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Phantom of my Opera

Geschichte Info
Bruderherz, lass mich backstage schmutzige Dinge mit dir tun.
10.5k Wörter
2.91
41.9k
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ALOHOMORA :D

&dankeschön für euer interesse an der superlative des schamlosesten kitschigsten schmu, der je hier hochgeladen wurde. und damit meine ich keine seichtgespülte boy's romance, sondern richtig richtig RICHTIG ätzenden, sich durch alles durchfräsenden, tropfenden K.I.T.S.C.H. ye been warned!

diese story ist rewritten/aufgespiced aus 2006 (*boo yeah i'm so old*... T^T) - stellenweise ist logik deshalb echte mangelware, ich hoffe, ihr könnt darüber hinwegsehen... aber okay, es ist ja auch inzest, das ist ohnehin schwer logisch aufzudröseln *find*

&omg ja verdammt, das war mal *hust*tokiohotelfanfiction*/hust* (yup, ich hatte mal einen anderen schreibnamen). aber hand aufs herz, wenns mir nicht abhanden gekommen wäre: ich liebe diese bekloppte kitschromanze. &mir war danach, sie zu überarbeiten. yoho, here we go!

...ich erwähnte, dass das hier BOY X BOY ist, aye? twincest? brüderliebe? gut. alle klarheiten beseitigt. dann auf in die unlyrische katastrophe!

gewidmet: einer superlieben freundin, die genauso süchtig nach boyslove ist wie ich :D

&meiner liebsten BFF - auf der nächsten buchmesse lesen WIR aus UNSEREM roman vor! promise x)

VORHANG AUF! ...wortwörtlich gar, kek.

PHANTOM OF MY OPERA

Akt I.

It goes head over heels! Falling in love with a Phantom

Es regnete. Wieso musste es bloß dauernd und ständig regnen in diesem bescheuerten Herbst, so kurz vor den Ferien? Sawyer schnaubte, wandte den Blick ab vom Fenster und legte seine Arme quer über seinen Tisch. Eigentlich sollte er jetzt Matheaufgaben lösen, aber da dieses Fach sowieso zu seinen Highlights der schlechten Noten zählte und er die kompliziert aufgezogenen Vektorgraphiken und ihre dummdämlichen Matrizen ohnehin nicht kapierte, das ganze Unterfangen ergo ziemlich sinnlos war, konnte er die Aufgaben ebenso links liegen lassen und sich Produktiverem widmen.

Beispielsweise der Einladung, die er von Sylvi, einer Kurskameradin seines Spanisch-Gks, erhalten hatte. In Sylvis Theater-AG, zu dessen Ensemble auch Sawyers Zwillingsbruder Preston gehörte und von dem Sawyer wusste, dass sie zurzeit irgnd so ein schwer kitschiges Musical einprobten, war eine Hauptrolle ausgefallen. Nun suchten sie händeringend nach einem Ersatz, der erstens singen konnte und zweitens gut aussah -- und die Wahl der Mädchen war einstimmig auf Sawyer gefallen. Eigentlich könnte er sich ja geschmeichelt fühlen...

...wäre es nicht ausgerechnet die Rolle der CHRISTINE! Die Rolle der weiblichen Hauptdarstellerin aus »Phantom der Oper«.

Na danke auch. Sawyer grollte leise vor sich hin, während er Sylvis Botschaft noch einmal überflog.

//Hey, Sawyer!

Sorry, das kommt jetzt wahrscheinlich überraschend und sehr plötzlich für dich, aber wir brauchen dich dringend für unsere Aufführung vom Phantom der Oper. Lily, die bisher den Part der Christine gemimt hat, musste sich ja beim Ballettunterricht unbedingt ihr linkes Bein brechen... sie ist voraussichtlich nicht wieder fit, bis wir aufführen werden.

Es wäre lieb, wenn du dich am nächsten Mittwoch mal bei uns meldest.

Aula, 14.30 Uhr.

