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Tintenblau Teil 01

Geschichte Info
Ein Sprung ins kalte Wasser.
18.4k Wörter
4.58
88.4k
11
Geschichte hat keine Tags

Teil 1 der 4 teiligen Serie

Aktualisiert 06/07/2023
Erstellt 03/18/2016
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Andy43
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Teil 01

Prolog

Flimmernd heiß war es an diesem Tage. Erst gegen abend wurde die Irrsinnshitze erträglicher. Die stickige Luft stand wie eine bleierne Flaute, als sie den Dachboden betrat. Sie schwang hoffnungsvoll die Fenster auf, wischte sich über die Stirn und ließ ihren Blick in den Raum schweifen.

Über diverse Haushaltsgegenstände, Koffer und Kisten, die dort seit ihrem Einzug vor 2 Jahren eine Bleibe gefunden hatten. Sie konzentrierte sich auf einen Stapel Umzugskisten und entdeckte zwischen mancherlei Verzichtbarem - Belangloses auf den ersten Blick, welches sich angesammelt hatte und doch zu schade schien, es unwiederbringlich ausrangieren zu sollen - wonach sie suchte. Sie machte sich daran, in einer der Umzugskisten zu kramen, auf der sie mit dickem Filzstift 'Kladden/Hefte' geschrieben hatte. Sie entnahm dem Karton ein großformatiges Fotoalbum, legte es sich auf den Unterarm und strich mit den Fingern über den Einband.

»Wusste ich doch, dass mir noch etwas fehlt«, murmelte sie.

Unbeschwertes Kindergeschrei erklang aus dem Garten. Sie ging zum Fenster, warf einen Blick in den weitläufigen Garten und lächelte glücklich, als sie Jörn im Planschbecken spielen sah, während Yannick mit dem Wasserschlauch die trockenen Beete besprühte, nun spitzbübisch zu Jörn hinüber schaute, ihn kurz mit einem Schauer kaltem Wasser neckte, was Jörn wild vergnügt aufkreischen ließ.

Sie lächelte beherzt, wandte sich um, setzte sich auf einen kleinen Schemel, schaute versonnen auf den Einband des Fotoalbums und schlug ihn auf.

»Jetzt ist es vollständig«, raunte sie zufrieden, und betrachtete eins aufs andere in Erinnerungen versinkend die altbekannten Bilder, die ihre Eltern gemacht hatten.

Ja, ist seltsam, er könnte tatsächlich von ihm sein. Schritt für Schritt, sorgsam und geduldig, sagte sie sich im Stillen und wischte sich eine Träne von der Wange. Sie klappte das Fotoalbum zu. Es ist verrückt, aber es kann nicht so weitergehen, wenn es bleiben soll, wie es ist, sinniert sie. Morgen werden wir es ihnen sagen. Ihnen alles erzählen. Hoffentlich verstehen sie es.

»Wie sag ich's meinem Kinde«, flüsterte sie sich leise zu. »Gut, dass Mareike und Olli uns beistehen.«

Sie erhob sich, schloss die Fenster und verließ den Dachboden.

***

Gedankenspiele ...

~ Vanessa ~

Ich holte mir an der Theke ein frisches Getränk, setzte mich abseits an einen freien Tisch, nahm einen Schluck eiskalter Limonade und schaute grüblerisch auf das gewitterschwüle Treiben im verrauchten Festzelt.

Mareike saß mit Freunden weitab in kleiner Runde und schaute bisweilen zu mir herüber. Nach einer Weile kam sie zu mir und setzte sich neben mich.

»Was ist eigentlich los mit dir?« »Wieso?« »Bist nicht gut drauf.« »Sorry, Mareike, es geht mir nicht besonders gut.« »Tust mir manchmal echt leid deswegen. Wieder so schlimm?« »Ist auszuhalten. Kenne das nicht anders bei mir. Geht ja bald wieder vorbei.«

»Allein daran wird's wohl auch nicht liegen, Herzchen«, hob sie bedeutsam an. »Ich sehe dich in letzter Zeit oft so in dich gekehrt. Wenn du was auf dem Herzen hast, darüber reden willst, dann rede mit mir.«

Ich schaute sie zaudernd an.

