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Vom Schwager Betrogen 01

Geschichte Info
Vor Gericht und im Knast.
7.8k Wörter
4.53
23.4k
5
Geschichte hat keine Tags

Teil 1 der 9 teiligen Serie

Aktualisiert 06/10/2023
Erstellt 08/18/2021
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Vorbemerkung:

Diese Geschichte entspringt ausschließlich meiner Phantasie.

Ähnlichkeiten mit Institutionen und/oder lebenden oder toten Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt

©sirachibald

Vom Schwager betrogen 01

"Im Namen des Volkes", ertönte die kräftige Stimme des Vorsitzenden Richters, "der Angeklagte wird wegen Steuerhinterziehung in drei besonders schweren Fällen, wegen Betruges in vier Fällen und wegen Konkursvergehens zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt."

Ich hatte die Worte wohl mitbekommen, realisierte in dem Moment, in dem sie gesprochen wurden, jedoch nicht, daß sie mich angingen. Erst, als Dörte, meine Frau, im Zuschauerraum -welch ein gräßliches Wort: Zuschauerraum! Relikt aus dem Mittelalter, wo der Angeklagte -bar jeder menschlichen Würde- zur Schau gestellt wurde- im Zuschauerraum des Gerichts also, schluchzend zusammenbrach, ging mir auf, daß ich derjenige war, der für sechseinhalb Jahre gesiebte Luft atmen sollte.

Die Höhe des soeben verkündeten Strafmaßes traf mich völlig unvorbereitet. Mit zwei Jahren, ja, damit hatte ich ja noch gerechnet, hatte darüber hinaus gehofft, daß eine solche Strafe noch zur Bewährung ausgesetzt werden würde. Und nun das!

Fassungslos und automatisch, setzte ich mich hin, als auch die Richter und Beisitzer sich setzten. Ich hörte auch die Worte, mit denen der Vorsitzende Richter das Urteil des Gerichts begründete. Doch das alles ging wie in einem Nebel an mir vorbei.

Sechseinhalb Jahre, sechseinhalb Jahre!!!!

Immer wieder ging es mir durch den Kopf: Ich sollte sechseinhalb Jahre im Knast sitzen! Das konnte doch nicht der Ernst des Mannes sein, der da nicht weit von mir entfernt in seiner schwarzen Robe saß und mit kalter, durchdringender, präzise formulierender Stimme die Begründung des Gerichts vorlas.

Doch: Es war sein Ernst; sein völliger!

Es war alles so schnell gegangen. Eines Tages hatten Beamte der Steuerfahndung vor der Tür gestanden. Als sie gingen, schleppten sie bergeweise Unterlagen meiner Firma aus dem Haus heraus. Auch in meiner Privatwohnung und in meinem Feriendomizil waren sie gewesen. Darüber hinaus noch bei meinen Banken und bei meinem Steuerberater.

Alles beschriebene Papier wurde mir weggenommen. Als "Beweismittel", wie es hieß.

Ich sagte eben zwar meine Firma. In diesem Sinne war es jedoch nicht meine Firma. Ich war nur zu einem kleinen Teil im Besitz der Anteile der GmbH, um die es ging und ich war der Geschäftsführer. Ein weiterer Teil der Anteile gehörte Dörte. Zusammengezählt kamen wir jedoch lediglich auf 40 % der Anteile. Die restlichen 60 % gehörten Hans-Werner, dem Bruder meiner Frau.

Unter diesen Besitzverhältnissen war klar, wer in der Firma das Sagen hatte. Hans-Werner und sonst niemand.

Nach dem ersten Schock, den die Steuerfahndung mir versetzt hatte und unter dem Eindruck der Geschehnisse, die da abliefen, wurde mir dann relativ schnell klar, daß Hans Werner mich in den vergangenen Jahren nur benutzt hatte. Er hatte -entsprechend seinen Firmenanteilen- bestimmt, wohin die Reise ging. Und nicht nur das. Er hatte mich von ganz wesentlichen Dingen der Geschäftspolitik unseres Hauses nicht nur nicht informiert; er hatte mich ganz bewußt belogen und betrogen. Außer, daß er jede Menge Geld beiseite geschafft hatte, das er nun im Ausland "verbraten" konnte (denn dahin hatte er sich früh genug abgesetzt), hatte er mich dazu veranlaßt, über Jahre hinaus Steuererklärungen abzugeben, deren jeweiliger Inhalt unrichtig gewesen war.

