Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Das Refugium Teil 2 - Kapitel 07

Geschichte Info
Lisa gegen Nikolai.
5k Wörter
4.71
4.9k
3
Geschichte hat keine Tags

Teil 8 der 20 teiligen Serie

Aktualisiert 01/04/2024
Erstellt 11/16/2022
Teile diese Geschichte

Schriftgröße

Standardschriftgröße

Schriftabstand

Standard-Schriftabstand

Schriftart Gesicht

Standardschriftfläche

Thema lesen

Standardthema (Weiß)
Du brauchst Login oder Anmelden um Ihre Anpassung in Ihrem Literotica-Profil zu speichern.
ÖFFENTLICHE BETA

Hinweis: Sie können die Schriftgröße und das Schriftbild ändern und den Dunkelmodus aktivieren, indem Sie im Story-Infofeld auf die Registerkarte "A" klicken.

Sie können während unseres laufenden öffentlichen Betatests vorübergehend zu einem Classic Literotica® Erlebnis zurückkehren. Bitte erwägen Sie, Feedback zu Problemen zu hinterlassen oder Verbesserungsvorschläge zu machen.

Klicke hier

Kapitel 7: Nikolai gegen Lisa die Erste

=======================================

Nikolai wachte entspannt auf, und spürte Irinas warmen Körper unter der Decke an seinen gekuschelt. Ihr Atem ging ruhig, wie immer hatte sie sich am Abend zuvor restlos verausgabt. Sie wusste das sichere und bequeme Leben an seiner Seite zu schätzen, und tat einiges dafür, ihn stets bei Laune zu halten. Vorsichtig schob er ihren Kopf von seinem Arm, und stieg schwungvoll aus dem Bett.

Im angrenzenden Raum fand er Ritchie, ebenfalls tief schlafend und behaglich vor sich hin schnarchend. Seine Partnerin für die Nacht war nirgendwo zu sehen, vermutlich hatte sie sich so schnell als möglich aus dem Staub gemacht, nachdem Ritchie mit ihr fertig war. Nikolai schätzte Ritchies Art, mit seinem weiblichen Inventar umzugehen, nicht sonderlich, aber solange er keine bleibenden körperlichen Schäden hinterließ, ließ Nikolai ihn gewähren.

Nikolai ging hinaus vor die Türe, und gab erst einmal der Natur den Wasseranteil des am vorigen Abend genossenen Wodkas zurück. Dann betrat er den Radarpanzer. Drinnen saß ein gelangweilter, junger Rekrut vor dem Bildschirm, den Kopf in eine Hand gestützt und mit halb zugefallenen Augen gleichgültig in Richtung des Bildschirms starrend. Als er Nikolai erkannte tat er sofort so, als ob der Radarschirm das Wichtigste in seinem Leben wäre. "Geh, mach eine Stunde Pause, ich übernehme das", brummte Nikolai gutmütig, und der Bursche murmelte einen Dank in seinen Bart, salutierte zackig und machte sich eilig vom Acker.

Nikolai hatte Verständnis für ihn, Flugbeobachter zu sein war in einer Welt, in der es kaum noch Fliegerei gab, in etwa so spannend wie nach Muscheln zu tauchen in einem Swimming-Pool. Jemals eine Bedrohung aus der Luft auf dem Radar auftauchen zu sehen war so gut wie ausgeschlossen. Wenn es Alarm gab, waren es stets Fehlalarme, ausgelöst durch vorbeifliegende große Vögel, oder einmal durch einen niedergehenden chinesischen Wetterballon, der es aus unerfindlichen Gründen geschafft hatte, sich mehrere Jahrzehnte in der Luft zu halten, bis er schließlich so viel Gas verloren hatte, dass er langsam zur Erde zurücksank.

Nikolai hatte andere Gründe, warum er jetzt gerade hier sein wollte. Als junger Rekrut, am Anfang seiner Militärkarriere, hatte er ebenfalls die Radar- und Funkgeräte betreut. Er hatte diese Panzer und Container lieben gelernt, hier war es immer warm, und die gleichmäßigen Geräusche der Computer und der Drehantennen hatten etwas unglaublich Beruhigendes an sich. Wann immer Nikolai abschalten wollte vom Stress des Kommandierens und des Geld Raffens, zog er sich nach Möglichkeit hierher zurück. Oder zu Irina, je nachdem.

