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Schlaflos in Munich

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Düster dreinblickend wählte er die Nummer der Zentrale."Codename Isarindianer!", sagte er nur, dann legte er wieder auf. Hoffentlich würden die wilden Demonstrantinnen denen das Leben so richtig schwer machen!

Melchior bellte hungrig. Langsam verschwand die Sonne aus den Häuserschluchten und verdunkelte die Straßenzüge rund um das alte Stadion, dem Usprung all des nachmittäglich Erlebten.

Kurt-Egon Hammerstein war müde, seine graufarbenen Locken hingen schweißnass und zerzaust herab. Er wollte nur noch nachhause.

Da hörte plötzlich hinter sich eine Stimme, sie rief: "Hey, stehen bleiben!" Es war das Mädchen. Sie holte ihn ein und schlang, als wären sie alte Freunde, den Arm um ihn. Er wehrte sich natürlich nicht, selbst Melchior schien die Fremde in sein Herz geschlossen zu haben, zumindest bellte er nicht.

"Ich bin übrigens Tatjana!", sagte sie, lächelte und gab ihm, im Verhältnis zu ihrer ersten Begegnung, fast schon schüchtern die Hand. "Und sie?"

Kurt-Egon Hammerstein nannte recht zittrig seinen Namen, zu sehr war er immer noch überwältig von dem bisherigen Ereignissen.

"Sie haben uns beobachtet, oder? Ich hab ihren grauen Haarschopf im Winkel des Fensters gesehen!" Klang ihre Stimme verschmitzt?

"Also, ja, nein...", stotterte Kurt-Egon.

"Sie brauchen sich nicht zu schämen, Voyeurismus ist etwas völlig natürliches! Vor allem in ihrer Situation! Sie haben so sehnende Augen. Sind sie Witwer?", wollte sie von dem verdatterten alten Mann wissen.

Kurt-Egon sammelte sich und antwortete mit brüchiger Stimme: "Meine Frau hat mich vor langer Zeit verlassen!"

"Das tut mir Leid!"

Tatsächlich in ihren Augen standen fast Tränen.

"Kommen sie Herr Hammerstein, gehen wir zurück zu Gruppe!", sagte sie, nahm ihn bestimmt bei der Hand und führte ihn wieder zurück zum Epizentrum des Geschehens.

Kommissar Sigi fühlte sich dezent an die Sendlinger Mordweihnacht erinnert, als es dem Zirkel der hyänenartigen Meute gelang, die endgültig letzte Absperrung zu durchbrechen und der Einsatzleitung und ihm, als einen Teil davon, zu Leibe zu rücken.

Hilflos musste er zulassen, dass eine vollbusige Brünette ihre wuchtigen Arme um ihn schlang und hemmungslos drauflosknutschte.

Ihr knallgrüner Lippenstift beschmierte seinen Schnauzer und unter den dicken Schmatzern der Dame quackte er verschreckt: "Aber Madame, ich bin verheiratet!"

Doch das schien diese nicht weiter zu interessieren, gekonnt öffnete sie seinen Krawattenknoten und prustete ihm ein weichgespültes "Nieder mit der Konvention!", in die rechtskonservativen Ohren.

"Und dabei bin ich Linksträger!", dachte er sich noch, dann wurde er zu Boden gerissen.

Jemand nestelte an seiner Hose, es war die wilde Wikingerin, (so sah sie in ihrer Kriegsbemalung aus rot und weiß jedenfalls aus) die sich ihren Weg zu Sigi junior bahnte.

Da wurde es dem bayerischen Beamten zu bunt, er ging in Embryonalstellung und wehrte sich gegen die Angriffe der schwarzen Fingernägel.

Es war ein regelrechtes Gemetzel um ihn herum, es flogen nur so die Klamotten in der flirrenden Kampfesluft.

Da hörte seine Gegnerin plötzlich auf, ein hoher Sirenenton ertönte und eine unheilsschwangere Stimme erhob sich in den Lüften.

"Achtung, Achtung, hier spricht Ernest Mandlmeyer, Nudistencorps Schwanthal. Meine Damen, sie haben uns die Mut gegeben, gegen diese starren Verhältnisse aufzugebähren. So lasset die Revolution steigen!"

Und Sigi hörte im Fleischesmeer das bedrohliche Geräusch von anrückenden Fahrzeugen, vermutlich buntbemalter VW-Busse, auf der Grünwalder Straße näherkommen.

