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Rina hat ein Blind Date.
4.4k Wörter
4.64
37.8k
3
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Hallo,

Diese Geschichte war mein Beitrag zum letzten Kurzgeschichtenwettbewerb auf romane-forum.com zum Thema "Blind Date". Aufgrund der Beschränkung auf 5000 Worte fällt das Ende etwas abrupt aus, ich möchte es allerdings jetzt nicht umarbeiten.

Alle an sexuellen Handlungen beteiligten Personen in dieser Geschichte sind volljährig.

Aus gegebenem Anlass: Copyright© 2017 Phiro Epsilon Das Posten dieser Geschichte, auch auszugsweise, auf einer anderen Webplattform oder unter einem anderen Namen ist nicht gestattet.

*

Was für eine gequirlte Scheiße! Wieso hatte ich mich auf so etwas eingelassen?

"Weil du geil bist, Rina", hatte Julia gesagt. Meine beste Freundin nahm niemals ein Blatt vor den Mund. "Weil du schon seit über einem Jahr keinen Mann mehr hattest."

"Ja, aber ..."

"Keine Ausreden. Geh einfach mal aus. Such dir einen Kerl und lass dich flachlegen."

Nur war das nicht ganz so einfach, wie sie sich das ausmalte. Ich sehe zwar nicht schlecht aus, bin mit meinen knapp dreißig noch recht gut in Form — dreimal Fitnessstudio pro Woche — aber habe echte Probleme mit Beziehungen.

Warum? Weil mich meine erste Liebe hat sitzenlassen? Weil mich mein Ehemann betrogen und ausgenutzt hat? Weil ich genau wegen dieses Kerls HIV-positiv bin und nie weiß, bei welcher Gelegenheit in einer Beziehung ich das erwähnen soll? Etwa kurz vor dem Sex?

Heutzutage ist es ja nicht mehr so, als ob ich nur noch Monate zu leben hätte. Die Kerle ziehen außerdem auch schon von sich aus Kondome an, und bei einem One-Night-Stand kann man durchaus den Kerl davon abhalten, einem seine oralen Qualitäten beweisen zu wollen. Aber ich komme mir trotzdem immer so vor, als würde ich ein schmutziges Geheimnis hüten.

Zu guter Letzt folgte ich Julias Rat — oder besser gesagt: Befehl — und meldete mich bei "Blind-Date.xyz" an, einem dieser Internet-Dating-Portale für verzweifelte Singles "in deiner Stadt", gab meine Hobbies und Vorlieben aller Welt kund und wartete darauf, dass die App auf meinem Smartphone mich mit dem passenden Kerl verkuppelte.

Schon nach fünf Minuten ging es los. "Roberto" sei mein Traummann, meinte das Programm. ? Laut seinem Profil war er Mitte vierzig, hatte zwei Doktortitel und verdiente über hunderttausend im Jahr. Das Profilbild — Das stammte doch aus irgendeiner Werbung für Haargel! Das war doch nicht echt!

Genauso wenig wie "Thomaso" und "Rudolfo". Hey, gab es da nur welche mit italienischen Vornamen? Alles Fake!

Nur gut, dass man die Angebote mit einem einzigen Wisch ablehnen konnte. Nach zehn Minuten tat mir allerdings der Finger weh und mir wurde klar, dass das Geld für die Mitgliedschaft gerade am Verbrennen war.

Doch plötzlich erstarrte mein Finger. "Alex" hatte kein Bild, kein Alter, keine Ausbildung und kein Jahreseinkommen angegeben. "Wenn das hier schon 'Blind-Date' heißt", schrieb er als Kommentar, "dann soll das auch gefälligst blind sein. Bist du abenteuerlustig genug, dich trotzdem mit mir zu treffen?"

War ich natürlich nicht. Meine Fantasie fing schon gleich an, Purzelbäume zu schlagen. Kerle, die ihr Aussehen verbargen, wollten sicher nur Opfer finden. Schwache Frauen, die sie ans Bett fesseln, ihnen den Hintern versohlen und in den Arsch ficken konnten.

