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Tintenblau Teil 03

Geschichte Info
Schleierhaftes, Parabolisches und freimütige Geständnisse.
16.3k Wörter
4.56
28.3k
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Teil 3 der 4 teiligen Serie

Aktualisiert 06/07/2023
Erstellt 03/18/2016
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Andy43
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Teil 03

Schleierhaftes, Parabolisches und freimütige Geständnisse

Sie verbrachten den frühen Nachmittag an der Promenade, schauten sich in kleinen Geschäften um, die allerlei maritime Mitbringsel anboten, und mieteten sich danach für ein paar Stunden einen Strandkorb.

Vanessa setzte sich, stupste sich die Schuhe von den Füßen, legte ihre Beine auf die Fußbank und schleckte an ihrem Eis.

»Nicht zu weit nach hinten neigen. Etwas zurück. Gut so!«

Er kam zur Vorderseite und ließ das Sonnenschutzrollo herab.

»Jetzt ist es perfekt«, meinte Vanessa. Yannick setzte sich zu ihr.

»Glück gehabt. Freie Sicht zur See.« »Ja, kein Korb vor uns. Hier kann uns niemand beobachten, mein Süßer. Gib mir einen Kuss.«

»Schmeckst nach Erdbeere.« »Das Eis ist richtig lecker, Yannick.« »Ja, war sehr cremig und nicht zu süß.«

»Du isst immer so schnell. Musst es langsam genießen, so wie ich«, sagte sie neckisch und schleckte sinnlich an ihrem Eis. »Möchtest du mal lecken?« »Nein, ich gönn dir dein Eis, Schatz. Frag mich das heute Abend noch mal.«

Sie lächelte ihn an und fuhr sich mit der Zunge aufreizend über die Lippen.

»Hast ein hübsches Kleid an.«

»Es gefällt dir?« »Ja, steht dir sehr gut.«

»Hab mir gedacht, es sei sicher nicht verkehrt, eines mitzunehmen. Falls wir hier abends mal ausgehen und einen romantischen Sonnenuntergang am Strand erlebend wollen. Es ist schön luftig und sieht gediegener aus als Hotpants und T-Shirt. War übrigens eine gute Idee, sonntags hierher zu fahren«, erwiderte sie an ihrem Hörnchen knabbernd.

Sie steckte sich zuletzt den kleinen Zipfel des Gebäckhörnchens in den Mund und gab Yannick einen Schups mit der Schulter. »Das Eis war lecker, und jetzt machen wir es uns in unserm Körbchen richtig gemütlich.«

Er reckte sich gegen die Rücklehne und streckte die Beine aus. Sie lehnte sich an ihn, kuschelte ihren Kopf an seine Schulter, nahm seine Hand und verschränkte ihre Finger mit seinen.

»Hast du mal darüber nachgedacht, wie das nach dem Urlaub mit uns weiter gehen soll, Yannick?«

»Gestern Nacht, als ich dich im Arm hielt.« »Bist aber schnell eingeschlafen.« »Brauchte halt nicht lange zum Nachdenken.«

»Und?«

»Marie behält unsere Wohnung. Sie lässt mir genügend Zeit, mir eine neue Bleibe zu suchen. Ich bin ja flexibel. Auch, was eine Arbeitsstelle angeht. Gegebenenfalls in deiner Nähe.«

»Brillanter Plan. Meine Nachbarn sind sich im Bilde, dass wir Geschwister sind. Das ist ja wohl kein kleines Problem ... und meine Wohnung ist eh zu beengt.«

»Das ist es nicht, woran ich denke, Vanessa.« Yannick gab ihr einen Kuss an die Schläfe. »Aber angenehm zu hören, dass du es in Erwägung ziehst. Ehrlich gesagt ... ich habe mit Vater in letzter Zeit des Öfteren telefoniert und am Freitagabend zu Hause ein intensives Gespräch mit dem alten Herrn geführt. In ein paar Jahren will er sich zur Ruhe setzen. War eh klar, dass er mich beizeiten darauf ansprechen wird, ob ich nicht doch seinen Betrieb übernehme. Er wird mich einstellen, bis ich mich eingearbeitet habe und mir in der Folge die Unternehmensführung komplett zu überlassen. Es stimmt, ich wollte immer weg vom Lande, vielmehr in die Großstadt. Mittlerweile denke ich anders.«

»Du hast vor, zurück zu uns nach Hause zu gehen?«

»Ja. Kommst du mit mir?«

Vanessa schwieg eine Weile.

