Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Projekt Ewa 1v4

Geschichte Info
Der Tod ist erst der Anfang.
7.7k Wörter
4.64
39.2k
9
5
Geschichte hat keine Tags
Teile diese Geschichte

Schriftgröße

Standardschriftgröße

Schriftabstand

Standard-Schriftabstand

Schriftart Gesicht

Standardschriftfläche

Thema lesen

Standardthema (Weiß)
Du brauchst Login oder Anmelden um Ihre Anpassung in Ihrem Literotica-Profil zu speichern.
ÖFFENTLICHE BETA

Hinweis: Sie können die Schriftgröße und das Schriftbild ändern und den Dunkelmodus aktivieren, indem Sie im Story-Infofeld auf die Registerkarte "A" klicken.

Sie können während unseres laufenden öffentlichen Betatests vorübergehend zu einem Classic Literotica® Erlebnis zurückkehren. Bitte erwägen Sie, Feedback zu Problemen zu hinterlassen oder Verbesserungsvorschläge zu machen.

Klicke hier

===

Vorwort _ Es ist an der Zeit, meinen Nachlaß zu ordnen. Aus den verschiedensten Gründen standen meine Geschichten auf unterschiedlichen Seiten mit wechselnden Pseudonymen. Nun möchte ich die Arbeit von Jahren bündeln. Eine Nachbearbeitung findet nur rudimentär statt.

Alle Personen in dieser Geschichte sind über 18 Jahre alt.

© 2008

Zum ersten Mal vollständig.

===

Kapitel 1: Ontario / Kanada

*

Wann immer die alte Frau den Kopf neigt und aus dem Fenster schaut, sieht sie dieses kleine Wunder. Nicht, daß sie an Wunder glauben würde. Das hat sie nie getan. Als Naturwissenschaftlerin, Ex-Marine und Ex-Agentin hat sie mit dem Übernatürlichen nichts zu schaffen. Für die alte Frau zählt immer nur das Greifbare, das Erklärbare. Aber jetzt, mit 92 Jahren, durch einen Schlaganfall vom Hals an halbseitig gelähmt, kommen ihr die ersten Zweifel. Vielleicht ...

Im Nordwesten der kanadischen Provinz Ontario, umgeben von dichten Wäldern, liegt das wohl am besten bewachte Seniorenheim der Welt. Oberirdisch zeigt es sich als schmuckloser Betonquader. Die Gäste, niemand wird hier als Patient bezeichnet, genießen den Blick aus dem dritten Stock. Jedem Gast steht ein Team aus Ärzten, Krankenschwestern und Pflegern zur Seite.

Vor dem Zimmer der alten Dame steht ein Ahorn. Ein mächtiger Baum. Einer, der viel erzählen könnte. An der Spitze eines Astes ein einsames Blatt. Nicht braun, nicht verwelkt, trotzt es der eiskalten Jahreszeit in frischem Grün. Eine Laune der Natur? Oder vielleicht doch ein Wunder? Die alte Dame weiß es nicht. Ein schwerer Hustenanfall schüttelt ihren Körper, während draußen der Eiswind am letzten, dem Baum verbliebenen Blatt, zerrt.

Es gibt nicht viele Menschen, die über das wahre Ausmaß der Anlage informiert sind. Neben den Aufzügen für die drei Obergeschosse, gibt es separate Aufzüge. Sie führen bis tief in die Eingeweide des Komplexes hinab. Farblich voneinander getrennt fünf Zonen: A1, A2, A3 bis A10. B1, B2, B3 bis B10. ... Nur das E steht ohne zusätzliche Zahlen da. Hinter vorgehaltener Hand hört man es manchmal tuscheln:

"Kennst du einen, der schon mal auf E gedrückt hat?" Aber niemand kennt so einen Menschen, oder hat gar einen dabei beobachtet.

Langsam taucht die Sonne am Horizont auf. Wirft ihre Strahlen gegen die Fenster, die sich automatisch verdunkeln. Die alte Frau hat schlecht geschlafen. Immer wieder ist sie aufgewacht, von Krämpfen geschüttelt. Eine Schwester hat an ihrer Seite gewacht und ihre Hand gehalten. Der erste Blick der alten Dame gilt dem letzten verbliebenen Blatt. Wild um die eigene Achse flatternd, trotzt es dem eiskalten Wind. 'Sei stark', fleht die Liegende stumm. 'Dann kann auch ich stark sein.'

