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Die Eskapaden der Miriam S. 03

Geschichte Info
Wer ist eigentlich Miriam?
4.1k Wörter
4.59
9.8k
5

Teil 3 der 4 teiligen Serie

Aktualisiert 06/08/2023
Erstellt 11/07/2017
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Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

wer ist eigentlich Miriam S.? Fragt ihr euch das? In den ersten beiden veröffentlichten Kapiteln dieser Geschichte kommt sie ja nur am Ende und als Randfigur vor. Eigentlich ist sie die Hauptperson. Und eigentlich ist das hier das erste Kapitel der Geschichte.

Isabella und André, die ihr in den ersten beiden Kapiteln kennen lernen durftet, sind eher Nebenfiguren, die eigentlich erst später eine Rolle spielen. Aber ich brauche sehr sehr lange, bis ich die Geschichte so weit entwickelt habe, dass sie für eine Veröffentlichung reif ist. Und da hat mich die Ungeduld gepackt, denn irgendwie wollte ich unbedingt Teile davon veröffentlichen. Um zu sehen, wie euch die Geschichte gefällt. Da mir Isabella und André inzwischen sehr ans Herz gewachsen sind, habe ich halt die ersten Szenen der beiden zuerst veröffentlicht und greife in einem Rückblick den eigentlichen Anfang der Geschichte -- dieses Kapitel - auf. Das werde ich wohl auch weiter so halten, denn bis wirklich alle Kapitel von Miriams Vorgeschichte geschrieben sind, werden wohl noch Jahre vergehen. Dafür bin ich einfach zu ungeduldig. Daher müsst ihr mit ein paar Zeitsprüngen bzw. Rückblicken leben.

Ein Hinweis vielleicht: In diesem ersten Kapitel gibt es keinen Sex. Das ist etwas ungewöhnlich für eine Geschichte, die hier veröffentlicht wird. Es ist mir aber wichtig, die handelnden Personen vorzustellen. Und Miriam ist nun mal kein Mensch für schnellen Sex. Warum -- das wird euch vielleicht dieses Kapitel erklären. Aber dafür werde ich sehr schnell einen weiteren Teil veröffentlichen. Da gibt es dann auch Sex.

Ihr könnt die Kapitel mit Isabella und André vorher noch Mal lesen, müsst es aber nicht. Dieses Kapitel versteht man auch so, denn es erzählt die Geschichte, wie sich Miriam und Erik kennenlernen. So, wie Isabella sie André auf der Autofahrt erzählt. Vielleicht mit ein wenig mehr Detailwissen, da sie aus dramaturgischen Gründen aus Eriks Sicht erzählt wird. Es wird euch wenig überraschen, dass aus Miriam und Erik ein Paar wird. Wie, warum und unter welchen Umständen -- das ist eine lange Geschichte, die bisher fast nur in meinem Kopf existiert. Vielleicht muss man diese lange Geschichte aber gar nicht kennen, um trotzdem Spaß mit den beiden zu haben. Den haben sie nämlich -- oft und gern.

Ich würde mich sehr über Kommentare, Kritik und Verbesserungsvorschläge zu diesem und zu allen anderen Kapiteln der Geschichte freuen. Wie ich schon gesagt habe, ist die Geschichte keineswegs fertig, sondern entwickelt sich ständig weiter, bis ich sie irgendwann als fertig empfinde. Dann werde ich sie noch Mal neu einstellen. Vermutlich mit völlig neu sortierter Kapitel-Reihenfolge. Bis dahin kann ich sie verändern. Genau dafür wünsche ich mir viele gute Anregungen. Ich finde die Geschichte an vielen Stellen noch ziemlich wenig perfekt.

Ich wünsche euch nun viel Spaß beim lesen!

Miriam

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Kapitel 3 - Das Vorstellungsgespräch

„Vielen Dank, Frau Müller. Ich werde mich kurzfristig entscheiden und ihnen diese Entscheidung dann so schnell wie möglich mitteilen."

