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Soulmates Teil 04

Geschichte Info
Eine Westside-Story - irgendwie...
5k Wörter
4.65
23k
2

Teil 4 der 5 teiligen Serie

Aktualisiert 08/22/2021
Erstellt 02/13/2014
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Soulmates

Eine Westside-Story - irgendwie...

© 2012/2013 Coyote/Kojote/Mike Stone

IV. - Dangerous

Hold on tight, you know she's a little bit dangerous.

She's got what it takes to make ends meet.

The eyes of a lover that hit like heat.

Roxette - Dangerous (1989)

So sah es also aus, als das neue Schuljahr anfing: Ich war der Außenseiter und ich trieb es mit ungefähr der Hälfte meiner Altersgenossinnen. Jocasta gehörte nicht zu diesem Kreis. Was eigentlich fast das Beste daran war.

Ihre treuen Untertaninnen verheimlichten ihr etwas. Etwas wirklich Schwerwiegendes. Das gab meinem Selbstwertgefühl zusätzlichen Auftrieb. Und es ließ tief blicken, was ihre Aufmerksamkeit anging. Sie fühlte sich so sicher, dass sie es nicht einmal bemerkte.

An meiner Tasche hatte ich mittlerweile eine ganze Reihe von Höschen. Aber ich hatte damit aufgehört, nach jeder Begegnung eines einzufordern. Nur von Melody hatte ich zwei Stück. Und irgendwie bedeuteten die mir auch etwas. Besonders, da sie und ich nie wieder etwas miteinander hatten.

Zum Ende des letzten Schuljahres hatte sie die Schule gewechselt. Irgendetwas mit ihren geschiedenen Eltern, soweit ich es mitgehört hatte. Sie war nun auf einer Schule bei ihrem Vater und ihre Schwester war dafür hier.

Klick.

Die Neue!

Etwas an ihr war mir bekannt vorgekommen. Und nun wusste ich es. Das musste Melodys Schwester sein.

Verdammt!

Ich war eigentlich froh gewesen, dass sie fort war. Ich hatte die Sommerferien in einer Resozialisierungseinrichtung verbracht und war mehrfach überprüft worden. Meine Bewährungszeit war offiziell vorbei und man hatte beschlossen, dass meine Noten und Beurteilungen gut genug waren, um mich meinen Abschluss auf der Schule machen zu lassen.

Meine Leistungen waren objektiv betrachtet schlecht, weil ich meistens zwei Noten schlechter bewertet wurde, als alle anderen. Insbesondere, wenn ich gute Arbeit ablieferte. Aber ich hatte eine reelle Chance auf ein Abschlusszeugnis. Wahrscheinlich gerade einen halben Punkt oberhalb der Marke. Aber immerhin.

Schließlich wäre es für das Projekt an sich schlecht gewesen, wenn es ein Fehlschlag wäre. Und außerdem musste eine Topschule ja wohl einen Asozialen mit dem notwendigen Wissen versorgen können, auch wenn der dumm war, oder?

Mel weiter auf der Schule zu haben, wäre eine Komplikation gewesen, denn ich war nicht so wirklich richtig über sie hinweggekommen. Ich war nicht verliebt oder verknallt, aber sie hatte mir etwas angeboten, was sonst niemand mir hatte geben wollen: Freundlichkeit. Und ich hatte sie abblitzen lassen. Weswegen ich mich gleich doppelt schlecht fühlte.

Ihre Schwester sah nicht aus wie sie, aber es gab da Ähnlichkeiten. Und an meinem Defizit in Sachen menschlicher Wärme hatte sich nichts geändert.

Ich war meine Fußfessel nun los und durfte theoretisch auch den Campus verlassen. Aber ich durfte das bewachte Wohngebiet nicht betreten und mich nicht darin bewegen, ohne einen Ausweis zu haben, der mich als Anwohner identifizierte.

Ich durfte also theoretisch in die Stadt, konnte aber nicht dorthin und vor allem nicht wieder zurückgelangen. Was mich de facto auf den Campus beschränkte.