Sylvi//

Was dachte die sich überhaupt dabei?? ...wahrscheinlich gar nichts... aber ihn traf es in seiner männlichen Eitelkeit trotzdem! Sah er denn wirklich so mädchenhaft aus?!

Okay, ja, dann hatte er vielleicht durchgestufte Haare, die ihm wellig auf die Schultern fielen... schwarz geschminkte Augen... adrett manikürte Nägel... Na und, dann achtete er halt auf sich und seine Erscheinung, aber das war noch LANGE nicht Grund genug, ihn als Mädchen abzustempeln!

Egal, er würde da heute Nachmittag auf der Bildfläche auftauchen, und sei es bloß, um Sylvi und dem Rest der Hühner gehörig die Meinung zu geigen! Im a-tonalsten Cis-Moll, zu dem er fähig war!

Der Schwarzhaarige nickte fest entschlossen, wollte die peinliche Botschaft umgehend in seiner Jeanshosentasche verschwinden lassen -- und kam nicht einmal mehr dazu, sie überhaupt wieder zusammenzufalten.

»Na, was haben wir denn da? Sawyer Fynn Ryder, du sollst dich lieber den Matheaufgaben widmen, statt dir Briefchen mit jemandem zu schreiben. Du hast die Übung bitter nötig!«

Rrrrgh... Sawyer gefror annähernd das Blut in den Adern. Was musste sein hochgeschätzter Mathelehrer sich auch immer so fies anschleichen...

Sawyer schluckte hart. Shit, erwischt worden bei anderen Aktivitäten während des Mathegrundkurses, und zwar nicht zum ersten Mal in dieser Woche -- das würde Ärger geben... Yay. Und was jetzt? Ob reuig vor dem Lehrer auf die Knie gehen reichen würde? Oder würde er auf allen Vieren dreimal ums Pult krabbeln und dabei die zehn Gebote rezitieren müssen? Wenn nicht gar schlimmer noch!

Sawyer, am Abwägen, ob er sich nicht einfach nur ganz lapidar entschuldigen sollte, wurde abrupt aus seinen Gedanken gerissen, als sein Mathelehrer sich aufmerksamkeitsheischend räusperte, sodass auch wirklich JEDER seiner Mitschüler mitleidig zu Sawyer rüberschielte, und dann meinte: »Komm nach der Stunde noch mal zu mir. Ich muss sowieso wegen deiner letzten Mathematikarbeit mit dir reden. Lass dir von Sophia erklären, wie du den Lösungsweg findest. Du wirst die erste Aufgabe gleich an der Tafel vorrechnen.«

Er drehte sich um und sah Gott sei dank nicht, wie Sawyer, geleitet von einen Anflug von Leichtsinn, ihm ergo hinter seinem Rücken die Zunge rausstreckte, ehe er sich seufzend der brünetten Sophia, dem Matheass des Kurses und seiner Sitznachbarin seit eh und je, zuwandte.

Hinein ins unabwendbare Desaster.

~

Als Sawyer um fünf nach halb drei am Nachmittag in der Aula auflief, war seine Laune auf dem absoluten Gefriernullpunkt angelangt.

Nicht nur, dass sein heißgeliebter Mathelehrer ihn unangespitzt in Grund und Boden gerammt und fast die ganze Pause lang nur gelabert und vorgeschlagen und noch mehr geschimpft hatte, nein! Sawyer musste auch noch Nachhilfe bei Sophia nehmen, das ganze restliche Schuljahr über! Und zu allem Blamabel hatte die Brünette Sawyers Zusammenstauchung auch noch aus der ersten Reihe beobachten dürfen -- der Lehrer hatte das Mädchen nämlich ebenfalls im Raum gelassen. Sie war sofort einverstanden, mit Sawyer zu lernen - der Schwarzhaarige ahnte auch, warum, waren Sophias eindeutige Seitenblicke in seine Richtung, wenn sie sich unbeobachtet wähnte, doch echt nicht schwer zu interpretieren - und versprach hoch und heilig, sich dreimal wöchentlich mit ihm für zwei Stunden zum Pauken zu treffen.

