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Ein unerwarteter Segeltörn Teil 01

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»Nun, du hast ja zwei Fragen gestellt. Dir ist vielleicht gar nicht aufgefallen, dass sie gegebenenfalls zwei unterschiedliche Antworten haben könnten. -- Du hast außerdem gefragt, ob mein Herz für ein Mädchen schlägt.«

»Und? Gibt es eine?«

»Nun ja. Ich würde nicht so weit gehen, dass mein Herz für sie schlägt. -- Aber sie interessiert mich.«

»Und wer ist sie? Hast du sie im Studium oder an der Uni kennengelernt?«

»Nein.«

»Und ...?«, hakte sich nach.

»Sie ... stammt aus meiner alten Heimatstadt.«

»Kennst du sie von der Schule?«

»Jein.«

»Was denn nun? Kenne ich sie?«

»Ja doch, ich gehe davon aus, dass du sie kennst?«

»Willst du es mir verraten?«

»Du musst mir versprechen, dass du ihr nichts sagst«, verlangte er.

»Och komm, in zwei Wochen habe ich den Namen sowieso wieder vergessen.«

»Das glaube ich nicht. Bitte versprich es mir.«

»Gut, ich verspreche es dir. Du machst es aber spannend.«

»Du kennst sie ziemlich gut. Schon seit dreiundzwanzig Jahren.«

Melanie hatte das Gefühl, einen leichten Stich versetzt zu bekommen, fuhr mit dem Kopf herum und fragte mit leicht erhobener Stimme: »Du sprichst von meiner Schwester?«

»Nun, ... ja!«, gab er mir leiser Stimme zu.

»Woher kommt das plötzliche Interesse an ihr? Wir kennen uns alle doch schon seit so vielen Jahren, und ihr beide studiert heute in unterschiedlichen Städten.«

»Ich kann es schwer erklären. Ich habe sie, seitdem ich die Schule verlassen habe, heute das erste Mal wieder gewesen. Als wir heute Mittag so eng nebeneinander auf dem Vordeck gearbeitet haben, hat es bei mir plötzlich Klick gemacht.«

Sie richtete ihren Blick zurück auf den Kompass und die See vor sich. Sie wollte das soeben Gehörte erst einmal verarbeiten. Das schwer fassbare Gefühl einer leichten Eifersucht erfasste sie. Warum berührte sie sein Geständnis eigentlich so, fragte sie sich. Sie hatte ihn doch mindestens genauso lange nicht gesehen wie er ihre Schwester. Hatte er ihr irgendwie geschmeichelt? Nicht wirklich, gestand sie sich ein. Er war ihnen beiden gegenüber gleichermaßen freundlich und zuvorkommend gewesen.

»Du sagst ihr aber nichts!«, wiederholte er seine Bitte und holte sie ins jetzt zurück.

»Bitte? -- Ja, habe ich dir doch gesagt. -- Und wann möchtest du es ihr sagen?«

Wie? Ihr das sagen, fragte er sich.

Sie sah die Überraschung in seiner Reaktion und fuhr fort: »Klar! Irgendwann musst du es ihr schon sagen, dass du sie näher kennen lernen möchtest.«

»Ja. Das hat aber doch Zeit.«

»Wie lange willst du denn warten? -- Wenn du sie näher kennen lernen willst, musst du auf sie zugehen und mit ihr sprechen.«

»Hm. Ich möchte damit noch etwas warten. -- Soll ich das Ruder einmal übernehmen?«

»Geschickter Themenwechsel! -- Ich verstehe dich. Ich will dich zu nichts drängen, wozu du noch nicht bereit bist. Ja, übernimm das Ruder. Ich muss mal.«

Sie wechselten sich am Steuer ab und Melanie ging unter Deck.

Während er das Boot auf Kurs hielt, dachte er über das soeben geführte Gespräch nach. Er gestand sich ein, dass er überrascht über seine eigene Offenheit Melanie gegenüber war. Er konnte sich nicht daran erinnern, in letzter Zeit so offen mit jemandem, geschweige denn mit einer Frau gesprochen zu haben. Sie hatte bestimmt Recht, dachte er, dass er auf Helena zugehen musste. Aber er wollte damit noch warten. Er wollte sicher sein, dass sie ihn nicht zurückweisen würde.

