Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Wahlverwandschaften Teil 03

Geschichte Info
Alex muss in der neuen Firma ihren Mann stehen.
8.1k Wörter
4.59
19.5k
2
Teile diese Geschichte

Schriftgröße

Standardschriftgröße

Schriftabstand

Standard-Schriftabstand

Schriftart Gesicht

Standardschriftfläche

Thema lesen

Standardthema (Weiß)
Du brauchst Login oder Anmelden um Ihre Anpassung in Ihrem Literotica-Profil zu speichern.
ÖFFENTLICHE BETA

Hinweis: Sie können die Schriftgröße und das Schriftbild ändern und den Dunkelmodus aktivieren, indem Sie im Story-Infofeld auf die Registerkarte "A" klicken.

Sie können während unseres laufenden öffentlichen Betatests vorübergehend zu einem Classic Literotica® Erlebnis zurückkehren. Bitte erwägen Sie, Feedback zu Problemen zu hinterlassen oder Verbesserungsvorschläge zu machen.

Klicke hier
Gesa
Gesa
103 Anhänger

Siehe auch ‚Wahlverwandtschaften' Teil 1 und Teil 2.

Weitere Folgen, auch mit anderen handelnden Personen, sind geplant.

Wahlverwandtschaften - Teil 3 -- der folgenschwere Entschluss

ALEX TRIFFT EINEN FOLGENSCHWEREN ENTSCHLUSS

Chris ist schon längst weg und ich habe vergessen, dass ich noch etwas aus der Apotheke für die Rückreise nach Hamburg brauche. Also setze ich mich in den Bus und suche den Hauptbahnhof auf, wo auch um diese Zeit die Apotheke noch geöffnet hat.

Im Bus träume ich so vor mich hin. Mit dem Bild von Chris vor Augen bekomme ich auf einmal eine Idee, wie ich es Hans und damit auch Sylvia heimzahlen kann. Ich weiß von Kollegen, dass er in alkoholisiertem Zustand gerne Bars frequentiert, in denen auch Prostituierte vorbeikommen. Wenn er genügend beschwipst war, dann war er auch nicht abgeneigt war, solche Angebote anzunehmen. Und die Weihnachtsfeier hatte ja genügend bewiesen, dass er seinen Hosenstall nicht geschlossen halten konnte.

Genau das wird sein Verhängnis werden. Ich werde einen Transvestiten als Prostituierte engagieren und Hans wird drauf reinfallen, das spüre ich. Ich werde mich hinter einem Vorhang verbergen und Fotos davon machen. Ein Foto an unseren Chef, der schwule Männer wie die Pest hasst, und Hans ist Geschichte in der Firma.

Dann merke ich, dass diese Idee einfach Quatsch ist. Ja, vielleicht funktioniert es, aber es wird mich in meinem Job auch nicht weiter bringen, sondern ist nur primitive Rache. Hans wird garantiert in seinem Ärger erzählen, wer ihm das eingebrockt hat, wenn er seinen Job verliert. Damit werde ich seinen Posten garantiert nicht bekommen. Aber die Idee hat einen Funken in meinem Gehirn hinterlassen. Irgendwo ist etwas daran, was ich ausnutzen kann.

Aber jetzt bin ich am Bahnhof angekommen. Ich steige aus und suche die Apotheke. Plötzlich erkenne ich in der Menge den Chef einer Firma, die im Wettbewerb zu meiner steht. Er ist auch nicht zu übersehen, weil auf seinem Koffer weithin sichtbar in leuchtendem Rot und Weiß das Hamburger Wappen prangt. Wir haben uns ein paarmal bei Veranstaltungen der Handelskammer gesehen -- und höflich steuere ich auf ihn zu, um ihn zu begrüßen. Noch bei fünf Metern Distanz sieht er jedoch durch mich hindurch, als hätte er mich noch nie gesehen. Ich bin etwas verdutzt, bis mir einfällt, dass ich ja noch in diesem indischen Kostüm stecke und meine dunkel geschminkte Haut meine Erkennbarkeit nicht gerade steigert. Aus einem mir nicht ganz klaren Grund erheitert mich das ungemein und mich treibt ein plötzlicher Impuls zu einem Schabernack.

