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Die Opernfans 03

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„Was war Dein mutigstes Mal?"

„Am Weiher. Aber das erzähle ich Dir ein anderes Mal. Die Stunde Schlafpause der Jungs ist jetzt gleich vorbei. Und so wie ich das Chaos hier sehe, sollten wir mal langsam anfangen, klar Schiff zu machen, wenn meine Eltern nicht zusammenbrechen sollen, wenn sie dann zum Frühstück erscheinen."

So geschah es dann auch. Die Jungs erschienen einige Minuten später, immer noch müde, aber irgendwie auch sehr zufrieden. Zu viert schafften sie tatsächlich den Abwasch und alle anderen Aufräumarbeiten rechtzeitig vor Eintreffen der Eltern. Nach einem entspannten und lustigen Frühstück brachen zuerst die Eltern Richtung Büro auf, danach Jonas und Patrick in ihr jeweils eigenes Bett. Übrig blieben Hannah und Lea bei der letzten Tasse Kaffee.

„Sag mal, Mäuschen?"

„Ja, Mutti?"

„Du kannst doch jetzt nicht Fahrrad fahren, in Deinem Zustand, oder?"

„Was denn für ein Zustand? Ich bin fast schon wieder nüchtern nach dem ganzen Kaffee."

„Schade!"

„Häh, wieso?"

„Weil ich es eigentlich schön gefunden hätte, wenn wir den fehlenden Schlaf noch gemeinsam nachholen würden."

„Aber wollt Ihr nicht nachher losfahren? Und musst Du nicht auch noch packen?"

„Mom und Dad kommen nicht vor fünf Uhr heim. Und Packen geht bei mir ruck-zuck. Die meisten Sachen habe ich eh schon zurechtgelegt. Also so sechs Stunden oder noch mehr hätten wir allemal Zeit."

„Wenn das so ist, schaut es natürlich anders aus. Außer, dass ich jetzt gerade gar nicht mehr so furchtbar müde bin."

„Für den Fall würde mir schon etwas einfallen", grinste Hannah, nahm ihre Freundin an der Hand und ging mit ihr nach oben in ihr Zimmer.

Knappe zehn Stunden später, exakt um 18.05, war der Campingbus der Familie endlich abfahrbereit. Vorangegangen war eine Stunde hektischen Packens und Ein- und Umräumens, immer wieder begleitet von der bangen Frage: „Haben wir jetzt wirklich alles? Haben wir auch nichts vergessen?" Die erste Etappe zum Bodensee ging, vor allem angesichts des Ferienbeginns in Bayern und Baden-Württemberg, erstaunlich reibungslos. Zumindest was die Verkehrsverhältnisse anbelangte.

Was sich, anders als am Abend vorher bei der Party, als ziemliche Stimmungsbremse erwies, war die hochsommerliche Hitzewelle, die im Bus eine ziemliche Wirkung entfaltete. Zwar verfügte der Bus über eine leidlich leistungsfähige Klimaanlage. Die vertrugen aber nicht alle Familienmitglieder gleich gut. Deswegen wurde sie nur extrem sporadisch zugeschaltet, um den schlimmsten Hitzeschmerz zu lindern. Umso besser, dass es den Vieren gelang am Etappenziel einen Stellplatz zu ergattern, bei dem man alle Facilities des angrenzenden Campingplatzes mitbenutzen durfte -- einschließlich Seezugang und Sanitärbereich.

Nach kurzem Umziehen sprang daher die ganze Familie in den Bodensee. Das brachte zunächst die ersehnte Abkühlung und auch eine gute Entspannung nach der Autofahrt. Danach ging es kurz unter die Dusche und dann gab es ein leckeres Abendessen, das sich im Wesentlichen aus den Resten der Party vom Vorabend zusammensetzte. Anschließend wurden noch einige Runden Schafkopf gespielt. Das bayerische Premiumkartenspiel erfreute sich größter Beliebtheit bei allen vier Familienmitgliedern.

