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Thao

Geschichte Info
Zwei völlig unterschiedliche junge Menschen finden sich.
15.7k Wörter
4.66
24.7k
7

Teil 1 der 48 teiligen Serie

Aktualisiert 06/09/2023
Erstellt 09/23/2019
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1. Zu Hause

„Thao!"

Ihre Mutter schien auf ihre Reaktion zu warten.

„Thao!"

Sie hasste diesen Namen. Es schien ihr so widersinnig zu sein, einen vietnamesischen Namen zu tragen, obwohl sie nur zu einem Viertel die Gene eines Vietnamesen in sich trug. Noch dazu in Deutschland, der Nation, wo man sofort in ein Kästchen der Vorurteilebox gesteckt wird, wenn man ausländische Züge hatte. War er allein nicht schon schlimm genug, bedeutete dieser Name auch noch Höflichkeit und Großherzigkeit. Thao musste grinsen, ihre Mutter verzweifelte jeden Tag an ihrer Gegenwart und sie sah keinen Grund dafür, es heute anders zu halten.

„Scheiße! Was willst du?"

Thao blickte aus ihrer Zimmertür hinaus in den Flur. Sie hielt die Tür nur einen Spalt weit geöffnet, sie wollte nicht, dass jemand in ihr Reich Einblick erhielt. Ihre Mutter war trotz ihrer fast vierzig Jahre eine sehr aparte Frau. Sie hatte feine asiatische Züge, einen kleinen Kussmund und leicht geschlitzte Augen. Sie war mit 1,60 m sehr klein, konnte sich aber mit ihrer Figur durchaus blicken lassen. Schmal gebaut und gerade einmal 50 Kilo schwer, nannte sie einen Körper ihr Eigen, den viele Frauen für perfekt hielten.

„Thao, ich gehe mit Rüdiger ins Kino. Ich wollte ihn dir kurz vorstellen."

Thao hob die Augenbrauen. Es war nicht die Art ihrer Mutter, der Tochter freiwillig jemanden zu präsentieren, schließlich war sie es, die regelmäßig ihr Leben zur Qual machte. Thao kaute lässig auf ihrem Kaugummi, blies ihn auf und ließ die Blase mit lautem Knall platzen. Sie musste sich dazu aufraffen, dem fremden Mann entgegenzukommen.

„Schaust ein wenig aus wie ein Gestapomann, Rüdiger, nichts für ungut."

Ihre Mutter warf ihr einen hasserfüllten Blick zu. Thao wusste genau, was er bedeutete. Es war ein Vorwurf, mit dem sie ihrer Tochter die Zerstörung des eigenen Lebens anlastete. Dabei hatte Thao nicht ganz unrecht. Rüdiger war ein Glatzkopf mit kleinen Augen und eingefallenen Wangen. Sein Körper war lang und dürr, er sah emotionslos und unsympathisch aus. Selbst sein Gang wirkte wieselhaft und schleichend. Der Typ antwortete dem Mädchen auf schleimscheißerische Art und Weise.

„Das nenne ich mal ein ausgefallenes Kompliment. Dafür schaust du um einiges besser aus, Thao."

Der Blick ihrer Mutter hatte etwas Flehendes. Thao ignorierte ihn.

„Dazu gehört aber auch nicht viel, Rüdiger. Nimm´s mir ruhig übel."

Sie übersah seine Hand, die er ihr reichen wollte, und wandte sich an ihre Mutter.

„Kann ich deinen Vibrator haben? Ich kann besser einschlafen, wenn ich vorher masturbiert habe."

Ihre Mutter wurde rot vor Zorn, ihr Besuch dagegen verlegen.

„Warum tust du das, Thao?"

Ihre Tochter lachte.

„Weil ich geil bin? Warum denn sonst zum Teufel?"

Lachend schlug sie die Tür hinter sich zu, ihrer Alten hatte sie es gezeigt.