Aber zumindest konnte ich darauf spekulieren, mich ab und zu wegschleichen zu können. Solange mich keine Streife anhielte, würde ich mich nicht ausweisen müssen. Und ohne die Fessel war ich nicht an einen Lokalisator gebunden. Denjenigen in meiner Ausweiskarte konnte ich schließlich zurücklassen.

Damit gab es die Möglichkeit, sich zu einem der Häuser zu schleichen, in denen die anderen Schüler wohnten. Und ich war nicht bereit darauf zu wetten, dass ich nicht eines Tages nachts vor Melodys Fenster gestanden hätte.

Aber ihre Schwester war nicht Mel. Sie brachte mir sicherlich keine Wärme entgegen und ich hoffte, dass sie sich auch nicht dem Sexklub anschließen würde, der sich um mich herum entwickelt hatte. Wobei...

Von meinem Platz aus konnte ich sie sehen und musterte sie noch einmal eingehend, wenn auch diesmal möglichst unauffällig.

Sie musste genau so alt sein wie Mel. Aber sie sah ihr nur geringfügig ähnlich. Also entweder dicht aufeinander geboren oder zweieiige Zwillinge. Ich spekulierte auf Letzteres.

Sie war süß. Also so richtig süß.

Melody hatte etwas Lolitahaftes an sich gehabt. Ihre Schwester wirkte wie ein Engel. Ein Engel mit dunklem Haar und erstaunlich großen Brüsten für einen so zierlichen Körperbau. Aber ihre Augen waren nicht so sanft wie die ihrer Schwester.

Mel hatte sich hart und abgebrüht gegeben und vielleicht ein sanftes Wesen gehabt. Ich war mir bewusst, dass ich da viel interpretierte und Wunschdenken einbrachte. Aber ich konnte es auch nicht ändern.

Ihre Schwester war abgebrüht. Wenn ich jemals einen jungen Menschen in diesen Gesellschaftskreisen gesehen hatte, dem ich einen eiskalten Mord zutrauen mochte, dann war es diese Frau.

Oh ja... Check.

Ich sortierte sie nicht als unreifes Mädchen ein, wie die anderen. Warum auch immer. Ich sah eine Frau unter lauter Mädchen.

Und ich sah auch Leidenschaft in ihren Augen. Eiskalte Mörderin? Eher aus Leidenschaft. Ich war bereit, eine Wette darauf einzugehen, dass sie nicht einen Deut weniger Temperament hatte, als die jähzornige Jocasta. Aber sie hatte es besser im Griff. Ein ruhender Vulkan.

Wie wäre wohl der Sex mit ihr...?

Scheiße!

Ich erstarrte bei diesem Gedanken. Falsche Richtung. Ganz schlechte Idee. Warning! Warning!

Und dann sah sie mich an. Und ich war Beute...

Sie hatte die ganze Zeit über still dem Gespräch ihrer neuen Klassenkameradinnen gelauscht. Vermutlich über alles, was an dieser Schule für die Mädchen von Bedeutung war. Aber sie hatte sich zurückgehalten und ziemlich sicher ihre eigene Meinung gehabt.

Sie hatte all diese Kleinigkeiten nicht getan, die ich bei allen Mitläuferinnen beobachtet hatte. Sie war eine Macherin und vermutlich echte Konkurrenz für Jocasta. Und das im Abschlussjahr. Arme Püppi...

Aber nun sah sie mich an. Ihre unglaublichen, blauen Augen erwiderten direkt meinen Blick.

Meine automatische Reaktion war ein schmieriges, halbseitiges Grinsen und ein offensichtlicher Blick auf ihre Brüste. Aber als ich wieder in ihr Gesicht sah, hatte sie eine Augenbraue hochgezogen und ihre Augen lächelten wissend.

Busted! Sie durchschaute den Bluff sofort und informierte mich darüber.

Sie saß einfach nur so entspannt da. Die Beine locker überkreuzt, einen Arm lang mit dem Handgelenk auf dem oberen Knie und einen Arm bequem in den Schoß gelegt. Den Rücken gerade und den Kopf hoch erhoben ließ sie ihre Haltung nicht dominant wirken, aber sie verweigerte auch jede Unterwerfungsgeste. Beispielsweise gegenüber Jocasta.