„Mein Herr, ich sehe, dass Sie aus Hamburg kommen. Entschuldigung, aber fahren Sie dort heute wieder zurück?"

Er blickt mich leicht überrascht an und nickt dann, während er kurz auf seinen Koffer schaut.

„Wären sie vielleicht so freundlich, eine eilige, geschäftliche Nachricht für meine Schwester in Hamburg mitzunehmen? Es scheint so, als ob ihr Handy und ihr Internet technische Probleme haben. Sie brauchen ihr nur eine Notiz in ihren Briefkasten zu werfen, dass sie mich kontaktieren soll, ja?"

Er erkennt mich immer noch nicht -- und ich muss an mich halten, um nicht vor Lachen herauszuplatzen. Er nickt, ist aber auch sichtlich etwas misstrauisch und fragt wer denn nun meine Schwester sei.

„Warten Sie einen Moment, irgendwo muss ich die Visitenkarte von Alexandra haben. Ach ja, hier ist sie ja!"

„Geschäftlich sagen Sie, Herr...?"

Sein Interesse ist blitzartig geweckt und seine Augen werden sehr groß, als ich ihm meine Visitenkarte meiner Firma überreiche und auf der Rückseite mit einem Kugelschreiber nur kurz mit Alexej signiere und in Blockbuchstaben ‚RUF MICH AN, ALEXANDRA!' hinschmiere.

Ich nicke ganz unbeteiligt, während ich mich innerlich amüsiere. Herr Schmidt hat Blut geleckt. Das wird lustig werden, wenn er erkennt, wer ich wirklich bin. Witzig ist auch, dass ich nur teilweise gelogen habe. Mein Zwillingsbruder heißt tatsächlich Alexej und lebt in Belgien. Allerdings ist sein Interesse an Geschäften mit Chemikalien eher auf das beschränkt, was man zur privaten Herstellung von Cannabis-Öl braucht. Ich würde nie Geschäfte mit Chemikalien mit ihm besprechen. Er ist eigentlich Musiker und gelegentlich auch Schauspieler. Er hasst elektronische Medien wie der Teufel das Weihwasser.

„Sie sind der Bruder von Alexandra? Sie arbeiten auch in dem Bereich? Kennen Sie auch die Lieferanten aus Indien oder China ziemlich gut, die Ihre Schwester betreut?"

Hoppla, was war denn das für eine Frage? Da wurde ich sofort vorsichtig. Der gute Mann war gefährlicher als ich dachte. Er sah mich mit einem eigenartigen Blick an, als ich mit der Beantwortung zögerte.

„Falls ja, kann ich Ihnen ein gutes Geschäft anbieten. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich schätze Ihre Schwester sehr, aber sie hat ein Arschloch als Chef und wird bald gefeuert werden. Ihre Schwester wird in Hamburg auf die ‚schwarze Liste' kommen. Keiner wird sie einstellen. Auch ich werde mich dann an die stillschweigende Vereinbarung unter den Chemiehändlern in Norddeutschland halten. Sie sehen, ich bin absolut offen. Falls Sie mit Ihnen zusammen arbeitet, werde ich Ihnen einen Bonus für jedes neue Geschäft anbieten, den Sie mit Ihrer Schwester teilen können. Sie werden als freier Mitarbeiter bei mir eingestellt. Hier, ich gebe Ihnen meine Geschäftskarte."

Der Typ ist ein absoluter Vabanquespieler! Wie kann er nur so etwas wagen? Er kennt meinen Bruder doch überhaupt nicht. Aber ich sehe plötzlich auch die Möglichkeiten. Und ich teile wirklich seine Meinung, dass mein Chef ein absolutes Arschloch ist. Und leider hat er vermutlich recht. Hans würde weitere Intrigen versuchen, um eine lästige Konkurrentin loszuwerden.

„Ich muss erst mit meiner Schwester sprechen, Herr Schmidt. Das werden Sie doch sicherlich verstehen, nicht wahr?"

