Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Walpurgisnacht 01

ÖFFENTLICHE BETA

Hinweis: Sie können die Schriftgröße und das Schriftbild ändern und den Dunkelmodus aktivieren, indem Sie im Story-Infofeld auf die Registerkarte "A" klicken.

Sie können während unseres laufenden öffentlichen Betatests vorübergehend zu einem Classic Literotica® Erlebnis zurückkehren. Bitte erwägen Sie, Feedback zu Problemen zu hinterlassen oder Verbesserungsvorschläge zu machen.

Klicke hier

„Was ist das?“, keuchte die Bäuerin, ungeduldig und überrascht von dieser Unterbrechung.

„Es ist besser für uns“, antwortete der Junge und legte sich die Hostie auf die Eichel. Innerhalb einer Sekunde verwandelte sich die Oblate in eine winzige Mütze wie aus dünner, wächsern schimmernder Baumwolle, die der Junge geübt von der Eichel her über den steifen Degen rollte.

„Schweinedarm, hä? Davon habe ich gehört. Bist ein ganz sauberes Kerlchen, was? Ein Hochwohlgeboren mit einem Ding wie ein Bauer. Ist mein Glückstag heute“, zischte sie und schob sich, kaum dass Haribald den Überzieher bis zur Wurzel abgerollt hatte, seine Lanze bis zum Anschlag hinein. Es war mehr als nur ein Schweinedarm, wusste Haribald, aber das würde sie nie begreifen. Ihre Möse war heiß, weit und gierig. Wie viele Kinder sie dadurch wohl schon gepresst haben mochte? Haribald griff nach den fleischigen Hügeln. Das Holz quietschte, durch den Strohsack stachen spitze Halme in seinen Rücken. Ihr Hintern war überraschend fest.

„Stoß mich, mein Junge, stoß mich“, röchelte sie. „Mein Alter bekommt ihn längst nicht mehr hoch.“

Haribald schwieg und genoss die durch den präparierten Schweinedarm gemilderten Reibungen der Möse an seinem Geschlecht. Diese Momente und das Bier auf dem Weg waren der einzige Grund, warum er nicht längst zurück nach Stettin geflohen war, mit allen Konsequenzen, die ihm sein Vater angedroht hatte.

„Ob Ihr wohl ein wenig Olivenöl zur Hand hättet?“, fragte Haribald, nachdem sie das erste Mal zuckend auf ihm gekommen war. Dabei wusste er, dass die Tränen des Baumes, wie sein Meister die zähe, elastische Flüssigkeit nannte, mit denen er den Schweinedarm so genial behandelt hatte, kein Fett vertrugen. Eine Zwickmühle, denn nur im Hintern einer Frau wurde die schwächere Reibung infolge des Futterals wieder ausgeglichen.

„Spucke tut es auch“, antwortete sie grimmig und ging vor ihm auf alle Viere. Die Knie weit auseinander, den Hintern hoch in die Luft gereckt. Zwischen den Schenkeln dräute der dunkle Busch. Ölivenöl war ihm lieber, aber nicht zum ersten Mal wurde er so an die Armut auf dem Lande erinnert. Haribald spuckte in die Hand, verrieb den Speichel auf dem von den Tränen des Baumes geglätteten Schweinedarm und ging die Bäurin von hinten an.

Sie nahm auch in dieser Öffnung die ganze Elle auf und entließ statt überraschter Schmerzenzsschreie, die Haribald erwartet hatte, nur ein kraftvolles Stöhnen. Beinahe mühelos schob er sich zur Gänze hinein und nahm Fahrt auf. Noch nie hatte er eine Frau getroffen, die seine Lanze in voller Länge in den Hintern aufgenommen hatte. Und es schien für nicht ungewohnt zu sein.

„Stoß mich, du geiler Hengst“, rief die Frau. „Stoß mich in den Arsch.“

Seine Stöße brachten die Bettstatt in Schwingungen. Bald klatschte sein Bauch gegen die festen Backen, umklammerten seine Hände die milchigen, schweren Titten der Frau. Die Bettstatt knarrte erbärmlich, Holz knirschte, Stroh raschelte. Sie bekam mehr Lohn, als ihre Informationen wert waren, ahnte Haribald. Wer weiß, dachte Haribald, wer sonst noch den Bauern vertrat. Vermutlich bediente sie sich nicht selten im Stall. Die Bäurin zuckte und röchelte zum dritten Mal, und schließlich spritzte er kraftvoll in den Überzieher, zähneknirschend und den Moment verdammend, in dem er die Flasche mit dem Olivenöl zerbrochen hatte.