Die attraktive junge Frau schüttelte noch einmal dekorativ ihre sorgsam in Unordnung gebrachte blonde Haarmähne und erhob sich mit einem siegesgewissen Lächeln. Nicht, ohne sich noch einmal vorzubeugen und ihm einen tiefen Einblick in ihre weit ausgeschnittene Bluse zu gestatten. Scheinbar glaubte sie, ihre allseits bekannten guten Beziehungen zum Vorstand des Unternehmens in Verbindung mit einem absolut schamlosen Einsatz ihrer unbestreitbar vorhandenen weiblichen Reize würden alle anderen Kandidaten quasi automatisch aus dem Rennen werfen.

„Tun sie das, Herr Nordström. Ich freue mich darauf. Auf Wiedersehen." Damit verließ sie den Raum.

Erik atmete tief durch und schloss für einen Moment erschöpft die Augen. Das also war Frau Müller gewesen, die junge Dame, die ihm sein Vorstand ganz dringend für die Besetzung der Stelle ans Herz gelegt hatte. Und „ans Herz legen" war noch eine zurückhaltende Formulierung für die entsprechende Beinahe-Anweisung, die er erhalten hatte. Nur der fachliche Grund für diese Bevorzugung hatte sich ihm bisher nicht erschlossen, weder durch ihre Bewerbungsunterlagen noch durch das Vorstellungsgespräch, das er soeben mit ihr geführt hatte. Sicher, sie war ausgesprochen nett anzusehen, hatte die richtigen Rundungen an den richtigen Stellen und ein ausgesprochen attraktives Erscheinungsbild. Außerdem bewies sie einen exquisiten Geschmack bei der Auswahl ihrer Unterwäsche und hatte auch kein Problem damit, ihr Umfeld an ihrer Kleidungsauswahl teilhaben zu lassen. Anders konnte Erik sich zumindest den tiefen Ausschnitt ihrer Bluse und ihre provokanten Bewegungen nicht erklären, die ihm unweigerlich sehr tiefe Einblicke gewährt hatten. Aber er war weder auf der Suche nach einer potenziellen Geliebten noch nach einer dekorativen Vorzimmerdame, sondern nach einem qualifizierten Mitarbeiter für eine ausgesprochen komplizierte Aufgabe, die noch dazu in unmöglich kurzer Zeit zu erledigen war. Das war der Grund, warum er sich für den kurzen Weg einer internen Stellenausschreibung entschieden hatte, statt sich auf dem Arbeitsmarkt auf die Suche nach adäquaten Kollegen zu begeben. Dafür reichte einfach seine Zeit nicht.

Seufzend wandte er sich wieder seinen Unterlagen zu. Nur noch ein Vorstellungsgespräch, das achte für diesen Tag, stand ihm bevor. Und es war die aussichtsloseste Kandidatin, der er diesen letzten Termin gegeben hatte. Er kannte die junge Dame nicht einmal. Das war sehr ungewöhnlich, kannte er doch viele Kollegen in der Verwaltung des zugegebenermaßen großen Unternehmens mit nahezu 1.000 Mitarbeitern. Erik war so etwas wie die Rückfallebene dieses Unternehmens, der Mann für unlösbare Aufgaben. Ein Umstand, der ihn nicht arrogant werden ließ aber doch zumindest relativ immun gegen dringende Personalempfehlungen des Vorstands machte. Soviel zu den Chancen von Frau Müller und den Beziehungen ihrer Oberweite.

Aber die Tatsache, dass er sie nicht kannte, war nicht der Grund für die schlechte Ausgangslage der letzten Bewerberin. Sie war einfach zu jung. Für die vakante Stelle brauchte er jemanden mit Erfahrung. Und das war etwas, das ihr Lebenslauf nicht vorzuweisen hatte.