Damals, vor fast achtzehn Jahren, als Dörte und ich geheiratet hatten, hatte sie mir die Hälfte ihres Firmenanteils, den sie von ihrem Vater geerbt hatte, geschenkt. Sie wollte nicht, daß ich --„armer Schlucker", der ich damals war- mir minderwertig vorkam. An die Schenkung hatte sie lediglich eine Bedingung geknüpft: Ich mußte meinen Job bei meinem damaligen Arbeitgeber, einer Firma, die sich schon sehr früh auf den Aufbau elektronischer Datenverarbeitungs-Systeme zu spezialisieren begann, aufgeben und mich dafür -sie und ihr Bruder hatten die Zeichen der Zeit ebenfalls schon erkannt- ihrem Unternehmen, das in direkter Konkurrenz zu meinem bisherigen Arbeitgeber stand, anschließen.

Irgendwie gebauchpinselt von dem Vertrauen, daß Hans-Werner und Dörte mir entgegenbrachten, hatte ich zugesagt und ich kann noch heute mit Fug und Recht behaupten, daß die Firma ohne mich nie dahin gekommen wäre, wo sie später stand. Ganz oben nämlich.

Irgendwann -es muß so vor ungefähr sechs Jahren gewesen sein- war Hans-Werner an mich herangetreten und hatte mir vorgeschlagen, die Geschäftsführung zu übernehmen. Die Firma laufe nicht zuletzt dank meines Einsatzes so hervorragend, daß er sich eigentlich überflüssig fühle. Wenn ich ihn von der Geschäftsführung entlaste, so seine Argumentation, könne er sich neuen Herausforderungen stellen.

Ich war so überrascht und wiederum so freudig angetan von diesem Vorschlag, daß ich ihn ohne weiteres und ohne Mißtrauen annahm und in meiner Unerfahrenheit -ich bin Mathematiker und autodidaktischer Informatiker und kein gelernter Geschäftsmann- nicht sah, daß zwischen Hans-Werners Gerede und seinem tatsächlichen Verhalten eine große Lücke klaffte.

Voll verantwortliche Geschäftsführung hätte ja eigentlich bedeutet, daß ich -wenn auch nicht in jedem Detail- um alles Bescheid gewußt hätte und eigenständige Entscheidungen hätte treffen können und müssen. Ich war jedoch in meinem ureigensten Fachgebiet so mit Arbeit vollgepfropft, daß ich gar keine Zeit hatte, mich mit der tatsächlichen Geschäftsführung zu befassen.

Nachdem ich diesen Umstand eigentlich sehr schnell bemerkt hatte, wollte ich, daß Hans-Werner auf seinen alten Posten zurückkehrte. Das hielt er jedoch mit der Begründung für keine gute Idee, daß es sich nach außen hin nicht gut mache, wenn die Geschäftsführung eines bekannten Unternehmens so schnell wechsle. Es sei nun mal, wie es sei und wenn ich die Zeit nicht erübrigen könne -wofür er durchaus Verständnis habe- dann wolle er sich zwar gerne wieder seiner alten Tätigkeit widmen, offiziell jedoch müßte alles beim alten bleiben.

Und so war es gekommen, daß Hans-Werner weiterhin der faktische Geschäftsführer war und sich insoweit um alle geschäftlichen Dinge kümmerte, während ich wieder das tat, was auch schon vorher mein Job gewesen war. Einen Unterschied nur gab es: Wichtige Geschäftspapiere, so die Bilanzen und Steuererklärungen, Darlehens-, Arbeitsverträge und... und und mußte ich unterschreiben, da nur meine Unterschrift rechtsverbindlich war.