Im gleichen Moment riss ihm die vollbusige Demonstrantin die Unterhose herunter. Und mit brechenden Augen sah Kommissar Sigi noch, wie die braunhaarige Dame und eine ihrer Mitkämperinnen, Wange an Wange aneinandergelehnt, seine peinliche Situation weiter ausnutzen. "Wie ein Hund!", dachte er sich, und es war als sollte die Scham ihn überleben.

Rauch lag über dem Grünwalder, als Kurt-Egon und Tatjana näher kamen.

Die schier unglaubliche Hundertschaft von Hippi-Nudisten, mit Rauschebärten und kitschigen Genitalschmuck, errichtete ein Feldlager vor dem Stadion, in dem Pläne für eine Invasion in der Innenstadt geschmiedet wurden.

Die ersten Kriegsgefangenen, wie beispielweise der arme Kommissar Sigi hatten sich bereits brechen lassen und waren bereit, die Resistance beratend zu unterstützen.

Das Batallion von Gesetzeshütern, war geflohen oder übergelaufen, nur direkt vor dem Stadion kam es zu einzelnen Scharmüzeln zwischen Ordnern und Aktivisten die in selbiges eindringen wollten. Kaum als sie auf etwa 20 Metern auf den Ring aus Bussen herangekommen waren, wurde Tatjana schreiend von ihren Mitstreiterinnen empfangen.

Natürlich fiel ihnen Kurt-Egon mangels Nacktheit sofort auf und so kam es zu einer schwierigen Situation. Tatjana versuchte ihn natürlich sofort zu überzeugen, sich seiner Kleider zu entledigen und sich ihnen anzuschließen, doch Kurt-Egon war sich unschlüssig.

Erst als Tatajana sagte, dass sie auch auf ihn zustürmen könnten und ihm seine Klamotten herruntereißen würden wie bei den anderen Verweigerern auch, da ließ er sich bereitschlagen und zog sich langsam aus.

Die Mädchen gaben ihm dafür zum Dank einen dicken Kuss auf den Mund.

Eine Besprechung über das weitere Vorgehen war anberaumt, Rufe schallten durch das Wagenrund und so versammelten sich, nach kurzer Zeit, alle Aktivisten samt Rädelsführern um einen provisorisch entzündeten Feuerberg aus Kleidern.

Ministerpräsident Alfons Kiesgruber wollte sich gerade erheben, um ein Tor zu feiern, dass der Herr Staatssekretär für Finanzen aus kürzester Distanz einem Stadtrat durch die Beine geschoben hatte, da klingelte das Handy in seiner folkloristischen Lederhose, die er sich zu diesem Anlass extra hatte anfertigen lassen.

Es war der Polizeipräsident der Stadt München, in den Augen von Kiesgruber eine Witzfigur, die er aus diesem Grund auch nicht zum Benefizspiel eingeladen hatte.

"Herr MP, die Hölle hat sich in unserem schönen Freistaat aufgetan!", schluchzte dieser in das Telefon.

"Jetzt beruhigen sie sich, Faltlhauser, was ist denn los?", beschwichtige der Ministerpräsident.

"Kennen sie Ludwig den XIV von Frankreich?, sagte der Polizeipräsident nur, "Der hatte wahnsinniges Glück im Gegensatz zu uns!"

"Faltlhauser, das ist ja schrecklich!", rief Alfons Kiesgruber, Ministerpräsident des Freistaates Bayern erschreckt aus.

"Was können wir tun?", fragte er scheinbar kooperationsbereit, aber insgeheim überlegte er schon, wie er Gregor Faltlhauser, diesen Kreatin von Polizeichef, schnell und vor allem unkompliziert loswerden konnte.

"Ein Undercover-Ermittler hat uns, unter Einsatz seiner sexuellen Orientierung, ihren Geheimplan übermittelt!", sprach Faltlhauser geschäftig. "Sie wollen über die Innenstadt zur Residenz gelangen und dann die Staatskanzlei sowie das Maximilianeum stürmen!"

"Falthauser, das müssen sie verhindern! Der bayerische Landesvater ist noch lange nicht geschlagen!", intonierte der Ministerpräsident pathetisch. "Tun sie alles Erdenkliche, was ihre Kompetenz erlaubt. Und jetzt entschuldigen sie mich, ich muss ein paar Anrufe tätigen!", mit diesen Worten beendete Kiesgruber das Gespräch und ließ einen etwas ratlosen Polizeipräsident am anderen Ende zurück.