Sie segelten die nächsten Stunden weiter. Eine Viertelstunde vor dem Wachwechsel setzte er einen Kessel mit Wasser auf und bereitete einen starken Tee für Helena zu. Um kurz vor vier weckte Melanie ihre Schwester. Kurze Zeit später kam sie angezogen, jedoch verschlafen wirkend an Deck.

»Einen Tee?«, fragte Thomas und reichte ihr den Becher mit dem heißen Tee.

»Oh du bist ein Schatz!«, erwiderte sie und nahm ihm den Becher ab.

Melanie blickte zu Thomas und sah, dass ihm die Anerkennung gefiel.

»Gut ihr beiden«, sagte Helena »ihr könnt euch jetzt aufs Ohr legen. Um acht wecke ich euch wieder und dann können wir frühstücken.«

Sie gingen unter Deck, schälten sich aus ihrer Kleidung und krochen in ihre Schlafsäcke. Beide waren so müde, dass sie schnell einschliefen.

Tag 2 - Die Überfahrt

Gegen acht Uhr weckte Helena ihre Schwester und Thomas lachend mit den Worten: »Raus aus den Federn! Ich habe Hunger, ich möchte frühstücken!«

Thomas rollte sich in seinem Schlafsack auf die Seite, stützte sich auf seinen Ellenbogen und blickte Helena nach, die schon wieder zurück ans Ruder ging. Er rief halb zu sich, halb zu dem hübschen Quälgeist: »Kann man hier denn gar nicht ausschlafen. Es sind doch Ferien!«

»Ha, Ha!«, rief Helena von oben. »Kommt, ihr Schlafmützen!«

Aus der vorderen Kajüte kam Melanie, bekleidet in T-Shirt und Trainingshose in den Salon und meinte mit halblauter Stimme zu Thomas: »Gerade hast du etwas über meine Schwester gelernt: Sie ist eine Frühaufsteherin.«

Er blickte sie an und um ihren Mund zeichnete sich ein Schmunzeln ab. Da verstand er, dass sie auf ihr Gespräch von letzter Nacht anspielte.

»Ja, ja. Ich komme schon!«, rief er in Richtung Niedergang.

Er krabbelte aus seinem Schlafsack und schlüpfte in seine Hose. Nach einem Besuch auf der Bordtoilette half er Melanie bei der Zubereitung des Frühstücks. Sie brachten alles auf einem kleinen Tablett an Deck und steckten es in eine dafür vorgesehene Halterung im Cockpit.

»Und, wie sind die vergangenen Stunden gewesen?«, fragte Thomas.

»Eigentlich ist nichts Besonderes vorgefallen. Der Wind hat ein klein wenig nach Südwesten gedreht und ich musste höher an den Wind, um den Kurs zu halten. Nach dem Frühstück werden wir eine Wende fahren und einen Kreuzschlag machen. Beim Wetterbericht heute Morgen haben sie jedoch gesagt, dass der Wind weiter auffrischen soll und weiter nach Südwesten drehen wird.«

»Und, ist das gut oder schlecht?«, fragte er.

»Es geht so. Der stärkere Wind bringt auch höhere Wellen mit sich. Das bedeutet, dass das Boot mehr stampfen wird. Da kein Sturm angesagt ist, sollten wir mit der ›Kassiopeia‹ keine Probleme bekommen. Nur die Drehung nach Südwest ist nicht so schön.«

»Weil wir dann mehr kreuzen müssen«, setzte Thomas ihren Gedanken fort.

»Richtig. -- Trotzdem sollten wir heute Abend in Harwich sein.«

»Komm, ich löse dich am Ruder ab. Dann kannst du in Ruhe frühstücken.«

Auf Helenas Miene zeichnete sich ein Lächeln ab und sie fragte: »Willst du nichts essen?«

»Doch, schon. Aber du bist die letzten vier Stunden Ruder gegangen und willst dich bestimmt ein bisschen ausruhen.«

Helena nahm sein Angebot an und sie wechselten die Plätze. Melanie betrachtete das Geschehen und grinste innerlich über sein Handeln.

