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Das Refugium - Kapitel 002

Geschichte Info
Die jugendfreie Geschichte von Manfred und dem Refugium.
4.3k Wörter
4.63
6.9k
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Geschichte hat keine Tags

Teil 3 der 17 teiligen Serie

Aktualisiert 07/07/2023
Erstellt 08/24/2022
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Die absolut jugendfreie Geschichte von Manfred und dem Refugium

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Einige Jahre vorher.

Manfred hatte gerade das Gebäude der Agentur für Arbeit verlassen und trottete langsam in Richtung des Obdachlosenheims, wo er ein kleines, aber immerhin leidlich sauberes Zimmer bewohnen durfte. Am Anfang hatte es ihn jedes Mal tief getroffen, wenn ihm sein schnöseliger Agent wieder naseweise Tipps gegeben hatte, wie er als ausgemusteter Endvierziger der eigentlich nur das Töten richtig gelernt hatte irgendwo einen zivilen Job finden sollte, zumal das Militär von der breiten Bevölkerung gerade als unzeitgemäßer und teurer Anachnonismus angesehen wurde. Die einschlägigen Security-Firmen war er bereits durch, die bevorzugten billige, stiernackige Schlägertypen aus Osteuropa, mehrere Kampfsportschulen ließen ihn probeweise antreten, und er verdrosch die meisten Nahkampftrainer mühelos, aber dennoch lehnten sie ihn immer wieder ab: zu alt, falscher Stil, zu wenig Bart, zu wenig Proteinshake-Muckies, was auch immer.

Inzwischen war er abgestumpft und tat einfach was ihm von der Behörde gesagt wurde, er hatte sonst ja auch nichts anderes zu tun, außer durch die eintönige Pampe der Free-TV Kanäle zu zappen in der Hoffnung, hin und wieder eine der wenigen Perlen zu erwischen. Meistens wurde er enttäuscht.

Heute hatte er auf der Liste der Pflicht-Bewerbungen drei Posten stehen, vermutlich weil die potenziellen Arbeitgeber den „keine Bewerber über 50" Haken vergessen hatten: ein Bademeister, ein Lagerarbeiter, und eine nicht näher beschriebene Stelle als „Zeitlich flexibler Hausmeister mit ausgeprägtem technischem Verständnis", sprich, man suchte vermutlich einen 24 Stunden Arbeitssklaven der für kleinen Lohn auch noch alle anfallenden Handwerkerarbeiten mit erledigte.

Zuerst stellte er sich für den Bademeister-Job vor, es handelte sich um den Spa-Bereich eines Luxushotels. Bereits als er der Managerin die kühle Hand schüttelte und ihre abschätzigen Blicke über sich wandern spürte wusste er, dass das nichts werden würde. Vermutlich hatte ein Bademeister hier auch noch diskrete Nebenleistungen für die gelangweilten Ehegattinnen der Bonzen zu erbringen, während diese in diskreten Suiten schattigen Geschäften nachgingen, oder ihre viel zu jungen Assistentinnen flach legten. Seine Ausbildung als Kampfschwimmer und -taucher interessierte keine Sekunde. Pro Forma fragte sie noch einige Ausbildungen ab, ob er ayurvedisches Massieren beherrsche, oder wenigstens Reflexzonen, irgendwas Fernöstliches, aus Tibet vielleicht, nein? Immerhin reichte sie ihm noch generös einen 10€ Gutschein für einen Drink in der Bar, bevor sie das Gespräch beendete und zu ihrem nächsten Termin hetzte. Der billigste Drink in der Bar kostete 35€, und er warf den Gutschein auf dem Weg hinaus in einen Mülleimer.

In den Lagerhäusern im Hafen hatte er noch weniger Glück. Seine Lizenzen zum Fliegen von Millionen teuren Kampfhubschraubern seien leider kein adäquater Ersatz für einen Staplerschein Klasse II, beschied ihm der verantwortliche Vorarbeiter, und in der richtigen Gewerkschaft sei er leider auch nicht. Er solle es doch an einem anderen Pier versuchen wo eine andere Gewerkschaft die Kontrolle hätte. Er sei in gar keiner Gewerkschaft, gab Manfred etwas kleinlaut zu, dann gibt es hier überhaupt keinen Platz auf keinem Pier für Dich, sorry, bekam er als Antwort, und das Gespräch war beendet.