Aber alles, was ich wahrnehmen konnte, waren diese verfluchten Augen und wie perfekt sie zu den fein geschwungenen Brauen passten. Oder zu den hochgezogenen Wangenknochen, die ihr etwas Exotisches verliehen. Katzenhaft, wenn man erst einmal die Augen analysiert hatte. Engelsgleich andernfalls. Aber trotz meiner Einschätzung über sie irgendwie noch beides.

Wer konnte sagen, ob ein Engel gefallen war, oder noch seine Harfe hatte?

Ihr linker Mundwinkel zuckte etwas und ich bekam das leichteste, angedeutete Lächeln, das ich jemals gesehen hatte. Es war amüsiert. Nichts weiter. Nicht herablassend, nicht abfällig. Nur amüsiert. Und ich musste zugestehen, dass sie ein Recht auf ihre Reaktion hatte. Ich hatte als Erster agiert und war durchschaut worden.

Ihr Mund bewegte sich. ‚Wer ist das da?', fragte sie in die Runde, ohne die anderen Mädchen anzusehen.

Die Runde folgte ihrem Blick und fing sofort an zu schnattern. Ich erntete eine Reihe böser und abfälliger Blicke. Auch die anderen um Jocasta herum hielten die Fassade aufrecht, obwohl alle beide gelegentlich unter mir vor Lust kreischten.

Die Neue wandte ihre Aufmerksamkeit von mir ab und betrachtete die anderen drei der Reihe nach. Sie hörte nicht nur zu, sondern analysierte auch, was sie wirklich sagten. Da ich meinen Blick nicht losreißen konnte, wurde ich Zeuge einer sehr interessanten Reaktionsspanne.

Mels Schwester hatte ein gutes Pokerface. Aber es war nicht perfekt. Sie zeigte Reaktionen, die sehr subtil waren. Vermutlich wären sie mir direkt vis-à-vis nicht so deutlich aufgefallen, wie auf die Distanz. So formte sich aus winzigen Bewegungen der Augenbrauen, der Nase, der Mundwinkel und der generellen Körperhaltung ein Bild.

Während ich es beobachtete, ging mir auf, dass ich sie deswegen so gut einschätzen konnte, weil ich auf sehr genauen Beobachtungen ihrer Schwester aufbauen konnte. Wenn man jemanden in verschiedenen Stadien der Ekstase beobachtet hat, lernt man eine Menge. Ich war mir nun sicher, dass sie Melodys Zwillingsschwester war. Und ich erfuhr auf erstaunlich klare Weise, was sie von Dingen hielt, die ihr über mich erzählt wurden, ohne diese Dinge genau zu kennen.

Was auch immer ihr Jocasta berichtete, sie nahm es skeptisch. Sie erkannte scheinbar genau, dass Jocasta mir gegenüber voreingenommen war. Und sie sortierte es für sich auf eine Weise ein, die ich nicht genau einschätzen konnte. Aber sie kaufte es nicht.

Was die anderen beiden erzählten, konnte sich im Wortlaut nicht so sehr unterscheiden. Aber es vermittelte offenbar eine ganz andere Botschaft. Es schien ein gewisses Erstaunen zu erzeugen, als könne die Neue klar erkennen, dass Worte und Körpersprache nicht miteinander harmonierten.

Mehrmals blickte sie zu mir, als suche sie nach der Wahrheit zwischen den Zeilen in meiner Haltung oder in meinem Gesicht. Und jedes Mal wurde mir schmerzlich bewusst, dass ich sie noch immer anstarrte.

Fuck! Ich musste hier weg!

Aber ich musste mich auch an mein Image halten. Und deswegen ging ich am Tisch der Gruppe vorbei.

„Wasch dir lieber den Mund, Jo", grunzte ich mitten eine Tirade von Jocasta über Klassenunterschiede hinein. Die Reaktion kam wie erwartet. Zumindest die eine.

„Der Name ist Jocasta, Müllmann", korrigierte mich die oberste Barbie eisig. Sie hatte aufgebracht, dass meine einzige Chance auf einen Platz in ihren Kreisen eine Tätigkeit als Müllmann sein würde. Und es war kleben geblieben.

