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Beautiful Ghosts

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Ein krankes Kind, tief eingeschneit und doch gehalten.
983 Wörter
3.37
5k
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***

In den Nächten war es schwer. Es drückte auf ihre kleine Brust bis sie meinte, sie müsste zu knarren anfangen. Wie das Dach unter der Schneelast. Erst der Frühling würde Erlösung bringen. Bunte Blumen, warme Wiesen, nackte Füße.

Der Wind zog ›Sch‹-flüsternd durchs Gebälk. Ihre Gedanken verstummten folgsam. Machten der Angst platz, die nur in gelegentlichen Hustern nach Außen fand.

Die kleine Kammer flimmerte gelblich. Bald würde sie verlöschen. Allein der blendende Schnee würde dann noch etwas Mondlicht durch die Türritze werfen.

Was, wenn er heute nicht zurückkäme? Der Gedanke löste sich unter ihren Augenlidern in kreiselnde Eissplitter auf. Kristalline Schemen, vor denen es ihr graute. Es waren die Formen, in denen die Medikamente sich ihr zeigten, die man ihr verabreicht hatte. Sie hatten die Nächte ruhiger gemacht, aber das Einschlafen bedrohlicher. Das Schließen der Augen öffnete den Ängsten erst die kaleidoskopische Kulisse.

Sie hielt es aus. In sinkenden Lidern malte sie Bilder von Schritten im Schnee dort hinein. Schwere Stiefel stürzten das Schillern ein wie Regenbogenstädte. Der Himmel über ihm versprach Weite und Frömmigkeit. Tausend Taschenlampen, sehend auf die weiße Erde gepolt. Durch den schwarzen Vorhang, der nur ungute Bilder versprach.

Er hatte ihr erklärt, dass sie vielleicht hinter den schwarzen Vorhang würde blicken können, bald. Wer weiß, vielleicht wirst du die Bilder dann sogar lieben lernen? hatte er gesagt. Er hatte neben dem Bett gekniet. Die grausame Tropfflasche aus braunem Glas in der warmen Hand.

Sie hatte ihm von den Kristallbildern zugeraunt, die ihr solche Angst machen. So ist das oft mit großen Dingen, hatte er geantwortet. Ihre Abbilder sind grausam. Aber es sind nur Spuren, die du nicht lesen kannst.

Ob sie sie denn einmal lesen lernen könne, hatte sie gefragt? Besser. Sie würde die Dinge dahinter selbst sehen. Dann hatten sie gemeinsam gebetet. Das endete auf einem Hustenanfall. Die grausamen Tropfen aus der Flasche waren an dem Abend nicht die einzigen geblieben, die ihr kleines Herz aufwühlten.

Wenn er nur ein Reh über die Schulter trug. Sie fühlte die Schritte geradezu näherkommen. Sie wollte ihn mit dem Herzen sehen. Wie viele Schneewehen auch die Verbindung kappten.

Im Weggehen spielten sie oft, sich noch so lange Tschüß zuzuschreien, wie sie es hören konnten. Wenn seine Stimme sich dann in den Höhenwinden verfing, fing ihr Herz oft wie wild an zu pumpen. Über den plötzlichen Verlust. Ob es seine Stimme oder ihr Gehör war, das seine Anwesenheit in der Weiße auslöschte. Ihre Augen würden ihn bestimmt noch als schwarzes Tüpfel im blendenden Glitzerreich ausmachen können.

Aber die Kälte musste sie umbringen. Wenn sie es schaffen würde, zu stehen.

In den letzten beiden Tagen war es besser geworden. Ihre Brust zog sich nicht mehr mit jedem Atmen schmerzhaft zusammen. Das hatte auch den Jäger überrascht. Wenn er jetzt nur genug Fleisch heimbringen würde, hatte er spekuliert!

Noch einmal murrte der Wind sein Missfallen über die Sägespäne am Boden. Sie formten eine eigene kindliche Schneelandschaft mit Hügeln und Tälern und wehten wirre Symbole zusammen, eines Bären oder gar ihres vertrauten Jägers.