Haribald nahm einen tiefen Zug aus dem Krug. Das Bier war angenehm warm aber fad. Zu wenig Hopfen und schlechte Gerste. Die Bäurin stopfte ihre Brüste zurück unter das Kattunhemd und setzte sich an den wackeligen Tisch.

„Was wollt ihr wissen.“

„Gute Frau, sagt mir, das Hufeisen über Eurer Tür...“

Die Bäuerin erstarrte für einen Augenblick, dann blaffte sie Haribald an. „Na, wie ist's Bier? Sagst ja gar nichts.“

„Tolles Bier. So nass“, sagte Haribald.

„Trink mal ordentlich, Junge, siehst durstig aus.“

„Bin ja auch den ganzen Tag gelaufen.“

„Jammere nicht, Haribald. Wenn du nicht das Pferd...“

„...einem Mann mit einem Schlitzohr gegeben hättest. Ja ja.“

„Also, gute Frau, das Hufeisen... “

„Ach, Hufeisen, was ist mit Bier, wollt Ihr ebenfalls ´nen Schluck?“

„Nein, ich möchte wissen, warum hier ein Hufeisen über der Tür hängt. Und die drei Kreuze daneben, was haben die zu bedeuten. Gibt es hier im Dorf vielleicht Probleme?“

Die Bäuerin stemmte ihre Hände in die massigen Hüften und richtete sich auf. Der Schemel unter ihrem Hintern kippte um und polterte auf den Lehmboden.

„Probleme? Natürlich. Habter das da nich' wo Ihr herkommt, hä?“

„Probleme, nun, es kommt darauf an...“

Die Bäuerin lachte und zeigte eine überraschend vollständige Reihe Zähne. „Jaa, ham' hier ´ne Menge Probleme, ne. Ernte letztes Jahr war schlecht, Winter zu kalt, wir hatten die Dings, die Pocken...“ Sie stellte sich bequem und zählte an den Fingern ab. „...den Holzwurm im Gebälk, durchs Dach regnet's rein und letzte Woche is'ne Kuh verreckt, ne. Probleme?“

„Interessant.“ Professor Bechstein wandte sich an Haribald. „Mein Junge, gib mir bitte das Buch.“

Haribald gab den leeren Tonbecher an das kleine Kind zurück, ging durch die Tür auf die Straße und holte eine schwarze Tasche aus der Kutsche. Das Tageslicht blendete. Im Bauernhaus war es verdammt dunkel. Er wühlte lange darin herum und zog ein in braunes Leder eingebundenes Buch hervor.

„Kuh... Kuh...“, murmelte der Professor und kratzte ab und zu sein Kinn. „Gibt eine Eurer Kühe vielleicht Rotwein?“ Er nickte Haribald aufmunternd zu. „Oder sprechen Eure Katzen? Oder gibt es bei Euch fliegendes Geschirr, zum Beispiel Untertassen?“

Die Bäuerin streckte ihren Kopf hervor, sah nach links, dann nach rechts, packte den Professor schließlich am Hemd und zog ihn zu sich heran.

„Die alte Keplerin!“, zischte sie. „Wohnt im Wald alleine, jaaa, nennt sich Kräuterweib, aber ha.“ Sie spuckte auf den Boden. „Die Pocken komm' von ihr, die schlechte Ernte, waren die verfluchten Weiber, die Kuh, das Dach. Hat sogar unseren Tisch verzaubert, plötzlich läuft er.“

„Kann ich den Tisch einmal sehen?“

Die Bäuerin lockerte den Griff. „Ham wer verfeuert, ne, ist ja alles runtergefallen, hat ja kein Sinn mehr gehabt, ne. Letzte Woche ist die Keplerin auf ´ner Sau durchs Dorf geritten und anschließend ist mein Jüngster an Dings, ääh, hat er die Dings, hier, ne, gekriegt.“

„Die Dings?“

„Jaaa, schlimm, ekelig.“

„Hat sie jemand dabei gesehen, ich meine, die Keplerin?“

„Jaaa, mein Mann, wie er vom Wirt kam, ne, jaa, genau gesehen“ sagte die Frau und ließ den Professor los. Der schob seine Brille zurück auf die Nase und rückte das Barett zurecht.