»Oder hast du ein Problem mit mir, Vanessa.«

»Nein, Unsinn Mareike.« »Aber dich bedrückt etwas und das nicht zu knapp. Ich kenne dich zu gut, Schätzchen. Reden hilft immer.«

Ich schwieg und schaute unschlüssig auf mein Glas.

»Hey, rede mit mir darüber, Vanessa. Mit mir kannst du über alles sprechen, das weißt du doch«, wurde sie eindringlicher.

»Ja. Ich weiß ... aber ...«

Mareike schaute sich um. »Besser wir gehen raus und setzen uns in aller Ruhe draußen irgendwo hin, was meinst du.«

Ich verbiss mir eine Träne. »Hey, Süße, was ist los mit dir? Komm, wir beide gehen jetzt mal raus an die frische Luft«, sagte sie resolut, nahm mich an die Hand und verließ mit mir das Festzelt.

»Jetzt raus mit der Sprache. Ich kann das nicht mehr mit ansehen. Hier, nimm.« Mareike reichte mir ein Tempo. »Komm, wir setzen uns in mein Auto.«

Mareike schloss die Fahrertür. »Also, Herzchen, jetzt mal Butter bei de Fische.« »Nicht hier. Können wir zu dir fahren? Dauert länger.« Mareike schaute mich intensiv an. »Scheint ja wirklich was Gravierendes zu sein.«

»Wäre nett, wenn du mich danach nach Hause fahren würdest. Du sagst den anderen einfach, mir gehe es nicht gut.« »Ja, wird mir nicht schwerfallen«, meinte sie, schaute mich sorgenvoll an und startete den Motor.

Ihre Eltern hielten sich im Garten auf, als wir dort ankamen. Wir winkten ihnen zu und betraten das Haus.

Mareike ging in die Küche und nahm zwei Gläser aus dem einem Küchenschrank. »Cola, Mineralwasser oder Fruchtsaft steht im Kühlschrank. Such dir was aus, Vanessa.«

Wir gingen nach oben in Mareikes Zimmer und hockten uns auf ihr Bett. Mareike warf mir ein Kissen zu. Ich legte es mir an den Rücken und hockte mich ans Kopfende des Bettes.

»So, Schätzchen, und jetzt erzähle mir mal, was los ist.«

»Wie läuft es eigentlich mit dir und Olli, finde das süß mit euch beiden.«

»Hätte auch nicht gedacht, nach 2 Jahren Pause wieder mit ihm zusammenzukommen. Er ist halt erwachsen geworden. Aber lenke jetzt nicht vom Thema ab, Herzchen.«

Ich schaute kleinmütig auf mein Glas und nahm einen Schluck Saft.

»Versprichst du mir was? Ist mir bitterernst, Mareike. Kein Wort zu irgendjemandem. Auch nicht zu Olli.«

Mareike schaute mich an, langte auf ihren Nachttisch und warf mir ein Päckchen Tempos zu. »Wenn du jetzt nicht anfängst, mir zu erzählen, was dich bedrückt, werde ich sauer.«

Ich schnupfte mir die Nase und schaute Mareike an.

Mareike seufzte ungeduldig auf. »Ärger zu Hause oder auf der Arbeit?« Ich schüttelte den Kopf und knüllte das Taschentuch zusammen.

Mareike hob eine Augenbraue. »Du hast deine Periode, bist also nicht schwanger, das ist schon mal klar«, hob sie forschend an und musterte mein Gesicht.

»Nein«, schnupfte ich leise auf und versuchte ein Lächeln.

»Mensch, Süße, so kenne ich dich überhaupt nicht, sag mir endlich, was los ist mit dir, ich beginne mir ernsthaft ... ne, höre auf, Zuckerschnute ... du lieber Himmel ... jetzt begreife ich das mit dir! Dich hat es erwischt, so was von ordentlich ... nicht essen, nicht schlafen, Süßigkeiten ohne ende, kribbeln im Bauch ... das ist es also. Du bist total verliebt, Süße. Aber wohl unglücklich, wie es aussieht. Du hast Liebeskummer. Wer ist der Kerl? Los, raus damit, sag schon ...«, meinte sie vergnügt.