Sie frühstückten zu Ende und die Geschwister klarten die Pantry auf. Danach setzte sich Helena an den Navigationsplatz und überprüfte Position und Kurs. Zu Thomas rief sie: »Macht jetzt die Wende und geht auf 150°!«

»In Ordnung, 150°!«

Sie verfolgte mit einem halben Ohr, wie Melanie und Thomas die Wende ausführten, und lächelte zufrieden über ihre Crew. Sie markierte die Kursänderung in der Karte und schrieb Logbuch über die vergangenen Stunden. Im Anschluss erklärte sie, dass sie aus Sicherheitsgründen die Genua durch das kleinere Vorsegel bereits jetzt austauschen wollte, damit sie dies nicht bei dem angekündigten stärkeren Wind zu tun hätten. Sie wies Melanie an, das Ruder zu übernehmen, den Motor anzulassen auf ihr Kommando in den Wind zu drehen. Helena und Thomas holten zusammen die Genua ein, schlugen sie ab und ersetzten sie durch die Sturmfock, das kleinste der Vorsegel. Danach setzten das mittelgroße Vorsegel, welches sie bereits am Vortag vorbereitet hatten.

Im Anschluss teilte Helena den anderen mit, dass sie sich ein wenig aufs Ohr legen wollte, und begab sich in ihre Koje.

Zwei Stunden später wurde sie von einer kräftigen Schlingerbewegung geweckt und dachte sich, dass dies der angekündigte stärkere Wind sei. Sie versuchte, wieder einzuschlafen. Es gelang ihr jedoch nicht, da sie zu stark hin und hergeworfen wurde. Schließlich gab sie ihre Bemühungen genervt auf und begab sich nach achtern, blieb an der untersten Stufe des Niedergangs stehen und rief nach oben: »Kann man sich nicht einmal in Ruhe hinlegen?«

»Es tut mir leid, Helena«, sagte Melanie vom Ruder aus, »mit dem Wind sind höhere Wellen gekommen.«

»Schon klar. War auch nicht ernst gemeint.«

»Ich verstehe. -- Mal, was anderes, wie sollen wir das heute mit dem Mittagessen machen? Kochen bei dem Seegang mach bestimmt keinen Spaß.«

»Das ist richtig. Ich schlage daher vor«, sagte Melanie, »wir essen gleich nur ein paar Schnittchen und machen uns etwas Warmes, wenn wir am Abend im Hafen sind.«

»Ja, das ist eine gute Idee«, antwortete Helena.

»Wann soll ich etwas vorbereiten?«, fragte Thomas.

»Wie wäre es gegen halb eins? Es muss ja nicht genau zum Wachwechsel sein.«

»Okay«, sagte er, lehnte sich zurück und überlegte, dass bis dahin noch etwas Zeit war. Er schaute zu den beiden Frauen hinüber, die sich bereits in ein Gespräch vertieft hatten. Vermutlich hatten die beiden Schwestern sich viel zu erzählen und er hätte ihnen gerne mehr Privatsphäre gegönnt. Jedoch verspürte er keine Lust, bei diesem Seegang längere Zeit unter Deck zu verweilen, und so fragte er: »Stört es euch, wenn ich mir was zum Lesen hole?«

»Mich nicht«, sagte Helena, »ich selbst kann bei diesem Wellengang nicht lesen. Mir wird dann immer übel.«

Thomas schaute Melanie an und sie sagte: »Nur zu. Ich habe zwar auch etwas zu lesen dabei, jetzt aber keine Lust dazu.«