Manchmal war mir nicht ganz wohl bei der Geschichte, weil ich nicht wußte, was ich da alles unterschrieb. Sobald ich aber nachfragte und Details wissen wollte, meinte Hans-Werner, daß alles seine Richtigkeit habe. Das sei immer so gemacht worden und wenn ich ihm mißtraue.... nun, dann müßte ich die Arbeit eben selbst machen.

Ich Idiot! Ich hatte ihm in meiner Vertrauensseligkeit geglaubt. Hatte ihm geglaubt, weil ich mir nicht vorstellen konnte, daß es in einer Familie, die sich so gut verstand, wie wir in unserer, Lug und Trug geben konnte.

Tatsächlich aber ergaunerte Hans-Werner unter falschen Angaben und unter Vorlage getürkter Bilanzen ganz erhebliche Kredite, die er auf ein Firmenkonto transferierte und später von dort aus in die eigene Tasche. Zum einen kannte ich dieses angebliche Firmenkonto überhaupt nicht, zum anderen wußte ich auch nicht von der Kreditbeschaffung überhaupt. Ich hatte das Geld auch nicht gesehen. Nicht Schwarz auf Weiß auf einem Kontoauszug und auch nicht in Form von Bargeld.

Die den Banken vorgelegten Bilanzen unterschieden sich -wie sich dann im Prozeß herausstellte- ganz erheblich von denen, die dem Finanzamt vorgelegt worden waren. Die Banken waren von weit überhöhten Gewinnen und glänzenden Ertragssaussichten ausgegangen und hatten deshalb bereitwillig Kredite zur Verfügung gestellt. Beim Finanzamt wiederum wurde über Jahre hinaus der Anschein des genauen Gegenteils erweckt. Folgte man den Steuererklärungen, dann bewegte sich unsere Firma immer am Rande des Abgrundes; Geld hatten wir danach nicht, nur Schulden!

Hans-Werner hatte nicht nur den größten Teil der Kredite für sich "privat" abgezweigt, wobei er an eine Rückzahlung überhaupt nicht dachte. Er hatte sich auch die "ersparten Steuern" in die Tasche gesteckt. Ich selbst, der von den Krediten nichts wußte, zahlte natürlich auch nichts zurück. Das alles ging auch einige Zeit gut, aber dann......

Es war alles sehr schnell gegangen. Wenn man immer wieder hört, daß Beamte nur langsam arbeiten, dann stimmte das gerade in meinem Fall nicht.

Es waren gerade vierzehn Tage vergangen, seit die Beamten der Steuerfahndung mich besucht hatten, als ich einen Brief von der Staatsanwaltschaft bekam, mit dem sie mich darüber informierte, daß zu dem ursprünglichen Vorwurf der Steuerhinterziehung nun auch noch der Vorwurf der Konkursverschleppung und des Betruges hinzugekommen sei und daß nun sie und nicht mehr die Steuerfahndung für den Fall zuständig sei.

Kurz und schlecht: Das Gericht machte mir den Vorwurf, verschiedene Steuern in Höhe von insgesamt 5 Millionen Euro hinterzogen zu haben, außerdem wurde mir vorgeworfen, daß ich verschiedene Banken unter Zuhilfenahme gefälschter Bilanzen und Belege um weitere 20 Millionen betrogen hätte und daß ich dadurch, daß ich das Konkursverfahren für unsere Firma nicht fristgerecht beantragt hätte, die Gläubiger um ihr Geld geprellt hätte.

Immer wieder hatte ich betont und verzweifelt versichert, daß ich von den ganzen Vorgängen keine Ahnung gehabt hätte, daß ich mich nach einer kurzen Versuchsphase wieder meiner eigentlichen Tätigkeit zugewandt hätte und daß alles, was man mir vorwerfe, eigentlich meinen Herrn Schwager betreffe. Es nützte alles nichts; das Gericht glaubte mir nicht.

Meine Chancen waren noch schlechter geworden, als Hans-Werner als Zeuge (er als Zeuge, wo er doch der Angeklagte hätte sein müssen!) vor Gericht aufgetreten war.