Um viertel nach Zehn wurden die Eltern müde und begannen, heftig zu gähnen. Die Runde wurde noch zu Ende gespielt. Dann verschwanden nach dem Zähneputzen alle in den für sie vorgesehenen Schlafplätzen. Die Eltern wie üblich unten, Hannah und Patrick oben unter dem aufgestellten Dach. Dort hatten die beiden schon bei der Ankunft das Fenster in der Zeltplane aufgemacht, um frische Luft hereinzulassen. Das einzige, was von außen hereindrangen, war jedoch das Licht der benachbarten Straßenlaterne. Frische Luft gab es an diesem Abend auch um kurz vor halb elf Uhr abends nicht. So war er eben, der Klimawandel.

Hannah verzog genervt das Gesicht. Als Patrick sie fragend ansah, wollte sie schon antworten. Gerade noch rechtzeitig fiel ihr ein, dass die Eltern ab jetzt jedes Wort mithören konnten. Was tun? Flüstern? Auch das konnte man unten vielleicht hören. Dann fiel ihr Blick auf ihr Handy, das sie ebenso mit nach oben genommen hatte wie Patrick. Da das Angebot des Campingplatzes auch kostenfreies WLAN umfasste, fielen keine Gebühren an, wenn sie ab jetzt mit ihrem Bruder lautlos über Messenger kommunizierte

<Puh, viel zu heiß>

<Oder nur zu warm angezogen?>

<Du hast leicht reden!>

Patrick hatte nur seine Boxershorts an, sie dagegen Slip und ihr Schlafshirt.

<Ist doch gleich. Ab übermorgen sind wir eh nackt>

Hannah grübelte kurz. Dann schlüpfte sie elegant aus beiden Kleidungsstücken.

<Jetzt bist Du dran!>

<Womit?>

<Ausziehen. Du hast gesagt: nackt. Das bist Du aber nicht. Noch nicht.>

<Ich wollte damit eigentlich eher dich motivieren>

<Traust Dich also nicht? Ich dachte, ab übermorgen sind wir eh nackt?>

Patrick gab sich geschlagen und trennte sich von den Boxershorts. Das war problemlos möglich, denn aktuell war alles „entspannt". Danach lagen die beiden eine Zeitlang wach nebeneinander. Bis Hannah die Kommunikation fortsetzte:

<So wird das nix. Mein Schlafrythmus ist nach der Fete total im Eimer. Bin noch hellwach>

<Geht mir ähnlich>

<Du warst wenigstens schlau und hast Deinen E-Reader mit nach oben genommen. Meiner ist noch im Kofferraum ☹>

<Schade. Ich bin grade mitten in meinem Buch. Sonst könnten wir gemeinsam lesen>

<Hättest Du denn Lust auf gemeinsam lesen? So wie früher, als wir klein waren>

<Wäre cool. Aber was nehmen, wenn nicht stehlen?>

<Ich hätte eine Idee 😊>

<Nämlich?>

<Dein E-Reader kann doch auch WLAN? Okay. Ich habe da vor ein paar Wochen eine Seite entdeckt. User-Generated Content. Heißt ErotIkon.>

<Pornogeschichten?>

<Auch, ja. Wo permanent nur gerammelt wird, mit 20-cm-Teilen und D-Cup-Möpsen. Meist ganz schlecht geschrieben. Es gibt aber auch sehr ansprechende Geschichten, die subtiler sind, gut erzählt, oft spannend, manchmal auch witzig.>

<Klingt gut. Wie geht das?>

Hannah griff sich den E-Reader Ihres Bruders und gab die URL ein.

