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Das Refugium Teil 2 - Kapitel 15

Geschichte Info
Fast alles Gute kommt von oben.
3.9k Wörter
4.67
2.8k
3
Geschichte hat keine Tags

Teil 16 der 20 teiligen Serie

Aktualisiert 01/04/2024
Erstellt 11/16/2022
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Kapitel 15: Fast alles Gute kommt von oben

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Im Radarpanzer saßen Nikolai und Dimitri gespannt vor ihren Bildschirmen, Jeder von beiden hielt einen Joystick umkrampft und starrte gebannt auf seinen Bildschirm. "Pass auf," murmelte Nikolai zu Dimitri hinüber, "die haben schon zwei abgeschossen mit einem Sturmgewehr. Frag nicht, wie die das machen, ich denke, sie haben irgendeine Art von Feuerleitsystem erfunden."

Dimitri stutzte erstaunt. Wer zur Hölle war noch in der Lage, so etwas zu bauen? Überhaupt fragte er sich schon die ganze Zeit, warum sein Chef so scharf darauf war, irgendein gottverlassenes Tal in Schutt und Asche zu legen. Dimitri spürte ein warnendes Kribbeln im Nacken. Wenn es da irgendein großes Geheimnis gab, und Nikolai ihn nicht einweihte, wollte Nikolai das, was da war, unter der Decke halten. In dem Fall musste Dimiti auf der Hut sein, Mitwisser am Leben zu lassen gehörte nicht zu Nikolais Gepflogenheiten.

Nikolai schien die Bedenken des jungen Soldaten neben sich zu spüren. "Du musst nur so viel wissen," sagte er, um Dimitri zu beruhigen, "dass da ein neuer Mitspieler die Bühne betreten hat. Er befehligt eine Gruppe von ganz tüchtigen Ingenieuren und Erfindern. Sie haben ein paar sehr interessante neue Waffensysteme erfunden. Ich habe den Auftrag, sie für unser Vaterland zu sichern." Dimitri war nur zur Hälfte beruhigt, sich aber immerhin sicher, dass Nikolai ihn nicht mundtot machen würde, zumindest nicht sofort.

Langsam zog die zerklüftete Klamm unter ihnen vorbei. Es war Nikolais Idee gewesen, diesen Weg zu wählen, obwohl er hohe Ansprüche an die fliegerischen Fähigkeiten des Drohnenpiloten stellte. Nikolai versprach sich davon, dass sie sich länger im Schutz von Felsen und Bäumen nähern konnten, während sie gegen den freien Himmel leicht auszumachen gewesen wären.

"Wenn das Tal breiter wird, und anzusteigen beginnt," wies er Dimitri an, "fliegst du der rechten Felswand entlang, und ich nehme die linke Seite. Sie können nicht zwei Ziele auf einmal erfassen."

"Schießen wir?" fragte Dimitri. Jede Drohne war mit einer kleinen Maschinenkanone, und einer einzelnen, ferngelenkten Rakete bewaffnet.

"Nur im Notfall", sagte Nikolai, "ich möchte sie, wenn möglich lebend. Ich hätte da ein paar Fragen."

Manfred biss im Heli die Zähne zusammen. Zwei Ziele, das war gar nicht gut. Mit einem konnte er es aufnehmen, aber zwei waren eins zu viel. Auf dem Radar waren keine direkten Echos zu sehen, der Luftraum war frei, der Feind flog also durch das Zugangstal an. Das allein war schon eine bemerkenswerte Leistung, er hatte es nicht mit Anfängern zu tun. Manfred brauchte Hilfe. Einer Eingebung folgend, richtete er seine Maschinekanone auf die Einmündung der Klamm, und feuerte einige Schuss in diese Richtung. Die Leuchtspuren der Munition würden die Aufmerksamkeit des Schützen, der Lisas Sturmgewehr bei sich hatte, hoffentlich in die richtige Richtung lenken. Manfred betete, dass ihn Lisa in die Geheimnisse der Waffe eingeweiht hatte.