Super, wirklich ganz wunderbar.

Das war doch genau das, was ihm bisher noch gefehlt hatte an seinen langweiligen Nachmittagen!

Sawyer war nicht übel nach Schreien zumute.

Und diese Laune war beste Voraussetzung für seine Standpauke, die er den Mädels von der Theater-AG halten wollte. Er weigerte sich nämlich immer noch strickt, die Christine zu spielen. Weshalb sollte er auch? Als ob es nicht genügend Mädchen dafür gab! Wieso nahmen sie nicht einfach ein anderes weibliches Wesen anstelle von Lily? In der AG gab es doch sicherlich genügend bereitwillige Opfer... immerhin bestand sie doch fast nur aus Mädels... auch wenn immerhin sage und schreibe drei Jungs mit im Boot saßen -- Monsieur Preston Phoenix Ryder, also known as Sawyers drei Minuten älterer Zwilling, miteingeschlossen.

Okay, zögern wir es nicht länger raus und bringen es endlich hinter uns. Sawyer atmete tief durch, drückte die Klinke zum Bühnenraum hinunter -- ...und blieb wie angewurzelt auf der Schwelle stehen.

Auf der Bühne stand, in einen blutroten Umhang gehüllt, eine Person mit männlicher Statur, im Piratenhemd und schwarzer Hose. Seine hochhackigen schwarzen Schnallenschuhe glänzten poliert im Scheinwerferlicht.

Und diese Person sang. Sie sang so wunderschön, wie Sawyer selten jemanden zuvor hatte singen hören. Nicht einmal sich selbst -- und das hieß schon eine ganze Menge, für jemand so Selbstverliebten wie ihn.

Gebannt und absolut unfähig, seinen Blick abzuwenden vom maskierten Gesicht der Person, starrte Sawyer in Richtung Bühne. Seine Augen nahmen dabei langsam aber sicher die überdimensionale Große von Untertassen an und es fehlte nicht viel und er hätte angefangen zu sabbern. All seine Prinzipien von eben waren schlagartig vergessen. Sein Strohköpfchen war okkupiert von einem einzigen Gedanken: Wer... war... das?

Das musste er herausfinden, und zwar schleunigst!

Er wusste nicht, was es war und woran es lag, aber Fakt war: Irgendwie hatte diese Person da es fertig gebracht, Sawyers Herz schlagartig heftiger gegen seinen Brustkorb schlagen zu lassen...

»Hey, Sawyer! Da bist du ja endlich.«

NRGH!

Sawyer zuckte zusammen.

Wer wagte es da, ihn aus seinen Gedanken zu reißen und so hinterhältig zu erschrecken??? Der Schwarzhaarige wirbelte herum und sah sich der Leiterin der Theater-AG, Sylvi, direkt gegenüber konfrontiert.

Okay, perfekt. Konnte er sie direkt mit ihrer ausgesprochenen Unmöglichkeit konfrontieren!

Here goes.

»Äh. Ja, äh... Hi. Ähm, der da auf der Bühne...«

Oho, das war schlagfertig. Sie zitterte jetzt bestimmt schon vor Ehrfurcht vor ihm!

Sawyer biss sich auf die Lippen. Verdammte Axt.

»Ach, das Phantom? Der ist süß, oder?« Sylvi grinste wissend, was Sawyer schwer gegen den Strich ging. Diese blöde... »Wir haben da echt die perfekte Besetzung gefunden.«

Die Blonde strahlte stolz zur Bühne hinüber, winkte ein paar Personen zu, die vorn in der ersten Reihe auf den Stühlen saßen und genauso gebannt zuhörten wie vorhin Sawyer, und drückte ihm dann euphorisch einen zusammengetackerten Blätterstapel in die Hände: »Hier, dein Text. Versuch, ihn dir schon mal einzuprägen, damit du nicht dauernd vom Blatt ablesen musst, zieh dich da vorne um« -- sie wies auf eine Tür, auf der mit großen Lettern GARDEROBE stand -- »und dann komm dann wieder her. Wir wollen das Duett ‚Phantom of the Opera' heute auch noch proben, die Music Sheets findest du ganz hinten im Text. Singen kannst du ja, ne? Also pronto, Principessa, wir haben einen straffen Zeitplan!«