So hatte er zumindest bis zum Beginn der Vorstellungsgespräche am heutigen Tag gedacht. Mittlerweile grenzte sein Gemütszustand an Verzweiflung. So viele personelle Katastrophen wie heute hatte er lange nicht mehr erlebt. Alle bisherigen Kandidatinnen und Kandidaten waren entweder vollkommen unfähig, absolut lustlos und schlecht vorbereitet oder eine sehr ungesunde Mischung aus allem. Und das alles gekrönt von Frau Müller, die ihm eigentlich nur mitgeteilt hatte, wie sehr Herr Dr. Kronsberg ihre Arbeit schätzte und wie gut auch ihr persönliches Verhältnis war. Das alles sehr wortreich, verbunden mit zahllosen Neuordnungsvorgängen ihrer beeindruckenden Haarpracht und verführerischem Augenklimpern. Ganz zu schweigen von der Präsentation von Farbe und Machart ihres BH's, der irgendwie eine Nummer zu klein geraten schien. Erik hatte immer noch nicht entschlüsseln können, ob das einfach ihre Art war, zum Ziel zu kommen oder ob sie ihm gerade fortwährend unmoralische Angebote gemacht hatte, um den Job zu bekommen.

Er war sich bewusst, dass Arbeitsplätze in seiner Abteilung durchaus begehrt waren. Hier landeten die mit Abstand interessantesten Aufgaben, die zugleich auch die schwierigsten waren, was sich auch in der Höhe der Gehälter niederschlug. Bisher hatte er aber immer angenommen, dass sich auch herumgesprochen hatte, dass er entsprechend hohe Anforderungen an Arbeitseinsatz und die Qualität der Ergebnisse stellte. Nach den heutigen Erfahrungen musste sich dieser Ruf im Unternehmen erheblich gewandelt haben.

Ein zaghaftes Klopfen riss ihn aus seinen dunklen Gedanken. „Ja, bitte. Kommen sie herein!", rief er. Die Tür öffnete sich und zögerlich trat die letzte Bewerberin ein. Erik hatte den Namen nicht zuordnen können, da die Personalakte bemerkenswert dünn war. Es fanden sich weder Lebenslauf noch Zeugnisse noch ein Foto. Genau genommen hatte er alle Informationen, über die er verfügte, aus dem immerhin vorhandenen Arbeitsvertrag der jungen Frau entnehmen müssen. Darüber hinaus gab es nur noch zwei Fortbildungszertifikate sowie Urlaubs- und Gehaltsabrechnungen. Jetzt, als sie vor ihm stand, konnte er sich zwar vage an das Gesicht erinnern, war sich aber jetzt sicher, mit dieser Kollegin noch nie ein Wort gewechselt zu haben. Er erhob sich und reichte ihr die Hand. „Guten Tag, Frau Stöckl. Schön, sie kennen zu lernen."

„Guten Tag, Herr Nordström. Vielen Dank für die Einladung.", antwortete die zierliche junge Frau und sah ihm von unten herauf in die Augen. Dabei überzog sich ihr Gesicht mit einer zarten Röte und die kleine Hand, die sie ihm entgegenstreckte, zitterte leicht. Darüber hinaus war sie eiskalt, wie Erik feststellte, als er seine wesentlich größere Hand darum schloss.

„Bitte nehmen sie doch Platz. Möchten sie etwas trinken? Einen Kaffee oder ein Wasser vielleicht?"

„Sehr gerne ein Wasser. Dann gewinne ich vielleicht meine Stimme zurück. Für einen Kaffee bin ich viel zu nervös.", erwiderte sie mit einem verzagten Lächeln. Der Rotton ihrer Wangen nahm dabei noch deutlich an Intensität zu. Tatsächlich hatte ihre helle Stimme einen gefährlich heiseren Tonfall angenommen. Sie setzte sich an den Tisch gegenüber seinem Platz und wühlte in ihrer Tasche herum, aus der sie schließlich eine elegante Schreibmappe und einen Kugelschreiber hervorzauberte.