<Ich habe grad mit einer witzigen Geschichte angefangen: Zwei Jungs und ein Mädel, Abiturklasse, total die Streber, aber auch irgendwie cool. Alle ohne Partner und ohne Erfahrungen. In den Ferien beschließen sie, die Erfahrungen einfach untereinander zu sammeln, weil sie keinen Bock auf Romantik und Händchenhalten haben, aber unbedingt ausprobieren wollen, wie dieser Sex eigentlich geht. Hast Du Lust?>

<Unbedingt!>

Beide drehten sich auf den Bauch, platzierten Patricks E-Reader so vor sich, dass sie entspannt draufschauen konnten und klickten sich vergnügt und mit wachsender Begeisterung durch die verschiedenen Fortsetzungen. Für Patrick hatten die Texte insoweit eine besondere Aktualität, als in einer Folge auch sehr schön beschrieben wurde, wie die beiden Jungs in Abwesenheit des Mädchens gegenseitig ihre Körper erkundeten.

Nach der fünften Folge war leider Schluss. Hannah klappte grinsend den E-Reader zu, verstaute ihn am Rand der Liegefläche und drehte sich wieder auf den Rücken. Patrick folgte ihrem Beispiel, dachte dabei allerdings nicht daran, dass der Zustand seiner Körpermitte nach der anregenden Lektüre nun alles andere als ‚entspannt' war. Hannah triumphierte innerlich. Nach vier Tagen war ihr Wunsch in Erfüllung gegangen, den Speer ihres großen Bruders in vollem Kampfzustand sehen zu können. Und fürwahr: es lohnte sich, fand sie. Sie grinste breit und griff wieder zum Handy:

<Hat Dir wohl gefallen, die Geschichte?>

<Ja, wieso? Ach so, deswegen. Schlimm?>

<Nein, gar nicht. Sieht doch gut aus!>

<Findest Du?>

<Ja, finde ich schon.>

<Magst Du ihn mal anfassen?>

<Spinnst Du jetzt? Ich bin Deine Schwester!>

<Anfassen ist nicht verboten. Verboten ist nur, dass das Harte ins Feuchte kommt.>

<Aber das ist doch keine juristische Frage!>

<Sondern?>

<Moral? Schamempfinden? Und was, wenn jetzt einer von den Eltern hier raufschaut, weil er irgendwas vergessen hat?>

<Ich glaube, die unten pennen schon, Hört sich so an. Und Moral und Scham? Weiß nicht. Sich nebeneinander zu befriedigen und dem anderen zu erzählen, was man gerade macht -- ist das nicht mindestens so intim wie ein bisschen Rubbelmassage? Und vorgestern hattest Du jedenfalls keine Bedenken.>

<Hmmm, da ist was dran...>

<Entscheidend ist, ob Du Bock drauf hast oder nicht. Horny bist Du mindestens so wie ich, sonst wären Deine süßen Brustwarzen jetzt nicht so ausgefahren. Und einen richtigen Schwanz hättest Du doch auch gerne mal wieder in der Hand, oder?>

<Das schon, aber ich trau mich irgendwie nicht...>

<Du und Schiss? Kletterst die schwierigsten Touren und traust sich dann nicht, einen Schwanz in die Hand zu nehmen?>

Das war so etwas wie das Killerargument. Mangelnder Mut -- das war der Vorwurf, mit dem man Hannah am empfindlichsten treffen konnte. ‚Hannah die Furchtlose' -- das war so etwas wie ihr Markenkern und in Kletterkreisen im Münchner Oberland tatsächlich auch ihr Nickname.

Immer noch zögernd, aber auch neugierig, legte sie ihre Hand auf das einladend präsentierte Geschlechtsteil ihres Bruders. Sie begann, sozusagen an der Oberfläche, mit ganz allgemeinen, fast schüchternen Streicheleinheiten mit der flachen Hand. Dabei spürte sie aber auch schon die Wärme, die von diesem Objekt der Begierde ausging. Das machte sie mutiger und sie schloss ihre Hand rund um den Luststab des Bruders. Ganz vorsichtig fuhr sie mit ihrer Faust auf und ab. Dabei spürte sie aber auch sofort die Wärme, die dieses wunderschöne Teil abstrahlte.