„Und wer ist die Keplerin?“

„Die macht immer so Handlesen und so, jaja, im Wald hinter Blankenburg. Ist eine ganz schiefe, die spricht mit Wölfen und reitet auf dem Besen und macht sich Salben aus dem...“ Sie nickte mit dem Kopf. „...von Männern.“

„Woraus?“

„Na, aus dem...“ Wieder nickte sie, diesmal entschieden deutlicher in Richtung der Körpermitte des Professors.

„Brauchen mal ´nen Prozess, hier. Und dann, ruckzuck, Rübe ab.“ Die Frau strich sich mit dem Zeigefinger über den Hals und holte ein knackendes Geräusch aus der Kehle. „Diese vermaledeiten Weiber. Klauen Kühe und Hühner, und dann sind unsere Kinder dran. Und die Pest bring se uns, die ham sich verschworen, ham se sich, gegen uns Menschen. Ich sach Euch, der Teufel, der ist überall, vor allem hier im Harz, hier.“

Je mehr sie sagte, um so lauter wurde sie. Ihr Gesicht rötete sich, Speichelblasen tauchten auf den blassen, aufgesprungenen Lippen auf, die Augen quollen aus den Höhlen. Haribald wusste die Dunkelheit in den vielen Räumen, die er in den letzten Tagen gesehen hatte, besonders zu schätzen. Nachts, dachte er, sind wirklich alle Katzen grau.

„Die ham sich gegen uns verschworen und wollen die Welt übernehmen. Erst verzaubern sie unsere Ernten, ne, und die Tiere und die Kinder, und Pest und diese Mal Franzos, die ham se uns an den Hals gezaubert.“

„Harri, mach' schon mal die Kutsche fertig“, zischte der Alte in einer Atempause.

„Bald.“

„Nicht bald. Jetzt.“

„Haribald, Professor. Ich hasse es, wenn Ihr mich Harri nennt.“

Müde trottete Haribald zur Straße. Der Professor jedoch war hellwach.

„Habt Ihr Beweise, gute Frau?“

„Beweise? Wie Beweise? Wollt Ihr mich verarschen, hä? Seid Ihr auch einer von denen, hä? Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie mir jemand erzählt hat, er hätte die ganzen Weiber herumfliegen sehen, Margitta und Krostitza und Susanna und wie sie sich nennen, die teuflischen Weiber. Mit eigenen Augen gesehen. Brennen müssen die, brennen auf dem Scheiterhaufen.“

Jetzt schrie die Frau. Sie spuckte beim Schreien dem Professor ins Gesicht. Sie drängte ihn zur Tür.

„Und jetzt ist besser, wenn Ihr geht, überleg' grad, wo ich die Mistgabel zuletzt gesehn hab', weil ich glaube, dass Ihr einer von denen seid. Beweise, hier brauchen wir keine Beweise, wir glauben an das, was wir gehört und gesehen haben, hä, Beweise, was ist'n das überhaupt, hä, Beweise, schert Euch wech!“

Sie verschwand im hinteren Teil der Stube und kehrte gleich darauf mit einer gefährlich spitzen Mistgabel zurück. Professor Bechstein hob beschwichtigend die Hände, der Junge befürchtete bereits das Schlimmste, als sich ein lautes Geschrei hundert Schritt die Straße hinauf erhob.

Ein herausgekehrter grüner Strauß an einem breiten, geduckt wirkenden Gebäude, das kurz vor dem Zusammenbruch stand, deutete in Haribalds Augen auf einen Dorfgasthof hin. Eine Gruppe von zehn Männern drang in den Gasthof ein, man hörte Splittern von Holz und Wehklagen.