Ich schaute sie hilflos an und nickte. »Ja. Ist nicht einfach. Das geht einfach nicht zwischen ihm und mir, Mareike.«

»Was ist nicht einfach, was geht nicht? Mit wem bist du überhaupt zusammen? Noch ganz frisch? Ist er zu jung, oder 20 Jahre älter als du? Ist 'er' vielleicht eine Frau oder ... verheiratet?«

Ich lachte kleinlaut und schüttelte den Kopf.

»Nein. Er ist genauso alt wie ich.«

»Kenne ich ihn?« »Ja. Du kennst ihn.«

»Gut?«

Ich nickte.

»Weiß dieser ominöse Mann deines Herzens, den ich gut kenne, aber dessen Namen du mir verheimlichst, dass du dich in ihn verliebt hast?«, fragte sie genervt.

»Er liebt mich. Aber er will es nicht.«

»Was soll das denn jetzt heißen?«

»Ist wie gesagt nicht einfach.« »Wie lange läuft das schon zwischen euch?« Ich schaute sie unsicher an. »Schon etwas länger. Ich liebe ihn, Mareike. Sehr sogar.«

»Das sehe ich.« Sie schaute mich ratlos an, beugte sich vor, gab mir einen Kuss auf die Stirn und nahm mich in den Arm.

»Das erste Mal? Ich meine, so richtig, ernsthaft verliebt, Vanessa? Ist er das wert?« »Ja. Ist aber nicht normal mit uns. Kompliziert halt.«

Mareike schaute mich an und strich mir über die Wange. »Ihr habt schon?« Ich nickte. »Hat er es ausgenutzt ... dich nur ins Bett kriegen wollen und dich danach kalt abserviert? Oder will er Sachen von dir, die du nicht magst? Setzt er dich mit irgendwas unter Druck?«

»Nein. Im Gegenteil. Es ist alles recht harmonisch. Naja, es läuft irgendwie schon länger zwischen uns, aber so richtig erst seit 2 Jahren. Keiner darf es wissen, verstehst du? Der geht für mich barfuß durchs Feuer und ich würde das auch für ihn tun. Wir haben uns getrennt vor 2 Wochen.«

»Es läuft schon 2 Jahre, sagst du? Zwei Jahre! Ich komme da im Moment nicht so ganz mit, Vanessa. Du hast mir gegenüber nie hinterm Berg gehalten, wenn sich beziehungstechnisch bei dir etwas Neues anbahnte. Ich bin davon ausgegangen, du seist seit 2 Jahren Single, hättest keine Lust auf eine Beziehung ... kam bei mir jedenfalls immer so rüber? Dich sieht man gar nicht mit ihm. Wohnt er nicht hier im Dorf? Triffst du dich außerhalb mit ihm? Du musst mir ja keine Details erzählen, aber gewöhnlich wissen wir beide so gut wie alles voneinander. Ich will dir ja gerne helfen, aber es wäre durchaus förderlich, wenn du mir endlich sagen würdest, wer dieser Mann ist, Schätzchen.«

»Du bist meine beste Freundin. Ich weiß, dass du nicht vorschnell alles verurteilst. Ich hab ehrlich gesagt panische Angst davor, es jemanden zu erzählen. Wenn das herauskommt ... das Problem ist dabei auch Olli. Du musst mir schwören, es für dich zu behalten.«

»Ja, ich bin deine beste Freundin und egal, worüber wir gesprochen haben, ist immer alles unter uns geblieben. Dass ich dir das feierlich versprechen soll, müsste ich dir jetzt echt übel nehmen ... ja, ich verspreche es dir hoch und heilig. Es bleibt ganz sicher unter uns ... aber wieso Olli? Was hat das alles mit Olli zu tun, Vanessa? Bist du in Olli verknallt, lief da was mit Olli und dir zwischenzeitlich?«

»Nein, wo denkst du hin, würde ich nie machen ... spinnst du? Ist nur so ... wenn Olli es weiß, dann wird 'er' es ganz sicher auch erfahren. Ich meine, dann weiß er, dass ich dir von der Sache erzählt habe. Das will ich unter allen Umständen vermeiden. Denn, na ja, Olli ist mit 'ihm' genauso dicke befreundet, wie wir beide miteinander, Mareike.«

Ich schnäuzte mir die Nase und beobachtete sie verschämt.