Zu viel Fifty Shades gelesen? Wahrscheinlich. Denn ich wurde plötzlich zwischen den Beinen feucht. "Rina", fragte ich mich, "Wie weit ist es mit dir gekommen, dass dich solche Gedanken anmachen? Und jetzt redest du auch noch mit dir selbst." Ich schüttelte den Kopf. Nein, mit so einem würde ich mich nicht verabreden.

Doch mein Finger schwebte immer noch über der Seite. "Rina", würde Julia sagen. "Wenn du nicht mal etwas wagst, kannst du auch nicht gewinnen. Feigling! Weichei!"

Außerdem wusste ich noch gar nicht, ob "Alex" überhaupt an mir interessiert war. Doch es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. Ich tippte auf "Akzeptieren" und ehe ich es versah, waren wir verabredet.

Und jetzt stand ich am Eingang eines Nachtclubs, den ich vorher noch nicht einmal gekannt hatte. "Schwarzer Hibiskus", was für ein seltsamer Name. Ich trug ein feuerrotes Kleid mit viel zu viel Ausschnitt, dunkelrote Strümpfe — natürlich mit Strapsen — und ebenso rote Sandaletten mit Stiletto-Absätzen. Alles das Ergebnis eines widerwilligen Shopping-Marathons mit Julia, und alles an mir schrie "Fick mich!" auf eine nicht gerade subtile Art.

Ich ließ meine Blicke über die anwesenden Gäste schweifen. Wer von denen war Alex? Wenn mehrere Leute an einem Tisch saßen, schieden die schon mal aus. Dort, ein einzelner Mann. Ich machte mich zögerlich auf den Weg.

Als ich näherkam, schaute er hoch. Ganz nett sah er ja aus, wenn auch ein bisschen jung. Sein Blick fiel auf den Anhänger, den ich trug und der überhaupt nicht zu meiner sonstigen Aufmachung passte. Ein Einhorn, das Symbol der jungfräulichen Reinheit. Doch darauf hatten wir uns als Erkennungsmerkmal geeinigt. Dass der Mann hier keines trug, ließ meine Unsicherheit — und Erregung — weiter ansteigen.

Doch sah nur kurz in meine Richtung und widmete sich dann wieder seinem Cocktail. War wohl nichts.

Was nun? An einen leeren Tisch setzen oder ... Mein Blick fiel auf die Bar. Nicht sehr groß, vier Hocker, alle frei. Ich lief los, und irgendwann bemerkte ich die Frau hinter dem Tresen.

Scheiße! Mein Schritt stockte kurz. Die sah so gut aus, wie ich es gerne würde. Hochgewachsen, lange blonde Haare. Blaue Augen ruhten abschätzend auf mir, bis ich mich hingesetzt hatte. Dann kam sie näher.

"Hallo, ich bin Sandra. Der erste Drink für einen neuen Gast geht aufs Haus. Was darf ich dir bringen?"

"Ich ... äh ..." Dann räusperte ich mich erst einmal. "Irgendetwas Süßes, das nicht so chemisch riecht."

"Hast du schlechte Erfahrungen gemacht?"

"Hä?" Was ging die das denn an?

"Mit irgendwelchen Drinks meine ich?" Dabei griff sie schon in ihr Regal und begann, aus verschiedenen bunten Flaschen etwas in ein Glas zu träufeln.

"Ab und zu", sagte ich, während mein Blick wie gebannt ihren flinken Händen folgte.

"Wow!", sagte ich, als sie das Glas vor mich stellte. Sie hatte es geschafft, weiße und grüne Flüssigkeiten so in das Glas zu fließen zu lassen, dass sie Schichten bildeten. Wie bei Gemüselasagne. Gott, wo war ich mit meinen Gedanken? "Wenn das so gut schmeckt, wie's aussieht ... Wie heißt es denn?"

"Wie heißt du denn?"

"Äh ... Katharina. Aber meine Freunde nennen mich Rina."

"Schöner Name. Der Drink heißt 'Rina Spezial Muntermacher'."

Ich lachte auf. "Danke schön", sagte ich.