Zuletzt kramte er den Zettel mit dem Hausmeisterjob heraus. Viel gab die Ausschreibung nicht her, nur Allgemeinplätze, und das Angebot stammte von einer GmbH mit einem nichtssagenden Kürzel als Namen. Angegeben wurde keine Adresse, nur eine Telefonnummer. Er rief dort an, eine gelangweilt wirkende Männerstimme stellte ihm einige Standardfragen zu seinen Erfahrungen, Manfred antwortete wahrheitsgemäß und vermied Übertreibungen, und zu seiner Überraschung bekam er einen Termin für den nächsten Morgen, aber keine Adresse.

"Wir holen Sie bei sich zu Hause ab" wurde ihm gesagt, und er gab die Adresse seiner Unterkunft an. Pünktlich um 9 stand er am nächsten Morgen frisch rasiert am Bordstein, in der Hand die Mappe mit seinen Unterlagen. Irgendwie erwartete er jetzt einen großen, schwarzen, gepanzerten SUV, statt dessen hielt aber nur ein abgenütztes Taxi und nachdem er dem Fahrer seinen Namen bestätigt hatte durfte er hinten einsteigen.

Es roch nach Muff und alten Zigaretten, auf dem schäbigen Sitz lag sogar noch eine angebrochene Tüte mit Gummibärchen. Die Fahrt ging kreuz und quer durch die Stadt. Gelangweilt nahm er sich ein Gummibärchen, dann noch eins, sie schmeckten besser als er sie in Erinnerung hatte, vielleicht weil er sich seit Jahren keine mehr leisten konnte. Nach einer Weile bekam er den Eindruck, dass der Fahrweg nicht viel Sinn machte wenn man konkret irgendwo hin wollte. Gerade als er beschloss, dass es nun gut sei, und er den Fahrer zur Rede stellen wollte, was er mit der sinnlosen Herumfahrerei eigentlich bezwecke, traf es ihn wie ein Hammerschlag, und sein Bewusstsein fiel in einen schwarzen Tunnel.

Wie ihm schien nur eine Sekunde später kam er wieder zu sich, fand sich in einen nicht einmal ganz unbequemen Lehnstuhl verfrachtet in einem schmuck- und fensterlosen Raum mit kaltem Licht und leise summender Ventilation. Eine kurze Inventur der wichtigsten Körperteile ergab, dass sie scheinbar noch alle vorhanden waren, und er konnte sich frei bewegen. Ihm gegenüber stand ein altmodischer Schreibtisch, dahinter saß ein korrekt gekleidetes Männchen Typ Buchhalter. Dieser hatte die wohl doch nicht ganz so kurze Zeitspanne, in der Manfred weggetreten war, bereits effizient genützt, die Bewerbungsmappe durchgearbeitet, und die einzelnen Unterlagen akkurat in verschiedene Stapelchen aufgeteilt, nach welchem Kriterium blieb Manfred allerdings schleierhaft. Insgesamt hatte Manfred nicht den Eindruck, in akuter Gefahr zu sein, und entspannte sich ein wenig.

Nachdem einige zeit nichts passierte, räusperte sich Manfred, um auf sich aufmerksam zu machen, und der Buchhaltertyp schaute sofort auf. „Entschuldigen Sie bitte die Umstände, und die Art wie wir sie hergeholt haben, und nein, ich werde Ihnen auch nicht verraten warum, nur so viel, es geht um die nationale Sicherheit oder vielleicht sind wir auch Aliens, welche die Menschheit studieren wollen, am Ende wird Ihnen aber keinerlei Schaden zugefügt. Sie erhalten jedenfalls 200 Euro für Ihre Umstände und Ihr Schweigen über dieses Treffen, wobei Ihnen sowieso niemand ein Wort glauben würde, und wir bringen Sie selbstverständlich auch wieder zurück, sobald Sie sich überwinden konnten, noch ein Gummibärchen zu sich zu nehmen. Eins sollte reichen. Wir nennen das den Gummibärchen-Express" leierte er offenbar nicht zum ersten Mal eine Art Begrüßungstext herunter, und er lachte glucksend über seinen eigenen Witz, den er vermutlich bei jedem Bewerber abspulte.