Sie hörte noch das Weinen ihrer Mutter und Rüdigers tröstenden Worte. Für sie aber war es wie ein Sieg. Sollte diese Frau doch zur Hölle fahren. Thao legte sich auf ihr Bett und starrte zum Fenster hinüber. Das Foto ihres Vaters stand auf dem Fensterbrett, es war schwarzweiß und in einen Rahmen aus dunklem Holz eingelassen. Sie schloss die Augen. Wenn sie sich anstrengte, konnte sie sich noch an ihn erinnern. Er hatte ein einzigartiges Lachen und eine heisere, kehlige Stimme. Er hatte immer zu ihr gehalten und sie vor allem beschützt. Sie war sein Mädchen und er hatte ihr das Gefühl gegeben, das einzige von Bedeutung für ihn zu sein.

Sie konnte sich noch an den Streit zwischen ihren Eltern erinnern und wie ihr Papa aus dem Haus gestürzt war, Fotos in seiner Hand. Es hatte anscheinend auch damals schon einen Rüdiger in Mutters Leben gegeben. Er hatte sich nicht von Thao verabschiedet, abgesehen von der Sterbemitteilung vor vier Jahren, hatte sie nie wieder etwas von ihm gehört. Sie suchte den Druck in ihrem Magen zu ignorieren, schob ihre Hand zwischen die Beine in ihr Höschen hinein und versuchte, sich damit auf andere Gedanken zu bringen.

Thao selbst war 1,74 m groß. Hatte mit sechzig Kilo eine sehr üppige Figur, mit relativ großen Brüsten und einem breiten, einladenden Becken. Ihre Mutter hatte ihr immer gesagt, dass sie eine deutsche Figur hätte und keinerlei Grazie oder Leichtigkeit einer Ostasiatin in sich tragen würde. Dafür hatte sie ein sehr hübsches Gesicht mit schwarzbraunen Augen, breite volle Lippen und feinen, nach außen hin leicht nach oben gewinkelten Augenbrauen. Ihre Augen waren fast die eines Europäers, man sah zweimal hin, um einen fernöstlichen Einschlag darin zu entdecken. Thao trug eine typische Punkfrisur mit rasierten Seiten und langen, schwarzen, aufgegelten Strähnen.

Thao seufzte. Sie dachte an den Vibrator und raffte sich auf, ihn zu holen. Sie nutzte oft dieses Unterhaltungsspielzeug ihrer Mutter und hatte sich sogar selbst mit diesem Gerät ihre Jungfräulichkeit genommen. Sie stelle ihn auf die maximale Stufe, sie wollte von dem Reiz ihrer Möse schlicht mitgerissen werden. Langsam hielt sie ihn an die Spitze ihrer Scham und stimulierte damit ihre Klit. Ihre beiden massiven Brüste hoben sich, während sie ihre Lungen mit Luft füllte. Ein tiefes Seufzen drang aus ihrem Mund, während ihre freie Hand über die linke Brust strich und mit deren Warze spielte.

Sie krampfte leicht, als sie den Vibrator ab- und in sich hineingleiten ließ. Sein knurrendes Geräusch passte nicht zu dem intensiven Gefühl, das er ihr vermittelte. Sie war nicht mehr weit von einem Orgasmus entfernt und so übte sie noch einmal mehr Druck auf ihren Kitzler aus, indem sie ihn, dabei tief in sich versenkt haltend, gegen den oberen Rand ihrer Scheide presste. Ein Schrei zerriss die Stille. Ihre Augen verdrehten sich, ihre Lippen bebten, Krämpfe schüttelten ihren Unterleib.

2. Heinrich

„Hey! Arschlochpenner! Wach auf!"

Thao sprang von ihrem Skateboard herunter und ging zum Sockel eines Betonträgers hinüber, der zu einer Straßenbrücke gehörte, die an dieser Stelle den Fluss überspannte. Ein Schlafsack war dort zu sehen, der langsam in Bewegung kam. Der Kopf eines Asozialen zeigte sich, unrasiert, zerzauste und schmierige Haare, vergilbte Zähne.

„Steh schon auf!"

Zur Aufmunterung trat sie ihm mit ihren hohen Schnürstiefeln leicht in die Seite und warf ihm eine Papiertüte hin.

„Hab dir was mitgebracht."

Der Penner nickte, hustete den Schleim ab, der seinen Hals blockierte und nickte dem Mädchen dankbar zu.

„Hast du deinen Block dabei?" Fragte er sie mit heiserer Stimme.

Thao warf ihm einen kleinen Zeichenblock hin, nach dem der vielleicht fünfzig Jahre alte, verwahrloste Mann griff.