‚Komisch', dachte sie sich. ‚Es ist genau so, wie Patrick es beschrieben hat. Einerseits weich, andererseits total hart.' Irgendwie schon ein ganz besonderes Teil, das sich immer wieder unterschiedlich anfühlte, je nachdem, ob man es in der Hand, im Mund oder tief in sich drinnen hatte. Bei diesem Gedanken musste sie kurz schlucken. Definitiv schon zum zweiten Mal hatte sie jetzt gerade daran gedacht, ‚richtigen Sex' mit Patrick zu haben. Und ‚Schamgefühl' und ‚Moral' kamen in dieser Vorstellung gar nicht vor. Schon gar nicht als bremsende Faktoren.

‚Auch egal', beschloss sie. ‚So weit sind wir heute Abend so oder so noch nicht. Jetzt wird er erst mal ordentlich verwöhnt, der Bursche'. Dann beschloss sie, die Geschwindigkeit ihrer Handbewegungen kräftig zu erhöhen. Patrick reagierte sofort, strahlte sie an und malte ein „Wow" mit seinen Lippen.

Hannah freute sich, dass sie ihrem Bruder gerade so viel Lust bereiten konnte. Und genau darauf war sie jetzt voll konzentriert. Nicht, dass sie diese einmalige Situation kalt gelassen hätte. Ganz im Gegenteil. Aber sie kam überhaupt nicht auf die Idee, mit der anderen Hand etwa an sich selbst herumzuspielen. Und noch viel weniger gewollt hätte sie, wenn Patrick das bei ihr gemacht hätte. Nein, jetzt war erst einmal ihr Bruder dran, verwöhnt zu werden. Nach allen Regeln der Kunst.

Deswegen nahm sie jetzt die zweite Hand zur Hilfe und streichelte zärtlich seinen beachtlichen Hodensack. Das gefiel Patrick. Er wurde immer unruhiger. Vor allem als Hannah mit der anderen Hand irgendwann weiter nach unten wanderte, über den Damm strich und dann ganz sanft an seinem Hintereingang anklopfte. Jetzt strahlte ihr Bruder, als sei er schon im siebten Himmel angekommen.

Doch plötzlich verfinsterten sich seine Gesichtszüge und er griff noch einmal zum Smartphone.

<Ich habe kein Taschentuch mit. Du?>

<Vergessen. Aber kein Problem. Heb einfach den Daumen, bevor es soweit ist. Aber wirklich erst kurz vorher!>

Patrick machte sich keine Gedanken, was das jetzt sollte und genoss weiter. Hannah hatte jetzt noch einmal eine, wohl finale, Tempoverschärfung eingeleitet. Und tatsächlich, nach einer weiteren Minute rechte Patrick den Daumen nach oben. Hannah gab sich einen Ruck und stülpte ihre Lippen über Patricks Luststab. Und das nicht zu früh. Kaum hatte sie ihm dieses feuchte Gefängnis bereitet, schon schoss Patrick seine Ladung ab. Dabei still zu bleiben, bereitete ihm allergrößte Mühe. Alles runterzuschlucken, war dagegen für Hannah nicht mühe- sondern äußerst lustvoll. Als sie ihren Bruder komplett saubergelutscht hatte, drückte sie ihm ein weiteres Küsschen auf die Wange, winkte ihm einen Gute-Nacht-Gruß zu und schloss die Augen. Und schlief tatsächlich schon bald ein. Diese Aktion war so einmalig, die musste jetzt im Nachhinein nicht mehr eingeordnet oder bewertet werden. Die stand für sich. In den nächsten Tagen würde man dann sehen, wie es mit ihr und Patrick weitergehen würde.