Manfred blieb ruhig, und fragte sich, welches Angebot ihm wohl gemacht würde. Dass es vermutlich nicht legal sein würde war angesichts der Umstände zu erwarten. Es war ihm weitgehend egal, wenn es nicht allzu viel mit der Ermordung Unschuldiger zu tun hatte würde er vermutlich darauf eingehen. Vorausgesetzt es wurde besser bezahlt als Hartz-IV und lief augenscheinlich nicht darauf hinaus, dass er am Ende als Sündenbock für irgendein Kapitalverbrechen vorgesehen war.

Es schien aber nicht darauf hinaus zu laufen, denn die nächste halbe Stunde löcherte ihn der Buchhalter mit einer Reihe von Fragen zur Wartung von haushaltsüblichen Einrichtungen wie Heizung, Lüftung, Wasser und Strom. Er legte ihm eine Bedienungsanleitung für eine professionelles Bodenreinigungsgerät vor, ließ ihn sie einmal durchlesen und stellte dann Kontrollfragen um zu sehen, ob er sich die wichtigsten Bedienungsschritte und Wartungsarbeiten gemerkt hatte. Und dann ging er unvermittelt über zu Waffensystemen, Überwachungstechnik und Computeranlagen, wie man sie richtig pflegen und in einfachen Fällen sogar reparieren konnte, und endete mit einer Reihe von Fragen zu seinen Familienverhältnissen. Gab es nahe Verwandte, Ex-Frauen, Kinder, Kumpels, war er Mitglied in Vereinen? Gab es nicht, war er nicht. Manfred war früher von der Armee kreuz und quer durch die Brandherde der Welt geschickt worden, für Beziehungen fehlte einfach die nötige Zeit am selben Ort.

Am Ende schien der Buchhalter zufrieden, und lehnte sich nachdenklich zurück, offenbar rechnete sein Buchhalterhirn gerade die Soll- und die Haben-Spalte gegeneinander auf.

„Sie sind der ideale Bewerber", sagte er schließlich, „wenn Sie wollen, haben Sie den Job."

„Welchen Job?" fragte Manfred, „die Fragen die Sie mir gestellt haben, und die Umstände wie Sie mich hergebracht haben, das schaut nicht so aus als ob ich irgendwo den Hausmeister geben und in einem verstaubten Ministerium verstaubte Akten abstauben soll".

„Das mit dem Ministerium ist gar nicht so weit daneben getippt", antwortete der Buchhaltertyp, „wenn Sie zusagen, werden Sie tatsächlich das technische Mädchen für alles in einer höchst speziellen Einrichtung der Regierung, und Sie dürfen sich auch "Chief Engineer" oder sowas nennen, wenn Ihnen das lieber ist. Mehr darf ich Ihnen nicht mehr verraten, oder ich müsste Sie nachher töten, paar Gummibärchen mehr, Sie verstehen", und Manfred fragte sich, wie ernst er das wohl wirklich meinte.

„Wo ist der Haken?" fragte Manfred gerade heraus.

„Nun", sagte der Buchhalter, „Sie werden aufhören zu existieren, auch für das Finanzamt übrigens, und ihr gesamtes restliches Leben innerhalb dieser Einrichtung verbringen, weitgehend unsichtbar für die anderen Bewohner dort, aber Millionen und Abermillionen teure und spannende neuartige High-Tech Apparate um sich haben und pflegen. Sie werden keinen Urlaub haben, aber sehr viel Freizeit, und kaum oder keine Kontakte zu anderen Menschen".

Manfred sagte sofort zu, ohne auch nur einen Augenblick weiter darüber nachzudenken.