"Gern geschehen", antwortete sie und wandte sich der Kellnerin zu, die mit einem Tablett voll mit leeren Gläser am anderen Ende der Bar stand.

Ich nippte. Wow! Das Zeug war gut. Dann sah ich mich um. Der einsame Kerl von vorhin war verschwunden, der Tisch leer. Also immer noch nichts.

"Wartest du auf jemanden?", meldete sich Sandra wieder.

Ich zuckte zusammen. "Äh, ja. Blind Date."

Sie lächelte mitleidig. "Etwa übers Internet verabredet?"

Ich zuckte die Schultern. "Geht das heutzutage überhaupt noch anders?"

"Naja, wenn ich das denken würde, dann hätte ich wohl nicht diese Bar."

"Du bist der Boss hier?"

Sie nickte. "Aber um auf dein Date zurückzukommen: Warum sollte er dich denn versetzen?"

"Vielleicht hat er mich gesehen und kehrtgemacht?"

Sie blickte wieder abschätzig. Von meinem Gesicht über meine Brüste und wieder hoch. Soweit es halt von einer Seite der Bar zur anderen ging. "Hmmm. Dann ist er ein Trottel. So jemanden wie dich lässt man sich doch nicht entgehen."

Ich runzelte die Stirn. "Mich kleines Pummelchen? Und das sagt eine Traumfrau wie du?"

"Ach, jetzt mach dich nicht schlechter als du bist. In dem Kleid siehst du doch zum Anbeißen aus."

Meine Wangen wurden langsam heiß. Flirtete die Frau mit mir? "Ich weiß nicht."

"Nimm es als objektive Beobachtung eines Profis. Ich sehe jeden Tag eine Menge Frauen. Dein Aussehen ist sicher nicht der Grund, warum er nicht kommt."

Sie verschwand, und machte die nächste Bestellung fertig.

Ich sah mich noch einmal um. Dann holte ich mein Handy heraus. Keine Nachricht, obwohl es schon eine Viertelstunde über die Zeit war.

"Also", kam Sandras Stimme. "Welchen Grund könnte jemand haben, dich zu versetzen, ohne dich zu kennen? Irgendwelche Leichen im Keller?"

Ich schüttelte den Kopf. "Ich wüsste nicht ... Es sei denn ..."

"Was?"

Ich drehte einen Träger meines Kleides nach außen. Darauf prangte eine kleine rote Schleife. "Ich bin HIV-positiv", gab ich zu.

"Na und? Wie hoch ist deine Viruslast?"

Ich starrte sie an. "Ich ... äh ... acht. Bist du etwa auch?"

Sie klappte den Kragen ihrer Bluse um. Genauso eine Schleife wie bei mir. "Ich bin auf fünf. Ich hatte eine verseuchte Bluttransfusion, als ich noch ein Kind war."

"Mein Arschloch von Ex-Ehemann hat mich angesteckt. Hat's von seiner Mätresse bekommen."

"Scheiße", murmelte sie. "Das ist ja doppelt schlimm."

Was sollte ich darauf sagen? Ich nippte nochmal an meinem Drink. "Der ist wirklich gut", sagte ich.

Sie grinste mich an. "Danke. Hast du dir schon überlegt, wie du den angebrochenen Abend verbringen willst?"

Ich zuckte die Schultern. "Den kostenlosen Drink genießen, dann einen Bus nach Hause nehmen."

Sie blickte mich seltsam an. "Was?", sagte ich, wohl etwas schnippisch.

"Ich mag dich", sagte sie.

"Ich bin nicht lesbisch", schoss ich zurück.

"Allein die Tatsache, dass du von 'Ich mag dich' gleich auf sexuelle Anziehung geschlossen hast, lässt mich fast etwas anderes vermuten."

Ich öffnete den Mund und schloss ihn wieder.

"Mach mal die Augen zu", sagte sie. "Ach komm, tu mir den Gefallen. Wir sind in der Öffentlichkeit."

"Na gut." Ich schloss meine Augen.

Eine sanfte Berührung auf meinem Handrücken ließ meine Nackenhaare zu Berge stehen.

"Könntest du unterscheiden, ob das von einem Mann oder einer Frau kommt?"