Der nächste Tag war weitgehend gebraucht. So gut sie am Abend vorher von München nach Lindau gekommen waren, so zähflüssig ging es jetzt durch die Schweiz und Italien weiter. Der Ferienbeginn in Bayern und Baden-Württemberg machte sich leider doch bemerkbar. Nicht, dass sie Probleme gehabt hätten, die Fähre zu erreichen. Aber das angedachte erste Baden im Meer entfiel ersatzlos. Die vier konnten gerade noch im Bus einen großen Topf Nudeln mit Fertigpesto zu sich nehmen, bevor die Warteschlange im Hafen sich in Bewegung setzte und ihr Bus mit allen anderen Urlaubern auf die Fähre rollte.

Sie konnten alle vier im ausgeklappten Bus schlafen. Diesmal wurde getauscht. Die Eltern schliefen oben, die Kinder unten. Hannah und Patrick gab das Gelegenheit, an Deck noch ein „Feierabendbier" zu trinken und ein wenig zu quatschen. Zum Beispiel wollte Hannah gerne wissen, was Patrick gestern nach der Party mit Jonas noch veranstaltet hatte. Umgekehrt war Patrick neugierig, wie das Frühstück mit Lea weitergegangen war, nachdem Jonas und er sich verabschiedet hatten. Herzhaft lachen mussten sie, als klar war, dass die Antwort auf beide Fragen die gleiche war: ‚Neunundsechzig'.

Anders als vor drei Tagen folgten aber keine detaillierten Schilderungen der Erlebnisse und erst recht keine „Nachbereitungen" an Deck oder im Bus. Dazu waren beide nicht in der Stimmung. Nachdem das „Feierabendbier" getrunken war, beschlossen die Geschwister, sich in den Bus zu verziehen und Schlaf nachzuholen. Auf dem Weg dorthin stolperten sie fast über ein junges Pärchen, dass es sich am Wohnmobil deck am Boden bequem gemacht hatte. Die beiden lagen Rücken an Bau unter einer Decke und nicht nur Hannah hatte den Eindruck, dass sie nicht nur still dalagen, sondern durchaus rhythmische Bewegungen durchführten.

‚Holla die Waldfee, die gehen ja ganz schön ran', dachte sie sich. Aufgefallen waren ihr die beiden schon vorhin vor dem Ablegen, als sie, bepackt mit großen Rucksäcken, ihre Mountainbikes aufs Schiff geschoben hatten. Auffällig war vor allem die junge Dame wegen ihrer feuerroten Haarpracht. Das war aber das letzte Detail, das an diesem Abend hängen blieb. Im Bus angekommen waren Hannah und Patrick sofort eingeschlafen. Kein Wunder, es war ja auch genug Schlaf nachzuholen.

Als sie am nächsten Morgen die Insel erreichten, passierte etwas Ungewöhnliches. Bis gestern Abend in Italien war Hochsommer pur und ausgerechnet hier, auf Ihrer Urlaubsinsel, regnete es. Zwar nur ganz leicht und auch nicht sehr lange. Aber strahlender Sonnenschein ließ noch auf sich warten. Bis zum frühen Nachmittag wohl, wie ein schneller Blick auf den Online-Wetterbericht zeigte. Spontan beschlossen die vier, aus der Not eine Tagend zu machen und nicht sofort den Campingplatz anzulaufen. Stattdessen sollte eine erste Bergtour die von der Nacht auf der Fähre noch müden Glieder auf Vordermann bringen. Daher wurde zusätzlich zu den Frühstückscroissants in der nächsten Boulangerie ein Baguette gekauft und kurz darauf in einem kleinen Supermarkt eine erste „Charcuterie Corse" aus Salami, Schinken und Käse für ein Picknick auf dem Berg.

So ausgerüstet machten sich die vier am Ausgangspunkt der Wanderung auf den Weg. Als sie nach fast drei Stunden oben ankamen, genossen sie erst einmal den großartigen Blick vom Gipfel auf das Meer und die umliegenden Berge. Dann wurde die Picknickdecke ausgebreitet und alle fielen mit gesundem Appetit über die mitgebrachten Köstlichkeiten her. Als alle ihre Brotzeit beendet hatten und Hannah sich eigentlich gerade schon für den Abstieg fertig machen wollte, merkte sie, dass ihre Mutter sie ernst und nachdenklich ansah.