Während Erik ihr ein Wasser einschenkte, musterte er sie aus dem Augenwinkel. Rein optisch gesehen war die junge Frau eine ähnlich attraktive Erscheinung wie Frau Müller zuvor. Wenn auch auf eine völlig andere, unauffällige, natürliche und irgendwie unschuldige Art. Sie war die bisher einzige Bewerberin, die sich nach seiner Ansicht, die vielleicht etwas konservativ war, passend für ein Vorstellungsgespräch gekleidet hatte. Sie trug ein schlichtes, dunkelgraues Kostüm aus Blazer und beinahe knielangem Rock und dazu eine weiße Bluse, deren Knöpfe mit Ausnahme des obersten geschlossen waren. Als Farbtupfer trug sie zudem ein Halstuch, das allzu detaillierte Rückschlüsse auf Form und Umfang ihrer Oberweite erfolgreich verhinderte. Sie war relativ klein und schlank, beinahe zierlich und hatte auch nicht versucht, diese Tatsache mit übertrieben hohen Schuhen zu kaschieren. Sie betrachtete die Welt aus offenen, auffallend großen Augen mit einem intelligenten und wachen, zugleich aber auch irgendwie traurigen Ausdruck. Noch auffälliger als die Größe ihrer Augen war der ungewöhnliche Farbton, der Erik sofort in Auge gefallen war. Ihre Augen hatten eine eigenartige, blau-grüne Färbung, die je nach Lichteinfall unterschiedlich erschien. Außerdem schienen sie beinahe von innen heraus zu leuchten. Ihr etwas unsicheres Lächeln in Verbindung mit der deutlichen Rötung ihrer Wangen war Erik auf Anhieb sympathisch. Es gab ihr etwas unbeholfenes, schutzloses, das fast automatisch den Beschützerinstinkt in ihm weckte. Ihm schoss durch den Kopf, dass es Menschen gab, die unattraktiv und auf eine befremdliche Art unsympathisch erschienen, wenn sie nervös waren. Und solche, die durch Nervosität anziehend wirkten. Diese Bewerberin fiel eindeutig in die zweite Kategorie.

In ihr leicht gewelltes Haar, in dem sich zwei unterschiedlich dunkle Blondtöne um die Vorherrschaft stritten, hatte sie auf dem Kopf zwei kleine Zöpfe geflochten, die am Hinterkopf mit dem Rest des sonst sicher langen Haars zu einem strengen Knoten zusammengefasst waren. Nur an der linken Schläfe hatte sich eine vorwitzige Locke aus der Gefangenschaft befreit und verstärkte den etwas verunsicherten Eindruck, den sie auf Erik machte. Gleichzeitig verlieh ihr diese wilde Haarsträhne einen eigenartig natürlichen, unschuldigen und zugleich ungebändigten Ausdruck. Sie trug kein Makeup und keinen Schmuck, strahlte dadurch aber eine sehr natürliche Attraktivität aus.

Die ungewöhnlichen, türkisblauen Augen waren es, die Erik nun wieder in ihren Bann zogen. Sie schimmerten jetzt hell. Abwartend und immer noch ein wenig nervös blickte sie ihn an. Dabei musste Erik sich eingestehen, dass zumindest der Teil in ihm, der mehr Mann als Vorgesetzter war, durchaus noch andere Attribute ihrer Erscheinung wahrgenommen hatte. Ihre schlanken, wohlgeformten Beine zum Beispiel, die aufgrund der Witterung in eleganten, schwarzen Strümpfen steckten und sehr dazu angetan waren, einen Mann mehr als nur kurzzeitig in ihren Bann zu ziehen. Und natürlich war ihm trotz des Halstuchs nicht entgangen, dass sich unter ihrer Bluse zwei wohlgeformte, hübsche Brüste wölbten. Nicht wirklich groß, dafür aber sehr gut zu den Proportionen ihres Körpers passend, rund, fest, weiblich und nicht zu übersehen. Fast gewaltsam rang er diese völlig unpassenden Gedanken, für die, da war er sich sicher, Frau Müller und ihre Brüste verantwortlich waren, nieder und blickte noch einmal kurz auf seine Notizen. Es gehörte sonst absolut nicht zu seiner Art, Kolleginnen zu begaffen oder gar zu belästigen.

„Nun, Frau Stöckl, ich habe ihre Bewerbung gelesen und natürlich habe ich auch einen Blick in ihre Personalakte geworfen. Die enthält aber, warum auch immer, so gut wie keine Unterlagen. Ich wäre ihnen daher dankbar, wenn sie sich zu Beginn kurz vorstellen könnten und mir ein wenig über sich erzählen." „Und dabei meine unausgesprochene Frage nach der dünnen Akte beantworten würden", fügte er in Gedanken hinzu. Mit dieser Methode hatte er sehr gute Erfahrungen gemacht. Indem er den Bewerbern die Gelegenheit gab, über sich zu sprechen, nahm er ihnen in der Regel ein wenig von der üblichen Nervosität. Und wenn sie die dünne Akte nicht erklären konnte, wäre das Gespräch schnell beendet.