Gewohnheitsmäßig spielte er ein wenig an den Bedienelementen des Radargerätes herum. Es war zu seiner Zeit supermodern gewesen, mit einer flexibel programmierbaren Phased-Array Antenne konnte man entweder breit gefächert große Teile des Luftraums auf einmal grob scannen, oder man stellte einen messerscharf gerichteten Strahl ein, damit konnte man bestimmte Bereiche punktgenau wie durch ein Brennglas sehend abtasten.

Obwohl er mit seinen Gedanken ganz woanders war, lief in seinem Gehirn wie früher ein Mustersuchprogramm, das auf Auffälligkeiten trainiert war, die da wo sie waren nicht hin gehörten. Und plötzlich gab dieses Programm Alarm, und Nikolai war hellwach. Ein Stück entfernt in den Bergen wurde der tastende Finger des Radarstrahls plötzlich von irgendetwas verschluckt. Es war nur eine winzige Lücke in den Radarechos, aber sie genügte, um Nikolais Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Sein fotografisches Gedächtnis spielte ihm sofort das Bild der umgebenden Landschaft ein, welches es vorhin, als er durchs Lager gewandert war, unbewusst aufgenommen und gespeichert hatte. Der blinde Fleck lag in einem kleinen Tal, das sich in einigen Kilometern Entfernung in die Berge schnitt, etwa auf halber Höhe hinauf zu den schneebedeckten Graten und Gipfeln des Gebirgszuges, dem Nikolai und seine Männer schon seit Tagen folgten.

Scheinbar ging von dem Fleck keine unmittelbare Gefahr aus, nichts bewegte sich, aber dennoch war er auffällig genug, um ihn sich näher anzusehen, und sei es auch nur dazu, um etwas in Übung zu bleiben. Nikolai spielte ein wenig mit den Einstellungen, um eventuelle Fehlmessungen auszuschließen, aber was immer auch tat, der Fleck blieb stets and derselben Stelle sichtbar. Nikolai zoomte die Abtastung so weit wie es die Technik vermochte, und schaltete einige Messfunktionen zu. Da war etwas, etwa 5 Meter lang und 3 Meter hoch, das absolut kein Radar zurückwarf, nicht einmal eine minimale diffuse Streustrahlung, wie sie sogar die modernsten Stealth Flugzeuge stets abgegeben hatten.

Kurz erwog Nikolai, den Effekt achselzuckend als ungeklärtes Naturphänomen abzutun, und hätte er Wichtigeres zu tun gehabt als zu warten, bis Ritchie endlich aufwachte, hätte er das vermutlich auch getan. Aber er hatte im Moment alle Zeit der Welt, und Lust darauf, endlich einmal wieder ein Rätsel zu lösen. Am Ende würde vermutlich nicht mehr dabei herauskommen, als dass da oben irgendein Stück von irgendwas herumlag, was auf Grund irgendeines blöden Zufalls die Radarstrahlen seltsam ablenkte, aber Nikolai wollte es diesmal genauer wissen. Er schaltete eine der empfindlichen Beobachtungskameras ein, und ließ sie in die richtige Richtung schwenken.

Im Bild erschein das kleine Bergtal, es gab einen Bachlauf und Steine und noch mehr Steine, dazwischen einzelne struppige Büsche und niedrig wachsende, knorrige Gehölze. Etwa auf halbem Weg hoch zu den Gipfeln befand sich eine etwas dichtere Ansammlung jämmerlicher, vom Wind zerzauster Kiefern, und von genau da kam kein Radarecho zurück. Nikolai hatte noch nie etwas davon gehört, dass es radarabsorbierende Kiefernarten gab, Botanik war ihm sowieso ziemlich egal, aber er kannte sich aus mit militärischer Taktik. Wenn jemand etwas verstecken wollte in diesem Tal, war das der ideale Ort dafür.