"Sie können sofort von hier aufbrechen, Sie brauchen nicht zu packen, es ist dort alles vorhanden was Sie je brauchen werden, und ihre paar Angelegenheiten hier werden wir regeln", sagte der Buchhalter, und reichte ihm ein Gummibärchen aus der Tüte.

Als Manfred wieder aufwachte, schien es ihm wieder, als wären nur Sekunden vergangen. Um sich hörte er das vertraute Geräusch eines Helikopters, sehen konnte er allerdings nichts, offenbar waren ihm die Augen verbunden worden. In seiner Umgebung hörte er durch den Lärm der Rotoren die Gesprächsfetzen zweier Männerstimmen, die sich über ziemlich belangloses Zeug unterhielten, es hatte etwas mit "Stützpunkt" und "Versorgung" und „lauter Irre" zu tun, so viel verstand er.

Er wollte niemandem einen Grund geben, ihn doch noch zu erschießen, und hob die Hand um sich bemerkbar zu machen. "Die Schlafmütze ist aufgewacht", sagte einer der Männer. "Mach ihm den Sack ab", sagte ein Anderen, "wir sind weit genug von jedem bekannten Ort weg". Jemand nestelte an einer Kordel unter dem Kinn, und dann wurde es hell, und Manfred blinzelte.

Der Helikopter flog verhältnismäßig tief durch ein enges Tal, unter ihm schlängelte sich ein Fluss, am Ufer entlang sah er die dünne Linie einer Straße verlaufen. Es gab keine Lichter, keine Gebäude keine Fahrzeuge und keine Menschenseele weit und breit.

"Ich denke, es macht wenig Sinn euch zu fragen, wo ich bin?", Frage Manfred, und die Männer grinsten breit und schüttelten bloß den Kopf. "Schauen wir aus wie Fremdenführer?", fragte der Eine, ein vierschrötiger Typ mit Bart. "Nein, tun wir wohl nicht", feixte der Andere, der etwas kleiner und glatt rasiert war. "Genieß den Flug, und halt die Klappe".

Manfred hielt es für klug, der Anweisung ohne Widerrede zu folgen. Die Talwände rückten immer näher zusammen, dann war das Talende erreicht. Es war eine Sackgasse, mit einer relativ großen ebenen Fläche am Ende, von der aus die Berge schroff anstiegen.

Der Helikopter setzte zur Landung an, und der Bärtige langte in seine Jacke und zog eine weiße, dünne Karte hervor, die aussah wie eine etwas zu groß geratene Scheckkarte. Er drückte auf eine Ecke, und ein rotes Feld leuchtete auf. „Drück da mal drauf.", wies er Manfred an. Dieser presste den Daumen auf die rote Stelle, und die Farbe schlug um auf grün. Der Bärtige warf noch einen letzten Blick auf die Karte. „Aha, Du bist der neue CTO, Chief Technical Officer, willkommen am Ende der Welt", sagte er ein wenig freundlicher, und reichte Manfred die Karte hinüber. „Pass gut auf auf das Ding, sie ist Dein Schlüssel zu allem".

In der Zwischenzeit hatte der Helikopter aufgesetzt, und der Glattrasierte bedeutete Manfred mit einer Handbewegung, dass er aussteigen solle. Der sprang gehorsam aus dem Helikopter und landete auf steinigem Untergrund, nur spärliches dürres Gras und Moose konnte sich hier oben verbreiten. Draußen stand eine flache Plattform mit einem Sitz darauf, offenbar eine Art Transportsystem. Gerade wollte Manfred fragen, was er nun anfangen sollte, da heulte hinter ihm das Triebwerk des Helikopters auf, er hob sich in die Luft, drehte Richtung Talausgang und flog davon.

„Ja, euch auch auf Nimmerwiedersehen", brummte Manfred. Dann näherte er sich dem Transportkarren, schließlich setzte er sich mangels Alternativen in den Sitz. Sofort leuchtete seine Scheckkarte auf, und es erschienen zahlreiche Symbole, die er nicht kannte. Offenbar konnte man Fahrziele auswählen, ganz oben erkannte er ein Icon, eine Art Häuschen, wie es gewöhnlich für „Home" verwendet wurde. Entschlossen berührte er es mit dem Finger.