Die junge Frau räusperte sich, blickte vor sich auf die Tischplatte und begann mit immer noch leicht heiserer Stimme zu sprechen. „Sehr gern. Mein Name ist Miriam Stöckl. Ich bin 28 Jahre alt und arbeite jetzt eigentlich seit etwas mehr als zwei Jahren für die Firma, zuletzt in der Planungsabteilung, die jetzt Herr Semper leitet. Genau genommen seit 24 Monaten und drei Tagen." Bei diesen Worten suchte sie Eriks Blick und ein zartes Lächeln spielte um ihre Mundwinkel. Gleichzeitig errötete sie heftig. Beinahe fasziniert registrierte Erik diese extremen Veränderungen ihrer Gesichtsfarbe, an denen man offenbar eindeutig ihre jeweilige Gefühlsregung ablesen konnte. Fast automatisch erwiderte er ihr Lächeln. Ihm war allerdings nicht entgangen, dass die von ihr genannten Daten im Widerspruch zu ihrem Arbeitsvertrag standen. War sie nur nervös oder belog sie ihn?

„Sie wissen es aber noch ganz genau." Täuschte er sich oder hatte er an der Art, wie sie den Namen ihres Vorgesetzten aussprach, eine gewisse Abneigung heraushören können? Dann wären sie schon zu zweit, denn auch er hatte nicht die höchste Meinung vom Kollegen Semper. Er hatte erst vor einem knappen Jahr die Leitung der Planungsabteilung übernommen. Eine Stelle, die zuvor Eriks langjähriger und hochgeschätzter Kollege Richard Harker besetzt hatte, der nun aber seinen wohlverdienten vorzeitigen Ruhestand genießen durfte. Semper hatte noch nicht einmal dieses eine Jahr benötigt, um die Firma in die Misere zu reiten, die Erik nun ausbügeln sollte.

„So lange ist es ja noch nicht. Und der erste Job ist eben was ganz Besonderes. Da kann ich mir solche Kleinigkeiten besonders gut merken. Außerdem gibt es da ein paar besondere Stichtage, die es mir einfacher machen." Wieder räusperte sie sich und nahm einen Schluck Wasser. „Vor den 24 Monaten und drei Tagen", das Lächeln wurde etwas sicherer, „habe ich meinen Bachelor in Architektur gemacht. Dies hier ist meine erste Anstellung direkt nach der Uni. Und mein Traumjob. Ich habe mich wahnsinnig gefreut, als ich damals den Anruf bekommen habe, dass ich hier anfangen darf."

Eriks Methode zeigte wieder einmal Wirkung. Mit jedem Satz, den sie sprach, wurde die junge Frau sicherer. Dabei entging es Erik nicht, dass es offensichtlich eine Geschichte hinter ihrem Bericht gab, die sie ihm bisher noch nicht erzählt hatte. Ihre Betonung des Namens Semper, besondere Stichtage, ein „eigentlich" wo es nicht hingehörte. Erik war es gewohnt, auf Kleinigkeiten zu achten. Doch er unterbrach sie nicht.

„Privat bin ich noch verheiratet, habe keine Kinder und bin mit Arbeitsbeginn hierher gezogen. Eigentlich zu meinem Mann." Und wieder ein „eigentlich." Und sie war „noch" verheiratet. Langsam konnte Erik erahnen, was sie anzudeuten versuchte. „Ja, und jetzt sitze ich hier und kann mein Glück kaum fassen, dass ich tatsächlich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen bin." Wieder dieses entwaffnende Lächeln. „Und das trotz meiner bemerkenswert nichtssagenden Personalakte, von der ich allerdings vorher nichts wusste. Sonst hätte ich mich vermutlich nicht zu ihnen herein getraut." Spätestens jetzt war sie im gesamten Gesicht tiefrot. Ein niedergeschlagener Ausdruck trat in ihre Augen. „Ich kann mir das kaum erklären. Es sei denn..." Sie zögerte. „Es sei denn, in der Personalabteilung hätte jemand einen Fehler gemacht."