Walter und die anderen standen dicht gedrängt und völlig ungeschützt auf dem Plateau, und suchten hektisch nach dem Ursprung der Propellergeräusche, die stetig näherkamen. Durch die vielen Echos in den Bergen war es ihnen aber unmöglich eine Richtung zu bestimmen, zumal das Geknatter von Manfreds Hubschrauber, mannigfaltig verstärkt durch die Felswände, alles Andere zunehmend übertönte.

Plötzlich ratterte die Mschinenkanone des Hubschraubers los, und eine Garbe farbiger Leuchtspuren schoss über die Wartenden hinweg das Tal hinunter. "Sie kommen aus der Klamm!", rief Walter, kauerte sich nieder, und brachte das Sturmgewehr in Anschlag. Über ihm fuhren zischend zwei Raketen aus den Pods unter den Flügeln des Helikopters, und Sekundenbruchteile später krachten die Einschläge in die Felswände links und rechts des Ausgangs der Klamm. Dichte Wolken aus Steinsplittern und Staub legten sich wie ein Patzen Bauschaum in den Ausgang der Klamm, und von oben rauschten Steinlawinen herunter.

"Verdammt!", fluchte Nikolai, und zog abrupt den Steuerknüppel zurück, um die Drohne nach oben in Sicherheit zu bringen. Eben noch hatte er deutlich den gezackten Ausgang der Schlucht vor sich gesehen, als sich vor seinem Kameraauge eine heftige Eruption ereignete. Sekundenbruchteile später flog die Drohne völlig blind durch eine Staubwolke. Dimitri neben ihm fluchte ebenfalls auf, und das letzte, was er sah, waren einige große Gesteinstrümmer, die vor der Kamera vorbeistürzten, als der Bildschirm plötzlich dunkel wurde.

"Scheiße, sie haben mich erwischt!", fluchte er auf, und stieß den Steuerknüppel von sich wie ein ekliges Insekt. Dann sah er verängstigt zu Nikolai hinüber in der Erwartung, dass dieser seine Pistole ziehen und ihn auf der Stelle erschießen könnte. Nikolai war aber mit der Steuerung seiner eigenen Drohne beschäftigt. Haarscharf verfehlte er einige Felsen, dann flog die Drohne aus der Staubwolke hinaus ins helle Licht des Tales.

Sofort erfasste Nikolai die Szene, auf der Oberseite eines riesigen Felsblocks kauerte sich eine Gruppe von Personen zusammen, und darüber schwebte, wie ein Adler, der seinen Horst beschützte, ein alter Tiger Kampfhubschrauber, und wie ein solcher, der in die Enge getrieben wurde, war er gefährlich. Der Geschützturm unter seinem Bug spie Rauch und Feuer, und Leuchtspurgeschosse streckten tastend die Finger nach Nikolais Drohne aus. Mit viel Glück schaffte Nikolai es, sich talaufwärts und halsbrecherisch nah am Boden an der Geschossgarbe vorbeizumogeln. Entschlossen, sich seine Beute zu holen, wendete er, und feuerte seine Rakete ab, nicht ohne aber vorher mit einem lässigen Klaps seines Daumens von der Infrarot- auf manuelle Steuerung umzuschalten. Wie er es vorausgesehen hatte, erblühte der Himmel über den Helikopter in grellen Farben, als der seine Täuschkörperanlage abfeuerte, aber Nikolai hielt manuell mit stoischer Ruhe auf das eigentliche Ziel, den Helikopter, zu.

Im Helikopter bemerkte Manfred in letzter Sekunde, dass die anfliegende Rakete nicht wie gewünscht nach oben zog, um die Täuschkörper zu jagen, sondern weiter direkt auf ihn zuhielt. Automaisch drückte sein Finger auf den Feuerknopf der Bordkanone, aber er merkte sofort, dass er nicht schnell genug war, sie herumzuschwenken. Er ließ die Turbinen aufheulen, um nach oben zu entkommen, aber er wusste bereits, dass die Trägheit des Helikopters für ein solches Manöver zu groß war. Lisas Copter hätte das schaffen können, sein rotorgetriebenes Vehikel war einfach zu langsam und zu schwer.