Sofort klappte von hinten ein Sicherungsbügel, wie er sie von Fahrgeschäften auf Rummelplätzen kannte, nach vorne und fixierte ihn sicher im Sitz, und schon startete der Transporter, und beschleunigte auf eine Geschwindigkeit die ihm die Luft um die Ohren sausen ließ. Der Transporter stob auf eine Felswand am Talende zu, zu seiner Erleichterung sah Manfred, dass ein Teil zur Seite glitt und eine Öffnung frei gab, bevor sein Transporter auch schon hindurchschoss und sich die Wand hinter ihm wieder schloss.

Im Inneren des Berges glitt der Transporter mit atemberaubender Geschwindigkeit und dennoch fast lautlos lange, schwach beleuchtete Gänge entlang, passierte hin und wieder Kreuzungen und riesige, massive Tore, und bog von Geisterhand gelenkt an Abzweigungen mal rechts, mal links ab. Bald gab es Manfred auf, sich den Weg merken zu wollen, und ließ sich einfach fahren. Er mochte etwa 10 Minuten so durch den Berg geflitzt sein, als die Gänge etwas freundlicher wurden, und das Licht besser, und der Transporter setzte seine Geschwindigkeit herunter und glitt nun ziemlich gemächlich dahin. Hier lebten sogar Menschen, durchwegs in weiße Laborkittel gekleidet, er sah einige alleine oder in kleinen Grüppchen auf Gehsteigen seitlich am Gang entlang laufen, manche offenbar tief in Gedanken versunken, andere in kleinen Grüppchen, schweigend auf dem Weg irgendwo hin, oder mehr oder weniger heftig miteinander diskutierend. Keiner nahm irgendeine Notiz von Manfred oder seinem Transportmittel, und nachdem er Anfangs durchaus versucht hatte, freundlich zu winken, aber nie eine Reaktion bekommen hatte, gab er jeden Kontaktversuch auf.

Der Transporter glitt noch einige Minuten weiter, bis er in einen Gang abbog und am Ende vor einer mit geometrischen Mustern verzierten, weißen Metalltüre anhielt. Der Haltebügel öffnete sich, und Manfred stieg von dem Transporter. Ein dicker Teppich dämpfte jedes Gehgeräusch, als er zu der Türe ging, und seine Zugangskarte an das Lesegerät hielt, das sich einladend an der Stelle befand wo man normalerweise die Klinke findet. Wie erwartet glitt die Türe auf, und Manfred bemerkte, dass sich der Transporter von selbst in Bewegung setzte und irgendwo im Gewirr der Gänge verschwand.

Manfred betrat das, was er völlig richtig für seine künftige Dienstwohnung hielt, die Türe schloss sich automatisch hinter ihm. Das Licht im Raum ging an, und er stieß einen bewundernden Pfiff aus, als er die Einrichtung sah. Sie stand einem sehr guten Hotelzimmer in nichts nach. Er befand sich in einer geräumigen Garderobe direkt hinter dem Eingang, daran schloss sich ein etwa 40m² großen Wohnraum mit Sitzecke und gediegen aussehender Einrichtung an, und hinter Türen rechts und links fand er ein chrom- und marmorglänzendes Badezimmer sowie ein im japanischen Stil eingerichtetes und mit viel Holz verziertes Schlafzimmer mit einladendem Futonbett vor. Eine Küche gab es nicht, daraus schloss er messerscharf dass er irgendwie bekocht wurde, oder dass es eine Kantine gab. So oder so hieß das, kein Abwasch.