Sie ließ ihm ja nicht mal genug Zeit und Luft, zu protestieren... Fassungslos über soviel Dreistigkeit ließ Sawyer sich ergeben -- der Phantomdarsteller hatte es ihm schließlich schon ziemlich angetan und warum eigentlich nicht einfach mal die Rolle probieren? -- in den Umkleideraum schieben, bekam von der Maskenbildnerin, die ihn wortreich begrüßte, ein strahlend helles, perlenbesetztes Kleid inklusive weißer Maske in die Hand gedrückt und dann erklärt, wo er sich jetzt genau umziehen solle und wo er anschließend geschminkt werden würde.

Wunderbar. Das würde lustig werden in diesem Nuttenfummel, dachte Sawyer zynisch, als er begann, seine Jeans und das schwarze Shirt gegen diesen Brautkleidverschnitt auszutauschen. Vor allem, wenn er mit diesem Typen, der das Phantom mimte, singen sollte.

Oh ja... Das würde ganz sicher lustig werden - so sicher wie das Amen in der Kirche!

Vorhang Act 1

* * *

Akt II.

I am the mask you wear -- Kiss me behind the mirror world!

Okay, das hätte auch schlimmer ausfallen können. Eigentlich war es ja doch ganz hübsch und wenn er ehrlich war -- Kleider standen ihm irgendwie...

Sawyer betrachtete sich mit Unglauben im Gesicht im großen Spiegel seiner Umkleide.

Das Kleid -- es war ja irgendwo wirklich wunderschön mit dem ganzen Tüll, dem weit ausstehenden Reifrock und dem Faltenwurf rund um seine freigelegten Schultern -- hatte eine unfassbar magische Ausstrahlung. Nahezu kitschig! Und das Schlimmste war: Er fand das verdammt toll! Uwah!

Wenigstens begann er nachzuvollziehen, warum sich die Braut am Tage ihrer Hochzeit wie verzaubert fühlte - vorausgesetzt, er durfte dem, was in den ganzen Kitschbüchern stand, die er seiner Mutter regelmäßig entwendete und dann heimlich mit einer großen Leidenschaft geradezu verschlang, seinen unchristlichen Glauben schenken.

Gut, jetzt musste er es bloß noch fertig bringen, den Schleier und die venezianische Maske unfallfrei aufzusetzen.

Vorsichtig, beinahe andächtig, hob er das lange edle Seidengebilde hoch, betrachtete es einige Momente mit zunehmender Begeisterung und setzte es sich dann ganz vorsichtig den Schleier in die zuvor provisorisch hochgeklemmten Haare. Das viele Haarspray, das den ganzen Kladderadatsch brav an Ort und Stelle hielt, machte sich endlich mal bezahlt!

Als letztes schob Sawyer sich die weiße Prozellanmaske behutsam vor die Augen. Noch ein Blick in den Spiegel und er verließ mit zufriedener, ja geradezu strahlender Miene den Umkleideraum und machte sich auf die Suche nach Sylvi.

~

War das denn die Möglichkeit?!

Entgeistert starrte Sawyer auf den Text, den man ihm in die Hände gedrückt hatte, ehe er auf die Bühne geschickt wurde.

Das Bühnenbild hatte sich in seiner kurzen Abwesenheit radikal verändert, statt des prachtvollen Opernhauses von innen zeigte es nun Christines Garderobe mit einem Schminktisch und übertrieben vielen Blumen in zarten Pastelltönen, in der Mitte eines leuchtenden Meeres aus Teelichtern stand ein prunkvoller Spiegel und überall auf der Bühne flackerten schlanke Kerzen in schwarzen, mit künstlichen Spinnweben umschlungenen Haltern. Das Licht der Highheads war gedämmt, sandte einen leicht bläulichen Hauch über die Bühne und verstärkte in Sawyer das gerade erwachte Gefühl von Fluchtwillen.