"Klar", sagte ich. "Mein Ex hätte mich nie so sanft angefasst."

Sie lachte. "Ist es dir denn unangenehm?"

Ich schaute nach unten. Ihre zierliche Hand lag immer noch auf meiner. Ich schüttelte den Kopf. "Ich bin nicht homophob. Meine beste Freundin ist bi."

Sie hob die Augenbrauen. "Und diese Tatsache hat dich noch nie zum Grübeln gebracht? Nicht schwindeln."

Ich holte tief Luft. Was war das nur mit Barkeepern? Ich kannte Sandra seit gerade mal einer halben Stunde und redete über Themen, die ich noch mit keinem meiner Liebhaber besprochen hatte.

"Ich ..." Ich schaute von unseren Händen hoch in ihre Augen. "Ich habe schon daran gedacht. Aber ..." Dann senkte ich meinen Blick wieder.

Schweigen. Ich hoffte, dass sie sich damit zufriedengab. Musste sie denn keine Bestellung fertigmachen? Um uns her hörte ich Stimmengemurmel.

"Aber was?", kam nach einer langen Zeit. "Aber ich ekle mich vor weiblichen Geschlechtsteilen? Aber ich habe Angst vor meiner eigenen Courage?"

"Eher das letztere", murmelte ich. Über das erstere hatte ich mir bisher noch nie Gedanken gemacht, aber irgendwie konnte ich mir nicht vorstellen, dass die Muschi einer anderen Frau sehr viel anders war als meine.

Ihre Hand verließ mich, doch nur um meine Wange zu streicheln. Es war wie ein elektrischer Schlag "Siehst du", sagte sie. "Geht doch."

Sie verschwand zum anderen Ende des Tresens. Ich berührte die Stelle auf meiner Wange, die zu brennen schien. Jetzt wäre der richtige Moment abzuhauen. Ich konnte mich doch nicht auf so etwas einlassen. Dass Sandra lesbisch war, hatte sie mir genauso klargemacht wie die Tatsache, dass sie auf mich stand.

Sollte ich darüber lachen oder weinen? Sollte ich etwa die Tatsache, dass ich mit Kerlen immer nur Pech gehabt hatte, zum Anlass nehmen, auf das andere Ufer zu schielen?

Ich schielte hinüber. Sandra stand mit dem Rücken zu mir und unterhielt sich angeregt mit einem jungen Mann, der an der Bar stand.

Ich runzelte die Stirn. Als mir das bewusst wurde, zuckte ich fast zusammen. War ich jetzt etwa schon eifersüchtig?

Ich griff nach meinem Drink und trank einen großen Schluck.

"Und?", hörte ich Sandras Stimme. Diesmal allerdings neben mir. Jetzt konnte ich zum ersten Mal sehen, dass sie eine schwarzlederne Hose und Sneakers trug.

"Danke für den Drink", sagte ich, stand auf und nahm meine Tasche vom Tresen. "Ich muss jetzt gehen." Ich wandte mich ab, ohne den Kopf zu heben.

"Rina, bitte schau mich an."

Ich blieb stehen. Meine gute Kinderstube siegte über meine Verwirrung; ich drehte mich um und sah sie an.

Ihr Gesicht zeigte Besorgnis. "Ich will dich zu nichts überreden. Ich habe nur ein Angebot für dich."

Wollte ich das überhaupt hören?

"Ich habe jetzt Feierabend. Ich bin in fünf Minuten in meiner Wohnung im ersten Stock. Allein. Wenn du jetzt rausgehst und dich links hältst, kommst du an eine Tür mit einer PIN-Tastatur. Die Nummer ist sechs-neun-sechs-neun. Überleg's dir."

Ich war von dem Wortschwall richtiggehend überschwemmt worden. Diese Superfrau lud mich zu einem Date in ihre Wohnung ein. Mich!

"Ich ..." Ich hielt inne, senkte meinen Blick, wollte mich abwenden.

"Kriege ich noch einen Kuss?" Die Stimme klang wie die eines kleinen Mädchens.