Wie ich erwartet hatte, tastete ihre Hand aber gleichzeitig nach ihrem Puderdöschen. Sie würde bald überprüfen, ob ihr Lippenstift noch richtig saß, oder ob ich einen Makel an ihrem perfekten Makeup entdeckt hatte. Und sie würde es sicherheitshalber so oder so erneuern. Was genau das war, worauf ich abgezielt hatte, obwohl mein Kommentar sich auf ihr Lästermaul bezog.

Allerdings reagierte auch die Neue:

„Wieso?", fragte sie vergnügt. „Ist da noch Sperma?"

Ich stolperte, aber niemand bemerkte es, denn alle Augen lagen auf der Frau, deren Name oder wahrscheinlicher Spitzname, offenbar ebenfalls Jo lautete.

Sie lachte nach einem Moment in die Stille hinein und ich wäre beinahe noch einmal gestolpert, denn mir knickten de Knie ein. Mit diesem Lachen musste sie von Rechts wegen als bewusstseinsverändernde Droge eingestuft werden.

„Ein Scherz", erklärte sie noch immer lachend und sorgte für eine ganz kurze Entspannung der beinahe schon greifbaren Stille. „Ich schlucke immer alles."

Bamm!

Ich rannte beinahe aus der Mensa, damit ich nicht vor Lachen brüllend auf dem Boden endete.

Diese Art von Humor war etwas, dass ich noch niemals bei einer Barbie beobachtet hatte. Im Geiste gestand ich Jo dafür eine großzügige Menge Gummipunkte zu. Und irgendwie zweifelte ich daran, dass sie sich so völlig an die hiesigen Gegebenheiten anpassen würde, dass sie diesen Stein aus meinem Brett entfernt kriegen würde.

Ich erwartete nicht, dass sie mich gut behandeln würde. Ich war Realist. Aber ich war fast bereit zu hoffen, dass sie anders genug war, um eine Koexistenz zu ermöglichen.

Ich hatte sowas von keine Ahnung...

Ich schätzte Jo natürlich völlig falsch ein. Sie hatte mich am Haken, wie sie binnen weniger Tage alle anderen Männer am Haken hatte. Sie kam aus Europa hierher nach Amerika. Und allein deswegen war sie ein Exot. Aber sie war auch vom Wesen her anders, als die anderen. Nur eben nicht so, wie ich gehofft hatte.

Sie spielte ihre Karten ziemlich offensiv aus und machte klar, dass man als Weltbürger nicht verschämt mit sexuellen Themen umging. Sie hatte immer ein Beispiel für jemanden, der Wurzeln in Amerika und Frankreich oder Deutschland oder sonst wo hatte, wenn es darum ging, ihre Einstellung als moderner und erhabener zu verteidigen. Und sie rannte bei den Jungs damit natürlich offene Türen ein.

In den zwei Jahren auf der Schule hatte niemals jemand Jocasta zweimal nacheinander widersprochen und war noch Teil der angesagten Clique. Jo tat das scheinbar an ihrem ersten Tag binnen zehn Minuten, nachdem ich die Mensa verlassen hatte. Und sie blieb nicht nur trotzdem Teil der In-Clique, sondern schubste sogar Jocasta beinahe vom Thron.

Innerhalb weniger Tage gab es diejenigen, die Jocasta unerschütterlich die Treue hielten und den Rest, der lieber Jos Geschichten und ihrem bezaubernden Lachen lauschte. Ein Krieg bahnte sich an.

Und ich?

Ich war aus der Schusslinie. So unglaublich das klingt.

Niemand hatte Zeit, auf dem Gossenpunk herumzuhacken. Es gab Wichtigeres. Was überraschenderweise plötzlich auch für mich galt.

Mit dem neuen Jahr hatte sich auch im Lehrkörper etwas getan. Und nebst anderen Veränderungen gab es einen neuen Lehrer. Und eine neue Arbeitsgemeinschaft auf freiwilliger Basis: Autotuning.