„Diese, diese Hunde!“, rief die Bäuerin und wandte sich ab vom Professor, der bereits zur Kutsche geschlichen war. Sie nahm die Mistgabel und stürmte zur Straße. „Das sind wieder die Quedlinburger, diese Hunde.“

Haribald hatte das Geschirr der, wie er es nannte, Kreuzung zwischen Armesünderkarren und ungarischem Kotschi-Wagen bereits auf die schmerzenden Schultern genommen, da kamen die Männer wieder aus dem Gasthaus. Drei von ihnen rollten Fässer vor sich her, vier hielten zwei keifende Frauen und einen erbosten Mann zurück, den Haribald für den Wirt hielt, die letzten trugen Äxte.

„Professor, was...“, begann der Junge, dann holten die Männer mit den Äxten aus. Die Bäuerin kam gerade rechtzeitig, um sich mit dem Schwall Bier, der aus den Fässern rauschte, die Füße nass zu machen.

„Das ist, nehme ich an, eine Gegenmaßnahme der Quedlinburger“, sagte Bechstein, während er auf den Wagenkasten stieg. „Weil die Dorfbewohner mehr Bier produzieren, als sie für den Eigenverbrauch benötigen.“

„Na, und?“ Mit einer Handbewegung gab ihm der Professor zu verstehen, das Thema fürs Erste nicht weiter zu behandeln. Sie rollten am Gasthaus vorbei. Der aufgebrachte Wirt schimpfte den abrückenden Quedlinburgern hinterher, die Faust erhoben. Die Bäuerin hatte ihre Mistgabel in den vom Bier getränkten Boden gesteckt und guckte grimmig, was Haribald bei der Menge vergeudeten Bieres gut verstehen konnte.

„Nach Blankenburg?“, fragte er schüchtern.

Die Bäuerin wies mit der Hand in die Richtung der Kirche. Noch lange hörten die Reisenden das Zetern des Wirtes, der Frauen und der Bäuerin.

Bei Dämmerung trafen Professor Bechstein und Haribald in Blankenburg ein.

Der Wächter hatte bereits Fackeln angezündet und wollte gerade das Tor schließen, wies ihnen mürrisch den Weg. Haribald brachte die Kutsche vor dem Gasthaus Goldener Gockel in der Poststraße zum Stehen, ließ Bechstein absteigen und folgte ihm mit dem Gepäck. Die Tür war niedrig, der Schankraum düster. Bechstein musste sich bücken und auf der Schwelle warten, bis sich seine Augen an das Zwielicht gewöhnt hatten.

„Wir bringen Euer Pferd in den Stall hinter dem Haus“, schlug der Wirt vor, ein mageres Wiesel mit dürren Beinen und fusseligem Bart, der mehr mit seinen Händen als mit der Zunge sprach.

„Nicht nötig“, winkte Professor Bechstein ab. „Das schläft bei mir.“

„So witzig“, sagte Haribald.

„Könntet Ihr bitte die Kutsche unterstellen? Zeigt dann meinem Assistenten den Stall, damit er sie später finden kann.“

„Braucht er Stroh?“

„Nein, er speist mit mir. Sonst rennt er morgen wieder so langsam.“

Die Wirtsstube war klein und verräuchert. Im Kamin flackerte ein Feuer. Vier Männer an einem der Tische, sonst war niemand im Gasthaus. Der Professor zog sein Barett und grüßte.

„Besuch“, sagte ein dicker Mann mit vollem Bart, wie ihn Kaiser Karl V. getragen hatte. Unter seinem Wams wölbte sich ein mächtiger Bauch über den Bund der Pluderhose. Die Spieler legten ihre Karten zur Seite und tranken fast synchron von ihrem Bier. Der offene Kamin in ihrem Rücken knackte und knisterte, das Holz warf Funken in den Raum. In der Luft lag der würzige Geruch von Tanne.

„Guten Abend, der Herr“, sagte der Dicke. „Was führt Euch nach Blankenburg?“

Bechstein zögerte. Auf der zweiten Stufe hielt der Wirt inne. Welch ungünstig direkte Frage, dachte Bechstein. Gemacht für eine günstig indirekte Antwort. „Der Mensch.“ Sein Schritt in den Raum war halblang.