»Ich bin vor Kurzem erst umgezogen, mir die Wohnung komplett neuwertig eingerichtet. Dort eine feste Arbeitsstelle. Was ist mit Jörn? Da ist noch Lukas, der möchte zurecht Jörn regelmäßig sehen. Wie soll das funktionieren? Ich will auch Papa und Mama nicht zusätzlich Arbeit machen. Du bist echt lustig. Und was uns beide angeht ... zu Hause blieb es immer ein Tabu für uns. Das funktioniert nicht, Yannick.«

»Wer spricht denn davon?« »Was hast du dann vor?«

»Nicht unmittelbar zu Mama und Papa. Nur zurück in die alte Heimat.

Riemke ... sie wollen ihr Haus verkaufen, die beiden gehen ins betreute Wohnen. Ihr Haus ... es ist nur eine kleine Umbaumaßnahme nötig. Wenn überhaupt. Du ziehst oben ein, ich unten. Du kennst doch ihr nettes Anwesen. Ist zwar mittlerweile etwas renovierungsbedürftig, aber es besitzt einen weitläufigen Garten. Rundherum weite Wiesen und Felder. Ist alles recht beschaulich dort. Nur 5 Minuten mit dem Auto zum Einkaufen oder zum Kindergarten. Lukas kann Jörn im Urlaub für eine längere Zeit zu sich nehmen. Im Übrigen steht es dir frei, mit deinem Kind wegzuziehen, wohin immer du willst. Hier eine Arbeitsstelle zu finden, dürfte für eine erfahrene Bürokauffrau wie dich, kein Problem darstellen. Na ja, wir müssen ja nicht zusammenziehen, sollte es dir zu riskant erscheinen. Es ist für mich eine günstige Gelegenheit, Riemkes Haus zu kaufen. Der Kaufpreis ist angemessen. Papa wird mich bis zu einer bestimmten Höhe finanziell unterstützen. Ich besitze dann was Eigenes. Eine adäquate Eigentumswohnung in der Stadt dürften wir für dich und Jörn auch finden, wenn's halt sein muss. Vater will dir eh dein Erbteil nach und nach auszahlen, damit das nicht alles später an mir hängen bleibt. Der Lütte bekommt jedenfalls ein Planschbecken im Garten hinter dem Haus. Seine Großeltern hätten Gelegenheit, ihn öfter zu sehen. Wir beide könnten wieder die Zeit genießen, zusammen segeln zu gehen.«

Vanessa drückte Yannicks Hand und seufzte leise auf.

»Ich verstehe, das ist alles bereits unter euch geregelt. Wie lange denkst du schon darüber nach zurückzugehen?« »Ein halbes Jahr.«

»Das passt ja.«

»Höre mir bitte zu, Schatz. Diese Angelegenheit ... mein Entschluss, hat mit eurer Scheidung gar nichts zu tun. Der Umstand kam einzig hinzu. Ich dachte immer öfter darüber nach, wie es wäre, wenn du mitkämst. Zu mir. Selbst dann, sollte es sich nicht so mit uns entwickeln, dachte ich, wärst du und Jörn ... in meiner Nähe. Ich wollte halt Gewissheit haben, was uns beide anbetrifft. Ja, ich malte mir ein Leben mit dir in Gedanken aus. Ich hätte dich auf jeden Fall gefragt, ob du dir eine Rückkehr vorstellen kannst. Was hält dich in der Gegend, wo du jetzt wohnst? Echte Freunde und gute Bekannte aus alten Zeiten haben wir hier genug. Ich glaube, die dürften sich über unsere Heimkehr freuen.«

Ja, Kleiner, sagte sie sich im Stillen. Die würden sich gewiss über uns freuen. Kommt nur darauf an, wen du damit meinst. So schlau wie du bin ich schon lange.