„Thao! du nimmst dir nichts von dem, was ich dir beigebracht habe, zu Herzen, oder?"

Thao kaute auf ihrem Kaugummi und ließ eine Blase platzen.

„Was meinst du?"

Der Alte zeigte ihr enttäuscht das erste Blatt.

„Das ist schon pathologisch, was du hier zeichnest."

Das Mädchen ließ sich neben ihn auf den Boden sinken.

„Ach Scheiß! Es ist super."

Sie bewunderte die Teufelin, die einem Mann lachend das Herz aus dessen Brust herausgerissen hatte und es ihm in den Mund stopfte.

„Technisch vielleicht. Aber warum so was Grausames? Warum hasst du die Menschen so?"

Thao sah ihn an, als ob sie ihn für verrückt hielt.

„Ich muss dir wirklich erklären, warum ich hasse?"

Sie schüttelte ungläubig ihren hübschen Kopf.

„Na weil ich auch einer bin."

Sie spuckte ihren Kaugummi aus und nahm sich einen neuen aus der Brusttasche ihrer Lederjacke. Diese war über und über mit Stickern und Labeln aus der Deathpunkszene bedeckt. Dabei waren ihr die blutrünstigen, menschenverachtenden Motive wichtig und nicht unbedingt das Zeigen ihrer Zugehörigkeit zu dieser Szene.

„Zeichne was für mich! Bitte! Als kleine Anerkennung für meine Geduld mit dir."

Thao sah den Penner, der nun in seinem zerrissenen, roten Wollpullover und den speckigen, verdreckten Jeans neben ihr saß, mürrisch an.

„Oh Mann! Ich hab dir Essen gebracht, Heinrich."

Der Penner hustete und legte dann seine Hand auf ihre Schulter. Das junge Mädchen schien kein Problem damit zu haben und beobachtete das träge vorbeiziehende Wasser des Mains zu ihren Füßen.

„Bitte! Ich zeige dir auch wieder was."

Thao warf ihm einen fragenden Blick zu und sah, wie Heinrich Linien auf dem Block entstehen ließ. Es dauerte keine fünf Minuten und Thaos Abbild war zu sehen. Ihre konfrontierende Erscheinung in Lederjacke, schwarzem Top, mit dem durch eine Axt niedergestreckten Zombikopf, ihrem breiten, als Gürtel missbrauchten Patronengurt und den engen schwarzen Stoffhosen, die in ihren bis zu den Knien reichenden Schnürstiefeln steckten.

Thao ließ wieder ihre Blase knallen und leckte sich den Gummi von ihren Lippen.

„Nicht schlecht für einen Assi."

Heinrich richtete seine blaugrauen Augen auf sie.

„Ich hoffe, du hältst dem Leben stand, Kleine."

Thao zeigte ihm grinsend den Finger.

„Weißt du eigentlich, wie arschig das klingt? Das Leben muss mir standhalten!"

Heinrich schüttelte seinen dicken Schädel mit den verfilzten Haaren. Die Kleine hatte wirklich nicht mehr alle.

3. Penne

„Ich gehe jetzt!"

Thao warf einen kurzen Blick in das kleine Wohnzimmer, wo ihre Mutter an ihrem Arbeitsplatz saß. Sie lektorierte für einen Verlag Bücher und verdiente damit den Unterhalt für ihre Tochter und sich selbst. Sie wurde nicht gerade reich damit, aber bisher hatte sie sich und ihr Kind gut damit durchgebracht. Auch die Halbwaisenrente half, Thao ging ironischerweise sehr sorgsam damit um. Sie hatte es der Mutter versprochen, wenn sie selbst darüber verfügen durfte.

Ihre Mutter sah über die rechte Schulter hinweg rüber zu ihrer Tochter und nickte.

„Heute Abend kommt Rüdiger, kannst du uns ein paar Stunden geben?"

Im Gesicht ihrer Tochter war nur noch Leere.

„Kannst du dich nicht bei ihm vögeln lassen?"

Ihre Mutter warf den Kugelschreiber in die Ecke und brüllte los.

„Was ist los mit dir, Thao!?! Scheiße, wann lässt du mich endlich in Ruhe!?!"