Er tat sehr entrüstet, als er vernahm, daß ich ihn als den eigentlich Schuldigen bezeichnet hatte, murmelte etwas von Undankbarkeit -soweit könne es eben kommen, wenn man jemanden, der von Hause aus mittellos gewesen sei, Geldgeschäfte tätigen lasse usw- und verwies im übrigen darauf, daß er, seit ich die Geschäftsführung der Firma übernommen hätte, selbst bei aller Anstrengung gar keine Zeit mehr hätte erübrigen können, um solche Dinge zu tun. Er sei mit dem Aufbau seines neuen Geschäftes so sehr beschäftigt gewesen, daß er meine Aufgaben nicht auch noch hätte übernehmen können. Im übrigen wies er in überaus überzeugender Manier darauf hin, daß seine Angaben schließlich auch dadurch gestützt würden, daß nirgendwo seine Unterschrift erscheine und daß auch die sonst üblichen Akten, Schriftstücke und Unterlagen in meinem Büro gelegen hätten und dort gefunden worden seien. Daß er diese Dinge ohne mein Wissen in meinem -für ihn jederzeit zugänglichen- Büro deponiert habe, wies er entrüstet zurück.

Die Richter glaubten ihm, glaubten dem Verbrecher, der dadurch nicht nur mich, der auch seine Schwester und unsere Kinder (seine Nichte und seinen Neffen!!) in schwere Bedrückung brachte.

Auch Dörte war als Zeugin gehört worden. Sie gab nach besten Kräften wieder, was sie wußte. Da sie aber nie in der Firma gewesen war und die Dinge deshalb nur vom Hörensagen kannte, wurde ihre Aussage nicht bewertet. Mittelbare Zeugenaussagen, so die rein juristisch wohl einwandfreie Argumentation des Staatsanwaltes, seien als Beweismittel unzulässig.

Im Zuge der Hauptverhandlung stellte sich dann heraus, daß ich, also Hans-Werner, Firmeneinnahmen in Höhe von rd. 8 Millionen auf andere Konten umgeleitet hatte (daraus resultierten die Steuern) und daß er die Banken tatsächlich um rund 10 Millionen geschröpft hatte. Machte zusammen 18 Millionen. Mit Zins und Zinseszins machte das Ganze rd. 20 Millionen aus, da die ganze Sache ja nicht sofort aufgekippt war. In der Zwischenzeit mußte er das Geld ja irgendwo angelegt und Erträge daraus realisiert haben.

Auch mein letztlich schon hilfloser Einwand, daß ich es gar nicht gewesen sein könne, denn dann müßte das Geld doch zu finden sein, brachte mich nicht weiter. Der Staat, so wurde mir erklärt, sei nicht verpflichtet, nach dem Verbleib des Geldes zu forschen. Er habe den Schaden festzustellen, die Unterlagen und Beweise zu prüfen und bei Vorliegen einer klar definierbaren Schuld letztlich seinen Strafanspruch durchzusetzen. Selbst, wenn nach dem Verbleib des Geldes geforscht werden würde, sei ja noch lange nicht sicher, daß es auch gefunden werde. Die Ermittlungsbefugnisse endeten an den Grenzen, die für mich -für mich!- jedoch durchlässig gewesen seien. Damit wurde unterstellt, daß ich das Geld in die Schweiz oder sonstwohin verbracht hatte. Dabei war ich noch nie in der Schweiz oder in Luxemburg gewesen. Aber auch das war ein Umstand, den ich nicht nachweisen konnte. Manchmal ist es eben doch von Nachteil, daß die Grenzen in Europa gefallen sind und Besuche in den Nachbarstaaten nicht mehr im Paß eingetragen werden.

Nach den Plädoyers der Staatsanwaltschaft und meines Verteidigers hatte ich das letzte Wort erteilt bekommen.

Ich hatte das Gericht gebeten, mir zu glauben, daß ich unschuldig sei und im übrigen für den Fall, daß man mir nicht glauben könne oder wolle, um eine milde Bestrafung gebeten.