Für die reichen Bengel waren Arbeiten wie Autoreparaturen natürlich so uninteressant wie nur irgendwas. Aber Tuning stand auf einem anderen Blatt. Es war cool, es war angesagt und es war hipp. Sogar wenn es von irgendwelchen Jungs aus dem Ghetto gemacht wurde. Solange eine Kamera dabei war.

Tuning war die Brücke zwischen dem Ghetto und der Welt der Reichen. Neben Rap natürlich. Und... Tuning war mein Terrain.

Ich hatte natürlich keine Hoffnung darauf, in die Tuning-AG zu kommen. Die Plätze waren belegt, bevor auch nur jemand geruhte, mich über die Sache in Kenntnis zu setzen.

Aber zum Tuning gehört nun einmal eine Menge Drecksarbeit. Und auch die Arbeitsvariante, gegen die alle Schüler der Schule eine ausgeprägte Allergie hatten: anstrengende, körperliche Tätigkeiten.

Der neue Lehrer hatte damit kein Problem, wie ich herausfand, aber er saß im Rollstuhl. Also brauchte er Hilfe für viele Dinge, die mit schwerer Arbeit zu tun hatten. Und daher wandte er sich an den Hausmeister.

Und damit kam der Tag, an dem ich so dankbar wie nie zuvor - oder danach - dafür war, dass Frank, der Gebäudemanager sehr gerne Anstrengendes auf seinen halbfreiwilligen Zwangshelfer abwälzte: mich.

Er ließ mich aus der letzten, regulären Stunde des Tages holen und schickte mich in die neu eingerichtete Werkstatt der Tuning-AG. Was auch der Zeitpunkt war, zu dem ich von dieser AG erfuhr.

Dort angekommen sah ich eine fast fünfzig Jahre alte Corvette. Oder was davon übrig war, denn der Wagen hatte mindestens ein Jahrzehnt auf einem Schrottplatz oder in einem Hinterhof verbracht. Aber unter dem Rost und Dreck steckte eine solide Karosserie, wie ich wegen meiner Vorliebe für Oldtimer wusste.

Ganz offensichtlich war das Wrack gerade angeliefert worden. Und ein Mittvierziger im Rollstuhl betrachtete es zweifelnd.

„Sind sie der Hausmeister?", fragte er, als er mich bemerkte.

Ich hatte zunächst nur Augen für die Schönheit in Rostrot und Matschbraun. Aber ich konnte schließlich auch unter die Schale sehen.

„Äh...", machte ich. „Nein. Aber ich bin hier, um zu helfen. Ich bin der Resozialisierungs-Knacki-Handlanger."

Es war vielleicht nicht die beste Art sich vorzustellen, aber ich hatte schon lange gelernt, dass ich genau so betrachtet wurde, wie ich mich dem Mann gegenüber bezeichnet hatte. Und es stand außer Frage, dass er genau so über mich instruiert worden war. Aber er überraschte mich.

„Der was?"

„Äh... Ich bin in einem Resozialisierungs-Pilotprojekt an dieser Schule und helfe neben dem Unterricht dem Gebäudemanagement aus."

So stand es auf dem Papier, auch wenn die Realität eher der ersten Vorstellung entsprach.

„Oh", machte der Mann. „Aha. Na dann ..."

„Wie kann ich helfen?", fragte ich, um ihn aus der Verlegenheit zu befreien, irgendetwas Nettes zu sagen.

„Ich bin nicht sicher, ob mir überhaupt zu helfen ist", antwortete er seufzend. „Eigentlich soll dieses Schätzchen in der nächsten Zeit auf Vordermann gebracht werden. Aber ich habe wohl den Zustand maßlos überschätzt."

„Wieso?", fragte ich abwesend. „Das ist eine 1992er Callaway SuperNatural Corvette. Im Grunde sowieso schon eine Tuning-Variante. Aber eben aus den 90ern des letzten Jahrhunderts. Ist doch eine gute Basis."

„Huh... Du kennst dich aus, hm?"

„Ein wenig", versuchte ich bescheiden zu bleiben. Ohne mein Faible für diese Art von Auto hätte ich es weniger genau identifizieren können. „Originalmotor?"