Und wieder erstarrte ich, hob den Kopf, wollte etwas sagen, doch in dem Moment spürte ich schon ihre Lippen auf meinen. Keusch, mit geschlossenem Mund, eine federleichte Berührung, nicht mehr als das, womit man sich von einer Freundin verabschiedet. Trotzdem war es wieder wie ein elektrischer Schlag, der durch mich hindurchfuhr, meine Brustwarzen sich vor Geilheit zusammenziehen ließ und mir einen Stich in die Muschi verpasste.

"Überleg's dir", wiederholte sie und verschwand.

Wie in Trance drehte ich mich um, lief Richtung Ausgang und hinaus auf die Straße.

Es war gerade mal zehn Uhr abends. Viele Menschen waren unterwegs. Paarweise zum größten Teil. Mitten drin ich. Verloren und einsam.

Immer noch wie in Trance wendete ich mich nach links und lief an der Fassade entlang bis zu einer Eingangstür. Dann blieb ich stehen. Von alleine hob sich mein Finger zu der Tastatur an der Wand.

Mit einem Schlag war es, als würde ich erwachen. Was um Himmels willen machte ich da gerade? Ein Date mit einer Frau, die ich nur ein paar Minuten kannte? Ich wirbelte herum und lief fort.

"Na und?", hörte ich Julia in meinem Kopf lästern. "Du wärst doch auch mit einem wildfremden Mann in die Kiste gestiegen."

"Ja aber ..."

"Hast du etwa Angst vor der Schlampe?"

"Das ist keine Schlampe!"

Ein Pärchen, das vor mir auf der Straße lief, blieb ruckartig stehen. Der Kerl von den beiden drehte sich zu mir um. "Das will ich auch gemeint haben."

Erst dann schien ihm bewusst zu werden, dass ich gar keinen Gesprächspartner hatte. Er schüttelte den Kopf, murmelt etwas wie "Klapsmühle" und zog seine Partnerin fort in Sicherheit.

Ich war auch stehengeblieben, mein Gesicht sicher puterrot vor Scham, dass ich meine Gedanken laut ausgesprochen hatte. So viel Alkohol war doch gar nicht in dem Cocktail gewesen.

Und wieso verteidigte ich diese fremde Frau, die mich zu sich eingeladen hatte, gegen die fiktive Stimme meiner besten Freundin?

"Weil du geil bist, Rina", kam Julias Stimme wieder. "Weil du ..."

"Ja, ja" murmelte ich. "Das kenne ich schon."

Ich holte tief Luft. Scheiß drauf! Diesmal achtete ich darauf, das nicht laut auszusprechen. Ich drehte mich um und lief zu dem Hauseingang zurück. Drei-drei-eins-eins, und das Schloss summte. Ich stieß gegen die Tür und stand in einem Treppenhaus, wo in dem Moment das Licht anging.

Klack, klack, klack, klangen meine High-Heels auf der Steintreppe. Bumm, bumm, bumm, schlug mir das Herz bis zum Hals. "Scheiße, Scheiße, Scheiße", murmelte ich unhörbar vor mich hin. Noch nie in meinem Leben war ich so geil gewesen.

Am oberen Ende der Treppe blieb ich stehen und blickte nach links und rechts. Das Öffnen einer der Türen enthob mich einer Entscheidung. Sandra tauchte darin auf. Lächelnd winkte sie mir zu.

Sie hatte sich umgezogen. Statt der Kombination aus Bluse und Hose trug sie jetzt einen bunten Kimono, statt der Sneakers war sie barfuß. Sie trat einen Schritt zurück und ich lief wortlos an ihr vorbei.

Der Flur endete in einem modern eingerichteten Wohnzimmer. Leder und Metall dominierten den Raum. Außerdem gab es in einer Ecke eine Bar mit hunderten von Flaschen und allen Gerätschaften wie auch unten im Club. Zwei Barhocker standen davor, aus Chrom mit dicken Ledersitzen und kurzen Rückenlehnen.

"Ich freue mich, dass du gekommen bist", riss mich Sandras Stimme aus meiner Versunkenheit.

"Ich ... äh ..." Klasse, Rina, sehr eloquent.