Mareike legte ihre Stirn in Falten und betrachtete forschend mein Gesicht. Schließlich nahm sie mein Gesicht zwischen ihre Hände und schaute mich ungläubig an.

»Vanessa ... er ist genauso alt wie du? Willst du mir sagen, ihr beide feiert am selben Tag Geburtstag und er spielt mit seinem besten Freund in derselben Fußballmannschaft?«

Ich nickte und schaute sie verzweifelt an.

»Ich liebe ihn und ich weiß, dass er mich liebt.«

»Ach du Scheiße. Echt jetzt ... du verarscht mich doch nicht, oder?«

Ich schüttelte den Kopf.

»Yannick?«

Ich nickte verschämt.

»Du lieber Himmel. Yannick ... oh Scheiße ... das kommt jetzt wirklich heftig, Vanessa ... O. k. Gut. Gib mir eine Minute. Ist mir schon klar, dass es so was gibt ... oh Mann.«

Ich schaute sie ängstlich an.

»Ich weiß, ihr habt euch immer schon gut verstanden«, sinnierte Mareike halblaut vor sich hin. »Ihr gebt ohne Frage ein hübsches Pärchen ab ... oh ja. Du liebe Güte. Seit 2 Jahren läuft es zwischen euch, sagst du? So richtig?«, hob sie aufgewühlt an.

»Hätte mir das nie träumen lassen, dass es mal so weit kommt. Ich meine es jetzt im positiven Sinne, wenn man das so sagen kann«, erwiderte ich kleinlaut. »Ist nun mal so mit uns.«

»Ihr liebt euch? Ich meine, wie ein echtes Liebespaar?«, fragte sie nun einfühlsam. »Yannick und du, ihr seid so richtig fest zusammen, Süße ... mit allem Drum und Dran?«

»Ja, ist verrückt, ich weiß. Das mit Yannick und mir ... ist irgendwie nicht normal. Wir lieben uns, Mareike.«

Mareike seufzte leise auf, nahm mir mein Glas aus der Hand und stellte es auf den Nachttisch.

»Komm mal her, Kleines.«

Wir nahmen uns in den Arm und drückten uns freundschaftlich. »Ich hab dich lieb, Vanessa. Ich kann dich jetzt verstehen. Macht mich ein wenig stolz, dass du dich mir in dieser Sache anvertraut hast. Wir kennen uns seit der Kindergartenzeit. Bist wie eine Schwester für mich. Kannst hundertprozentig auf mich zählen.«

»Das weiß ich. Wollte es dir schon längst beichten. Ich bin froh, dich zu haben, bist ein echtes Goldstück.«

»Schade, dass wir nicht lesbisch sind.«

Wir lachten halblaut auf. »Einen kleinen Schmatzer, Vanessa?« Wir gaben uns einen flüchtigen Kuss und lächelten uns an.

»Oh Kindchen. Yannick und du ... seit 2 Jahren ... ich brauche jetzt ein Bier. Du wahrscheinlich auch.« »Ja. Bring mir eines mit.« Sie stand auf und ging zur Tür. »Das ist total abgefahren ... echt jetzt ...«

Mareike trippelte die Treppe hinunter zur Küche und kam mit zwei Flaschen Bier in der Hand wieder flugs nach oben.

Sie schloss die Zimmertür, reichte mir eine Flasche und setzte sich wieder zu mir aufs Bett. Wir nahmen einen kräftigen Schluck Bier. Mareike machte einen kleinen Rülpser und schaute mich an.

»Das ist der Hammer, Vanessa. Echt ein dicker Hund. Hab schon an unseren neuen Pfarrer gedacht, aber Yannick ...«

Ich lächelte verschämt. »Ich weiß, dass es ein Unding ist.«

»Dir ist schon klar, dass ich neugierig bin. Du musst mir nicht alles Erzählen, aber ich habe da einige Fragen, die mir gewaltig unter den Nägeln brennen.«

»Frag mich ruhig, wir sprechen ja sonst auch über alles.« »Ja, in der Tat, Vanessa«, erwiderte sie gespielt verärgert. »Mich wurmt aber besonders, dass ich das die ganze Zeit nicht mitbekommen habe. Ich kann dich auf eine Art verstehen. Das ist keine Sache, die man so einfach preisgibt. Ich hätte dir auch ordentlich den Kopf gewaschen, um dir das auszureden, meine Liebe. Oh ja ...«

Ich schaute sie frustriert an, erwiderte aber nichts darauf.