„Natürlich Herr ...Berg, nehme ich mal an? Sie können hier im Düsseldorfer Nachtleben auch den Aschermittwoch für die letzte Party nutzen. Ihre Schwester Alexandra wird noch heute Ihre Nachricht in ihrem Briefkasten finden. Und sie wird Sie anrufen, da bin ich mir sicher, wenn ich meine Visitenkarte hinzufüge..." Er lächelte -- ganz schön selbstsicher, fand ich.

„Ich spreche mit meiner Schwester, wenn sie mich anruft oder wieder erreichbar ist. Danke, Sie haben mir eine Fahrt nach Hamburg erspart."

Und tatsächlich, ich würde heute nicht nach Hamburg fahren. Ich würde meinen Bruder in Liège besuchen. Die Idee ist vielleicht absurd, aber sie ist nicht unmöglich. Ich kann meine Rache an Hans und an meinem Firmenchef haben, wenn ich als Alexej Berg meine Kunden und Lieferanten ‚mitnehme' zu der Firma von Herrn Schmidt. Ich muss nur dafür sorgen, dass mein Bruder für eine Weile untertaucht und er mir seine Papiere gibt. Das ist gar nicht so schwer, wenn ich es geschickt anstelle. Ich würde heute noch einen Monat bezahlten und einen Monat unbezahlten Urlaub bei meiner alten Firma beantragen. Nach den ersten vier Wochen würde ich mit einer SMS aus Griechenland kündigen. Jetzt denke ich schon ‚alte' Firma. Im Unterbewusstsein habe ich schon meine Entscheidung getroffen, obwohl es nicht ohne Risiko ist.

BEGINN

Am Samstag bin ich wieder am Rhein zurück. Es war einfacher gewesen, als ich gedacht hatte. Mein Bruder hatte sich nur zu gerne auf einen dreimonatigen Aufenthalt in Griechenland auf meine Kosten eingelassen. Ich hatte ihm ein neues Konto auf meinen Namen mit einem festen Betrag eingerichtet, der für drei Monate gut reichen würde. Er würde meinen Dienstwagen benutzen und in aller Ruhe über Frankreich, Italien und den Balkan nach Griechenland gondeln. Meine Kreditkarte würde er für die Fahrt nutzen, so dass jede Mautstation, jede Tankstelle meinen angeblichen Urlaub gut untermauern würde. Er war sogar überraschen bereitwillig, sich als Transvestit zu betätigen, um die Tarnung noch besser zu untermauern. Den Wagen würde er dort im Fährhafen stehenlassen. Er würde mir den Schlüssel und die Papiere sowie die Kreditkarte dann zuschicken. Vom Fährhafen würde er auf eine der kleinen griechischen Insel fahren, wo er in aller Ruhe komponieren konnte. Er war dort auch vor allen Nachforschungen der empörten Kunden seines Cannabis-Öles gut geschützt. Seine Chemie-Kenntnisse sind wohl noch geringer, als ich sie ohnehin schon eingeschätzt hatte.

Im Austausch habe ich seinen Ausweis, Pass und seinen Führerschein bekommen sowie seine beste Montur, die mir nicht gerade toll passt, aber gerade eben noch akzeptabel ist. Ich habe das Sakko nur gebraucht, um mich gleich in Aachen über der Grenze im nächsten Shoppingcenter soweit einzukleiden, dass ich die Einstellungsverhandlung in der Firma von Herrn Schmidt gut bestreiten kann. Die Kreditkarte von meinem Bruder ist natürlich gesperrt und sein Konto im Minus, was mich nicht wirklich wundert. Aber beides würde ich schnell beheben können.

Es ist gar nicht so schwer. Ich würde mit Herrn Schmidt hart über den Bonus verhandeln, den jeder für seine Firma neuen Kunden bzw. Lieferanten brachte. Als einmaligen Bonus denke ich so an fünf Prozent vom Umsatz, dafür braucht er mir kein Gehalt zu zahlen. Er würde im aktuellen Jahr nicht gerade üppig an den neuen Kunden verdienen, aber im darauf folgenden Jahr alles wieder reinholen. Und wenn ich nur die Hälfte der Lieferanten bzw. Kunden mitnehmen kann, dann habe ich persönlich in den drei Monaten sicherlich bis zu einer Viertelmillion Euro auf meinem Konto und brauche Herrn Schmidt nicht mehr.

