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Das große Spiel 02: Der Krönungsball

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Sie legte den Kopf schief. Man hatte ihm möglicherweise einen Bären aufgebunden. Er glaubte die Geschichte auf jeden Fall. Sie stellte zu ihrem Erstaunen fest, dass sie den Weinkelch geleert hatte. "Nicht schlecht", sagte sie. "Nichts für jeden Tag, aber nicht schlecht."

Tatsächlich hatte sie das Gefühl, dass sie aufrechter saß.

Die bisher leise im Hintergrund spielende Musik wurde plötzlich lauter. Dann spielten die Musiker einen Tusch.

"Wir sind dran", sagten Drago und Fiona wie aus einem Mund.

Er stand auf und reichte ihr seine Hand. "Darf ich bitten, meine Königin."

"Mit dem allergrößten Vergnügen", gab Fiona zurück und ließ sich aufhelfen. Diese Schuhe —

Sie stiegen die beiden Stufen hinunter. Die ersten Takte der Sarabande erklangen. Drago verbeugte sich, Fiona vollführte den besten Hofknicks, den sie konnte. Diesmal, ohne sich ihrem Ehemann entgegenzubeugen, auch wenn sie seinem Blick auf ihre halbnackten Brüste geradezu entgegenfieberte.

Er nahm sie an beiden Händen und zog sie zu sich. "Konntest dich wohl gerade noch zurückhalten", murmelte er.

Sie trennten sich, Fiona drehte sich einmal um sich selbst, dann waren sie wieder ganz nah beieinander. "Mein König kennt mich zu gut."

Er setzte sein rechtes Bein nach vorne, und sie stieg elegant darüber. "Woran denkst du?", fragte er.

Er griff sie um die Hüfte und sie beugte sich weit nach hinten. Dann wieder nach vorn. "Wie es wäre, jetzt nackt zu sein."

Er hob ihre beiden Hände mit seinen über den Kopf und sie drehten sich darunter hindurch. "Lüsterne Metze", murmelte er.

Noch eine Drehung. "Eure lüsterne Metze, mein König."

Sie trennten sich. Drago verbeugte sich, und Fiona fiel in den Knicks.

Drago machte wie alle Männer einen Schritt nach rechts, und nun stand der Reichskanzler vor ihr. Er hielt ihr die Hände hin. "Wie geht es dir, Kleines?"

"Besser als ich dachte."

"Er ist nicht brutal zu dir?"

"Absolut nicht. Ich denke, das ist eine Fassade."

Von Süßwind hob eine Augenbraue.

"Papa mag ihn auch", konnte sie noch sagen, bevor sie sich trennten und sie dem nächsten Tänzer überließ.

"Ich hoffe", sagte Drago, als sie wieder beieinander waren, "du hast mich nicht verleumdet."

"Ich habe ihnen nur erzählt, dass du ein Lamm im Wolfspelz bist. Das bist du doch, oder?"

"Rrrrr! Soll ich dir meine Zähne zeigen?"

Das Geräusch bohrte sich geradezu in ihre Körpermitte.

Das Orchester spielte die abschließenden Takte, und alle Männer in der Reihe verbeugten sich vor ihren Damen, welche im Gegenzug in einen tiefen Hofknicks fielen.

"Das hat Spaß gemacht", sagte Fiona atemlos. "Wir sollten öfter miteinander tanzen. Vor allem die Tänze, bei der wir einen ganzen Tanz beisammen bleiben." Sie senkte Blick und Stimme. "Und deine Hand meinen Rücken erkunden kann."

Drago lachte verlegen. "Ich bin überhaupt kein guter Tänzer. Ich habe ein halbes Jahr für die Sarabande geübt." Seine Augen blickten kurz über sie hinweg. "Aber da kommt mein Tanzlehrer. Er wird dir bestimmt die Freude machen und mich vertreten."

Fiona richtete sich auf und blickte hinter sich. Ein hochgewachsener junger Mann mit langen blonden Haaren kam leichten Schrittes auf sie zu. Zuerst wunderte sie sich, dass er ihnen keine Aufwartung gemacht hatte, doch dann fiel ihr ein, wo sie das bartlose Gesicht schon gesehen hatte: Auf dem Schachbrett, als schwarze Königin.