Das Schneemobil frißt sich mit seinen Ketten mühelos durch die vom Wind aufgeworfenen Verwehungen. Ein Spezialfahrzeug, konstruiert für extreme Bedingungen. Der Fahrer kontrolliert die Klimaanlage für den hinteren Bereich. Normalerweise ist ihm der ziemlich egal. Die heutige Fracht aber will gut behütet sein. Acht Menschen, sechs Männer und zwei Frauen. Wissenschaftler, so vermutet der Fahrer. Arrogantes Pack, wie er weiß. Grimmig steuert er auf eine Gruppe armdicker Bäume zu. Das Rumpeln des Kettenfahrzeuges und die entsetzten Aufschreie der Zicken befriedigen ihn für einen kurzen Augenblick.

"Hoffentlich nicht schon wieder ein falscher Alarm", quetscht einer der Männer hervor.

"Die Alte ist zäh. Verdammt zäh", antwortet ein anderer.

Mittagszeit. Der Pfleger, ein dunkelhäutiger Hüne von gut und gerne zwei Meter Größe, breit wie ein Kleiderschrank, schiebt ein Wägelchen vor sich her. Ein Rad kreiselt quietschend um sich selbst. Er zieht Blicke auf sich. Die alte Dame haßt den Brei, der ihr den Mund verklebt und sie zu Hustenanfällen nötigt. Aber noch mehr haßt sie es, wenn das Essen durch die Nadel kommt. Bevor sie den Mund öffnet, schaut sie noch einmal zum Fenster hinaus. Der grüne Flecken beruhigt sie.

Kein Mensch beobachtet, wie die acht Frauen und Männer in den Aufzug steigen. Und niemand sieht, wie ihr Anführer eine Chipkarte in den Schlitz des Lesegerätes schiebt, einen Moment verharrt und dann die Taste mit dem eingravierten E drückt. Gemeinsam ziehen sie sich in einem schmucklosen Raum aus. Hier gibt es nichts Privates. Nichts Intimes ist ihnen aneinander fremd. Dafür arbeiten sie schon zu lange miteinander. Nach mehreren Dekontaminationsschleusen steigen sie in ihre papierenen Overalls. Diesmal ist es kein falscher Alarm, das spüren sie.

Der Pfleger taucht den Löffel in den grünen Brei. Die Liegende öffnet ihre Lippen. Aus dem Augenwinkel heraus sieht sie wie das Blatt losreißt. Einem Surfer gleich reitet es im Wind. Schlägt Purzelbäume, dreht sich um die eigene Achse, verharrt für den Bruchteil einer Sekunde, bevor es eine neue Welle findet und aus ihrem Blickfeld verschwindet. Die alte Dame seufzt. Schließt die Augen. Frieden liegt auf ihrem Gesicht.

Der Arzt nickt. Der Pfleger zieht die Bettdecke über den Kopf der Greisin. Währenddessen greift der Arzt in die Tasche seines Kittels und holt einen kleinen Karton hervor. Am spitzen Ende ist ein Bindfaden befestigt.

"Rufen Sie unten an. Aber schnell. Jetzt geht es um jede Minute."

Der Pfleger nickt und hastet hinaus.

Vier Minuten später befindet sich das Bett mit der alten Dame im Fahrstuhl. Der Mann drückt auf E. In der Hektik ist das Betttuch verrutscht. Am Fuß der Liegenden baumelt ein kleiner Zettel. Vivian Holland, geb. 12. Januar 1952, gest. 11. Januar 2042, 12 Uhr 31. Die Tinte schimmert noch ein wenig feucht.

*

Rückblick

Frankfurt Airport. 2010. Im Minutentakt landen die Maschinen mit den wichtigsten Köpfen der Welt. Politiker, Generäle, Wissenschaftler. Gepanzerte Limousinen fahren vor. Sofort bildet sich ein Kokon von Elitesoldaten um sie herum. Dunkle Schatten verschwinden hastig hinter schnell zugeschlagenen Autotüren. Dann rast der Konvoi quer übers gesperrte Rollfeld und verschwindet in einem leeren Hangar am Rand des Flughafens. Wie auf einer Wendeltreppe schrauben sich die Limousinen in die Tiefe, bis sie in einer mit edlen Hölzern getäfelten Tiefgarage anhalten. Diesmal fehlt der Pulk der Beschützer. Gut fünfzig Meter unter der Oberfläche fühlen sich die Staatsvertreter in Sicherheit. Sie werden in ihre Quartiere geleitet, wo sie sich frisch machen. Die Zeit drängt. Das Pensum, das vor ihnen liegt ist enorm. Noch am Abend werden sie von der deutschen Bundeskanzlerin empfangen. Dies ist die Geburtsstunde der PO. Der PoliceOne.