Mein allerletztes Wort jedoch hatte dann Hans-Werner gegolten, der kackfrech und höhnisch grinsend, dem Verfahren als freier Zuschauer beiwohnte.

"Wenn ich verurteilt werde, mein lieber Schwager," hatte ich zornig zu ihm hinübergerufen, "wenn ich verurteilt werde..... ich kriege Dich..... verlaß' Dich drauf..... ich kriege Dich.... Wenn auch alle Leute hier in diesem Saal anderer Meinung sind, Du und ich, wir beide, wir wissen, wie Du mich hereingelegt hast. Und dafür wirst Du büßen. Denk' immer dran.... ich kriege Dich.... und wenn es das letzte ist, was ich in meinem Leben tue. Ich bedrohe Dich nicht an Leib und Leben... aber das unrecht erworbene Vermögen, Du wirst es verlieren.... Du wirst eines Tages ärmer sein, als die berühmte Kirchenmaus, so arm, daß Du Dich freuen würdest im Gefängnis zu sitzen, wo Du wenigstens wüßtest, daß Deine nächste Mahlzeit Dir sicher ist. Wenn ich mit Dir fertig bin, wirst Du hungern müssen, Hans-Werner.... betteln und hungern!"

Mein Rechtsanwalt war über das dann verkündete Strafmaß ebenso entsetzt, wie ich. Er fragte mich gar nicht erst, sondern kündete noch im Gericht an, daß er Revision einlegen werde. Er sei sich -mit allen denkbaren Einschränkungen- sicher, daß mit mir die falsche Person verurteilt worden sei. Doch selbst wenn ich die Taten begangen hätte, deretwegen ich verurteilt worden sei, es sei ein Unding, mich dafür so hoch zu bestrafen. Bislang sei mein Fall für ihn einer unter vielen gewesen. Durch diesen offensichtlichen Justizirrtum sei er nun persönlich betroffen und er werde die Angelegenheit nicht auf sich beruhen lassen.

Um es vorweg zu nehmen, mein Rechtsanwalt hat sich wirklich rührend und tatkräftig um mich bemüht. Er hat darüber hinaus mir nur die Gebühren in Rechung gestellt, die er unbedingt haben mußte, hat also einiges kostenlos getan. Sein ganzes Engagement hat jedoch keinen greifbaren Erfolg gehabt. In der Revisionsverhandlung, die eineinhalb Jahre später stattfand, wurde das Urteil des Landgerichtes bestätigt. Sogar Hans-Werner, der sich dem Vernehmen nach mittlerweile irgendwo im Ausland aufhielt (wahrscheinlich da, wo er das Geld verborgen hatte), erschien wider Erwarten doch noch einmal als Zeuge und blieb selbst bei hartnäckigster Befragung bei seinen früheren Aussagen. Damit hatte ich endgültig verloren.

Über die Zeit, die ich im Gefängnis verbringen mußte, will ich nicht viel erzählen. Sie war schrecklich, entwürdigend und grausam. Einziger Trost war mir, daß Dörte und unsere Kinder keine Not litten. Wir hatten uns ein gemeinsames Häuschen im Grünen gebaut, das wir wohl in einem Anfall von ahnungsvoller, vorausschauender Vorsicht auf Dörtes Namen hatten schreiben lassen. Wie gut, daß wir das getan hatten, konnte somit doch niemand daran heran. Hätte es noch ganz oder teilweise mir gehört, es wäre zumindest hinsichtlich meines Anteils perdü gewesen.

Auch hinsichtlich der Kosten des täglichen Lebens waren Dörte und die Kinder abgesichert. Dörtes Vermögen hatte nicht nur aus dem 30 %igen Anteil an unserer Firma bestanden. Es war -gottlob- breiter gestreut und aus den Erträgen, die ihr aus den anderen Vermögensanlagen zuflossen, konnten sie und die Kinder ganz gut leben.