Nikolai angelte sich sein Funkgerät und beorderte seinen Aufklärungsexperten zu sich. Als dieser einige Minuten, sich noch eilig das Hemd in die Hosen stopfend, bei Nikolai ankam, wies er ihn an, eine der mitgeführten Aufklärungsdrohnen startklar zu machen.

Der Mann machte kurz Anstalten, Einwände zu erheben, die Drohnen waren zum Transport teilweise zerlegt und auf LKW verzurrt. Eine herunterzuhieven und startklar zusammenzusetzen, nur weil der Chef offenbar Lust auf eine kleine Flugschau hatte, schien ihm zu viel sinnlose Arbeit. Ein warnender Blick aus Nikolais Augen genügte aber, um ihm klarzumachen, dass er besser spurte, und zwar dawai dawai, wenn er seinen Job behalten wollte. Der Offizier salutierte hastig, und eilte hinaus, um seine Leute zusammenzutrommeln, damit sie ihm beim Abladen halfen.

Oben am Berg war Lisa schon früh mit der ersten Morgendämmerung aufgestanden. Der Rest Nacht war wie erwartet ruhig verlaufen, dennoch war Lisa unruhig. Sie saß hier, nur durch eine dürftige Baumgruppe geschützt, mehr oder weniger auf dem Präsentierteller, der kleinste Fehler, und sie würde die Aufmerksamkeit der kleinen Armee im Tal auf sich ziehen. Dann wäre sie trotz der recht komfortablen Entfernung möglicherweise in ernsten Schwierigkeiten.

Dazu kam noch, und damit hatte Lisa nicht gerechnet, dass das relativ enge Tal quer zum Sonnenlauf verlief. Der Talgrund und die kleine Baumgruppe lagen tief im Schlagschatten der umgebenden Gipfel, und es würde noch Stunden dauern, bis die Sonne direkt ins Tal scheinen konnte. Entsprechend früher würde sie auch hinter den gegenüberliegenden Gipfeln verschwinden. Lisa hoffte, dass die paar Stunden dazwischen reichen würden, die Akkus so weit nachzuladen, dass sie sich unentdeckt verdrücken und einen besseren Standort suchen konnte.

Bis dahin beschloss Lisa, die Militäreinheit da unten im Haupttal weiter zu beobachten, um mehr Informationen zu deren Stärke und Bewaffnung sammeln zu können. Sie zerrte den Schlafsack aus dem Zelt, und legte ihn sich an ihrem Beobachtungsposten zurecht. Dann schaltete sie das Fernglas aus dem Alarm- zurück in den Normalmodus, und scannte methodisch das Militärlager ab. Viel gab es allerdings nicht zu sehen, hin und wieder krabbelte ein verschlafener Soldat aus einem der Schlafzelte und schleppte sich irgendwo hin an den Rand, um seine frühmorgendliche Stange Wasser in die Ecke zu stellen. Gelangweilt versuchte Lisa eine Weile vergeblich, mit voll aufgedrehtem Zoom einen Blick darauf zu werfen, wie der Durchschnittsrusse wohl so behängt war, was ihr aber zu ihrem leisen Bedauern nicht gelang. Auch sonst war nichts los. Das meiste an interessanter Ausrüstung war auf den LKW unter dicken Planen verborgen.

Endlich regte sich etwas am Kommandocontainer, der mir Lametta behangene Obermotz, den Ritchie mit "Nikolai" angesprochen hatte, stieg die kurze Leiter vom Auflieger zum Boden herunter, reckte sich genüsslich, warf einen schnellen Blick in die Runde, und stakste dann hinüber zu dem Flugabwehrpanzer, auf dem sich immer noch die Antenne unermüdlich um sich drehte. Dank des Übersetzers bekam Lisa jedes Wort mit, das im Inneren gesprochen wurde, und bereits nach kurzer Zeit kam ein junger Soldat, die Uniformjacke hastig über die Schulter geworfen, herausgeplatzt. Irgendwie hatte es Lisa schon erwartet, er stiefelte zielgerichtet zu einem Gebüsch, und erleichterte sich laut schnaufend. Die Russen schienen am Morgen alle irgendwie recht blasenschwach zu sein, stellte Lisa fest. Dann verzog sich der Soldat in eins der Schlafzelte, übernächtig wie er vermutlich war würde er sich die geschenkte Stunde lang wohl aufs Ohr hauen.