Tränen standen der Mutter im Gesicht, die erschrocken über den eigenen Ausbruch zu sein schien. Sie wollte sich ihrer Tochter nicht mehr so verletzlich zeigen.

„Weiß nicht!", antwortete die Tochter und knallte die Tür zu.

„Morgen, Thao!"

Das in schwarz gekleidete, bizarre Mädchen legte den Kopf schief, als sie an den beiden Typen vorbeirollte. Sie zeigte ihnen ihren ausgestreckten rechten Mittelfinger.

„Verpisst Euch, Ihr beiden Wichser!" Rief sie zurück.

„Siehst du! Ich habe gewonnen."

Karl seufzte.

„Hier!"

Er gab dem etwas dicklich und untersetzt wirkenden, blonden Jungen ein Zwei-Euro-Stück. Simon grinste. Karl hatte auf „Begeht Selbstmord, ihr Freaks!" gesetzt.

„Was du an der findest, ich begreif es einfach nicht."

Karl sah dem Mädchen schweigend nach, bis es an der Hauptstraße stehenblieb. Die Ampel war rot, sie musste warten.

Thaos Augen blitzten zu Karl hinüber. Sie schien zu überlegen, ob sie ihm noch einen Spruch setzen sollte. Er hielt ihrem Blick stand, bis sie endlich ihr Skateboard auf die Straße knallen ließ und weiterfuhr.

„Du bist wirklich nicht ganz dicht, Karl. Die ist doch wie die Pest. Lass die Finger von der, denk an Salim!"

Karl musste wirklich an den Schulkameraden denken, er war der einzige Typ aus dem Jahrgang, den Thao an sich herangelassen hatte. Nicht etwa als Freund und innerhalb einer Beziehung, sie hatte ihn, so erzählte man es sich, benutzt.

Salim hatte arabische Ursprünge und sah wirklich sehr gut und stattlich aus. Ein Kerl, den man als Junge dafür hasste, dass er so erfolgreich bei den Mädchen war. Er hatte Thao angesprochen und die hatte ihn tatsächlich mit zu sich nach Hause genommen. Salim hatte sich danach einem Freund anvertraut, schlimm für ihn, denn ein paar Wochen später hatte er sich mit ihm zerstritten. Sein Kumpel ließ es sich als Rache nicht nehmen, Salims Geschichte mit Thao an der Penne zum Besten zu geben, bei jedem, der sie sich anhören wollte.

Nichts schien sie gespürt zu haben. Der Araber hatte sie gevögelt mit aller Energie und Erfahrung, die er hatte, aber sie lag nur da und hatte ihm dabei zugesehen. Sie soll sogar während des Ficks auf ihre Uhr gesehen und mit hinter dem Kopf verschränkten Armen darauf gewartet haben, dass er endlich fertig wurde.

Danach hatte sie ihn weggeschickt und einfach die Wohnungstür hinter ihm zugeknallt. Er selbst aber war total am Boden zerstört. Salim schien voller Selbstzweifel zu sein und hatte in den kommenden Wochen immer wieder versucht, ein neues Date mit ihr zu bekommen. Doch Thao kannte nur noch Spott und Hohn für ihn und demütigte Salim, wo sie nur konnte. Dieser sah es nach Wochen endlich ein und ließ enttäuscht von ihr ab. Sie schien ihm wirklich viel von seinem Männerstolz genommen zu haben.

Karl war trotzdem auf den Araber neidisch. Es gab für ihn keine andere Frau, als diese bösartige, introvertierte Punkerin. Thao war klug, hatte einen Eins-noch-was-Schnitt und schien mühelos zu lernen. Sie konfrontierte die Lehrer mit ihrer Faulheit, die keinerlei Folgen für ihre Noten zu haben schien.

„Ich frage sie. Scheißegal. Ich möchte es wenigstens einmal probiert haben."

Karl war ein unauffälliger Typ von vielleicht 1,80 m Größe. Schlaksig, fast dürr, mit braunen langen Haaren und randloser Brille. Er galt als Träumer und Außenseiter, ähnlich wie Simon, in der Hierarchie der Klasse weit unten stehend.

„Kann ich mich zu dir setzen?"