Da die Justiz vermutete, daß ich "mein unrechtmäßig erworbenes Vermögen" (welch ein Hohn, Vermögen! Ich war nun, da meine Anteile an der GmbH nichts mehr wert waren, arm wie eine Kirchenmaus.) ins Ausland verbracht hatte, ging sie wie selbstverständlich davon aus, daß Fluchtgefahr bestand. Ich war deshalb noch vor dem Abschluß der Ermittlungen verhaftet und in U-Haft eingeliefert worden. Nach der Urteilsverkündung wurde ich aus diesem Grund auch gleich wieder in den Knast geführt. Ich hatte mit Dörte kein einziges Wort mehr reden und mich nicht einmal mehr von ihr verabschieden können. Es war lediglich zu einem äußerst kurzen Blickkontakt zwischen uns gekommen. Und selbst bei diesem hatte ich wegen der tränengeröteten Bindehaut nichts in ihren Augen lesen können.

Gegenüber der U-Haft trat dann jedoch eine Verbesserung ein. Dörte durfte mich besuchen! Ich rechne es ihr hoch an und werde es mein ganzes Leben lang nicht vergessen: Sie hat nicht eine Besuchsmöglichkeit versäumt!

Es war schon mehr als peinlich; aber es ging nun mal nicht anders. Wir mußten alle Dinge, selbst die intimsten, in Gegenwart eines aufsichtführenden Justizbeamten besprechen.

Da die Dinge nun mal so lagen, wie sie lagen, hatte ich mich relativ schnell in sie hineingefunden. Ich war kein Verbrecher und wollte auch im Knast keiner werden. Zwar gelten dort andere Gesetze und ich hatte meine Schwierigkeiten meinen Mitgefangenen klar zu machen, daß ich unschuldig war. Zuerst erntete ich ob meiner Behauptung schallendes, spöttisches und auch überaus höhnisches Gelächter.

"Ja.. ja.... wir sind alle unschuldig," hieß es.

In mehreren Gesprächen mit anderen Strafgefangenen, die ebenfalls wegen Wirtschaftsdelikten saßen, gelang es mir dann aber nach und nach, zumindest ihnen meine Unschuld zu "beweisen". Kurz: Ab einem bestimmten Zeitpunkt wurde mir geglaubt. Darauf hatte ich hingearbeitet.

Plötzlich war ich "persona grata". In diesem Zusammenhang eine durchaus positiv zu sehende Eigenschaft. Ich wurde in Ruhe gelassen, war, wie man so schön sagt, "außen vor". Alle Streitigkeiten, alle internen "Kriege" zwischen den verschiedenen Gruppen und Cliquen, jede Anmache, ja, auch die berühmte Verbrecherschule im Knast (wo man bekanntlich alles lernt, was man lernen will) blieben mir erspart. Darüber hinaus gelang es mir, glaubhaft zu versichern, daß ich nicht gegen die "Gesetze" der Vertraulichkeit unter Knastbrüdern verstoßen würde. Ich vermute sogar, daß ich in dieser Hinsicht mehrmals auf die Probe gestellt wurde.

Wie auch immer; die Justizverwaltung hat von mir kein Wort von dem erfahren, was auf den Gängen, in den Zellen und beim täglichen Rundgang so alles ge- und besprochen wurde.

Als ich nach innen "Luft" und als ich selbst den härtesten Insassen davon überzeugt hatte, daß ich seine Belange zwar achten, mich mit ihm jedoch nicht gemein machen würde, wandte ich mich dem Aufsichtspersonal zu. Ob ich es nun einsah, oder nicht, widerspruchslos beugte ich mich jeder Anordnung und galt bald darauf als "angenehmer" Gefangener. Darüber hinaus hatte das Personal sein "Ohr" selbstverständlich auch am Puls des Geschehens und schon bald sah man meinen Fall auch dort mit anderen Augen.

Das alles hatte zur Folge, daß ich im Knast recht bald keine Probleme mehr hatte und daß sich der jeweilige aufsichtsführende Beamte bei Dörtes Besuchen schon mal etwas weiter entfernt niederließ. So weit, daß er selbst beim bestem Willen nicht mehr verstehen konnte, was wir mit leiser Stimme miteinander besprachen.