Das meinten die doch nicht ernst -- ODER???

Sawyer schluckte, sah auf vom Blatt. Sollte er... diesen Text wirklich auf ENGLISCH singen??? Nee, ne? Als ob der nicht auf Deutsch schon schwer genug wäre!

Der Schwarzhaarige stöhnte dramatisch auf, warf noch einen skeptischen Blick aufs Textblatt und hielt dann auf Sylvi zu, die am linken Aufgang stand und wild gestikulierend mit den Lichttechnikern diskutierte.

»Das Licht sieht bescheuert aus, wir führen doch kein Horrormärchen auf! Dimmt gefälligst etwas weniger! Und nehmt diesen abartigen Blaustich da raus!«, schimpfte sie gerade und ignorierte Sawyer neben sich erst einmal geflissentlich. Okay, sollte sie machen, war ja auch nicht so, dass es irgendwie eilte... Sawyer grollte leise.

»Gut, das wirkt doch schon gleich besser. Jetzt passt das Licht dem Kerzengeflacker an und sorgt dafür, dass jemand da ist, der aufpasst, dass die Kerzen nicht die gesamte Bühnendeko abfackeln! Was kann ich für dich tun?«, wandte sie sich dann an ihn.

Gut, sie hatte ihren Kommandoton eingestellt. Konnte er also ruhigen Herzklopfens anfangen mit seinen Beschwerden, ohne dabei einen Wutausbruch seitens Sylvi zu entfachen.

Der Schwarzhaarige atmete tief durch.

»Erstens: Dieser Text ist auf Englisch. Meinst du allen Ernstes, ich würde das singen können? Die Hälfte der Wörter versteh ich ja nicht einmal! Und zweitens... wer soll bitte bei diesem von dir beorderten Kitsch-Licht überhaupt was lesen können???«

Er schnaubte, sah Sylvi dabei herablassend an. Unter diesen Bedingungen konnte er nicht arbeiten, basta! Sollte sie sich doch 'ne neue Christine suchen, wenn sie nicht kooperierte!

Doch so schnell ließ Sylvi sich nicht ausbooten.

Wahrscheinlich würde sie selbst dann noch beständig lächeln, wenn die Welt längst dem geweihten Untergang entgegensank, Sturmfluten über's Land rollten und alles im Wasser ertrinken ließen, was irgendwie lebendig war! Es gab ja solch grässlich dauerfreundliche Leute, die absolut rein gar nichts erschütterte... und ganz offensichtlich zählte dieses sturmerprobte Theatermädel dazu.

Sylvi nahm ihm den Text ab, griff nach seiner behandschuhten Linken und schleppte ihn auf die Bühne. Postierte ihn neben einem besonders gigantischen Kerzenhalter, betrachtete ihn noch einmal prüfend, rückte seinen Schleier zurecht und rief dann in Richtung Hinterdemvorhang: »Phantom der Oper, The Labyrinth Underground mit Christines Stimme. Und schickt den Erik hoch!«

Zu Sawyer, der ernsthaft am Abwägen war, zur nächsten Probe (falls er denn bleiben würde) Ohropax mitzubringen -- Sylvis Stimme war gewaltiger als ein Wolkenbruch und sie brauchte kein Mikrophon, um selbst im hintersten Winkel der Aula gehört zu werden -- gewandt meinte sie dann einige Dezibel leiser: »Versuch, dir möglichst viel vom Text einzuprägen. Der Rest klappt von allein.«

Und dann verschwand sie doch tatsächlich mitsamt Sawyers Text von der Bühne, platzierte sich in der ersten Reihe und machte es sich da gemütlich, während sie erwartungsvoll zu ihm blickte. »Probe Christine und Erik, das Phantom: The Labyrinth Underground!«

Und ehe Sawyer protestieren konnte, begann die Musik und hinter ihm -- und dabei gefror Sawyer beinahe das Blut in den Adern -- erschien das Phantom.