»Ach, Yannick, du hast ja recht, aber das kommt so überraschend für mich.«

»Ich wollte dich nicht überrumpeln. Du fragtest mich, ich hab dir geantwortet. Denk einfach darüber nach und sag mir, was du dir für die Zukunft erhoffst.«

Sie hob ihren Kopf und schaute Yannick trotzig an.

»Und wenn ich nicht will?«

»Dann hab ich halt hohe Spritkosten und deine Nachbarn was zum Tuscheln.«

Sie lache leise auf, sah ihn schließlich mit ernsthafter Miene an. »Du willst das wirklich mit mir. Du bist echt verrückt.«

»Wie ich dir bereits sagte. Alles andere ist mir nicht so wichtig. Im Grunde ist mir schnurzegal, was die Leute sich so denken. Ich bin davon überzeugt, dass wir beide miteinander glücklich werden können. Ob es uns gelingt, liegt doch ausschließlich an uns?«

»Und Jörn? Dem können wir früher oder später keinen Bären mehr aufbinden.«

»Wie ist das mit der wahren Liebe, Vanessa ... wie sagtest du noch, sie sei nicht gewissenlos und sie zerstöre nichts. Eines Tages wird Jörn es begreifen. Es liegt an uns, Schatz, ob er es nachempfinden kann, es verstehen und akzeptieren wird.«

»Ich bekomme Angst bei dem Gedanken, dass man unsere Liebesbeziehung herausfindet. Du weißt, an wen ich dabei besonders denken muss.«

»Ja, ich auch. Aber im Moment habe ich Sorge, dass gute Bekannte wie Hansens vor dem Strandkorb auftauchen und sehen, dass wir uns leidenschaftlich küssen.« »Du willst mich leidenschaftlich küssen? Klingt romantisch.« »Ist es, komm her.«

Sie löste sich nach einer Weile von seinem verspielten Mund. »Ein verdammt langer Kuss, Liebling.« »Gewöhne dich daran, mein Schatz.«

Sie hauchte ihm ein Lächeln zu.

»Ich könnte mir zur Tarnung noch einen anderen Partner zulegen, der eine alleinerziehende, attraktive Mutter glücklich machen will«, raunte sie. »Es soll hier recht nette, aufgeschlossene Männer geben.«

»Dann setzte ich dich in einer Nussschale mitten auf dem Meer aus. Ohne Paddel und Schwimmweste, bei fauligem Wasser und schimmligem Brot, auch wenn's mir schwerfallen wird.«

»So etwas Schlimmes würdest du mit dem Mädchen deiner Träume machen?« »Darauf kannst du deinen süßen Hintern verwetten.«

»Verspochen, Yannick?« »Ja, versprochen. Wir kriegen das hin. Wenn nicht wir, wer dann? Denk darüber nach, nimm dir genügend Zeit und sag mir, wie du dich entschieden hast. Es wird meiner klugen Schwester sicher nicht schwerfallen, aber denke dabei mit deinem Herzen, Liebling.«

»Du willst mich nur um den Finger wickeln.« »Schaffe ich das?« »Nein, Yannick. Ich weiß genau, was ich will, wenn ich es auch nicht immer deutlich ausspreche.«

»Ja, darauf kann ich wetten. Du wirst es mir gewiss zeigen.«

»Gehen wir nachher am Strand entlang?«

»Ja, das machen wir. Aber erst noch ein bisschen dösen, Schatz. Ist im Moment so beschaulich hier, wie auf einer idyllischen Gartenterrasse.«

Vanessa lächelte glücklich, kuschelte sich an ihn, umschloss fest seine Hand und schaute zunächst in die Ferne übers Meer hinaus.

Sie schloss bald ihre Augen. Ja, hier haben wir echte Freunde, sinnierte sie. Wir bekommen das hin.

~ Vanessa ~

Wir sind beide wieder Single, sinnierte sie. Wie damals, als wir zum ersten Mal zum Deich fuhren, um miteinander intim zu sein.

Wir zogen uns an, packten unsere Sachen und machten uns zum Strand auf.

