der Bilder unterbrochen, die geschickt akzentuiert an den cremefarbenen Wänden hingen. Dan entdeckte einen Chagall. „Wir können hier essen oder in der Küche“, meinte Noriko und zeigte dabei auf einen milchweißen Marmortisch, der in einem Winkel des Wohnzimmers stand. Dan schaute sie fragend an.

„Hier lebe ich, im kleinen Apartment studiere ich“, sagte sie.

Dan schaute sie an, ging aber nicht auf ihre Anmerkung ein.

„Das ging aber schnell, mit dem Essen zubereiten“, meinte Dan schmunzelnd.

Noriko lächelte. „Ich hatte schon etwas vorbereitet.“

„Ich ziehe die Küche vor, ich schaue dir gern beim Kochen zu“, entgegnete Dan schließlich. Noriko lächelte wieder.

Er betrat die Küche. Noriko zeigte auf einen kleinen Tisch, der schon mit Schalen, Tellern und Stäbchen eingedeckt war.

Dan schmunzelte. Reine Höflichkeit, dachte er, obwohl sie mich richtig einzuschätzen weiß. Süße Maus.

Noriko hatte ein kleines Menü zubereitet, stellte die Speisen auf den Tisch und setzte sich zu Dan. „Ich hoffe du magst Sushi. Leider hatte ich heute nicht viel Zeit.“

„Mache dir keine Gedanken, zum einen habe ich im Flugzeug etwas gegessen und zum anderen ist Sushi jetzt genau das Richtige. Ich mag es.“

Dan warf einen Blick in die Küche, die modern eingerichtet war. Es fehlte in Norikos Wohnung an Nichts, ja, sie wirkte edel. Durch ihre Tätigkeit in der Hotelbar kann sie sich das unmöglich leisten, ein Apartment in der City und dieses Penthouse, dachte Dan. Er hatte viele Fragen, suchte nach Antworten, wollte aber nichts überstürzen. Noriko würde es ihm erklären, auf ihre Weise, da war er sich sicher.

„Ich werde nächste Woche mit meiner Abschlussarbeit beginnen. Unabhängig vom Ergebnis, habe ich bereits eine feste Zusage für eine Anstellung im Management, für ein Jahr“, meinte Noriko.

„Das ist wunderbar, dann hast du ja erreicht, was du wolltest, ich freue mich für dich, Noriko.“

„Es wird für mich eine harte Zeit. Ich werde mich ganz und gar auf meine Arbeit konzentrieren müssen, wenn ich weiter kommen will. Wenn sie mich nach dem ersten Jahr fest einstellen, stehen mir Tür und Tor offen. Zum Konzernmanagement dieser Firma zu gehören, ist eine besondere Auszeichnung, nicht nur beruflich, auch gesellschaftlich.“

„Ich verstehe genau, was du meinst“, antwortete Dan. Es würde mir zwar nicht genügen, dich alle Paar Wochen zu sehen, nur mit dir zu telefonieren, aber ich respektiere es. Mir geht es genauso. Wir tragen große Verantwortung für das, was wir machen, insbesondere für das, was wir uns vertraut gemacht haben, nicht nur für uns selbst.“ Dan hatte diesen letzten Gedanken in einem kleinen Buch gelesen und sich diesen zu seiner Lebensmaxime gemacht.

Noriko schaute ihn an.

„Ja, du hast recht. Darum geht es.“

„Man bekommt im Leben immer einen kleinen Vertrauensvorschuss, den Rest muss man sich erarbeiten. Das geht nur mit Offenheit, Respekt und Aufrichtigkeit, will man eine dauerhafte Verbindung aufbauen, das gilt für geschäftliches und privates“, meinte er. Dan ging in die Vollen. Er wusste, wo der Nerv saß und wie man ihn traf, ohne das es weh tat. Diesen Grundsatz vertrat er bei allen geschäftlichen Verhandlungen, gerade mit japanischen Geschäftspartnern und diese wussten es zu schätzen. Er redete nie um den heißen Brei. Jeder wusste, worauf es Dan ankam.

Andy43
Andy43
174 Anhänger