Thomas holte von unter Deck seinen E-Book-Reader, setzte sich entgegen der Fahrtrichtung auf der Leeseite, die dem Wind zugewandte Seite des Boots, mit ausgestreckten Beinen auf die Bank und lehnte sich mit dem Rücken an den Bootsaufbau. Er kannte diese Position von früheren Fahrten und empfand sie zum Lesen als sehr angenehm, obwohl er so auf Grund der Schräglage des Boots deutlich näher der Wasseroberfläche war, als wenn er auf Luvseite, neben Helena sitzen würde. Er blätterte durch die Bücher, die er geladen hatte und überlegte, ob er den Kriminalroman weiterlesen sollte, den er zu Hause bereits begonnen hatte, oder ob er wagen konnte, eine der neuen erotischen Geschichten zu lesen, die er von einer seiner häufig besuchten Plattformen heruntergeladen hatte. Er warf beiläufig einen Blick zu den Schwestern hinüber, die aber keine Notiz von ihm zu nehmen schienen, zu sehr waren sie in ihr Gespräch vertieft. Da beide aus ihrer Position keinen Blick auf seinen Bildschirm werfen konnten, entschied er sich für »Kamasutra Trockenübungen«, die Geschichte eines Autors, von dem er bereits verschiedene Werke in der Vergangenheit mit Freude gelesen hatte. Nach dem Lesen der ersten Seiten fühlte er sich in seiner Auswahl bestätigt. Ihm gefiel das Szenario: Aus einem unverfänglichen Spiel heraus, begann es zwischen den beiden Protagonisten erotisch zu knistern.

Er warf zwischendurch wieder einen Blick auf seine Mitreisenden. Sie hatten derzeit kein Auge für ihn übrig. Er war froh darüber, denn trotz der auftragenden, wasserdichten Hose hatte er Angst, dass ihn seine mittlerweile sichtbare Erregung in eine peinliche Situation bringen konnte. Er schmökerte ein wenig weiter und hätte am liebsten die Geschichte zu Ende gelesen. Dann fiel ihm ein, dass er sich zur Vorbereitung des Essens die regendichte Kleidung ausziehen würde und sein erwachter Freund bis zu dieser Zeit auf jeden Fall zur Ruhe gekommen sein musste.

Er schaltete deshalb den Reader ab und wandte sich den beiden Frauen zu: »Was wollt ihr denn auf euren Schnittchen haben?«

»Oh, wir können sogar Wünsche äußern«, bemerkte Melanie.

»Natürlich! Wir haben doch hier fast Essen auf Rädern«, sagte er.

»Haha! Das ist gut. Essen auf Rädern. Haha«, lachte Helena.

Ihm gefiel ihr herzliches Lachen und sein Wunsch wuchs stetig, sie näher kennen zu lernen.

»Im Ernst!«, sagte er. »Oder wollt ihr hier draußen selbst eure Brote belegen?«

Helena begann: »Also, ich hätte gern Vollkornbrot. Unten immer mit dünn Butter bestrichen. Eine Scheibe mit Salami, eine mit Käse und zum Schluss eine mit Marmelade.«

»Das klingt gut«, meinte ihre Schwester, »das Gleiche nehme ich auch.«

»Kommt sofort!«, sagte er, ging unter Deck und zog sich die Überkleidung aus. Er bereitete für sie alle drei jeweils einen Teller vor. Unter den Vorräten entdeckte er ein Glas Cornichons. Er fragte nach oben: »Mögt ihr auch Gürkchen?«

»Klar doch!«, kam es von oben.

Er schnitt diese in feine Streifen und dekorierte damit ihre Brote. Erst brachte er den Geschwistern ihre Teller, anschließend holte er seinen und setzte sich neben Helena auf die Bank.

»Das ist aber hübsch geworden. Nicht war, Melanie?«, bemerkte seine Sitznachbarin.

»Ja das hat er gut gemacht. -- Kannst du auch kochen, Thomas?«, fragte sie.

»Ein wenig schon«, sagte er, »zumindest hat sich bisher keiner meiner Gäste beschwert und es musste auch keiner mit einem Krankenwagen abgeholt werden.«

»Das ist klasse!«, lachte Helena. »Dann können wir uns mit dem Kochen die nächsten Wochen ja abwechseln.«

»Erwartet aber nicht so viel von mir«, dämpfte er die Erwartungen.