Während die Politik die ultimative Antwort auf Terrorismus, Kriminalität und Korruption gebiert, gibt Wolfgang, kopfüber seinen ersten Schrei von sich. Wenig später, gebadet und in ein flauschiges Tuch gehüllt, wird er auf den Bauch seiner Mutter gelegt. Goldig sieht er aus. Krauses Blondhaar, rote Bäckchen. Seine großen Augen rollen neugierig hin und her. Ein Lächeln umschmeichelt seine vollen Lippen. Maria Sawatzky spürt es überdeutlich. Ihr Sohn wird einmal etwas ganz Besonderes werden.

*

Das Jahr 2045 beschert der Provinz Ontario einen Sommer, wie es ihn noch nie gegeben hat. Der Klimawandel, zu Anfang des Jahrhunderts noch immer belächelt, hat mit aller Macht zugeschlagen. Extreme Wetterlagen sind an der Tagesordnung. Das globale Klima ist endgültig aus den Fugen geraten.

Wolfgang Sawatzky ist der einzige Passagier an Bord des Kampfjets neuester Generation. Dem Fliegen sonst sehr angetan -- in einem seiner wenigen Urlaube hat er aus einer Laune heraus selbst den kleinen Flugschein gemacht -- lenken ihn heute seine Gedanken von der Schönheit der Landschaft ab. Es ist keine vierundzwanzig Stunden her, da wurde er zur Forschungsabteilung der PO zitiert. Und zitiert werden hat immer einen faden Beigeschmack. Das weiß Wolfgang aus Erfahrung.

Man empfängt Wolfgang formlos. Ein junger Mann in der schlichten Uniform der PO, ohne Rangabzeichen, ohne Lametta, führt Wolfgang in einen fensterlosen Raum. Seine Iris wird gescannt, ebenso beide Handflächen. Ein DNA-Sequenzer braucht für das Ergebnis keine zwei Minuten. Im Fahrstuhl drückt der junge Mann die Taste A7.

Der Mann, Wolfgang schätzt ihn auf Ende Sechzig, trägt schwarze Jeans und einen schwarzen Pullover. Seine Haare schimmern silbern, das Gestell seiner Brille leuchtet in knalligem Rot. Sein Händedruck ist fest, sein Blick offen. Auch er trägt keine Rangabzeichen, aber seine Körperhaltung verrät Wolfgang einiges.

"Schön, daß Sie kommen konnten."

"Hatte ich denn eine Wahl?"

"Hat man nicht immer eine Wahl?"

"Meiner Erfahrung nach: Nein."

Der Ältere lacht. "Sagen Sie Karl zu mir." Wolfgang zieht eine Augenbraue hoch, was Karl nicht entgeht. "Zweihundert Meter unter der Oberfläche sind Hierarchien nicht mehr wirklich wichtig."

"Natürlich."

"Darf ich Ihnen etwas anbieten?", fragt Karl und zeigt auf einen Beistelltisch, auf dem mehrere Flaschen stehen.

"Ein Wasser. Bitte."

Karl wartet bis Wolfgang einen Schluck genommen hat, dann sieht er sein Gegenüber mit undefinierbarem Blick an.

"Wissen Sie, warum man sie hergebeten hat?"

"Nein. In dem Schreiben stand nichts darüber. Und bis jetzt hat niemand mit mir geredet."

"Das ist gut so", nickt Karl bedächtig. Sein Blick ruht eine Weile auf Wolfgang. "Wir haben Sie für ein ganz spezielles Projekt ausgesucht. Sie erfüllen alle Voraussetzungen dafür."

Wolfgang ist klug genug nichts darauf zu antworten.

"Sie wurden uns von ihren Vorgesetzen wärmstens empfohlen", fährt Karl unbeeindruckt fort. "Ich habe gehört, Sie beherrschen die meisten Kampfsportarten?" Die Frage hängt für eine Sekunde in der Luft.

Wolfgang nickt bedächtig. Noch immer ist ihm nicht klar, was man von ihm will.