Lisas suchender Blick schweifte eine Weile im Lager hin und her, aber es ließ sich nichts Interessantes entdecken. Immerhin sah sie nun im Tageslicht, was am Abend vorher Ritchies Jeep ins Lager gelotst hatte, sauber nebeneinander aufgereiht stand da ein Rudel geländegängige Motorräder neben einem der Schlafzelte. Lisa merkte sich ihre Anzahl, und machte eine Reihe von Fotos. Wenn sie aufflog, würde Ritchie sicher Kundschafter auf diesen Maschinen in die Berge schicken, um nach ihr zu suchen.

Danach nahm Lisa das radarbestückte Fahrzeug, in dem sich Nikolai immer noch aufhielt, wieder ins Visier. Ihr Unterbewusstsein schrie Alarm. Irgendetwas hatte sich verändert. Nach einer Weile kam sie darauf: eine der großen Kameras auf dem Dach war geschwenkt worden, und ihr glänzendes Auge war nun ausgerechnet direkt auf ihr Versteck gerichtet. Lisa fühlte ein unruhiges Kitzeln in der Magengrube.

"Das ist sicher nur ein blöder Zufall", versuchte sie sich zu beruhigen, "jede Kamera zeigt jederzeit irgendwo hin". Sie war schließlich extrem vorsichtig gewesen, keine außerhalb des Refugiums verfügbare Technik wäre auch nur annähernd in der Lage, sie auf diese Entfernung auszumachen.

Als nächstes schlug ihr Controller an. Natürlich belauschte er unter anderem auch jeden Funkverkehr, bisher war alles still gewesen, aber jetzt hatte er plötzlich ein Signal aufgefangen. Es war nicht einmal verschlüsselt.

Verschlüsselnde Funkgeräte waren dieser Tage extrem selten. Seinerzeit hatte die Sowjetunion natürlich eine der Firmen eines mit dem Präsidenten befreundeten Oligarchen beauftragt, nach westlichem Vorbild eine Plattform zur abhörsicheren Funkübertragung zu entwickeln. Der Oligarch, nennen wir ihn Igor, gründete sofort eine Geflecht aus weiteren Firmen mit klangvollen Namen, und kaufte ein paar Spezialisten ein, welche die gewünschten Chips zu entwickeln hatten. Nachdem sie erst eine Weile relativ lustlos versucht hatten, etwas Eigenes aus dem Ärmel zu schütteln, und der Druck von oben, jetzt dann endlich mal Ergebnisse zu präsentieren zunehmend größer wurde, fand man einen einfachen Ausweg.

Über verschwiegene Kanäle schaffte man es, für vergleichsweise wenig Geld die von der US-Army für schlechte Zeiten gebunkerten Vorräte an Kryptochips anzuzapfen. Man ließ sich die Chips über einige Zwischenstationen diskret zuschieben, schliff sie dann oberflächlich ab und bestempelte sie mit einer eigenen Fantasiebezeichnung.

Abgesehen von der Anlage zum umlabeln der Chips braucht man eigentlich nichts, dennoch riefen die Firmen regelmäßig größere Budgets ab, angeblich um die Produktionsstätten für die Chips zu betreiben. Der Großteil des investierten Geldes dümpelte fortan in Form einer Megayacht in einem zypriotischen Hafen herum. Als dann das westliche Chip-Embargo einige der Zwischenhändler aussteigen ließ, denen der Handel angesichts der angedrohten drakonischen Sanktionen zu heiß wurde, gingen den russischen Firmen bereits nach kurzer Zeit die Vorräte an Kryptochips aus. Nachdem man das Unvermeidliche noch einige Monate mit immer abenteuerlicheren Ausreden hinausgezögert hatte, musste man schließlich Farbe bekennen.

Der Oligarch bekam natürlich postwendend eine Einladung zum Dinner bei seinem Präsidenten, eine von der Art, die man nicht ausschlagen kann. Im Vertrauen auf die langjährige Freundschaft, die schon im Sandkasten begonnen und sich dann in der gemeinsamen Geheimdienstzeit fortgesetzt hatte, gestand der Oligarch zerknirscht seinen Fehltritt, und bot an, als Wiedergutmachung das noch verbliebene Geld, immerhin mehrere hundert Millionen, an eine der zahlreichen Firmen des Präsidenten zu übertragen, womit dieser einverstanden war.