»Alle Achtung, ihr habt euch immer verdammt gut im Griff gehabt, euch nichts das Geringste anmerken lassen«, hob Mareike nachdenklich an. »Ich weiß nicht, wie ich mich zukünftig vor Yannick geben werde, mich verhalten soll, da ich das jetzt von euch weiß. Ist ein komisches Gefühl.«

»Du muss halt gut schauspielern, um dir nichts anmerken zu lassen, Mareike, haben wir auch müssen.« »Ja, bekomme langsam einen Eindruck, wie das für dich und Yannick sein muss. Wenn er nicht dein Bruder wäre, er wäre als Mann sicher ein topp Kandidat«, meinte Mareike verschlagen lächelnd.

»Das ist es ja gerade, Mareike. Für mich ist er mein Traummann.«

»Liebeskummer sagst du. Seit ein paar Wochen getrennt. Seit 2 Jahren habt ihr ein intimes Verhältnis«, resümierte sie leise vor sich hin. »Wann ging das genau los mit euch? Du weißt, wie ich das jetzt meine.«

»Fing allmählich an. Nach dem Abi, in den Sommerferien kamen wir uns auch körperlich immer näher. Wir hatten zwar Sex, aber wir haben nicht sofort miteinander geschlafen.«

»Warst du damals nicht mit jemand anderem zusammen? War das nicht Lars zu der Zeit?« »Hab auch ein schlechtes Gewissen deswegen bekommen. Du kennst mich, das ist nicht meine Art. Hab mich daher von Lars getrennt. Ich fühlte mich schlecht bei dem Gedanken, Lars auszunutzen, ich meine, als Vorwand sozusagen.«

»Sei ehrlich, wollte Yannick, dass du dich von Lars trennst?«

»Nicht weil Yannick es wollte. War für mich klar, dass ich nicht zweigleisig fahren werde. Mit Lars war es von Anfang an nichts Ernstes, so kurz nach der Beziehung mit Sören. Lars ist ein total netter Kerl. Aber, na ja, ich wollte auf andere Gedanken kommen und mit Lars war es recht schön. Ging zwischen Lars und mir überwiegend um Sex.«

»Ist ja nichts gegen einzuwenden, Vanessa. Das macht dich nicht zu einer Schlampe. Dann wäre ich auch eine. Das soll mal einer zu uns sagen ...«

Wir tranken einen Schluck Bier.

»Nicht zu glauben. Hat man euch die ganze Zeit nicht angemerkt.«

»Wir müssen halt sehr vorsichtig sein, Mareike. Bei uns zu Hause läuft nichts zwischen uns. Nicht auszudenken, wenn sie uns erwischen würden ... und in der Öffentlichkeit unter Freunden und Bekannten halten wir uns natürlich auch zurück, kein auffälliges Getue ... nur, wenn wir uns ganz sicher sein können unbeobachtet zu bleiben, nehmen wir uns in den Arm und ...«

»Ist manchmal auch schöner draußen«, seufzte sie.

Ich schmunzelte.

»Kommt zwischen uns nicht so häufig vor.«

»Aber regelmäßig.« Ich nickte. »Wir sind dann meist zum Boot gefahren, wenn wir miteinander schlafen wollten. Es ist wunderschön zwischen uns. Aber nicht allein deswegen. Auch nicht, weil es was Verbotenes an sich hat, verstehst du? Ist seltsam. Es stimmt für mich alles. Und für ihn auch, aber es darf zwischen uns nicht sein. Vielleicht ist es falsch, dass wir uns lieben.«

Mareike strich mir eine Träne von der Wange.