»Was nicht ist, können wir dir im Zweifel noch beibringen. Nicht war, Helena?«

»Klar doch. -- Ich glaube, das werde zwei schöne Wochen«, antwortete sie.

»Das glaube ich ebenfalls«, stimmte er zu.

Kurze Zeit später sammelte er die Teller ein, brachte sie unter Deck und wusch das wenige Geschirr ab. Gerade als er es wegräumen wollte, legte sich das Boot deutlich auf die Seite und er musste sich abstützen, um nicht zu stürzen.

»He, was war das denn?«, fragte er nach oben und schaute durch das Luk zu den Schwestern.

Helena hatte inzwischen das Ruder übernommen und sagte: »Das sind die Böen, die sie angesagt haben. Hast du dich gestoßen?«

»Nein, ich habe mich gerade noch festhalten können. Wollen wir hoffen, dass es nicht noch heftiger wird.«

Doch sein Wunsch ging nicht in Erfüllung. Die Böen in den nächsten Minuten wurden immer stärker, bis Helena von oben rief: »Zieh dir bitte Ölzeug wieder an! Ihr müsst das Groß reffen.«

»Okay, ich komm sofort.«

Er schlüpfte erneut in die regenfeste Kleidung und ging an Deck. Er sah, dass der Himmel sich in südlicher Richtung verdunkelt hatte und der Wind jetzt regelmäßig Schaumkronen von den Wellenkämmen riss.

»Ich luve an, dann ist weniger Spannung im Segel«, sagte Helena und warf den Motor an.

Das Großsegel begann sofort im Wind zu flattern und das Boot richtete sich auf. Thomas und Melanie gingen an Mast und Großbaum und setzten das erste Reff. Als sie zurück im Cockpit waren, fiel Helena wieder ab und die Kassiopeia legte sich wieder auf sie Seite. Es krängte jedoch in den nächsten Böen nicht mehr so stark.

»Wir machen aber jetzt schön Fahrt. Sind wir dann eher am Ziel unsere Etappe?«, fragte Thomas.

»Ja, wir sind schneller und machen fast sieben Knoten. Da der Wind aber weiter in Richtung Südwest gedreht hat, müssen wir bis zum Schluss kreuzen und bei den Wellen ist das nicht schön.«

»Ich verstehe«, sagte Thomas, »wir machen mehr Strecke durchs Wasser, kommen dem Ziel aber trotzdem nur langsam näher, da wir die ganze Zeit im Zickzack fahren.«

»Genau. Apropos Kreuzen. Wir machen wieder eine Wende. Alles klar?«, fragte Helena.

»Alles klar«, antworteten die anderen.

Sie gingen auf den anderen Bug und anschließend bat Helena ihre Schwester: »Kannst du bitte unsere Position und die Wende in Karte und Logbuch eintragen?«

»Klar, mache ich!«, antwortete sie und ging unter Deck. Sie fuhren eine Weile so weiter, bis auf einmal Helena Thomas bat: »Übernimmst du bitte das Ruder?«

»Ja, natürlich«, sagte er und nahm ihren Platz ein. »Was ist denn Helena?«

»Ich weiß nicht. Mir ist auf einmal nicht gut.«

Kaum hatte sie das ausgesprochen, stürzte sie auf die Leeseite und übergab sich über die Bordwand.

»Melanie, komm an Deck! Deiner Schwester geht es nicht gut«, rief Thomas nach unten.

Diese kam sofort herauf und kümmerte sich. Als Helena sich wieder auf die Bank niederließ, war sie blass im Gesicht.

»Warte, ich hole dir einen Becher zu trinken. Dann kannst du dir den Mund ausspülen.«

Sie brachte ihr das Wasser und Helena nahm einen kleinen Schluck. Sie spülte sich den üblen Geschmack aus dem Mund und saß benommen auf der Bank. Sie atmete mehrfach tief durch. Doch plötzlich sprang sie erneut auf und übergab sich ein weiteres Mal. Melanie legte ihr mitfühlend eine Hand auf die Schulter. Helena setzte sich langsam zurück. Die Farbe ihres Gesichts hatte sich von bleich in fahl geändert. Thomas wollte schon diesbezüglich etwas sagen, besann sich dann aber doch. Er wollte ihre Stimmung nicht weiter drücken.