Erik sagte nichts, sah sie nur auffordernd an. Auch in der Personalabteilung herrschte seit einiger Zeit ein fragwürdiges Chaos, nachdem dort ein anderer guter Freund von Dr. Kronsberg die Leitung übernommen hatte. Es war also durchaus möglich, dass dort etwas schief gelaufen war. Er dachte aber nicht daran, ihr eine Ausrede auf dem Silbertablett zu servieren, also behielt er seine Einschätzung für sich.

„Ich weiß, dass das nach einer ziemlich hilflosen Ausrede klingt. Aber genau genommen ist dies hier schon mein zweiter Job in dieser Firma. Allerdings ohne Unterbrechung. Ich kann mir nur erklären, dass da jemand eine neue Akte für mich angelegt hat, ohne zu wissen, dass es bereits eine gab."

„Ein bemerkenswerter Vorgang, Frau Stöckl. So ganz verstehe ich dieses Arbeitsverhältnis allerdings nicht."

„Nein, das können sie auch nicht.", erwiderte sie mit einem unsicheren Lachen. „Aber ich kann versuchen, es zu erklären. Als ich hier angefangen habe, vor 24 Monaten und drei Tagen", wieder lächelte sie bei der Wiederholung dieser Daten, „hat mich Herr Harker eingestellt. Er war damals noch Chef der Planungsabteilung. Und genau ein Jahr und drei Tage später habe ich geheiratet. Heute ist oder wäre mein erster Hochzeitstag. Daher kann ich mir das Datum so gut merken." Sie stockte und Erik merkte, dass es ihr schwer fiel, weiterzusprechen. Als sie ihn wieder ansah, registrierte er, dass ihre Augen nun dunkler erschienen. Eine faszinierende Beobachtung.

„Wir haben die Hochzeit geplant, sobald klar war, dass ich hier einen Job bekommen kann. Nachdem ich mein Studium beendet hatte, bin ich hierher zu meinem Freund gezogen, habe angefangen zu arbeiten und dann haben wir geheiratet." Wieder dieses Lächeln. „Und kurz vor der Hochzeit habe ich dann wieder gekündigt. Mein Mann hatte das Angebot seiner Firma bekommen, in Süddeutschland beim Aufbau einer Zweigstelle zu helfen. Und ich wollte mit ihm gehen. Es war eigentlich schon alles klar, ich hatte sogar schon einen Job in Aussicht." Bei den letzten Worten nahm ihre Stimme einen zunehmend traurigen und zugleich wütenden Tonfall an. Erik dämmerte langsam die Fortsetzung der Geschichte.

„Kurz bevor mein Arbeitsvertrag hier auslief, haben wir dann geheiratet. Mein Mann ist auch nach Süddeutschland gegangen. Allerdings nicht mit mir, sondern mit einer seiner Kolleginnen." Sie stockte einen Moment und Erik spürte, dass ihre Stimme zu brechen drohte. Er brauchte nicht weiter zu fragen, in welcher Beziehung diese Kollegin zu ihrem Mann gestanden hatte, ihr trauriger Gesichtsausdruck sprach Bände. Eine einzelne Träne lief über ihre Wange.

Sie atmete tief durch. „Nun, so schnell können Zukunftsträume platzen. Da stand ich nun, allein in einer fast fremden Stadt, in der ich so gut wie niemanden kannte, außer die Freunde und Kollegen meines Mannes. Und das noch dazu ohne Arbeitsplatz, mein Vertrag war ja schon gekündigt. Ich war total verzweifelt und wusste mir nicht mehr zu helfen. Und dann hat Herr Harker meine Geschichte mitbekommen. Und einen Tag später war ich wieder eingestellt, ohne Bewerbung oder dass ich sonst irgendetwas hätte tun müssen. Herr Harker hat das einfach geregelt. Ich bekam einen neuen Arbeitsvertrag und das Thema war erledigt."

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