Walter hatte das Sturmgewehr herumgerissen, und folgte mit dem Sucher der Flugbahn das Tal hinauf, aber die Drohne bewegte sich zu schnell und zu tief, als dass er sie ins Bild des Suchers bekommen konnte. Walter fuchtelte suchend mit dem Gewehrlauf auf und ab, und für einen Sekundenbruchteil kreuzte er die Flugbahn der Rakete. Mehr als diesen Sekundenbruchteil und Walters unwillkürliches Zusammenzucken, als er das Geschoss als Rakete erkannte, reichten dem Zielautomaten, und er löste den Schuss. Einen Lidschlag, bevor die Rakete in Manfreds Helikopter einschlug, zerplatzte sie von Walters Schuss getroffen in tausend Trümmer und einen Feuerball, die harmlos zwischen dem Helikopter und der Gruppe auf dem Stein hindurchschossen.

"Gavno", Nikolai ließ sein sonst immer zur Schau getragenes Pokerface fallen, "Scheiße." Sein Finger rutschte hinüber auf den Auslöser der Maschinenkanone, und eine Linie aus Einschlägen pflügte durch Kies und Geröll auf den Felsen zu, auf dem sich Walter und die anderen befanden. Bevor Nikolai sie allerdings erwischen konnte, sah Nikolai auf seinem Bildschirm die rote Leuchtspur eines Geschosses aufblitzen, das die Kamera noch knapp verfehlte, aber bereits das nächste Geschoss der Garbe, die Manfred abfeuerte, erwischte die Drohne, und zerfetzte ihre empfindliche Elektronik.

Auch Nikolais Bildschirm wurde dunkel, und er sah nicht mehr, wie seine letzte Drohne trudelnd vom Himmel fiel, und nicht weit von dem Krater der Berghütte entfernt zwischen mannshohen Felsen einschlug. Blind vor Wut kannte Nikolai nur noch den Gedanken an Rache, schnappte sich sein Funkgerät, und kommandierte "Feuer. Deckt das ganze Tal ein mit allem, was wir haben" an die KRABs. Eine Sekunde später wummerten die beiden Kanonen los, und ihre Geschosse jaulten in den Himmel, und nochmal, und nochmal.

"MRSI, die Trottel schießen MRSI!" Nikolai war außer sich. "Verteilen!" bellte er ins Funkgerät. "Bestreicht das ganze Tal!" Diesmal blieben die Kanonen allerdings noch stumm, nach einem vernichtenden Anfangsschlag mit drei Granaten brauchten die Geschütze eine beträchtliche Zeit zum Nachladen, und außerdem mussten sie mit deutlich verringerter Kadenz weiterschießen, sonst würden ihre Rohre sofort überhitzen.

Oben im Tal jaulten sechs Granaten punktgenau heran, und verwandelten den Krater der Berghütte in einen noch größeren Krater. Dennoch genügte die Druckwelle, die wartende Gruppe auf dem Felsen umzuwerfen und Manfreds Helikopter bedenklich ins Trudeln zu bringen. Geübt tarierte er ihn neu aus, und ließ gleichzeitig das Bergegeschirr hinunter.

Als erstes kamen Hans und Eva herauf. Hans hatte sich den Gurt fachmännisch unter den Achseln hindurch angelegt, und um Zeit zu sparen, hatte er sich Evas leichten Körper zu sich herangezogen und hielt sie nun mit eisernem Griff an sich gepresst. So stark der Ruck, der ihn nach oben abheben ließ auch war, er ließ nicht los, und so wurden er und Eva nach oben zum Bauch des Helikopters gerissen. Manfred ließ die Seilwinde ohne Rücksicht mit Höchstgeschwindigkeit laufen, es war nur eine Frage weniger Sekunden, bis die Russen ihren Irrtum bemerken und verteilt zu schießen beginnen würden.