Ihre fiebrigen Augen kniffen sich zusammen, es genauer zu erkennen. Alles hatte so sehr an Schärfe eingebüßt. In ihren Augen war zuviel Abschied. Aber war dort nicht ein einzelner verkohlter Span näher an ihr Bett geweht?

Sie würde jetzt eh nicht schlafen, entschied sie. Vielleicht würde sie besser sehen, wenn sie sie erst einmal offen hielt. Das freiere, kühlere Gefühl in der Brust hatte es ihr sogar erlaubt, sich an der rückseitigen Bretterwand aufzustützen. Sie wollte ihn Lächeln sehen, wenn er hereinkam. Sie wollte ihm beweisen, dass er alles ›Wenn nur‹ umarmend in seinen Pranken zerdrücken würde können. Sobald das alles überstanden war. Im Frühling, sicherlich.

Sie hatte begonnen am Schal zu stricken, der jeden Tag sicherlich eine ganze Reihe neue Maschen bekam. Da hörte sie das Gemurmel. Zuerst war es klein in Wind und Schnee. Dann spaltete sich ein Motorensummen heraus. Ein Motorschlitten? Ein Automobil, so weit hier oben? Ein Königreich für ein Fenster.

Noch misstrauisch erwartete sie das Geknirsche im Schnee, bis es die Tür erreichte. Trotzdem leuchteten ihre Augen auf. Die Tür öffnete sich. Und wirklich: Herein trat, mit seinem kantigen Rauschegesicht wie aus Holz geschnitzt, der Jäger. In den Händen die Pfoten irgendeines geschlachteten Viechs.

Aber hinter ihm? Ihre Augen trübten sich sofort wieder ein. Sie hatte das monotone Fiepen bereits verdrängt, mit dem er sich anzukünden pflegte. Der Doktor.

Der Jäger lächelte nicht, dafür der Doktor. In seinem schweren Tweedjakett und der Ledertasche wirkte er erhaben in dieser rußigen Kate. Sie hasste ihn. Er hatte das schreckliche braune Fläschchen eingeführt, das ihr die Sanftheit des Schlummers raubte.

Manchmal durchbrachen die Kristalle selbst tagsüber ihre Sicht, wie ein glühendes Messer eine verspielte Kulisse. Dann sah sie zu viel Licht.

Um den Doktor fiepte es noch einmal. Sie sah ihn im Gespräch mit dem Jäger, hörte aber die Worte ihres Beschützers nicht. »Dosis erhöhen.« tönte einzig deutlich heraus.

Willig nahm der Jäger die dunkle Flasche. Kniete sich neben ihrem Bett. Ich will nicht, raunte sie ihm zu. Ich weiß. Dann presste er den Metallöffel in ihren kleinen Mund.

Sie weinte. Er tat es noch einmal, den Löffel genauso gefüllt mit dem weißen Sirup. Er schmeckte süß, aber es war die Süße der Verderblichkeit.

In die Prismen ihrer Tränen mischten sich bald schon die ersten Kristalle. Der Jäger war aufgestanden. Sie zerrten an den schwarzen Deckenbalken. Er blickte auf sie hinab. Sie hatte schreckliche Angst.

Sie wollte noch einmal sein Lächeln fangen, wenn auch seine Züge puppenhaft erstarrt waren. Aber bald waren es die Kristalle, überall bunt, die ihre Mundwinkel ins Zittern befahlen. Und ihre Augen noch einmal, ähnlich zuvor bei Ankunft ihres Jägers, leuchten machten, wie unter Neonröhren.

--

Piep. Jemand fasste ihre Hand. Er roch vertraut. Irgendwo regnete es hell.

Sein Daumen rieb leicht über ihren Handballen.

Und damit schnitt er irgendwo ganz tief ein. Wo der Winter hinter schwarzen Vorhängen glühte.

***

© Emanuel Senden 2020

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