Es umrundete ihn einmal mit fließenden Bewegungen, verschwand dann im Schatten.

Christines Stimme sang, und Sawyer spürte, dass die Magie des Musicals ihn erfasste und seine sämtlichen Sinne vernebelte. So sehr ihm das auch gegen den Strich ging.

Wie allein kam ihm der seltsame Text über die Lippen und synchron mit Christine sang er mit klarer Stimme vom Phantom der Oper, das sich in Christines Seele fest verankert hatte, während er auf dem weich gepolsterten Sessel -- oder eher Thron, bei der Menge an Stuck und Pomp -- vor dem gigantischen Schminktisch Platz nahm und sich, wie es die Rolle vorschrieb, eine der Rosen ins Haar schob.

Er musterte sich bewundernd im Spiegel -- und musste hart schlucken.

Das Phantom, unbemerkt aus dem Schatten getreten, stand direkt hinter ihm.

Sawyer wirbelte herum, bemüht, seinen Herzschlag ruhig zu halten. Irgendwie musste er doch Schauspielern, Singen und Klar-Bleiben koordinieren können!

»Sing once again with me our strange duet...« Erik bot ihm die rechte Hand, führte Sawyer im Takt der Melodie hinter den prunkvollen Spiegel, und während sich der zweite Vorhang hob und das Bühnenbild zu einer seltsamen Grottenwelt wurde, für die extra herbeigeschafftes Trockeneis über den Boden waberte, stimmte Erik erneut seinen Part an. Sawyer musste wirklich hart um Beherrschung ringen, so sehr zog ihn diese Stimme in ihren Bann.

Kein Wunder, dass der nächste kitschüberladene Textpart wie von selbst kam.

Erik hielt Sawyers Hand, schaute ihm dabei durch die Maske tief in die Augen und ließ ihn schier dahinschmelzen.

»Your spirit and my voice in one combined; The Phantom of the Opera is there - inside my mind...« Sawyer erwiderte den Blick vom Phantom, fest entschlossen, nicht rot zu werden. Sawyer ließ sich bereitwillig von ihm über die Bühne führen, fasziniert vom Phantom.

Er sah nicht, wie Sylvis Augen vor Begeisterung leuchteten und merkte nicht, dass sich das Licht mit jedem verklingenden Ton immer mehr dimmte.

Für ihn gab es nur noch die Person vor ihm im langen Umhang.

Wer steckte unter der Maske? Wer war es, der Sawyer so... so... so dermaßen aus der Fassung brachte?

Fest entschlossen, das Geheimnis dieses Typies nach der Probe zu lüften, spielte Sawyer das Spiel mit, welches das Phantom hier gerade in die Wege leitete.

Erik ging vor Sawyer auf die Knie, schaute auf zu ihm und sang dabei so verführerisch, dass es Sawyer die Schauer gleich reihenweise über den Rücken jagte.

»In all your fantasies, you always knew that man and mystery...«

»...were both in you.«

Sawyers Augen hafteten am Phantom, als es sich erhob, lockend und gar eine Spur verrucht.

Es knisterte zwischen ihnen, es knisterte ganz erheblich. Der Funke, der den hell lodernde Brand auslösen sollte, war nicht mehr fern. Sawyer spürte, dass er drauf und dran war, sich Hals über Kopf in seinen Gesangspartner zu verlieben.

Ein verwegener Gedanke stob ihm durch sein Strohköpfchen: Ob das Phantom sich wohl zu einem Kuss hinreißen lassen würde...?

»He's there, the Phantom of the Opera...«

Noch ein einziger begehrender Blick, der auch den letzten Rest Abstand zwischen ihnen dahinschmelzen ließ... und dann berührten ihre Lippen einander hauchzart.

Ein heißer Stich zuckte durch Sawyers Innerstes. Vage wurde er sich bewusst, dass der Fremde ihm gerade seinen ersten Kuss stahl.