Auch Hans und Eva wussten, dass es auf jede Sekunde ankam. Sie nahmen sich nicht die Zeit, sich bis zur Seitentüre hochziehen zu lassen und dort umständlich in den Helikopter einzusteigen. Sobald die Landekufen des Hubschraubers in Griffnähe waren, hakte sich Eva mit einer Schlinge und einem Karabiner fest, und auch Hans ließ den Bergegurt fahren und klammerte sich mit den Händen an eine Kufe, bevor er sich schließlich auch sicherte. Da war der Bergegurt aber bereits wieder auf dem Weg nach unten.

Jetzt war Lisa an der Reihe: Walter, Sandy und Marianne fädelten die an Lisas Bahre vorbereiteten Schlingen in den Haken des Bergegeschirrs, und Manfred ließ die Seilwinde anlaufen. Walter sah den schlaff herunterhängenden Bergegurt, und er spürte, dass sie keine Zeit mehr zu verschenken hatten. Entschlossen griff er den Gurt mit den Händen, und hängte sich daran. "Haltet euch an mir fest!", rief er Marianne und Sandy zu, die beide sofort verstanden und sich an seinen Klettergurt klammerten. Das Bergegeschirr war stark genug, und alle vier wurden nach oben gezogen. Manfred sah Walters Absicht in seiner Bodenkamera, auch er wusste, dass sie sofort wegmussten. Die Hubschrauberturbine heulte auf, und der Helikopter nahm Fahrt auf, um das Tal hinauf über den Sattel und den Gletscher zu entkommen.

Ein Donnerschlag ließ die Luft erzittern, und dann noch einer. Bedenklich nahe an dem Felsen, auf dem alle gerade noch gekauert hatten, schlugen die nächsten Granaten ein, diesmal hätten die Druckwellen und die Splitter auf jeden Fall für schwere Verletzungen gesorgt. Beinahe hätte der Ruck Walters um den Gurt gekrampfte Finger abrutschen lassen, aber er war entschlossen, sich eher die Arme auszureißen als nachzugeben. Manfred ließ den Heli mit der höchsten Geschwindigkeit, die er zu riskieren bereit war, das Tal hinaufschießen, und der Fahrtwind sorgte dafür, dass der Bergegurt mit seiner Last schräg hinterhergezogen wurde.

Walter hob den Kopf, wie um abzuschätzen, ob er sich zum Heli hinaufziehen konnte.

Von oben sahen Hans und Eva entsetzt in Walters verkrampftes Gesicht.

"Er kann sich nicht lange halten," rief Eva entsetzt, "nicht gegen den Zug des Fahrtwindes."

"Wir müssen hier weg", brüllte Hans zurück, und wie als Antwort erklangen zwei weitere Donnerschläge, und zwei mörderische Druckwellen folgten. Die Einschläge folgten dem Helikopter das Tal hinauf, offenbar errieten die Artilleristen ihre Absicht, über den Bergsattel zu fliehen. Immerhin hatte Manfred aber seine Flugbahn leicht schräg zum Tal angesetzt, so dass sie nun im Schatten des talwärts gelegenen Bergzugs flogen, den die Russen von ihrer Position aus nicht so gut eindecken konnten. Dennoch waren die Druckwellen, die durch das enge Tal rasten, mörderisch, und mit ihnen flogen messerscharfe Steintrümmer und erstickende Staubwolken.

"Ich helfe," Eva hatte bereits ihr Seil um das Landegestell geknotet und es in ihren Abseilachter eingefädelt. Entschlossen ließ sie los, und mit hohem Singen lief das Seil durch ihren Achter, während sie sich rasend schnell von oben Walters misslicher Lage näherte. Unmittelbar neben ihm brachte sie ihren Abstieg zum Stehen, und schaute in sein vor Anstrengung verkrampftes Gesicht. Fast unmerklich deutete Walter mit dem Kinn nach unten, Und Eva ließ noch etwas Seil nach, bis sie auf der Höhe der beiden Frauen ankam.