Der junge Mann hielt an und verneigte sich tief vor ihr. Sie spürte, wie Drago neben sie trat und seinen Arm ganz nebenbei besitzergreifend um ihre Hüfte legte. "Das, meine Königin, ist Rigard. Er ist wie ein Bruder für mich."

Ach! Ein "Bruder". "Es freut mich, Eure Bekanntschaft zu machen, Herr Rigard", sagte sie und hielt ihm ihre Hand entgegen.

"Eure Majestät", sagte er, legte eine Hand unter ihre, ohne sie zu berühren, und senkte seinen Mund über ihre Hand, bis sie seinen Atem auf ihrem Handrücken spürte. Sie erschauerte. "Es ist mir eine große Ehre, Euch kennenlernen zu dürfen. Aber bitte, nennt mich nicht 'Herr'. Ich bin nur ein armer Waisenknabe aus dem Volk."

"Hmmm", sagte sie, leicht verwirrt von ihren Gefühlen. Sie sollte sich doch nur so fühlen, wenn ihr Ehemann ihr schmeichelte. "Das ließe sich aber leicht ändern." Sie wandte sich an Drago. "Die Herrschaft von Sommerbrise ist vor ein paar Jahren an die Krone zurückgefallen. Sie ist nicht groß, aber wunderschön gelegen. Ich muss noch einmal nachlesen, aber mich deucht, sie gehört zu meiner Aussteuer."

"Eure Majestät", keuchte Rigard. "Das wäre zu viel der Ehre."

"Euer Bruder hat mir zu verstehen gegeben, dass es ungehörig ist, ein Geschenk abzulehnen." Sie blickte in Dragos Augen.

Sein Blick war weich, so wie in dem Moment, als sie sich ihm gestern Abend zum ersten Mal ganz hingegeben hatte.

"Ich habe die ganze Zeit überlegt, mein König, was ich Euch als Hochzeitsgeschenk geben könnte."

"Du bist eine verschlagene Intrigantin", flüsterte Drago.

"Eure verschlagene Intrigantin, mein König", flüsterte sie zurück.

"Ich denke", sagte er laut, "die Königin hat recht. Du solltest das Geschenk annehmen."

"A-a-aber, Drago — ich meine: mein König. Ich verstehe nichts vom Herrschen."

"Ist auch nicht nötig", sagte Fiona grinsend. Schön, dass mal jemand anderes als immer nur sie verlegen war. "Du lässt dich dort ab und zu blicken, sagst deinen Pächtern, dass sie ihre Sache gut machen, und verlässt dich darauf, dass dir dein Statthalter deinen Anteil an der Pacht regelmäßig zukommen lässt. Mein Vater hat den Mann ernannt, als der alte Herr ohne Nachkommen verstorben ist. Du kannst dich auf ihn verlassen."

Die Kapelle spielte einen Tusch.

"Meine Liebe", sagte Drago und deutete eine Verbeugung an. "Ich überlasse dich den vertrauenswürdigen Händen des Herrn von Sommerbrise. Ich sehe dich nach der Tanzrunde." Er wandte sich auf den Fersen um und verschwand zwischen den sich formierenden Tanzpaaren.

Hatte er gerade dem jungen Mann neben ihr verschwörerisch zugeblinzelt?

Sie blickte Rigard an. Der junge Mann hatte die Sache offensichtlich immer noch nicht verdaut. Aber er verbeugte sich formvollendet und streckte seine Hand aus. "E-e-eure Majestät."

Fiona unterdrückte ein Grinsen. "Herr von Sommerbrise."

Er zuckte zusammen. Doch in dem Moment, in dem er ihre Hand in der seinen hatte und seinen Arm um ihre Hüfte legte, war seine Unsicherheit verschwunden. Er hob die Augenbrauen, wie es ihr Tanzlehrer auch immer getan hatte und beider Füße bewegten sich in perfekter Harmonie.

"Ihr seid ein sehr guter Tänzer, Herr von Sommerbrise."