Danach werde ich mehr als ein Jahr Zeit haben, mir woanders einen Job mit besseren Aussichten zu suchen. Ich denke an Schweden oder Frankreich, wo Frauen durch die Bank bessere Karrierechancen haben als in Deutschland. In den drei Monaten bräuchte ich nur selten im Büro zu sein, sondern ich würde im ersten Monat die ‚sicheren' Lieferanten aufsuchen und überzeugen -- und im zweiten die ‚sicheren' Kunden. Der Trick läge darin, die unsicheren Kandidaten erst im dritten Monat zu besuchen, damit meine ‚alte' Firma noch keine Gegenmaßnahmen einleiten konnte. Im Büro der ‚neuen' Firma brauche ich bei dieser Planung nur selten zu sein, was auch wenig Aufwand bei der ‚Verkleidung' mit sich bringt. Bei den Lieferanten und den wichtigen Kunden würde ich als die ihnen bekannte Alexandra Berg auftauchen und sie jeweils bitten, für eine Übergangszeit meinem Bruder zu vertrauen, bis ich von meiner „langen und abenteuerlichen Weltreise" zurück war. Nur im Büro würde ich alle zwei Wochen einen Tag als Alexej verbringen müssen -- irgendwie muss ich ja die Kontakte zwischen neuer Firma und ‚meinen' Lieferanten/Kunden herstellen. Sechs bis sieben Tage als Alexej, das ist glatt zu verkraften. Ich habe ja jetzt Erfahrung als ‚der Alex' aus Hamburg...

Aber erstens kommt es anders - und zweitens als man denkt. Ich rufe Herrn Schmidt an und wir treffen uns noch am Sonntagabend in Hamburg. Seine Vorstellungen sind ganz anders als meine. Im Nachhinein war ich wohl einfach naiv gewesen.

Ich habe mich zwar in mehrerer Hinsicht gut vorbereitet, oder ich dachte das zumindest. Von der Kleidung her habe ich einen guten, aber unauffälligen grauen Anzug gewählt und ein dunkelblaues Hemd, so dass die die Binden zum Verflachen meines Busens nicht sichtbar sind. Die geschminkte Sonnenbräune hilft auch gleichzeitig mit dem fehlenden Bart. Von der Argumentation her habe ich Lieferanten-Listen vorbereitet und anonymisierte Kundenlisten, die den gesamten Umfang von über zehn Millionen Euro Umsatzpotential zeigen sollen.

Nach der üblichen Begrüßung stelle ich ihm die Möglichkeiten vor. Er beißt aber nicht auf die Weise an, die ich von ihm erwartet habe.

„Herr Berg, Ihre Vorstellungen in allen Ehren, aber ich bin nicht an kurzfristigen Projekten interessiert. Ich bin einverstanden einem knappen Monat von Lieferantenbesuchen durch Sie alleine, aber danach erwarte ich Kundenbesuche gemeinsam mit mir oder Mitarbeitern von mir und auch Ihre Zusammenarbeit mit dem Innendienst bei uns. Dementsprechend werde ich einen Bonus für Lieferantenübertragung nur auf der Rate von einem Lieferanten pro Monat vergüten -- und das auch nur mit 3% des Umsatzes, den mein Unternehmen damit im aktuellen Jahr erzielt. Andererseits können Sie bei uns ein attraktives Gehalt erwarten und auch entsprechende Aufstiegsmöglichkeiten, wenn Sie Kunden und Lieferanten für uns für zwölf Monate halten. Ich habe nämlich keine Lust, dass Ihre Schwester nach drei Monaten sich die Kunden wieder an Land holt und wir für drei Monate einen hohen Bonus bezahlt haben, und dann ein Minusgeschäft machen. Ist das klar?"

Schon schwimmen mir alle Felle davon. Weder werde ich nach drei Monaten richtig fettes Geld auf meinem Konto haben, noch wird es mir möglich sein, die Aufenthaltszeiten in seinem Büro gering zu halten. Natürlich ist mir nach seinen Worten klar, was er beabsichtigt. Er will Kunden und Lieferanten dauerhaft an sich binden und mich als Vehikel benutzen, um das zu erreichen. Dazu will er mich mit Gehalt und Aufstiegschancen ködern. Dumm ist er nicht.