"Magst du noch einen Drink?" Sie wies auf die Bar. "Setz dich doch."

Na gut, das war unverfänglicher als ein Sofa. Ich räusperte mich. "Mach mir doch irgendeinen", sagte ich, während ich mich auf einen der Hocker setzte.

"Süß und nicht so chemisch?", fragte sie lächelnd.

"Und weniger Alkohol."

Sie begann zu mixen. "Im anderen war nicht viel drin. Ich hatte nicht vor, dich abzufüllen. Wie war das denn mit deiner bisexuellen Freundin? Seit wann weißt du es?"

Ich zuckte die Schultern. "Wir sind Arbeitskollegen. Sie hat mir davon erzählt, bevor sie für einen Monat bei mir eingezogen ist."

Ihre Augenbrauen schossen hoch.

"Nicht, was du denkst", sagte ich schnell. "Das Haus, in dem sie wohnt, wurde renoviert, also hat sie einen Schlafplatz gebraucht. 'Ich stehe auch auf Frauen', hat sie gesagt. 'Aber ich werde auf keinen Fall unsere Freundschaft gefährden.'"

"Und wie war es?"

"Am Anfang seltsam. Es war Sommer, wir schliefen in einem Doppelbett und wir beide trugen nicht viel. Sie blickte mich manchmal an, als würde sie ihre Chancen abschätzen, aber sie hat sich tatsächlich den ganzen Monat zurückgehalten." Ich grinste. "Naja. Sie hatte schließlich Möglichkeiten, ihre Gelüste mit anderen zu befriedigen. Ich hatte nur meine Finger."

"Und du hast nie Lust auf sie gehabt?"

Ich holte tief Luft. "Wenn sie das getan hätte, was du vorhin mit mir gemacht hast, wäre ich wahrscheinlich schwach geworden. Du hast mir schon sehr deutlich gezeigt, dass du mich haben willst."

"Vom ersten Moment an." Sie blickte mich an und leckte sich über die Lippen. "Gott! Du sahst zum Anbeißen aus. Tust du übrigens immer noch."

Ich wich ihrem Blick aus. "Ich ... Okay. Ich bin bereit. Aber ..."

"Du kannst jederzeit 'Stopp' sagen." Sie blickte mich ernst an. "Ich verspreche, dass ich nichts tue, was du nicht willst." Jetzt lächelte sie spitzbübisch. "Du brauchst gar nichts zu tun, und ich beschränke mich auf das, was ein Mann tun kann.

Hier. Was hältst du davon? Heißt 'Rina Spezial Mutmacher'."

Sie stellte ein Glas vor mich hin. Keine unterschiedlichen Farben diesmal, der Inhalt war gleichmäßig rot, genau dieselbe Farbe wie mein Kleid.

Ich nahm einen Schluck. Erdbeere! "Mmmm, guuut", seufzte ich. Dann fiel mir ein, dass ich Sandra noch eine Antwort schuldig war. "In Ordnung", krächzte ich schließlich.

Sie kam hinter dem Tresen hervor, und ich wollte aufstehen.

"Bleib sitzen", sagte sie. Ihre Stimme war plötzlich tief und rauchig.

Ich erschauerte. Sie stellte sich hinter mich und lächelte mich in dem großen Barspiegel an. Eine Handbewegung, und ihr Kimono fiel zu Boden. Ich holte tief Luft. Sie trug wohl nichts darunter, doch dadurch, dass sie genau hinter mir stand, konnte ich nur wenig nackte Haut sehen. Stattdessen schaute ich in ihre strahlend blauen Augen.

Ihre Finger berührten meinen Hals und ich erstarrte. "Hmmm", sagte sie. "Wundervoll glatte Haut." Immer noch Augenkontakt.

Fingerspitzen rutschten über meinen nackten Rücken bis zum Rand meines Kleides.

Ihr Kopf kam näher, und Lippen berührten dieselbe Stelle in meinem Nacken. Diesmal erstarrte ich nicht nur, sondern keuchte leise auf. Ein fruchtiger Duft wehte zu mir herüber. Auch Erdbeere. Im Club hatte ich davon nichts gerochen.

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