"Bitte, eure Majestät, nennt mich Rigard, sonst komme ich noch aus dem Takt."

"Dann lass aber das ständige 'eure Majestät' weg. Wenn du mich nicht beim Vornamen nennen willst, wie wäre es mit 'Herrin'?"

Sein Oberarmmuskel unter ihrer linken Hand zuckte. Er lächelte. "Gerne, meine Herrin."

Klingt auch nicht schlecht. Die ganze Zeit über hatten sich ihre Körper im perfekten Gleichklang bewegt. Die Musik endete, Rigard trat zurück und Fiona vollführte einen Hofknicks.

"Na, junger Mann", kam eine ölige Stimme von der Seite, "nun lass mich auch mal ran."

Barmbeck! Fiona wäre beinahe zusammengezuckt. Wenn sie eines nicht brauchte, dann dessen dicken Wurstfinger auf ihrer nackten Haut. Und noch weniger auf diesem Kleid.

"Es tut mir außerordentlich leid, Eure Hoheit", sagte Rigard mit einer fast unmerklichen Verneigung. "Aber ich habe strikte Anweisung seiner Majestät, niemand anderen seine Königin berühren zu lassen." Wie zufällig fiel seine Hand auf den Knauf des Prunksäbels, den er wie alle Herren an seiner rechten Seite trug.

"Welche Impertinenz", brauste Barmbeck auf. "Wer bist du Würstchen eigentlich?"

Fiona richtete sich auf und musterte den dicken Grafen kalt. "Das, eure Hoheit —" Sie spuckte den Titel geradezu heraus. "— ist Reichsgraf Rigard, Baron von Sommerbrise, der jüngere Bruder Eures Souveräns."

Barmbeck erstarrte. Eine Ader an seinem Hals pulsierte sichtbar.

"Ist Euch eigentlich bewusst", fuhr sie mit einem Seitenblick in Richtung Thronsessel fort, "dass eine solche Handlung nicht nur dem Reichsgrafen das Recht gibt, in meinem Namen Satisfaktion von Euch zu fordern? Ich denke, dass mein Ehemann sowieso schon mit dem Gedanken spielt, Eurem Besitz eine schnelle Nachfolge angedeihen zu lassen, sobald euer Kopf nicht mehr auf Euren Schultern sitzt."

Barmbeck sah aus, als würde sein Kopf explodieren, was der politischen Lage im Reich durchaus zuträglich gewesen wäre. Sein Blick zuckte hinüber zu den leeren Thronsesseln, dann über die umherstehenden Ballgäste, deren Ohren größer und größer wurden. Zuletzt wandte er sich abrupt um und verschwand.

Das Orchester spielte einen Tusch.

"Herr Reichsgraf", sagte sie.

"Meine Königin", keuchte Rigard. Dann flüsterte er: "Was soll das jetzt bedeuten?"

Sie grinste frech. "Entschuldigt, Eure Hoheit, aber Barmbeck hätte bei einem simplen Baron nicht so schnell klein beigegeben. Als Reichsgraf bist du ihm gleichgestellt."

"Aber ich bin kein —" Er stieß einen verzweifelten Seufzer aus. "Natürlich habt Ihr das Recht, mich zu einem Reichsgrafen zu machen, aber —"

"Wenn du ganz brav bist, verlässt du den Ballsaal noch als Reichsfürst." Er zuckte zusammen. "Inklusive Verdienstorden erster Klasse am Band." Es machte richtig Spaß, ihn leiden zu sehen.

"Bitte nicht", flüsterte er. Sie waren schon wieder mitten im nächsten Tanz. Beide waren so gute Tänzer, dass sie darauf nicht achten mussten. "Macht Euch bitte keinen Spaß mit mir."

"Der Reichsgraf war ernst gemeint", versicherte sie ihm, "und den kann ich auch nicht mehr zurücknehmen. Das haben zu viele Leute gehört. Aber es ist nur ein Titel."

"Drago — Seine Majestät bringt mich um, wenn er das hört."

Ihre Hand drückte seinen Oberarm. "Das glaube ich nicht. Er liebt dich doch." Der Oberarmmuskel zuckte. Stärker als vorher.