"Du bist so heiß wie ein Vulkan und heut' verbrenn ich mich daran. Jeder Mann nennt dich Sweetlady Samba , jeder sieht dass du kein Kind mehr bist, die bunten Lichter dreh'n sich wie Feuer, wenn du die Welt ringsherum vergisst. Du bist so heiß wie ein Vulkan!"

Werner Schmidhuber, erstes aktives Mitglied der Altschwabinger Hippie-Vereinigung "Gegen Safer-Sex, Rasur und Blasmusik", drehte sein japanisches Kofferradio auf die maximale Lautstärke und summte mit Inbrunst mit.

Das Feuer aus mehreren Boulevardblättern, dass im Sozius seiner Harley brannte, wärmte ihn von der Seite, als er durch die frische Luft des Frühlingsabends über die Wittelsbacherbrücke gen Karlsplatz brauste.

Und obwohl er mal bei den Hells Angelz gewesen war, und obwohl er seine Frau und die gemeinsame Tochter an die Vorstadtbourgeoisie verloren hatte, drängte sich jetzt ein zufriedenes Lächeln auf seine Lippen.

Er verspürte jenes Gefühl von freier Individualität, dass er vor 30 Jahren, beim Nacktbaden an der Isar, zum letzten Mal verspürt hatte.

Hinter ihm folgte ein Heer von martialisch in der Abendsonne blitzenden Bussen und Autos, aus deren Fenstern Flaggen geschwenkt und Parolen gebrüllt wurden.

Und trotz der Tatsache, dass die Münchner mit einem Coup d'etat schon einmal eher negative Erfahrungen gemacht hatte, schien die Bevölkerung die Aktivisten zumindest zu tolerieren.

Die meisten Fenster auf ihrem Weg in die Altstadt waren verdunkelt, aus manchen dröhnte auch laut Blasmusik, aber hin und wieder winkte auch jemand den Demonstranten zu oder hatte eine Peace-Flagge auf der Wäscheleine gehisst.

Sigi Nerlingers Herz pochte ihm bis zum Hals. Er war mit ein paar anderen schlecht gelaunten Polypen auf der Ladefläche eines der hinteren Fahrzeuge, einem ausrangierten Pickup, verfrachtet worden und in einer unaufmerksamen Phase seiner Bewacherin, (der Wikingerin) war es ihm möglich gewesen, sein Mobiltelefon zu zücken und eine Notfall-SMS, mit dem Vorhaben dieser Nackt-Terroristen an seinen geschätzen Chef zu schreiben.

Leider bemerkte die Aufpasserin (ihr Name war übrigens Helga, soviel hatte er dank seiner überragenden Profiler-Fähigkeiten herausgefunden) seine Handyaktivitäten und kassierte diese einzige Verbindung zur Außenwelt ein.

Außerdem hatte er mit einer Strafe zu rechnen, deren Vollstreckung jedoch erst nach dem Erreichen ihrer nächsten Station am Stachus durchgeführt werden sollte.

Ängstlich wartete er sein Schicksal ab, nicht ahnend, dass es so schlimm für ihn gar nicht werden sollte.

Yasemin Idriz, ihres Zeichens Store- and Economic-Development-Managerin einer großen Bekleidungskette, sortierte gerade lustlos in den Kabinen zurückgelassenen Kleidungstücke, als ein laut ertönender Knall, direkt vor ihrem Laden, ihr mit einem Schlag die Vorfreude auf den nahenden Feierabend nahm und Angst ihr Herz erfüllte.

Die Scheibe der gegenüber liegenden Parfümerie war eingeworfen worden.

Sie trat verunsichert nach Draußen. Irgendjemand schrie, heilloses Chaos herrschte auf der Kauferinger und der immerwährende Strom aus Shoppingtouristen versiegte.

Ein Sparschälerverkäufer bekam es mit der Angst zu tun und packte seinen Stand in Windeseile ein. Eine indianische Panflötenband kreuzte hektisch den Weg einem schnatternden Kollektiv arabischer Urlauber, es dauerte nur Minuten, gefühlt Sekunden, dann herrschte gespenstische Stille in der Fußgängerzone.

Täuschte sich Yasemin oder war das nur die Ruhe vor einem (noch) unbekannten Sturm?

Da klopfte ihr plötzlich jemand auf die Schulter. Erschreckt drehte sie sich um.

Vor ihr stand ein elegant unelegant aussehender Mittfünfziger mit karierter Baskenmütze, Bundfaltenhosen und einer Herrenhandtasche.

In der Hand hielt er die arg zerknitterte Ausgabe des "Wachturms" von vor zwei Wochen.