Anne, Markus, Mareike und Olaf hielten sich bereits dort auf. Steffi und Henning stießen später auch zu uns. Freundinnen und Freunde von der Schule. Die kleine verschworene Clique. Spaßig ging es mit uns her, sinnierte Vanessa heimelig. Frühmorgens auf dem Schulweg, trafen wir uns am Marktplatz vor der Eisdiele und fuhren die letzten Kilometer mit den Fahrrädern gemeinsam zum Unterricht.

Bald sollten sich unsere Wege trennen.

Ich beließ den Tanga absichtlich unter der Badehose, als ich mich am Deich ankleidete. Am Strand machten die Jungs, wie zu erwarten, freche und schlüpfrige Kommentare, da sie den feinen String um meine Hüfte bemerkten. Ein willkommener Anlass für sie, nicht nur mich zu necken. Sie erwarteten vergnügt die Reaktionen von uns Mädchen, die selbstverständlich nicht ausblieben.

Olaf meinte ausgelassen, Yannick solle gut auf seine Schwester aufpassen, da ich mir wohl heute einen heißen Typen an Land ziehen wolle. Yannick müsse ihn erst gründlich unter die Lupe nehmen und ihn von den Beinen holen, sollte er den Ball nicht flach genug halten. Worauf der Strolch damit anspielte, konnte ich mir denken.

Die beiden spielten nicht nur in derselben Fußballmannschaft. Sie waren dicke miteinander befreundet. Da kam ihnen keiner dazwischen. Was die alles ausgeheckt haben, lächelte Vanessa in sich hinein. Und weder der eine noch der andere haute seinen Freund in die Pfanne.

»Das trägt heutzutage eine Frau, die etwas auf sich hält. Im Übrigen kann ich auf mich selbst aufpassen, Olli. Du weißt doch, ich bin äußerst wählerisch. Bei mir punkten die Typen nicht mit blöden Sprüchen.«

»Lass uns mal einen Blick darauf werfen, sieht bestimmt putzig aus, der kleine Fetzen«, meinte Henning neckisch, der auf seinem Handtuch saß und seine Freundin Steffi dabei nicht aus den Augen ließ. Er duckte sich im selben Moment lachend weg, um sich nicht eine Ohrfeige einzufangen.

»Ihr werdet ganz sicher nicht in den Genuss kommen«, erwiderte sie ungehalten. »Sobald wir Mädel heute zum FKK-Strand gehen, bleibt ihr tunlichst hier. Wir wollen unserer Ruhe haben, die Sonne genießen und uns keine albernen Sprüche anhören. Wenn, dann halte dich gefälligst an mich, du Idiot.« »Mit albernen Sprüchen?«

Steffi warf sich auf ihn und gab ihrem Freund nach einem verspielten Gerangel einen friedfertigen Kuss.

Es lief zwischen uns Freunden wie immer, wenn wir zusammen etwas unternahmen. Ein froh gelauntes Grüppchen, mit dem man nicht nur am Strand, sondern bei vielen Gelegenheiten eine glückliche Zeit erlebte. Es gaben uns nicht nur Geburtstage Anlass dazu. Doch auf unserem Geburtstag, den Yannick und ich ja am selben Tag feierten, ging es besonders ausgelassen her.

Es war ein schöner Tag an der See. Die Jungs spielten Fußball oder gingen mit uns schwimmen, wenn uns nach einer Abkühlung war. Wir Mädchen legten uns wie vereinbart eine Zeit lang an den FKK-Strand in die Sonne. Wir unterhielten uns darüber, wie es nach der Schulzeit weiter ginge. Über Ausbildung, Studium, unsere enge, freundschaftliche Beziehung und sagten uns zu, dass wir auf jeden Fall den Kontakt aufrecht erhalten. Mareike und ich mussten es uns einander nicht beteuern. Wir blieben eng vertraute Freundinnen, sollten uns nie aus den Augen verlieren.

Unserer Freunde entschieden, am späten Nachmittag wieder zuhause zu sein, da die freiwillige Feuerwehr zusammen mit dem Technischen Hilfswerk im Dorf ihr jährliches Fest vorbereitet hatte, wie Henning uns mitteilte, der Mitglied in der Jugendfeuerwehr war. Yannick und ich sagten ebenfalls zu, uns mit ihnen dort zu treffen, nannten aber keine verbindliche Uhrzeit.