Unfair ist es auch nicht. Unterm Strich gibt er wohl genauso viel an Geld aus, ob er nun der höheren Bonus zahlen würde, aber dafür kein Gehalt überweist oder indem er die Bonuszahlung streckt aber gleichzeitig Gehalt an mich zahlt. Auch für mich läuft es vermutlich unter dem Strich auf dieselbe absolute Summe an Geld hinaus, aber einmal in drei Monaten und sonst in einem Jahr. Der Knackpunkt ist wirklich die längere Vertragsdauer und die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern in seiner Firma. Würde ich das durchhalten, bedeutend mehr als sechsmal meinen Bruder, also einen Mann, in seiner Firma zu spielen?

Letztlich ist es der Wunsch die Heimtücke von Hans zu rächen, der den Ausschlag gibt. Natürlich ist es riskant, aber selbst wenn ich nur zwei Monate durchhalte, dann habe ich zumindest so viel Geld, dass ich mich für den Rest des Jahres über Wasser halten kann. Ich beschließe, dass ich mich für zwei Monate auf den Deal einlassen werde:

„Herr Schmidt, lassen Sie uns eine feste Probezeit von zwei Monaten unter diesen Bedingungen abmachen. Dann werden wir einfach sehen, ob diese Regelung so wie vorgesehen funktioniert. Wählen Sie fünf Lieferanten aus der Liste aus und diese werde ich zunächst bearbeiten. Sie werden mir für den Umsatzstärksten und den Umsatzschwächsten nach zwei Monaten einen Bonus zahlen, der ihrem Forecast nach sechs Monaten entspricht, während die anderen drei nicht berücksichtigt werden, auch wenn Umsatz vorliegt. Nach insgesamt zwölf Monaten wird der Bonusrest für alle Lieferanten mit Umsatz bei Ihnen fällig. Das ist ein Kompromiss."

Er sieht mich prüfend an und nickt dann als Einverständnis. So könnte ich nach zwei Monaten Schluss machen und trotzdem ausreichend Geld bekommen, um mich zumindest einige Monate über Wasser halten zu können. Ich bin mir nicht sicher ob das alles eine gute Idee ist, aber große Alternativen habe ich nun auch nicht. Herr Schmidt hat ja Recht, Hans wird garantiert weitere Intrigen starten.

IN DER NEUEN FIRMA

Die ersten vier Wochen verlaufen bis auf wenige Ausnahmen eigentlich besser als ich erwartet habe. Ich reise nach Indien und China als Alexandra Berg. Dies auf einen Rat hin, den mir eine Freundin erteilt hat. Das Risiko als Alexej Berg eine Leibesvisitation und eine Personenkontrolle samt intensiver Befragung zu erleben, sei einfach zu hoch bei einem internationalen Flug aus der EU heraus. Ein angeblicher Mann, dem die ‚Kronjuwelen' fehlen, der aber dafür eindeutig weiblich ist und dessen Ausweisbild nicht mit dem Aussehen übereinstimmt, würde ohne Attest wahrscheinlich zu Nachfragen führen. Die konnte ich gar nicht gebrauchen!

Ich beschloss mir später so ein Attest zu beschaffen. Das war nicht ohne Ironie des Schicksals. Eigentlich würde eher die süße Chris so etwas brauchen und nicht ich! Ich hatte endlich eine Nachricht von ihr bekommen, sie hatte es nicht gerade einfach an der Schule. Ein Zertifikat für einen jungen Mann, der sich zu einer Frau umwandeln ließ. Aber wer würde ein Zertifikat für eine Frau mitten im Leben ausstellen, die vorgab ein Mann zu sein, der sich zu einer Frau umwandeln ließ? Ich musste innerlich grinsen, als ich mir vorstellte, wie mein Bruder auf dieses Zertifikat reagieren würde. Allerdings war der Schock mutmaßlich ja gar nicht so groß, denn er hatte sich ohne viel Überredung darauf eingelassen, den Transvestiten zu spielen. Vielleicht könnte ich ja irgendwo meine Beziehungen benutzen, um mir einen Ausweg aus diesem Dilemma zu verschaffen.