Ohne lange nachzudenken, griff sie in ihr Seil und wickelte es sich einige Male um einen Arm, während sie es gleichzeitig mit den Beinen einklemmte. Mit der anderen Hand fasste Eva Marianne an einem Schultergurt ihres Klettergeschirrs und zog mit einem festen Ruck an. Marianne ließ Walter sofort los, schwebte zu Eva hinüber und packte das Seil, und legte geübt ihre Füße zu einem festen Schluss um Evas Seilende. Sobald Eva spürte, dass Marianne ihr Gewicht selber am Seil fixieren konnte, fasste sie auch mit der zweiten Hand in ihr Seil und klammerte sich fest.

Beide Frauen schlossen ihre Augen und konzentrierten alle Kraft auf ihre Arm- und Beinmuskeln. Sie befanden sich so in einer äußerst prekären Lage, an ein Hochklettern am Seil war ohne Trittschlingen nicht zu denken, aber für den Augenblick hingen sie sicher, und Walter war wesentlich entlastet.

Sandy war keine geübte Kletterin, sie konnte sich nur krampfhaft an Walters Klettergurt halten, war ansonsten aber keine Hilfe, ihr Gewicht selber zu tragen. Dass Marianne das Seil gewechselt hatte, war eine große Erleichterung, aber keine Dauerlösung für das Problem. Walter spürte, dass seine Arme langsam zu krampfen begannen, lange würde er diesen höllischen Ritt nicht mehr durchhalten können. Er schätzte seine Kraftreserven ab, und beschloss zu handeln, bevor es zu spät war. Er nahm allen seinen verzweifelten Willen zusammen, und löste eine Hand von dem Bergegeschirr, an dem er sich mit Sandy festklammerte.

Er tastete nach seinem Klettergurt und nestelte ein Stück Repschnur lose. Erst legte er es sich um sein festgeklammertes Handgelenk, dann schlang er es durch das Bergegeschirr und wieder zurück zu seinem Handgelenk. Einige Sekunden später hatte er einen Knoten improvisiert und zurrte seinen Arm an der Bergeschlinge fest. Schmerzhaft schnitt sich die Repschnur in seinen Arm ein, die Haut platzte auf und Blut quoll hervor, aber Walter war entschlossen, lieber einen Arm zu verlieren als loszulassen. Schließlich brachte er auch seinen anderen Arm wieder hoch zur Rettungsschlinge und klammerte sich fest, immerhin konnte er damit den anderen Arm etwas entlasten, damit die Schmerzen nicht unerträglich wurden. Auch er schloss die Augen, und konzentrierte sich ausschließlich auf die nächste Sekunde, in der er auch nicht loslassen würde.

Endlos schienen die vier so am Seil zu hängen, als Walter plötzlich Sandys Gewicht nicht mehr an sich zerren spürte. Entsetzt riss er die Augen auf und sah hinunter, sie hatte doch nicht etwa losgelassen? In der Tat hing Sandy jetzt nicht mehr an seinem Klettergurt, stattdessen hatte Hans sie gepackt, in das Landegestell des Helikopters gezogen, und dort mit einem Stück Seil gesichert. Endlich hatte Manfred das Bergegeschirr so weit eingeholt, dass es auf derselben Höhe wie der Einstieg des Helikopters war, und Hans hatte Sandy von Walters Klettergurt gepflückt. Sobald er sie sicher festgemacht sah, zeigte er Sandy mit einem Daumen nach oben, dass er weiter oben gebraucht wurde, und Sandy nickte zustimmend.

Hans schwang sich mit einem geübten Klimmzug nach oben in den Einstieg des Helis, als ihn die Druckwelle des nächsten Donnerschlags erfasste und in den Helikopter katapultierte. Hart schlug er mit dem Kopf gegen einen Metallspanten, und vor seinen Augen tanzten Sterne, während er aus einer gewaltigen Platzwunde zu bluten begann. Hans verkniff sich den Schmerz, wischte sich mit einer gleichgültigen Handbewegung das Blut aus den Augen, und hechtete zurück zum Eingang. Er fasste das Bergegeschirr und zog es ins Innere des Helikopters. Lisa schwebte auf ihrer Bahre herein, und Walter sackte entkräftet, die Beine nach draußen baumelnd, im Einstieg zusammen.