Der Himmel hatte sich im Laufe der letzten Stunden mit Wolken etwas zugezogen. Die meisten der Strandbesucher brachen auf, zog teils schwer bepackt an unserem Platz vorbei landeinwärts zu den Parkplätzen.

Gegen 17 Uhr brachen die Ersten vom Strand auf. Wir verabschiedeten uns zuletzt von Henning und Steffi, die sich kurze Zeit später auf den Weg machten.

Wir versorgten uns mit Pommes frites und Bratwurst an einer Snackbude und saßen noch eine Weile auf der Stranddecke.

»Siehst groggy aus«, meinte Yannick kauend.

»Geht eigentlich. Und du?«

»Bin noch recht fit«, antwortete ich und spießte mir ein Stück Bratwurst auf meine Gabel.

»Wie spät ist es jetzt, Yannick?«

Er kramte in seiner Badetasche nach dem Handy. »Gleich 19 Uhr.«

»Gehen wir?«

Er schaute mich an und nickte.

»Ja, lass uns auch abhauen, Vanessa, bis wir zuhause sind, geduscht haben ... wird sonst recht spät.«

»Die Taschen nehmen wir mit und legen sie an den Ausguck, Yannick. Die Wertsachen kannst du in die kleine Plastikbox packen und mitnehmen.«

»Du willst noch zum FKK-Strand?« »Hatten wir doch so ausgemacht?«

»Ich dachte, wir fahren jetzt nach Hause?«

»Keine Lust mehr, Yannick?«

»Doch, klar«, meinte er etwas unsicher.

»Na, dann lass uns dorthin gehen.«

Dort angekommen stellten wir die Taschen an den Beobachtungsposten der Rettungswacht und zogen uns aus. Ich beließ lediglich den Tanga an, legte mir das Handtuch um den Nacken und wartet, bis Yannick die Wertsachen in die kleine Box verstaut hatte.

»Am Wasser entlang?« »Ja, ein bisschen die Beine abkühlen, Yannick. Nimm dir auch ein Handtuch mit.«

»Der Himmel hat sich zugezogen, sieht nach einem Gewitter aus. Die See ist spiegelglatt. Heute Nacht oder Morgen im Laufe des Tages ...«, meinte er. »Ich hab nichts dagegen, wenn es sich etwas abkühlt.«

»Ist jetzt angenehmer, da die Sonne hinter den Wolken steht«, erwidert ich unbekümmert.

Ich schlurrte mit den Füßen durchs lauwarme Wasser und schaute den Küstenstreifen entlang.

»Es haben sich auch hier viele Leute auf den Weg gemacht«, konstatierte ich.

»Stimmt, der Strand ist fast menschenleer«, meinte Yannick und kam neben mich.

Einmütig schlenderten wir eine Weile schweigend durch die schaumige Brandung. Wichen hin und wieder angespülten Quallenleichen aus, viskose Klumpen, die schlierig antrockneten.

»Ich habe nachgedacht, Yannick.«

»Ich auch, Vanessa.«

»Du hast nicht mehr damit gerechnet.«

»Nein. Du hast dich anscheinend doch dazu entschieden.«

»Wir sind keine kleinen Kinder mehr, Yannick. Aber Geschwister.« »Ja. Das geht mir auch nicht erst seit heute durch den Kopf.«

Vanessa blieb stehen und schaute auf die auflaufenden Wasserschübe, die ihre Füße umspülten.

»Wir können das machen, Yannick, bis zu einem gewissen Punkt.«

»Ist mir völlig klar.«

»Ja, ich mag Sex, Yannick, und ich hab so meine eigenen Vorstellungen. Ist aber nichts Spleeniges, denke ich. Dass ich es mit dir will, sollte nichts bedeuten. Die Tatsache, dass du mein Bruder bist. Und trotzdem dürfte es etwas damit auf sich haben. Das ist irgendwie neben der Spur. Denkst du nicht auch?«

»Ich weiß, was du meinst. Ich sehe darin komischerweise auch kein Problem, dennoch ist es auf irgendeine Weise abgedreht.«

»Wie siehst du das genau für dich, Yannick? Kannst mir ruhig sagen, wie du über mich denkst.«

Er schwieg einen Moment. Er stand neben mir und rang nach passenden Worten, was ihm gewöhnlich nicht schwerfiel, sobald er anderen seine Ansichten verdeutlichen wollte. Ich schaute Richtung See und konnte mir ein verstohlenes Schmunzeln nicht verkneifen, als er unbeholfen begann, mir seine Sichtweise darzulegen.