„Der Mensch?“, wiederholte der Dicke und lachte herzlich. „Kennen wir ihn?“

Ein großer, blonder Mann mit ernstem Gesicht und spitzem Kinnbart schlug ihm den Ellenbogen in die Rippen. Der Dritte, hager und asketisch im Körperbau, rieb sich schweigend seine krumme Adlernase und sah dabei zu Boden, ein kräftiger Mann mit Halbglatze ließ ungeduldig die Karten zwischen den Fingern knattern.

„Ich bin Wissenschaftler an der Universität Greifswald, von Stettin aus unterwegs auf einer Forschungsreise mit meinem Assistenten und Schüler Haribald hier.“

Haribald lächelte zaghaft. Das Gespräch hatte ihm gerade noch gefehlt. Jeder Satz hielt ihn länger von seinem verdienten Bier ab.

„Und Ihr sucht also den Menschen?“, fragte der Hagere mit der Adlernase.

Bechstein kratzte sich am Hinterkopf. „Nun, ich untersuche ihn, um genau zu sein.“

„Ihr untersucht ihn. Erzählt uns mehr. Was genau untersucht Ihr?“

„Das Thema ist sehr komplex und ich stehe erst in der Mitte meiner Studien. Falls Ihr gestattet, möchte ich vorerst soviel verraten: es geht um Grundlagenforschung.“

„Verratet mir wenigstens, warum Ihr dazu gerade in unser verschlafenes Nest kommt“, sagte der Blonde.

„Es ist vor allem die Lage.“ Bechstein drehte seine Mütze zwischen den Händen, machte einen weiteren Schritt in den Schankraum und sah zu Boden.

Müsste mal gewischt werden, dachte er, bevor er den Kopf hob.

„Die Lage? Wovon genau sprecht Ihr, in Gottes Namen? Setzt Euch und erzählt“, forderte der Hagere. Der Dicke und der Blonde nickten, der Kräftige kniff kritisch die Augen zusammen.

Bechstein drehte sich um zu Haribald, der die Augen verdrehend an der Theke stand. Der Wirt neben ihm verzog keine Miene. Mit einem breiten Lächeln wandte sich der Professor wieder den Männern zu.

„Vielleicht ein anderes Mal. Die Reise hat mich sehr erschöpft, und mein Assistent hat noch eine Lektion zu lernen. Ich würde Euch gerne später ein paar Fragen stellen. Mit wem hatte ich die Ehre?“

„Mein Name ist Peter Solberg, Ratsherr von Blankenburg“, sagte der Bärtige. „Das ist Richard Dülmen, der Bürgermeister, und dort seht Ihr Burkhard Widmann, unseren Stadtkämmerer, daneben Claus Nowak, Ratsherr und Vorsitzender der Handwerkerinnung. Wie ist Euer Name?“

„Ludwig Bechstein. Sehr erfreut.“

Er machte eine kleine Verbeugung. Die vier Männer neigten ihre Köpfe ebenfalls.

„Es würde uns sehr gefallen, wenn Ihr uns mehr über Eure Arbeit erzähltet. Vielleicht führt Euch morgen Euer Weg ins Rathaus.“

Bechstein dankte. Der Wirt ging voran in den ersten Stock. Haribald kämpfte sich schimpfend mit dem Gepäck hinterher. In der zweiten Etage, direkt unter dem Dach, öffnete der Wirt eine schmale Tür zu einem engen Zimmer. Ein Fenster führte hinaus zur Straße. In einer Ecke des Raumes stand ein zweites, kleineres Bett.

„Das Beste im Haus. Und das einzige mit zwei Betten.“

„Ich hoffe, es ist nicht zu hart.“, klagte Haribald. Ächzend setzte er das Gepäck ab. „Ich habe es mit dem Rücken.“

„Haribald, hör auf, dich zu beschweren“, forderte Bechstein. „Du hörst dich schon an wie mein letzter Assistent, der Alfred. Der Weg zu Wissen und Weisheit ist dornig.“

Bechstein gab dem Wirt eine Bestellung für das Abendessen mit, schloss die Tür. Haribald setzte sich prüfend auf sein Bett, sein Meister ging Hände reibend durch das Zimmer. Er hatte sein Barett achtlos auf den Nachttisch geworfen, die grauen Haare hingen ihm wirr um den Kopf. „Herrlich, Haribald, wir kommen voran. Die Hufeisen, die Kreuze an den Türen, die Anschuldigungen. Wunderbar. Oh Jahrhundert, oh Wissenschaften. Es ist eine Lust zu leben. Ich sage dir, bevor wir in Süddeutschland ankommen, werden wir einiges mehr an Gewissheit erlangen. Von hier sind es etwa sechs Meilen zum Gipfel, das sollten wir an einem Tag geschafft haben.“

„Mit einem Pferd, ja“, knurrte Haribald.