Thao nickte dem dicken Mädchen zu. Sie war der einzige Mensch, den sie, abgesehen von Heinrich, in ihrer unmittelbaren Nähe tolerierte.

„Laber mich aber nicht gleich wieder voll, Amelie! Okay?"

Das dicke Mädchen mit den Pausbacken und furchtbar geschminkten Augen nickte heftig.

„Klar! Kennst mich doch."

Thao stöhnte. Gerade weil sie „Doppelvollfett" kannte, wusste sie, dass sie gleich losplappern würde.

„Meine Mama hat mir heute einen Gutschein für Hanson geschenkt. Hundert Euro! Wollen wir hingehen? Du darfst dir gern was aussuchen, Thao."

Die Punkerin sah sie mit zusammen gekniffenen Augen und angewidert verzogenem Mund an.

„Ich würde mir lieber mit einem Teelöffel die Pulsadern öffnen."

Amelie gackerte laut auf und stieß ihr in die Seite.

„Hahahahaha! Was du so wieder von dir gibst. Du tust immer so hart und unnahbar, aber das bist du nicht, das weiß ich."

Thao schüttelte ungläubig ihren Kopf und holte ein kleines schwarzes Buch aus ihrer Jacke.

Amelie plapperte weiter, während Thao versuchte, sich in das Buch zu vertiefen. Sie duldete das dicke Weib an ihrer Seite nur, weil sie glaubte, dass dem „fetten Vieh", wie sie auch genannt wurde, schon genug von Gott ins Leben geschissen wurde. Das Mädchen aß kaum etwas und wurde trotzdem immer dicker. Selbst Thao konnte nicht anders und hatte einfach nur Mitleid mit ihr. Insgeheim bewunderte sie das Mädchen sogar, das trotz dieser Tragik nicht aufhörte, Spaß am Leben zu haben.

„Jetzt!"

Simon starrte Karl erschrocken an.

„Was meinst du?"

Karl hielt auf die Bank zu, auf der die Punkerin, zusammen mit dem dicken Mädchen, saß.

„Was schon? Ich frage sie, ob ich sie ins Kino einladen darf."

Simon zeigte ihm einen Vogel, folgte ihm aber auf Abstand. Karl hörte, wie sein Magen grollte, und spürte, wie ihm zittrig wurde. Thao sah einfach so geil aus und war auf martialische Art und Weise schön. Sie hatte ihn noch nicht bemerkt, sie rechnete wahrscheinlich nicht damit, dass sie es war, zu der er wollte.

Thao ging in die Parallelklasse. Er hatte also eigentlich nichts mit ihr zu schaffen. Dennoch war er schon zwei Jahre lang in sie verliebt. Dieses kühle, aber trotzdem hübsche Gesicht, ihre so einladenden Brüste, die kräftigen Schenkel, wie oft hatte er sie in Gedanken ausgezogen, wie oft war sie ihm in seinen Fantasien schon zu Diensten gewesen.

Drei Typen stellten sich jetzt neben ihre Bank. Zwar auf Abstand, aber sie würden es mitbekommen, wenn er sie fragte. Karl hatte sich eine bescheidene Situation ausgesucht, um sie anzusprechen. Er glaubte gar nicht an einen Erfolg, er wollte einfach nur seine Ruhe finden, wenn er für sich selbst Klarheit geschaffen hatte.

„Thao! Kannst du mal nicht gleich arschig sein und mir einfach zuhören?"

Thao löste sich von ihrem Buch und sah neugierig zu ihm hoch. Sie ließ eine Kaugummiblase knallen und blieb sonst ungerührt. Nur ihre fast schwarzen Augen gaben ihm ihre Neugierde preis. Sie hatte ihm wahrscheinlich solch eine Anmache nicht zugetraut. Karl war erstaunt, er hatte nicht damit gerechnet, dass sie ihn soweit kommen lassen würde.

„Ich würde dich gern ins Kino einladen. Nur wenn du Lust dazu hast natürlich."

Thao hob ihren Kopf und warf einen fragenden Blick zu Amelie hinüber, als ob sie deren Bestätigung brauchte, dass sie nicht von einem Trugbild genarrt wurde. Diese aber gackerte nur und verstummte erst nach ewig anmutenden Sekunden.

„Wie heißt du noch gleich, Arschkrampe?"