Wie er es gehofft hatte, wurde Igor eingedenk vergangener gemeinsamer Zeiten großzügig Nachsicht für seinen Ausrutscher gewährt, und er bekam die Erlaubnis, sich unverzüglich zur Ruhe zu setzen. Er wurde nach dem Essen herzlich verabschiedet mit einer präsidialen Umarmung und der Versicherung, dass alles verziehen sei, und er möge sich nun aber in Frieden in seinen wohlverdienten Ruhestand auf seine Yacht zurückziehen.

Dass Igor und sein Präsident noch zu Lebzeiten Frieden geschlossen hatten, erwies sich in der Folge als Glücksfall, denn auf dem Rückflug nach Zypern krachte der Privatjet des Oligarchen tragischerweise auf Grund eines Lotsenfehlers in einen wolkenverhangenen Berghang im Kaukasus, es gab keine Überlebenden.

Mangels tauglicher Verschlüsselungselektronik blieb dem russischen Militär in der Folge nichts anderes übrig, als unverschlüsselt zu kommunizieren. Im Nachhinein gesehen erwies sich das als Segen, denn als die Amerikaner das Fehlen jeglicher Verschlüsselung bemerkten schlossen sie messerscharf daraus, dass sie die Inhalte bewusst zugespielt bekamen, um in die Irre geführt zu werden. Sie glaubten also kein Wort von dem Abgehörten, und dieses wurde sämtlich unbeachtet archiviert. So überdauerten ironischerweise die militärischen Geheimnisse der Russen die dunkle Zeit der Marauder, die natürlich auch irgendwann zu Ende ging, unversehrt und unverschlüsselt in den selben Archiven wie die verschlüsselten Geheimnisse der Amerikaner, sehr zur Freude kommender Generationen von Historikern, die sich ihre Informationen nicht mühsam quer über den Globus zusammensuchen mussten.

So hörte Lisa auch die Anweisung, eine Drohne flugfertig zu machen, mit gemischten Gefühlen mit. Sie würde sich wohl nach deren Start in den Tarnschutz ihres Copters zurückziehen müssen, und sie bereitete sich sofort darauf vor, indem sie ihr Camp abbrach und peinlichst genau darauf achtete, keinerlei verräterische Spuren zu hinterlassen. Als sie damit fertig war, und auf ihren Beobachtungsposten zurückkehrte, konnte sie in der Tat interessante Blicke auf die Ladefläche eines der LKW werfen. Die Plane war zurückgeschlagen worden, und darunter befanden sich offenbar vier teilzerlegte und in Transportgestellen gestapelt montierte Flugkörper. Einer davon war heruntergehoben worden, und stand jetzt etwas abseits des Camps am Anfang eines geraden Stücks Straße. Um die Drohne herum wuselten noch Mechaniker, die Teile anschraubten und mit Diagnosegeräten hantierten, während eine andere Truppe, mit Schaufeln und Schubkarren bewaffnet, sich eifrig bemühte, auf einigen hundert Metern die gröbsten Schlaglöcher in der Straße auszubessern. Kein Zweifel, da wurde eine Start- und Landebahn für die Drohne hergerichtet. Lange würde es nicht mehr dauern, bis sie starten konnte. Lisas Blick wanderte besorgt zum Himmel und prüfte den Sonnenstand, es würde immer noch mindestens eine Stunde dauern, bis sich der Copter den Akku füllen konnte.

"Shit", fluchte Lisa wenig damenhaft in sich hinein, "mir läuft die Zeit davon."