"Nein, ich will nicht über Gott und die Welt reden!", rief Yasemin barsch.

Der Fremde stutzte. Er runzelte seine faltige Stirn und überlegte, dann begann er zu lächeln: "Aber junges Fräulein, nichts liegt mir ferner. Ich verwende besagtes Printprodukt lediglich als Poliertuch für meinen Motorroller. Und dieses Prachtstück hier - ", er deutete auf die Titelseite des Magazins auf dem eine arg kitschige Malerei mit Jesus samt Dornenkranz abgebildet war, " - lag herrenlos auf einer Bank vorne am Frauendom!"

Yasemin entschuldigte sich hastig und so kam der Fremde dann auch auf den eigentlichen Grund seiner Kontaktaufnahme zurück: "Wissens sie, junge Frau, man hört schlimme Dinge aus Giesing von dieser Demonstration, und jetzt auch noch des Schaufenster! Ich wollt' sie nur warnen!"

"Warnen vor wem?", fragte Yasemin etwas unkonzentriert.

"Na von diesen Feymarn-Frauen oder wie die heißen....", haspelte der Mann.

"Vor denen habe ich keine Angst", antwortete Yasemine selbstbewusst.

"Ich bin übrigens der Hans Welschbrunner", er wollte ihr die Hand geben, verfehlte aber, da Yasemine keine Anstalten machte, sein Ziel und wich peinlich berührt einen Schritt nach hinten. Was wollte dieser alte Mann nur?

Etwas pikiert drehte sie sich in Richtung Geschäft, im festen Entschluss jetzt sofort ihren Mantel zu holen, um danach, am besten noch vor acht, zur S-Bahn zu kommen.

"DAS GIBT ES DOCH NICHT!", brüllte Kiesgruber in sein Mobiltelefon, Marke BenQ.

"WIR, die Bajuwaren, haben aus unserem schönen Land schon so viele rausgeschmissen: Die Hunnen, die Mongolen, die Römer und die Österreicher, da werden uns so ein paar dahergelaufene, rote Störnudisten, doch nicht die Suppe versalzen! DAS wenn Strauß noch erlebt hätte.", brüllte er den Oberfeldwebel des Gebirgsschützenbattailon Mittenwald Nr. 233 unverblümt an, "Sind so ein paar paramilitärische Trachtenträger denn das Einzige, was ein Ministerpräsident noch mobilisieren kann? Ich will anständige Soldaten!"

"Aber Herr MP, wenn ihnen unser Veteranenbund nicht genügt, kann ich ihnen auch nicht helfen. Leider sind unsere Jungs heute im Karwendel, Außdauerwandern, und außerdem wäre sowieso niemand hier bei uns im Moment nüchtern genug, um einen Truppentransporter zu fahren!", gab der Offizier zurück, der, trotz großer Angst ob dem Gerbrüll Kiesgrubers, immer noch etwas gelangweilt klang.

Es schien so, als müsste man sich dem Schrecken ergeben. Doch noch hatte Alfons Maria Kiesgruber, MdL noch nicht aufgegeben...

Fortsetzung folgt...

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4 Kommentare
Leonie12Leonie12vor mehr als 11 Jahren
Die Story hat wirklich

Spaß gemacht. Als Norddeutscher bekomme ich kaum noch das Grinsen aus den Mundwinkeln.

AnonymousAnonymvor mehr als 11 Jahren
Fantastisch

Endlich einmal eine wirklich anspruchsvolle Geschichte. Weiter so!!!

rosettenfreakrosettenfreakvor mehr als 11 Jahren
Daumen hoch!

"esterhazy" schreibt wirklich ungewoehnliche Sachen. Geschichten, die aus dem Rahmen fallen.

Zuletzt "Dies Irae" und nun "Schlaflos in Seattle"; sorry: Schlaflos in Munich", das voellig anders ist als der Vorgaenger.

"Ludwig _V_ Obb" hat Recht: Das "Muenchener Lokalkolorit ist wirklich wunderbar getroffen.

Ein sehr kurzweiliges Lesevergnuegen.

LG

LIT-RANICKI "Rosi" (Johannes)

Ludwig_v_ObbLudwig_v_Obbvor mehr als 11 Jahren
Herrlich

eine herrliche Groteske, mit wunderbarem Münchener Lokalkolorit, und brandaktuell auch noch, da der 97. Geburtstag des vormaligen Landesvaters am 6. September 2012 gefeiert werden könnte...

Alles in allem: einfach klasse - der Nachmittag ist gerettet!!

Ludwig (von Oberbayern)

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