"Ihr Kampftrainer hat mir erzählt, Sie haben sogar eine eigene Kampfsporttechnik entwickelt?"

"An diesem Punkt übertreibt er ein wenig", stapelt Wolfgang tief.

"Wie auch immer. Zusammen mit Ihren anderen Fähigkeiten scheinen Sie der richtige Mann für uns zu sein." Karl bestätigt das Gesagte mit einem Kopfnicken. Er steht auf. "Haben Sie Lust auf ein bißchen Spaß?"

Das Dojo ist eine Halle von fünfzehn mal dreißig Metern. Auf dem Holzfußboden unterteilen breite Linien den Raum in mehrere Zonen. Die Galerie ist mit einer Glasscheibe gesichert.

"Panzerglas", lächelt Karl und klopft mit dem Knöchel dagegen. Wolfgangs Blick schweift über die Ausstattung. An den Wänden hängen alle erdenklichen Kampfsportgeräte. Silbern funkeln Samuraischwerter, schwarz glänzen die Ebenholzstöcke, wie sie für Tescao, einer alten tibetischen Kriegskunst verwendet werden. Profan dagegen die Boxhandschuhe.

"Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten." Aus dem Augenwinkel sieht Wolfgang, wie Karl einen Signalgeber aus der Tasche zieht und eine Taste drückt. Eine vorher verborgene Tür öffnet sich und eine Frau betritt das Dojo.

"Ich möchte, daß Sie hinuntergehen und mit ihr kämpfen. Versuchen Sie ihr meinetwegen eine Ohrfeige zu geben. Oder etwas in der Art."

Wolfgang stockt der Atem. "Sie erlauben sich einen Scherz mit mir. Nicht wahr?"

"Sehe ich aus, als ob ich scherze?" Karls Blick hat plötzlich etwas Eisiges.

"Nein. Natürlich nicht."

Wolfgang hat sich umgezogen und instinktiv eine weite Hose und ein knapp sitzendes T-Shirt gewählt. Er hält das Ganze immer noch für einen schlechten Scherz, will aber, wenn es denn wirklich ernst wird, seine Kampftechnik nicht durch seine gewählte Kleidung verraten. Täuschung ist Wolfgangs zweiter Vorname.

Je näher Wolfgang der Fremden kommt, um so hübscher wird sie. Er schätzt ihr Alter auf Anfang Zwanzig. Ihre aschblonden Haare hat sie im nostalgischen Stil der Siebziger hochgesteckt. Ihr Gesicht hat eine leichte V-Form, die Augen sind leicht schräg gestellt. Die Lippen voll, der Mund sinnlich. Mittelgroß. Schlank. Ihre Kleidung besteht aus einer pinkfarbenen Hose aus weichem Plüsch. Das Oberteil aus dem gleichen Material verbirgt trotz seiner Weite ihre üppigen Formen nur mangelhaft. Ihre Füße stecken in pinkfarbenen Plüschpantoffeln mit schwarzen Hasenohren. Wolfgang weiß nicht, ob er lachen oder weinen soll. Sein Blick geht hoch zur Galerie. Lässig lehnt Karl gegen die Panzerglasscheibe. Genüßlich saugt er an seiner Zigarette.

"Weißt du, was das hier soll?"

Der Plüschhase überkreuzt im Stehen die Beine, neigt den Kopf zur Seite. Ein Lächeln, aber kein einziges Wort verläßt ihre wundervoll geschwungenen Lippen. In Wolfgangs Kopf überschlagen sich die Gedanken. 'Ein Test? Sicherlich. Aktion -- Reaktion. Oder: Reaktion -- Aktion? Wie soll ich mich verhalten?' Wolfgang geht einen weiteren Schritt auf den pinkfarbenen Engel zu. 'Sie ist so verdammt schön', denkt er und streckt seine Hand zum Gruß aus. Wieder keine Reaktion. 'Scheiß drauf', denkt Wolfgang. Ohne sie aus den Augen zu verlieren deutet er den typischen Gruß aller Kampfsportler an. Langsam geht er in Kampfstellung. Ihre Augen blitzen für einen Sekundenbruchteil. Ihr verführerisches Lächeln weicht einem spöttischen. Wolfgang will dem Spiel ein Ende setzen. Ohne erkennbaren Ansatz prescht er einen Schritt nach vorne, sein Arm schießt nach oben. Seine Absicht ist dem zarten Geschöpf eine leichte Backpfeife zu verpassen. Damit die Farce ein Ende hat.