Die nächste halbe Stunde verbrachte Manfred damit, die Zimmer genau zu inspizieren, er fand aber wenig Aufregendes, in der Garderobe gab es festes Schuhwerk und saubere Arbeitsklamotten, alle andern Schränkchen und Schubladen waren leer. Zufrieden nahm er in der Ankleide eine Klappe in der Wand zur Kenntnis und folgerte völlig richtig, dass er sich auch um die Wäsche nicht zu kümmern brauchte. Irgendwie erwartete er, dass sich irgendwann ein Empfangskomitee sehen lassen würde, aber nichts passierte. Die Station schien sich keine Sekunde für den neuen CTO zu interessieren. So lümmelte er sich in seine Sitzecke, fragte sich, wo der Fernseher war, und fand keinen.

Schließlich widmete er seine Aufmerksamkeit wieder seiner Scheckkarte, und siehe da, sie war jetzt mit zahlreichen Icons bestückt. Offenbar erschienen und verschwanden sie, je nachdem was der Raum, in dem man sich befand, an Möglichkeiten anbot. Er scannte die Symbole kurz durch, einige wie „Licht" und „Staubsauger" erklärten sich von selbst, und schließlich fiel sein Blick auf ein Symbol, ein stilisiertes Schreibzeug und Papier, das er erst mit „Tagebuch" und dann mit „Büro" assoziierte.

Er drückte drauf, und hielt unwillkürlich die Luft an. Vor ihm glitt ein großer Teil der Wand zur Seite und gab einen völlig leeren, runden, weißen Raum mit etwa 10 Metern Durchmesser frei. Als einziges Möbelstück befand sich in der Mitte ein riesiger, schwarzer, bequem aussehender Chefsessel, der in einer kardanischen Aufhängung auf einem massiven, runden, mit dem Boden verschraubten Fuß aus verchromtem Metall thronte. Natürlich setzte sich Manfred hinein, und auf seinem Controller leuchtete unübersehbar ein „Power On/Off" Icon auf. Sofort drückte er es, und die Wand, durch die er hereingekommen war, fuhr augenblicklich zu.

Rund um ihn herum flammten die Wände auf, und er sah, dass es sich um einen einzigen, riesigen Bildschirm handelte, der um den ganzen Raum herum reichte. Wenn er auf eine bestimmte Stelle sah, drehte sich der Sessel automatisch so, dass sie in die Mitte seines Sichtfeldes rückte. Im Moment zeigte das Bild allerdings nur sanft ineinander wogende, farbige Schlieren, doch mitten drinnen stand ein einziges, riesiges Icon, das auch seinen momentanen Gemütszustand perfekt ausdrückte: ein riesiges Fragezeichen-Icon. Entschlossen fixierte er es, und einen Augenblick später befand er sich im Hilfe-System der Station.

Die nächsten Stunden, Tage und Wochen verbrachte Manfred damit, sich in die Dokumentation der Station einzuarbeiten. Und was er nach und nach herausfand, versetzte ihn in helle Aufregung, der neue Job, den er so leichtfertig angetreten hatte, übertraf selbst seine kühnsten Erwartungen.

Ursprünglich war die Station hauptsächlich zu dem Zweck, die Besiedelung anderer Planeten vorzubereiten, gebaut worden. Dementsprechend war sie, bis auf eine Energiequelle, hermetisch abgeschottet und völlig autark. Was auch immer gebraucht wurde, wurde in der Station hergestellt, seiner Bestimmung entsprechend genützt und am Ende seiner Lebensdauer zu praktisch 100% recycelt. Das galt übrigens auch für die Körper der Bewohner, was aber niemanden zu stören schien.

Als Energiequelle konnte alles eingesetzt werden was mit einem bestimmten Planeten kompatibel war, vom Windkraftwerk über Solarzellen bis zu Kernreaktoren. Diese Station lag in den Bergen auf der Erde, und in ihrem Kern befand sich naheliegender Weise ein Wasserkraftwerk. Das notwendige Wasser wurde in unauffälligen Mengen aus den zahlreichen Bergseen des Gebirges, das sich über der Station auftürmte, abgezweigt, und stürzte durch kilometerlange Bohrungen hinunter auf die Schaufelräder riesiger Turbinen, deren Leistung ausgereicht hätte, eine Kleinstadt mit Strom zu versorgen

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