Hans befreite Lisas Bahre in Windeseile aus dem Bergehaken, und zerrte sie ohne Rücksicht auf Lisas gedämpfte Schmerzensschreie in den rückwärtigen Teil der Ladefläche, wo er sie mit geübten Griffen an einigen Zurrösen festmachte. Kurz traf sein Blick sich mit dem von Manfred, der sich von Zeit zu Zeit herumdrehte, um die Vorgänge im Heck des Helikopters zu beobachten. Als er Hans sichere Bewegungen sah, zeigte er kurz mit dem Daumen nach oben, Hans antwortete auf dieselbe Weise, und Manfred drehte sich wieder nach vorne, um sich auf das Fliegen zu konzentrieren. Er hatte alle Hände voll zu tun, denn schon wurden sie von den Druckwellen der nächsten Einschläge durchgeschüttelt, aber immerhin lagen diese etwas weiter entfernt, der Helikopter hatte gut Fahrt aufgenommen und brachte sie immer mehr aus der unmittelbaren Gefahrenzone. In wenigen Minuten würden sie den vergletscherten Bergkamm überfliegen, und dahinter wären sie dann endgültig in Sicherheit.

Noch aber waren Eva und Marianne nicht außer Gefahr. Hans legte sich den Bergegurt um, und tippte Manfred auf die Schulter. Als dieser sich umsah, bedeutete ihm Hans mit einem Daumen nach unten, dass er heruntergelassen werden wollte. Manfred ließ sofort Seil aus der Winde ablaufen, und Hans schwang sich todesmutig aus der relativen Sicherheit der Helikopterkabine in die Luft hinaus, um sich zu Marianne und Eva abzuseilen. Als erstes erreichte er Eva, die bereits am Ende ihrer Kräfte angelangt war. Ein kurzer Blick zu Marianne, diese bedeutete ihm mit einem Nicken, dass sie zurechtkam. Hans fasste Eva um die Taille und zog sie zu sich heran, und atmete erleichtert auf, als er das Einklinken eines ihrer Karabiner in den Bergegurt wahrnahm. Nun wollte er sich um Marianne kümmern, aber diese war nicht mehr da, wo sie gerade noch gewesen war.

Einen Augenblick sah Hans bewundernd zu, wie sich Marianne mit anmutigen Bewegungen das Seil entlang nach oben hangelte, fast erwartete er, dass sie die Beine vom Seil lösen und sich lässig mit den Armen hochziehen würde, wie sie das zu ihrer aktiven Zeit sicher tausend Mal gemacht hatte. Aber Marianne war nicht zu Späßen aufgelegt, konzentriert fasste sie Zug um Zug nach und kletterte mit den Beinen mithelfend nach oben.

Hans bedeutete Manfred mit einem Daumen nach oben, dass er bereit war, und spürte sofort den Ruck, als die starke Bergewinde begann, sie nach oben zu ziehen. Hans sah hoch, langsam, aber sicher kam der Boden des Helikopters näher. Da hatte Marianne allerdings bereits das Seil verlassen und sich in das Landegestell gezogen, wo sie Sandy umarmte. Weinend und lachend zugleich lagen sich die beiden Frauen in den Armen, während Hans mit seiner süßen Last die Höhe der Seitentüre erreichte und sich mit Eva hineinschwang. Gleichzeitig überflogen sie den verschneiten Bergkamm, hinter dem sie sich in Sicherheit wähnen konnten.

Die Russen hatten allerdings nicht vor, sie entkommen zu lassen. Sie hatten erraten, welchen Fluchtweg der Helikopter genommen hatte, und ihre letzte Salve platzierten sie genau auf den Bergkamm. Manfred kam nicht einmal dazu, einen seiner kurzen Flüche auszustoßen, da stiegen unmittelbar vor dem Helikopter zwei riesige Schneesäulen in die Höhe, und sie flogen geradewegs hinein.

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