Dann kommt nach fünf Wochen der erste Tag im Büro der neuen Firma. Der ist reichlich anstrengend, und das nicht nur wegen der Verkleidung. Der Chef ist wirklich clever. Er hat Vorkehrungen getroffen, damit ich in der nächsten Woche bereits die ersten Kundenbesuche jeweils mit seinen regional zuständigen Mitarbeitern absolviere. Na Klasse, wie komme ich denn aus dieser Falle wieder heraus?

Schnell und flexibel beschließe ich zunächst einmal, dass die ersten Kundenbesuche nur in Deutschland sowie in Benelux per Bahn stattfinden werden. Das vermeidet schon mal Flüge und die entsprechenden Probleme. Die Bahncard lasse ich auch gleich mit meinem eigenen Foto anlegen. Sofort kommt mir die Idee, das auch mit den Ausweisen so zu machen. Das würde einen großen Teil meines Dilemmas beseitigen.

Max Ostrowski heißt der gute Mann, der mich zu den ersten Kundenbesuchen begleiten soll. Auf der Bahnfahrt nach Mannheim kommen wir ins Gespräch. Der bald 40-jährige Verkäufer ist ziemlich neugierig, was meine angebliche Schwester betrifft. Offensichtlich hat ihn der Chef etwas eingeweiht. Ich erzähle ihm gerade so viel wie nötig ist. Dafür erzähle ich ihm mehr über das Geschäft des Kunden, als eigentlich nötig wäre, aber ich denke mir dass es hilfreich ist, wenn er von meiner Kompetenz überzeugt ist. Tatsächlich ist er beeindruckt, was ich alles über den Kunden weiß. Vor der Ankunft in Mannheim gehe ich noch einmal rasch auf die Toilette im Zug. Damit kann ich vermeiden, dass ein Besuch auf der Herrentoilette beim Kunden oder auf dem Weg dorthin stattfinden muss. Natürlich könnte ich das einmal durchziehen und mich in ein Abteil zurückziehen, aber auf die Dauer würde das Max auffallen. Wir haben ja noch mehr gemeinsame Kundenbesuche auf dem Kalender. Der Kundenbesuch verläuft gut. Diesem Kunden ist es eigentlich egal, wer ihn beliefert, solange der Preis gleich bleibt. Und er bekommt ein Spezialprodukt, das nur wenige liefern können. Max ist pflegeleicht, auch der nächste Besuch in Mainz ist problemlos genauso wie die Rückfahrt per Bahn. Das hatte ich mir schwieriger vorgestellt.

Der nächste Besuch in Schwerin bei einer landwirtschaftlichen Genossenschaft verläuft jedoch ganz anders, als ich es für irgendeinen Besuch bei der neuen Firma erwartet habe. Erstens ist der für diese Region zuständige Mitarbeiter eine Frau -- und was für eine! Die walkürenhafte Dame namens Marion Märzig besteht darauf, am nächsten Tag mit ihrem schweren Motorrad den Besuch mit mir zu absolvieren und erklärt kurzerhand, dass sie den Leiter der Genossenschaft schon als Bauern kennengelernt hätte. Der sei einer, der keinen Wert darauf legen würde, dass er mit Schlips und Kragen besucht wird, im Gegenteil, er wäre ein bekennender Biker! Mietbekleidung für Biker könnte sie ohne weiteres organisieren. Zweitens kommt mir Marion Märzig irgendwie bekannt vor. Sie hat auch keine Manschetten davor, einen kleineren oder auch größeren Mann hinter sich auf dem Soziussitz zu haben, wenn er sich benimmt, sagt sie einfach. Damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet, aber irgendwie ist mir dieser Tonfall vertraut. Es bleibt mir nichts anderes übrig, als mich darauf einzurichten, als Herr Schmidt ihr ausdrücklich sein Vertrauen für diese Einschätzung ausspricht. Dieses pompöse Weib in einer Mecklenburger Tracht mit wogendem Busen und strengem blonden Dutt ist wirklich eine Überraschung. So etwas habe ich bei meiner alten Firma nicht erlebt.

Gesa
Gesa
103 Anhänger