"Ich —"

"Ich meine, wenn er dich als 'wie ein Bruder' bezeichnet. Woher kennt ihr euch denn?"

"D-d-das darf ich nicht sagen. Verzeiht, eure Majestät. Aber das ist auch eine strikte Anweisung."

"Er hat dir noch mehr strikte Anweisungen mich bezüglich erteilt?"

Rigard seufzte. "O ja. Aber bitte — versucht nicht, mich danach auszuquetschen."

Fiona blickte ihm tief in die Augen. "Das würde ich doch nieee tun!"

"Er hatte recht."

"Wer? Womit?"

"Der König. Er hat gemeint, Ihr würdet versuchen, mich um den Finger zu wickeln. Und Ihr wärt besser darin als jede andere Frau, die er kennt."

Fiona lächelte zufrieden. "Das will ich wohl hoffen. Hab' keine Angst. Ich würde meinem Herrn gegenüber nie ungehorsam sein."

Es war schon ein sehr seltsamer Blick, mit dem Rigard sie jetzt musterte. Der junge Mann war wirklich süß. Hätte sie ihn vor Drago getroffen, wäre er eine ernsthafte Versuchung gewesen. Alle drei Kategorien erfüllt und sooo süß. "Wie alt bist du eigentlich?"

"Fünfundzwanzig. Nur zwei Jahre jünger als der König. Aber ich weiß, dass ich wie ein Jüngling aussehe." Wieder ein Seufzer.

"Quäle dich nicht. Du gefällst mir, so wie du bist. Sehr sogar."

Er holte tief Luft. Das war wohl etwas zu dick aufgetragen gewesen.

Wieder endete ein Tanz. Diesmal fuhr das Orchester sofort mit leiser Tafelmusik fort.

Fiona knickste. "Was ist deine nächste Anweisung?"

Er hielt ihr seinen Arm hin. "Euch zu Eurem König zu geleiten."

Fiona blickte sich um. Drago war nirgends zu sehen.

Rigard führte sie durch die ganze Länge des Ballsaals vorbei an gefühlt Hunderten von tuschelnden Grüppchen. Die ganze Zeit lief er hoch aufgerichtet und würdigte sie keines Blickes.

Er betrat den Vorraum, der zur großen Terrasse führte, doch statt links bog er sofort rechts ab und führte sie durch eine, hinter einem Wandteppich versteckte, Tür in einen schmalen, unbeleuchteten Flur, in den nur durch eine Öffnung etwas Licht aus dem Ballsaal fiel.

Fiona kannte natürlich jeden Winkel im Palast, jeden Geheimgang und auch die versteckten Nebenräume, die König Detlev der Zweite hatte anlegen lassen, angeblich damit er jede seiner vielen Geliebten in einem eigenen Raum treffen konnte. Angeblich hatte es damals in jedem dieser Räume kleine Schilder mit dem Namen der jeweiligen Geliebten gegeben. König Detlev war nicht nur ein wollüstiger Hengst gewesen, sondern hatte ein miserables Namensgedächtnis gehabt.

Die Regierungszeit von Detlev war schon lange vorbei, aber keiner seiner Nachfolger hatte viel an diesen Räumen geändert, außer die meisten Namensschilder zu entfernen.

Vater hatte, soweit sie wusste, nie auch nur eine Geliebte gehabt. Aber auch er hatte gelegentlich einen dieser Räume benutzt — wie sie eines Abends erfahren hatte, als sie die Männer beim Kartenspiel belauscht hatte. Wofür hatte sie nicht erfahren.

Eines wunderte sie: Woher wusste Rigard, beziehungsweise Drago von dieser geheimen Zimmerflucht? Hatte Vater ihn eingeweiht? Wie viele Geheimnisse hatten die beiden noch vor ihr?

Rigard öffnete die Tür zum "Bella"-Raum. Es war sicher kein Zufall, dass es genau dieser Raum war, in den sich Fiona gelegentlich geflüchtet hatte, wenn ihr Vater oder einer ihrer Lehrer ihr zu sehr auf die Nerven gegangen war. Sie hatte sich dann immer auf der opulent gepolsterten Ottomane ausgestreckt und versucht, die Welt um sie herum zu vergessen. Vor allem die Männer um sie herum.