Blondchen duckt sich und Wolfgangs Attacke läuft ins Leere. Während er versucht zu begreifen, sieht er den gelangweilten Blick der jungen Frau zur Galerie schweifen. 'In Ordnung', denkt Wolfgang. 'Du hast es nicht anders gewollt.' Er läßt sich fallen, nutzt die dadurch entstehende Energie für einen Beinfeger. Eine seiner stärksten Techniken. Der Plüschhase hüpft über sein Bein wie ein kleines Mädchen beim Gummitwist. Wolfgang ist schnell wieder auf den Beinen, reißt ein Bein hoch, versucht ihren Kopf zu treffen. Die Blonde taucht unter seinem Bein weg. Fassungslos sieht Wolfgang, wie sie mit Engelsgeduld ihre Fingernägel betrachtet. Mit gespitzten Lippen pustet sie über die gefächerten Nägel. Als ob sie den Lack trocken pusten würde. Wolfgang ist nun endgültig mit seiner Geduld am Ende. Mit einem Kampfschrei stürmt er auf das Mädchen zu, feuert mehrere Salven von Armstößen und Hieben ab. Die Blonde wehrt sie alle ab. Und das mit einer Hand. Die andere hat sie in der Tasche ihrer Plüschhose vergraben. Fünf Minuten rackert sich Wolfgang ab. Versucht alle Tricks, auch die fiesen. Aber er kommt dem pinkfarbenen Teufel nicht bei. Inzwischen ist sein Körper schweißnaß. Blondchen dagegen atmet noch nicht einmal schwer.

Eine Weile stehen sie sich gegenüber. Belauern sich. Wolfgang fühlt sich vorgeführt. In seinem Ego zeigen sich erste Risse. Und dann geht auf einmal alles sehr schnell. Der blonde Plüschknäuel springt in die Luft, nimmt Wolfgangs Oberkörper in die Beinschere und reißt ihn zu Boden. Sofort sitzt sie breitbeinig auf seiner Brust. Wolfgang weiß, daß er geschlagen ist. Mit einem breiten Grinsen rutscht die junge Frau ein Stück höher. Ihr Schoß berührt sein Kinn und Wolfgang atmet ihren süßen Duft.

Das Klackern von Schuhen auf dem Holzboden läßt Wolfgang zur Seite schauen. Karl steht neben ihnen. Seine Mimik ist ausdruckslos.

"Gib den armen Mann wieder frei", sagt Karl und berührt die Blonde vorsichtig an der Schulter. "Ich habe gesehen, was ich sehen wollte."

Blondchen nickt unmerklich, beugt sich tief zu Wolfgang hinunter. "Du bist süß", haucht sie in sein Ohr. Als sie sich wieder aufrichtet, fällt Wolfgangs Blick auf das Namensschildchen, welches am Plüsch haftet. Vivian Holland steht darauf.

Die junge Frau ist plötzlich wie vom Erdboden verschluckt. Karl hat die Hände hinter dem Rücken verschränkt und schaut Wolfgang an.

"Wer ist sie? WAS ist sie?"

"Haben Sie bitte Verständnis dafür, daß wir erst noch ein paar Daten auswerten müssen", lächelt Karl. "Aber Sie bekommen Antworten auf alle Ihre Fragen. Versprochen." Er geht eine paar Schritte und schaut sich dann auffordernd nach Wolfgang um. "Wir haben ein Zimmer für Sie vorbereitet. Ruhen Sie sich erst einmal aus."

Im Umkleideraum nimmt Wolfgang seine Sachen und folgt Karl hinaus auf den Flur. Links, rechts, wieder links und dann lange geradeaus. A7 gleicht einem Labyrinth. Sein Zimmer entpuppt sich als ausgewachsene Suite mit allem erdenklichen Komfort.

"Bitte erschrecken Sie nicht wenn sich die Tür hinter Ihnen verriegelt. Eine Sicherheitsmaßnahme. Sie verstehen?"

"Vor dem pinkfarbenen Hasenteufel?", versucht Wolfgang seinem Frust Luft zu machen.

"Wieso kommen Sie darauf? Vivian mag sie."

"Ach ja?", klingt es spöttisch. "Wie kommen Sie darauf?"

"Nun. Sie leben noch. Oder etwa nicht?"