»Das klingt womöglich abgehoben ... aber in deinem Wesen, so als Mensch ... als Frau ... du bist einfach ... andersgeartet als die Mädchen, die ich bisher kennengelernt habe. Ich meine, nicht nur viel hübscher als die Mädchen, mit denen ich bislang fest zusammen war und natürlich Sex hatte. Wie soll ich sagen ... du bedeutest mir viel mehr. Du bist eine absolute Ausnahmeerscheinung für mich. Das ist mir in den letzten Jahren immer deutlicher geworden und ja, du bist ... auch ... meine Schwester. Völlig klar. Ich weiß auch nicht so recht, aber vielleicht hat es ja was damit zu tun? Ich fühle mich einfach gut mit dir, Vanessa. In allem verstehst du? Es ist da so eine Schwelle zwischen uns, so ein lichter Vorhang, ich weiß nicht, wie ich das erklären soll ... andererseits merke ich, dass ich mich auf irgendeine Art danach sehne. Nach dir. Ich weiß, es klingt so oder so ... bescheuert. Trotzdem denke ich nicht, dass es durchgeknallt ist. Und was generell den Sex angeht, scheinst du kein Kind von Traurigkeit zu sein. Ich meine, das hat mich schon etwas verwundert. Ist ja so, wir sind beide keine Kinder mehr, nicht nur, was das Ganze jetzt hier mit uns angeht.«

Was er mir zu verstehen gab, rührte mich sehr an. Ich bedeutete ihm als Schwester sehr viel. Zugleich sprach er aus, was ich über ihn dachte, wie mir oft bei ihm zumute war.

»Aber trotzdem sind wir mehr als neugierig, Yannick.«

»Ich denke nicht, dass wir uns darin was beizubringen oder gar etwas zu beweisen hätten, Vanessa.«

»Vermutlich«, deutete ich amüsiert an.

Yannick lachte halblaut auf. Er klang mir unschlüssig.

»Warum lachst du?« »Womöglich liegt es aber genau daran, dass wir jetzt hier sind? Ich weiß auch nicht, wie das so mit uns weiterlaufen könnte, sollte, dürfte.«

Ich schaute ihn nachdenklich an und ahnte, dass er sich wohl in dieser Angelegenheit mit mir aussprechen wollte. Mir zu sagen, was ihm schon länger auf der Seele lag. Aber ich vermied in dem Moment es anzusprechen, zielte darauf ab, es ihm zu überlassen, den passenden Zeitpunkt zu finden.

»Wir werden sehen, Yannick«, erwiderte ich versonnen. »Ist mir auch ein wenig schleierhaft ... Jedenfalls ... ich will dir gegenüber ehrlich sein ... ich bin schon interessiert, so generell.«

Er holte tief Luft und atmete vernehmlich unruhig aus.

»Ich bin auch gespannt darauf zu erfahren, wie du das in Sachen Sex ... mit mir ... so für dich sehen könntest. Ich verstehe jetzt, was du heute Morgen am Deich mit 'neutral' meintest. Darüber habe ich auch nachgedacht. Ich würde dich niemals auslachen, dich für durchgeknallt halten. Ich weiß, dass du dich mir gegenüber genauso verhalten wirst. Wir beide wissen im Grunde, wir können einander absolut vertrauen.

Vanessa, lass uns einfach offen und ehrlich miteinander umgehen, nicht nur was diese Sache heute angeht. Sag mir, was du denkst und willst. Ich werde das auch tun. Zwischen uns sollten keine Fragen unausgesprochen und unbeantwortet bleiben ... ich meine, so generell. Mir liegt viel an deiner Meinung, obwohl wir nicht immer auf einen Nenner kommen.«

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