Karl biss sich auf seine untere Lippe, atmete tief durch, dann antwortete er ihr.

„Karl!"

Thao nickte.

„Erzähl mal, Karl! Warum sollte ich mit dir schmächtigem, ekligem Wicht ins Kino gehen? Ich meine, was versprichst du dir davon? Und vor allem, was sollte ich mir davon versprechen?"

Karl schloss für einen kurzen Moment die Augen, versuchte ihre Demütigungen zu überhören und das aufgeregte Gekicher der drei Typen auszublenden.

„Ich würde dir gern näherkommen."

Thao nickte kurioserweise und schien nicht weiter zu spotten.

„Und aus welchem Grund?"

Karl ahnte, wohin das führte. Thao wollt ihn erniedrigen und bloßstellen. Trotzdem trieb ihn der Schimmer der Hoffnung, dass es nicht so sein könnte, weiter an.

„Ich finde dich hübsch."

Thao lachte auf.

„Ja und ich finde dich scheiße hässlich. Tut mir ja leid für dich, Karl."

Er war selbst schuld, warum musste er sich auf diese Art und Weise selbst demütigen? Er wandte sich ab und wollte zu Simon zurückgehen, der aus der Ferne die grausame Abfuhr miterlebt hatte.

„Warte nochmal, Karl!"

Er blieb zögernd stehen. Er kannte solche Spiele, es war ihr nicht genug gewesen. Er riss sich zusammen und drehte sich noch einmal zu ihr um.

„Hättest du mich gern gefickt?"

Karl konnte es nicht verhindern, eine Träne lief seine Wange hinunter. Thao stand auf und kam ihm nach. Sie baute sich vor ihm auf und folgte mit ihrem Blick seiner Träne.

„Heulst du jetzt? Bist jetzt sauer auf mich? Schau mal, Karl, ...", sie kam näher, sodass nur noch wenige Zentimeter zwischen ihrem und seinem Gesicht lagen, „Du bist dürr, blöd anscheinend auch noch, schwächlich, dein Gesicht ist unterer Durchschnitt, schon evolutionär kommst du für mich nicht in Frage, verstehst du?"

Ihre schwarzen Lippen formten sich zu einem Grinsen, ihre Augen schienen ihn zu durchbohren.

Er atmete durch und zog ihr kraftvoll seine rechte Hand durchs Gesicht. Karl sah, wie Thaos Gesicht von der Wucht seiner Ohrfeige zur Seite gerissen wurde, sich Erstaunen darin breitmachte und Sekunden vergingen, bis sie sich wieder gefangen hatte. Er bemerkte noch ihre Faust, den Knall gegen seine Nase, dann ging er zu Boden. Er spürte etwas Feuchtes in seinem Gesicht und dachte, es wäre sein Blut, ihm war nicht sofort klar, dass sie auf ihn heruntergespuckt hatte.

Sie wandte sich wieder von ihm ab und schien sich zurück zur Bank begeben zu wollen. Karl aber raffte sich mühsam auf und kam hinter ihr wieder auf die Beine. Er war nicht er selbst, als er hinter ihr herlief und sich mit seinem ganzen Gewicht gegen sie warf. Thao stürzte, er landete auf ihr und versuchte, sie auf den Boden zu drücken. Er sah sein Blut, wie es aus seiner, durch ihre Faust zerschlagene Nase in ihr Gesicht tropfte. Ihre Augen waren weit geöffnet. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er sich noch einmal mit ihr konfrontieren würde.

Er spürte ihre Hand an seiner Kehle. Das Mädchen war kräftig, sehr kräftig sogar. Der Druck wurde stärker und ihm begann es zu schwindeln. Die Luft blieb ihm weg und so ließ er sie los. Sie stieß ihn brutal zur Seite und kletterte auf seinem Körper. Mit höhnischem Lachen schlug sie ihm eine Schelle nach der anderen ins Gesicht. Immer wieder, wie wahnsinnig. Zwei der Typen zogen sie schließlich von Karl herunter, der wie besinnungslos auf dem Boden lag. Dies hier war der furchtbarste Moment in seinem bisherigen Leben. Seine Brust hob und senkte sich, er sah zu den Gesichtern hinauf, die um ihn herumstanden und auf ihn hinunter gafften.