Die Minibar entpuppt sich als ausgewachsener Kühlschrank. Voll gestopft mit allem was das Herz begehrt. Wolfgang reißt sich eine Dose Bier auf, trinkt sie in einem Zug leer. Dann geht er ins Badezimmer, kickt seine verschwitzten Sachen achtlos in eine Ecke. Der Frust über seine Schmach läßt seine Halsschlagadern pochen. Die Dusche ist ein Mehrstrahler und schnell hat Wolfgang die richtige Temperatur eingestellt. Vor dem mannshohen Spiegel sucht er seinen durchtrainierten Körper nach Spuren des Kampfes ab. Dutzende blaue Blutergüsse findet er. Außerdem schmerzen ihn die unteren Rippen. Wolfgang macht einen Schritt nach vorne und tritt unter den warmen Regen.

Vivians Erscheinen trifft Wolfgang völlig unvorbereitet. Auf einmal steht sie in seinem Badezimmer. Zu jeglicher Reaktion unfähig, schaut er sprachlos zu, wie sie sich aus ihren pinkfarbenen Sachen schält. Ihr Körper ist nahtlos braun. Die fein gezeichnete Furche ihres Geschlechts teilt das aufgeworfene Dreieck ihres haarlosen Schoßes. Mit niedergeschlagenen Augen wartet sie seine Reaktion. Wolfgang ist ein gesunder Mann und natürlich reagiert er. Mit einem Lächeln auf den Lippen tritt sie zu ihm in die Kabine.

"Wie bist du hereingekommen? Karl deutete an, die Türe würde sich automatisch verriegeln."

Auf Vivians Gesicht erscheint wieder dieser spöttische Zug, den Wolfgang schon kennt. Sie legt den Zeigefinger über seine Lippen. "Pst!" Dann geht sie langsam vor ihm auf die Knie. Ihre Fingernägel graben sich schmerzhaft in seine Backen. Wolfgang schließt die Augen, um sich kurze Zeit später am Wasserhahn festzuhalten. Er hat ja schon das eine oder andere erlebt. Aber nun eröffnet sich ihm eine neue Dimension.

Einige Etagen tiefer. Vor einer Wand aus Monitoren stehen eine Handvoll Menschen.

"Wenn die kleine Nymphomanin ihm den Schwanz nicht abbeißt, dann ist das unser Mann", sagt Karl mit fester Stimme. Und mit einem spöttischen Seitenblick auf die Wissenschaftler um ihn herum: "Egal was eure Daten sagen. Verstanden?"

*

Wolfgang erwacht aus einem tiefen Schlaf. Sein erster Blick gilt seinem besten Freund. Der reckt sich einem Fahnenmast gleich zur Decke. Letzte Zweifel am Vorgefallenen zerstreuen sich, als er die Spuren spitzer Zähne an seiner Schwanzwurzel sieht. Dabei ist Wolfgang ein von Gott reichlich beschenkter Mann. Schwerfällig rollt er zur Seite und steht auf.

Wolfgang tritt er aus dem Bad, geht in das angrenzende Zimmer. Seine Lebensgeister sind zurückgekehrt. Frisch rasiert, trägt er nichts als ein herbes Aftershave am Körper. Als er Vivian an dem kleinen Tischchen sitzen sieht, begibt sich sein bester Freund erwartungsfroh in Habt--Acht-Stellung. Vivian fährt sich mit der Zungenspitze über die Lippen. Im Gegensatz zum Abend zuvor ist sie heute geschminkt. Dezent. Verführerisch.

Vor ihr ein reich gedecktes Frühstückstablett. Aufreizend langsam nimmt sie einen Schluck vom dampfenden Kaffee, bevor sie den Becher an Wolfgang weiterreicht. Der hat inzwischen seine Hose angezogen. Ihre lüsterne Mine ist verschwunden. Mit nacktem Oberkörper geht er zur Tür. Verriegelt.

"Wie ...?" Wolfgang ist sichtlich abgelenkt von der üppigen Busenfurche in ihrem Dekollete.

"Die Dummköpfe glauben immer noch, sie könnten mich einsperren." Ihre Stimme ist glockenhell. Kindlich und doch erwachsen. Eine Mischung, die aus gestandenen Männern Idioten machen kann. Wieder befeuchtet sie ihre Lippen. Wolfgang schluckt. Greift zum Croissant um sich abzulenken.