Wie befürchtet hob die Drohne eine Viertelstunde später ab, und jetzt nahm Lisa zur Kenntnis, dass ihr Bauchgefühl sie nicht getäuscht hatte. Der Flugkörper nahm unverkennbar direkten Kurs auf ihr Tal. Panisch robbte Lisa zurück zum Copter und schaltete die Hülle von Auftanken auf Tarnung um, und stieg ein. Zitternd saß sie im Pilotensessel und ihre Hände krampften sich um das Steuerrad, der Daumen lag auf dem Startknopf, bereit für einen Alarmstart, wenn sie aufflog. Aber noch schien die Tarnung zu halten, die Drohne schwirrte emsig das Tal hinauf und hinab, offenbar suchte sie etwas, aber sie konnte die Tarnung des Copters nicht durchdringen.

Vielleicht hätte Lisa das Problem unentdeckt aussitzen können, aber da erklang plötzlich der Alarmton für niedrigen Akkustand. Die Tarnung verhinderte nicht nur das Nachtanken aus der Sonne, sie verbrauchte ihrerseits beträchtlich Energie. Wenn es so weiter ging, würde sie nicht nur auffliegen, sie würde den Copter keine Millimeter mehr bewegen können. Lisas Verzweiflung stieg mit jeder Minute, und sie betete, dass der Drohne vor ihr der Treibstoff ausgehen möge, aber diese machte keinerlei Anstalten, ihre Gebete zu erhören oder wenigstens ihre Kreise woanders zu ziehen.

Im Radarpanzer pfiff Nikolai inzwischen leise durch die Zähne. Vor sich hatte er das Kamerabild der Drohne auf dem Schirm, in dem kleinen Tal, und besonders im Bereich der Baumgruppe, zeigte es bisher aber nichts Verdächtiges. Da wo er das radarschluckende Objekt erwartet hatte, sah er nichts als Gras und Steine. Schon wollte er die Drohne zurückbeordern, da fiel ihm auf, dass das Suchradar jetzt keinen blinden Fleck mehr hatte. Im Gegenteil, die verdächtige Stelle warf den Suchstrahl jetzt wesentlich stärker zurück als die Bäume und Büsche an anderen Stellen im Tal. Kein Zweifel, da war ein Objekt, das sich entweder vor Radar oder vor optischer Entdeckung schützen konnte, aber nicht beides gleichzeitig.

Nikolai schnappe sich sein Funkgerät. "Bringt sofort eine von den Polenschleudern in Stellung. Wir machen ein schnelles Zielschießen. Dawai!"

Oben im Tal hörte Lisa Nikolais Befehl fast zeitgleich über ihre Simultanübersetzung. Jetzt war es also passiert. Sie musste weg, und das sofort, sonst war sie erledigt. Sie erwog kurz, einfach zu Fuß wegzulaufen, aber dann würde die Drohne sie erwischen.

Ihre einzige Chance war, das letzte Tröpfchen Energie aus dem Akku für einen Alarmstart zu nützen und zu hoffen, dass sie es über den Bergkamm in die Sicherheit des nächsten Tales schaffen würde. Zuvor aber musste sie sich um die Drohne kümmern.

Vermutlich war sie bewaffnet, und ohne ausreichend Energie hatte Lisa keine Chance, sie irgendwie abzuhängen. Und sie musste schnell sein, ohne Zweifel machten die Soldaten unten im Tal gerade eine dieser fürchterlichen Kanonen schussbereit, ihr blieben nur noch wenige Minuten, um zu verschwinden. Sie sah nur eine Chance: die Drohne musste weg, und zwar sofort. Lisa wartete, bis die Drohne sich bei ihrer nächsten Schleife so weit wie möglich vom Copter entfernt hatte, dann sprang sie aus dem Cockpit, griff ins Staufach hinter dem Sitz, und angelte sich die SIG heraus. Um den Rückstoß abzufangen, lehnte sie sich mit dem Rücken an den Copter, dann hob sie die Waffe, schaltete die automatische Zielpeilung ein, aktivierte die Auto-Feuer Funktion, und zielte ungefähr in die Richtung, aus der die Drohne auftauchen würde, wenn sie ihre nächste Schleife in etwa auf demselben Kurs wie die Vorhergehenden zog.

Das schwirrende Geräusch des Propellers der Drohne wurde lauter, und schon tauchte sie über den Bäumen auf. Lisa wusste, sie war außerhalb der Tarnung, und wer auch immer die Drohne steuerte, würde sie genau jetzt sehen können.

12