„Weißt du, wieviel uns der Gauner für ein neues Pferd abknöpfen wollte? Acht Taler, mein Junge, acht Taler. Für den mageren Klepper. Dieser Halsabschneider.“

Haribald schweifte in Gedanken ab, während der Professor sich über die hohen Reisekosten beschwerte, wünschte sich zurück nach Stettin zu seinen Freunden, in die Marienstraße.

„Lies bitte erneut die Stelle.“ Bechstein setzte sich auf einen Stuhl und ließ sich von Haribald die Schuhe ausziehen.

„Schuhe oder lesen?“

„Erst Schuhe, dann lesen.“

„Ich dachte, ich solle auch den Überzieher putzen.“

„Also bitte, erst putzen, dann lesen.“

„Und sollte ich nicht nach einem Pferd fragen?“

„Also gut, erst ausziehen, dann den Überzieher putzen, dann nach einem Pferd fragen und dann lesen.“

„Lesen, bevor oder nachdem der Wirt das Bier gebracht hat?“

„Herrgott, Haribald, willst du bei mir was lernen, musst du auch was lesen. Du kannst dich nicht immer davor drücken. Denke daran, meine Junge: Du kannst zum Tier entarten; aber du kannst dich ebenso aus dem freien Willen deines Geistes zum gottähnlichen Wesen wiedergebären. Und der Weg dahin ist die Bildung.“

Der Professor stützte sich mit einem Fuß auf die Schulter seines Adlatus, und zog den anderen Fuß aus dem Schuh. Haribald begleitete mit einem missmutigen Gesicht die Schimpftiraden des Alten, der nach dem Buch auf dem Nachttisch griff und begann, darin herumzublättern.

„Hast du deine letzte Lektion über die Schädelhälften gelernt? Ja? Nun, dann können wir heute ein neues Kapitel aufschlagen. Etwas, das zu unserer Aufgabe passt. Also. Laut Institoris und Sprenger gibt es dreierlei Arten. Die eine... na, wie hieß Institoris mit bürgerlichem Namen, Haribald, wie hieß er?“

„Heinrich Krämer“, sagte Haribald, öffnete seinen Tabaksbeutel und zog die Membran mit spitzen Fingern aus dem Tabaksbeutel. Er brauchte Wasser. Warmes Wasser und Seife.

„Richtig, gut, also, dreierlei Arten. Einige bezaubern, lösen aber den Zauber wieder auf, andere beschädigen ohne wieder zu entzaubern und einige können nur entzaubern... Was ist, warum putzt du nicht?“

Haribald war in der Mitte des Zimmers stehen geblieben und lauschte. Es war totenstill.

„Hört Ihr das, Professor?“

„Was soll ich hören?“

„Nichts.“

„Ja, das höre ich.“

„Ist das nicht schön?“

„Haribald, manchmal frage ich mich, ob du ganz bei Sinnen bist.“

Kopfschüttelnd schlug der Professor eine andere Seite auf, die er sogleich vorzulesen begann, während Haribald nach der Seife suchte, um die klebrige Membran von seinen Körpersäften und denen der Bäurin zu befreien.

„Laut der Theorie Aliboris, und das solltest du dir gut einprägen, hat der alte Brauch, in der Nacht vom 30. April auf den ersten Mai unerträgliche Musik zu spielen, den tatsächlichen Effekt, sie sichtbar zu machen. Hören sie also diese Musik, verlieren sie das zur Schau getragene Gesicht und zeigen ihr wahres Selbst, ob sie wollen oder nicht....oder nicht. Was ist? Du putzt ja immer noch nicht.“