»Sei mir nicht böse, wenn ich neugierig bin ... aber ...?«

»Ist schon in Ordnung, frag mich ruhig.« »War Yannick es oder kam es eher aus deiner Richtung ... ich meine ...«

»Ich weiß, worauf du hinaus willst, Mareike«, flüsterte ich. »Wir wollten es beide. Es geschah nicht von heute auf morgen, fing bei uns allmählich an und schließlich kam es dazu. Es war mehr als reine Neugierde. Bei uns beiden, Mareike. Wir haben es uns erst nicht eingestehen wollen, ich meine, ich mir nicht, er sich auch nicht und einander erst recht nicht. Es war mehr, von Anfang an war es viel mehr, Mareike, das ist ja das Verrückte daran. Er wollte es und ich auch. Keiner hat den anderen zu etwas verführen müssen. Es war mehr als Sex. Yannick und ich haben uns oft darüber unterhalten, worum es uns geht, was die Sache zwischen uns bedeutet.«

»Oh Herzchen, ihr macht vielleicht Sachen«, seufzte Mareike auf. »Pass bloß auf dich auf, hörst du. Du weißt schon.« »Ich nehme die Pille immer regelmäßig, da lasse ich nichts anbrennen, das kannst du mir glauben, und Yannick benutzt zusätzlich ein Kondom, wenn wir miteinander schlafen. Aber es ist eh vorbei, Mareike.«

»Was deine Gefühle angeht, scheinst du dir aber nicht ganz sicher zu sein.« »Ich weiß nicht, was es damit auf sich hat. Ich habe mich noch nie so stark zu einem Mann hingezogen gefühlt. Wenn ich ihn erst ein paar Wochen kennen würde ... so ist es aber nicht, verstehst du? Wir kennen uns unser ganzes Leben. Ich glaube, dass es zwischen uns so kommen sollte, war nur eine Frage der Zeit. Ja, ich liebe ihn und es tut weh, dass es nicht sein soll, es nicht sein darf.«

»Er hat es beendet?«

»Das mit uns hat keine Zukunft. Wie soll das gehen, Mareike? Yannick und ich haben immer wieder darüber nachgedacht, seit Kurzem haben wir uns entschlossen, uns endgültig zu trennen. Weil es gar keine echte Liebe sein kann. Aber wir beide wissen, dass dies eine Lüge ist. Er hat mir gesagt, dass es zwischen uns doch nur um Sex ginge. Alles andere sei nur alberne Spinnerei. Ich weiß genau, dass er das nicht so meint, es nur sagt, weil er Angst hat. Aber ich hab auch Angst. Dies Versteckspielen ist total frustrierend ... ein schlechtes Gewissen haben zu sollen, wegen unserer Liebe, das ist kaum zu ertragen.«

»Du würdest die Beziehung trotzdem weiterführen wollen?«

Ich zuckte mit den Achseln. »Was hätten wir denn schon für eine Zukunft zu erwarten. Wir denken an unsere Eltern, Freunde, unser gesamtes Umfeld. Wenn es herauskäme, wäre das eine große Schande, würde es vieles zerstören, denkst du nicht? Du weißt doch, wie manche Leute sind. Dann heißt es: Was läuft denn in dieser Familie ab? Dass die Eltern das nicht gemerkt haben? Vielleicht wissen die das sogar? Nicht auszudenken. Die armen Kinder. Wer weiß, wann und wie das mit denen angefangen hat? Da müsste man eigentlich die Behörden einschalten.

Wir sind eine ganz normale Familie, Mareike, du weißt das. Yannick und ich sind zusammen, weil wir uns lieben und das ist alles andere als albern oder was Verbrecherisches«, schluchzte ich und wischte mir die Augen.

Mareike rückte näher zu mir und nahm mich in den Arm.

»Dass ihr diesen Druck so lange ausgehalten habt ... ist vielleicht ein schwacher Trost aber es wird sich bestimmt mit der Zeit geben, dieses tiefe Gefühl füreinander, Vanessa. Sich alles zwischen euch wieder normalisieren, wenn ihr euch längere Zeit nicht trefft, euch aus dem Wege geht, soweit das halt möglich ist. So weh es auch tut, Herzchen, es gibt andere traumhafte Männer. Und du bist ein tolles Mädchen«, meinte Mareike tröstend. »Du weißt doch, hinterher, mit ein paar Monaten Abstand, sieht man die Gründe für eine Trennung viel klarer. Dann werdet ihr einsehen, dass es richtig und vernünftig war, sich zu trennen ... dass es mit euch so nicht funktionieren, eure Liebe füreinander keine Zukunft haben kann.«

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