Drago erwartete sie. Er stand in der Mitte des Raums, breitbeinig, die Hände auf dem Rücken. Fiona entging die Symbolik nicht. Drago machte ihr klar, dass sie keine Chance hatte, vor ihm zu flüchten. Er kannte ihren geheimsten Rückzugsort und respektierte ihn nicht.

Rigard hielt kurz vor ihm an. "Mein König."

Fiona konnte nicht anders. Sie vollführte den perfekten Hofknicks. "Mein König", sagte sie.

"Da wir für heute Abend", sagte Drago, ohne eine Miene zu verziehen, "unseren königlichen Pflichten nachgekommen sind, denke ich, es ist an der Zeit, einen Schluck Wein zu trinken."

Rigard wandte sich zu einem Tischchen und reichte Drago einen herrlich verzierten Kelch. Er trank einen Schluck und bot ihn ihr dann an. Sie nippte. "Mhmhm. Malvasier." Dann nahm sie einen größeren Schluck. Sie merkte erst jetzt, wie durstig sie geworden war.

"Du bist Weinkenner, Liebes?"

"O nein." Ohne nachzudenken reichte sie den Kelch an Rigard weiter. Drago hob die Augenbrauen. "Malvasier ist die einzige Sorte, die mir schmeckt. Was du, liebster Ehemann, ganz sicher schon wusstest." Sie leckte sich über die Lippen. Der Wein hatte einen eigentümlichen, aber nicht unangenehmen Nebengeschmack.

Er reagierte nicht auf ihre Worte, sondern hielt ihr den Kelch, den Rigard ihm weitergegeben hatte noch einmal hin.

"Rigard — das heißt: Euer reichsgräfliche Erlaucht — deine Pflichten für heute sind auch erledigt."

Natürlich wusste Drago schon Bescheid. Wahrscheinlich war einer der Umstehenden schon zu ihm gerannt, bevor Barmbeck abgezogen war.

"Sehr wohl, Eure Majestät." Rigard machte auf dem Absatz kehrt und verschwand. Die schwere, gepolsterte Tür fiel ins Schloss.

Drago wartete, bis sie den Kelch ausgetrunken hatte. "Was soll ich nur mit dir machen?", fragte er leise, wie zu sich selbst.

Fiona hatte da schon einige Ideen, aber das war sicherlich nicht, was er meinte. Also blieb sie stumm. Einen Atemzug lang. Wollte er vielleicht doch eine Antwort? Sie holte Luft.

"Kein Wort", zischte er. Dann etwas weniger schroff. "Lass mich reden."

Sie ließ die Luft entweichen und nickte stumm.

"Ich anerkenne deine schnelle Reaktion auf den Überfall des dicken Arschlochs."

Fiona machte große Augen.

"Wenn es auch eigentlich", fuhr Drago fort, immer noch mit unbewegtem Gesicht, "an Insubordination grenzt, einen Bürgerlichen zum Reichsgraf zu ernennen, ohne dem König vorher wenigstens Bescheid zu geben, war es doch eine sehr elegante Art und Weise, die Situation zu bereinigen, ohne dass Blut geflossen ist. Ich werde heute noch seine Ernennungsurkunde unterzeichnen und auf gestern datieren. Dann kann dir keiner an den Karren fahren."

"Danke", flüsterte sie.

Drago trat einen Schritt auf sie zu. Ihre hohen Absätze brachten ihre beider Augen auf die gleiche Höhe, und die ihres Mannes brannten. Vor Wut? Vor Begierde?

"Wie weit kann ich dir vertrauen?", fragte er in die Stille hinein.

Fiona zuckte zusammen. "Ich —" Sie stockte.

"Es gilt Regel eins", sagte er. "Wir sind unter uns und ich will die reine Wahrheit hören."