»Mir ist kalt!«, brachte Helena hervor.

»Möchtest du dich vielleicht hinlegen?«, fragte Melanie.

»Ich weiß nicht«, sagte sie, »mir ist auf einmal so kalt.«

»Im warmen Schlafsack ist es bestimmt besser«, meinte ihre Schwester.

»Ja, das denke ich ebenfalls«, sagte Thomas.

»Gut, ich versuche es.« Melanie geleitete ihre Schwester den Niedergang hinunter und half ihr, das Ölzeug auszuziehen.

Thomas kam ein Gedanke, wie er ihr helfen konnte, und rief hinunter: »Sie soll sich in meine Koje legen, denn mittschiffs liegt sie viel ruhiger als im Vorschiff.«

»Gute Idee«, meinte Melanie und holte Helenas Schlafsack aus der Bugkajüte. Sie räumte Thomas' Sachen zur Seite und half ihrer Schwester, sich hinzulegen. Kurze Zeit später kam sie wieder an Deck.

»Hat sie öfters Probleme bei Seegang?«, fragte Thomas.

»Eigentlich nicht. Und am Essen kann es ja auch nicht liegen, da wir alle das Gleiche gegessen haben.«

»Womöglich hat sie das schon mit aufs Boot gebracht?«

»Möglich. -- Auf alle Fälle ist das wirklich doof. Es wäre nicht so schlimm, wenn wir schon in England angekommen wären.«

»Stimmt. -- Wir können ihr doch jetzt nicht alle Stunde einen Kurswechsel zumuten. Bei jeder Wende würde sie aufwachen.«

»Das ist richtig. Was können wir stattdessen machen?«, fragte Melanie.

»Kannst du bitte einmal das Ruder übernehmen? Ich will einen Blick auf die Karte werfen.«

»Klar!«

Er übergab ihr das Ruder, begab sich hinunter und setzte sich an den Navigationsplatz, kontrollierte ihre Position mit dem GPS und stellte verschiedene Überlegungen an. Dann steckte er die Karte in eine Klarsichthülle und ging mit dieser zu Melanie an Deck.

»Ich habe mir unseren augenblicklichen Kurs angesehen und geschaut, welche Optionen wir haben. -- Wir sind im Moment hier«, zeigte er auf der Karte. »Nach Harwich wollen wir eigentlich. Das schaffen wir aber nicht auf direktem Kurs. Wir können entweder weiter kreuzen, mit den besagten Nachteilen für Helena, oder wir bleiben auf dem jetzigen Kurs und kommen weiter nördlich in Lowestoft an.«

»Das wäre eine Möglichkeit. -- Und wenn wir unter Motor nach Harwich fahren würden?«

»Das könnten wir auch tun. Ich vermute aber, dass das Boot dann noch unruhiger durchs Wasser gehen wird, da die Segel es in seitliche Richtung nicht mehr stabilisieren.«

»Stimmt. Unruhiger ist nicht gut für meine Schwester.«

»Haben wir denn Detailkarten von Lowestoft? Die sind wichtig für die Navigation in der Nähe der Küste und bei der Orientierung für die Hafeneinfahrt. Mein Papa kauft eigentlich immer nur die Karten von dem Gebiet, das er auch besegeln will.«

»Das ist ein guter Punkt. Ich schaue sofort nach.«

Kurze Zeit später kam er wieder an Deck und berichtete: »Du hast recht. Eine Detailkarte ist nicht da. Ich habe aber einen Atlas mit allen britischen Häfen gefunden, in dem die jeweiligen Anfahrten beschrieben sind. Außerdem meine ich mich daran zu erinnern, dass es einen Kartendienst im Internet gibt.«

»Wir haben aber doch kein Netz.«

»Jetzt noch nicht, aber ab spätestens dreißig Kilometer Abstand zur Küste funktioniert es wieder ...«

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