„Das ist eine der Fragen, für deren Beantwortung ich Hilfe brauche", erklärte der Lehrer. „Ich bin etwas gehandicapt, was das Überprüfen einiger Details angeht."

Er sagte es ohne Bitterkeit und ich fand ihn auf Anhieb sympathisch. Immerhin hatte er mir auch noch nicht zu verstehen gegeben, dass Abschaum ihn zu siezen hatte oder etwas in der Art.

„Darf ich?", fragte ich und zeigte auf den Wagen.

„Bitte", antwortete er. „Nur zu."

In der nächsten halben Stunde erkundete ich die Eingeweide einer originalgetreuen Callaway-Corvette, die irgendjemand fürchterlich hatte verkommen lassen. Hätte der Wagen in einer Garage gestanden, wäre er bereits über eine Million wert gewesen. Gepflegt leicht das Doppelte. Es war eine Schande. Und ich machte meinem Ärger darüber durchaus hörbar Luft.

Der Lehrer ließ mich alles inspizieren und fragte mich schließlich noch einmal nach meiner Meinung über den Wagen als Projektauto. Er fragte mich!

„Es ist alles dran, Sir", erklärte ich wahrheitsgemäß. „Die Karosserie wird einige Arbeit machen und überhaupt muss die Schönheit zu allererst mal grundgereinigt werden. Aber wenn man die Arbeit in den kompletten Neuaufbau des Motors investiert, die Elektronik austauscht und die Inneneinrichtung erneuert, würde sie schnurren, wie ein Kätzchen.

Und wenn man sich mit einem guten Konzept ans Motortuning setzt und die richtigen Teile hat, dann könnte sie locker am Ende über die drei Mega gehen."

Tatsächlich war ich mir sogar sicher, dass der Wagen leicht fünf Millionen an Wert erreichen konnte, wenn er wirklich gut neu aufgebaut werden würde. Aber das hier war keine professionelle Werkstatt.

Der Lehrer pfiff durch die Zähne. Aber nicht wegen der Summe, die ich genannt hatte, wie ich zunächst dachte.

„Du hast Ahnung davon", stellte er fest. „Wirst du mit in der AG sein?"

Ich lachte. Kurz und freudlos und mit einem guten Spritzer Bitterkeit. „Nicht in tausend Jahren."

„Bitte?", fragte er konsterniert.

„Entschuldigen sie, Sir. Hat nichts mit ihnen zu tun. Aber ich bin auf dieser Schule ein Außenseiter und ich komme ganz sicher nicht in die heißeste AG des Jahres. Ich bin ein Paria."

„Aber du bist verpflichtet bei einigen Aufgaben des Gebäudemanagements zu helfen?", wollte er mit einem irgendwie listigen Unterton wissen.

„Ja, Sir."

„Dann fordere ich mal schnell einen Assistenten vom Management an, was?"

„Sir?"

„Nenn mich Jake, Junge", sagte er grinsend und streckte mir die Hand entgegen. „Wir werden viel Zeit miteinander verbringen."

Ich musste schlucken und nahm seine Hand sehr vorsichtig. Ich konnte es noch nicht so richtig glauben. Wollte er allen Ernstes mich als Assistenten für sein Tuning Projekt? Mich?

Ich fragte ihn genau das. Und ich erklärte ihm auch den Grund für meine Verwirrung.

„Um es dir klar zu sagen: Ja", sagte er daraufhin ernst. „Vielleicht bin ich noch nicht lange genug Lehrer auf einer so exklusiven Schule und habe mich noch nicht angepasst. Oder meine Behinderung sorgt für eine gewisse Umnachtung. Oder aber - und ich bevorzuge es so zu sehen - ich bin einfach mehr Lehrer als meine hiesigen Kollegen. Und als Lehrer habe ich nur Schüler. Nicht A-Schüler und B-Schüler." Er grinste entwaffnend. „Außerdem wirst du mich verfluchen, denn da du offenbar wirklich gut Bescheid weißt, werde ich dich arbeiten lassen, während ich rede und rede und rede."

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