"Oh. Ja." Sie holte tief und langsam Luft. "Ich weiß —", sagte sie, nachdenklich und leise, "dass manchmal mein Temperament mit mir durchgeht. Aber ich würde dich auf keinen Fall bloßstellen. Vor niemandem. Vorhin beim Tanzen — Ich habe Theodor nur gesagt, dass du mich gut behandelst. Er ist ein alter Freund und ich wollte nicht, dass er zu Papa rennt und behauptet, dass du mich schlägst oder so etwas."

Er nickte langsam. "Wie weit vertraust du mir?"

Sie ließ sich Zeit, dachte nach. "Mehr als jedem anderen Menschen außer Papa. Wenn man bedenkt, dass wir uns gerade mal einen Tag kennen —"

"Ich vertraue nur zwei Menschen auf der Welt vollständig."

So sehr sie es sich auch wünschen würde, dass sie einer davon war — "Ich verstehe. Ich gehöre sicher nicht dazu. Aber ich will alles tun, dass du mir vertrauen kannst."

"Schließ die Augen", sagte er. "Und lass sie so lange zu, bis ich dir erlaube, sie wieder zu öffnen."

Was war das schon wieder. Aber sie tat wie geheißen.

Stille — Das Zimmer war ringsum von dicken Wandteppichen umgeben. Kein Ton kam aus dem Ballsaal herüber.

Duft — brennende Kerzen.

Ein leises Geräusch — hinter ihr? Fiona öffnete die Augen und wollte sich gerade umdrehen, als ihr Blick in Dragos Gesicht fiel. Sie erschrak. Sein Ausdruck war eine Mischung aus Zorn und Bedauern.

"So eine kleine Sache", sagte er. "Und du kannst nicht gehorchen."

Fiona keuchte auf. "Es — Es tut mir leid. Ich will dir ja gehorchen."

Er griff in eine Hosentasche, gleich neben der dicken Wölbung und holte einen schwarzen Stoffstreifen hervor. "Knie dich hin." Sie tat es. Er verband ihr die Augen. "Deine letzte Chance", sagte er. "Versuch auf keinen Fall, die Augenbinde zu lösen."

"Ja, Herr. Auf keinen Fall."

"Lege deine Hände auf den Rücken."

Sie gehorchte sofort.

Sie spürte ihn näherkommen. Er lief um sie herum, griff nach ihren Händen, fesselte sie an den Handgelenken. Fionas Herz raste. Was würde er tun?

Er stand nun wieder vor ihr. "Steh auf", sagte er leise.

Es war nicht einfach, mit auf den Rücken gebundenen Händen aufzustehen, aber sie schaffte es.

"Was hältst du von Rigard?", kam seine Stimme.

"Ich —" Sie holte Luft. "Die kurze Fassung oder die lange?"

Seine Stimme klang belustigt. "Wir haben Zeit."

"Ich war sechs Jahre alt. Meine Mutter sagte mir, es wäre meine Pflicht als Prinzessin, einmal einen Prinzen zu heiraten und ihm eine treu ergebene Ehefrau zu sein, während er als König regieren würde."

Eine Hand berührte ihre Haare und sie zuckte zusammen.

"Sprich weiter." Dragos Stimme kam von vorne, zu weit weg, als dass die Hand ihm gehören konnte, die nun langsam eine Haarnadel nach der anderen aus ihrer Frisur entfernte.

"I-i-ich schrie sie an. Ich sagte ihr, dass ich König werden würde, und niemandem untertan sein würde, dass ich mir einen Mann aussuchen würde, und er mir treu ergeben sein würde."

"Mit sechs Jahren? Ganz schön prätentiös."

Mehr Nadeln wurden entfernt, Ihre hochgesteckten Haare fielen über den Rücken.

"Sie lachte nur. Das war unser letztes Gespräch. Einen Monat später stand ich an ihrem Grab und ich fühlte mich schrecklich, ihr widersprochen zu haben. Aber als ich dann siebzehn war und Papa mir sagte, dass es an der Zeit wäre zu heiraten, fiel mir das Gespräch wieder ein. Ich beschloss, genau so zu verfahren. Mein Ehemann sollte ein kluger Mann sein, aber einer, den ich — wie Rigard es so schön gesagt hat — um den Finger wickeln konnte."