„Stimmt etwas nicht, Mama?"

„Mit Dir stimmt alles, mein Kind. Es ist nur so, dass Dein Geburtstag am Montag nicht nur zur Folge hattest, dass Du jetzt volljährig bist, alleine Auto fahren und wählen darfst."

„Sondern?"

„Dass wir Dir jetzt etwas sagen müssen, was wir Dir eigentlich am liebsten schon viel länger hatten sagen wollen. Wir mussten aber versprechen, damit zu warten, bis Du 18 bist."

„Sehr schlimm?"

„Als Dein Vater und ich uns kennenlernten und ineinander verliebten, im sechsten Semester, da hatten wir beide einen und eine best friend. Die kannten sich vorher nicht. Ute studierte Jura wie wir, aber zwei Semester unter uns. Ich kannte sie aus dem Wohnheim in der Studentenstadt, in dem ich damals wohnte. Und Georg studierte Medizin. Papa kannte ihn aus der Hochschulpolitik, in der damals beide aktiv waren.

Wir haben die beiden dann öfter mal mitgenommen, wenn wir abends und am Wochenende unterwegs waren. Irgendwie hatten auch alle ähnliche Interessen und Einstellungen: Musik, Kultur, italienisches Essen, Berge, Natur. Wir haben viel zusammen gemacht und es hat nicht lange gedauert, bis es bei den beiden ebenfalls gefunkt hat. Seitdem waren wir unzertrennlich. Am Ende des Studiums waren wir eine größere Clique, die viel zusammen gemacht hat, aber Georg, Ute, Papa und ich, wir waren ganz klar der harte Kern. Wir blieben dann auch nach dem Studium zusammen in München. Ute hat hier Referendariat gemacht, Georg seinen Facharzt. Als wir hier rauszogen, hatten sie sich ein Haus in Solln organisiert und wir haben uns ganz oft besucht. Bei den jeweiligen Hochzeiten war immer einer aus dem anderen Paar Trauzeuge. Und als dann die Kinder kamen, wurde der, der nicht Trauzeuge war, Taufpate. Ute bei Patrick und Papa bei der Tochter von Ute und Georg.

Ja und im lauf der Zeit hatten sich die beiden zu begeisterten Kletterern entwickelt. So wie Du jetzt. Vor allem Ute hat in der Schwangerschaft und während der Stillzeit schon etwas darunter gelitten, dass das Klettern tabu war. Nach dem Abstillen sind sie dann, sobald der Schnee weg war, an einem Frühsommersamstag sofort in die Berge. Wir haben natürlich auf ihre Tochter aufgepasst, die sich schon super mit Patrick verstanden hat, obwohl sie ein Jahr jünger war. Eigentlich war das ein wunderschöner Tag damals und wir hatten viel Spaß. Nur kamen Ute und Georg einfach nicht wieder zurück. Wir hatten eine Uhrzeit am Nachmittag ausgemacht, ich hatte Kuchen gebacken, der Kaffee war schon vorbereitet, aber die beiden kamen einfach nicht.

Damals gab es noch keine Handys, nur Festnetz und Telefonzellen. Wir konnten also gar nicht nachfragen, sondern saßen einfach nur da und warteten. Es wurde immer später und später und wir machten uns immer mehr Sorgen. Dann rief irgendwann am Abend Utes Vater an, den wir damals auch schon gut kannten. Und es wurde Wirklichkeit, was wir schon befürchtet hatten. Beim Klettern war gar nichts passiert, Aber auf der Rückfahrt zu uns. Auf der Gegenfahrbahn hat irgendein Idiot in einer unübersichtlichen Stelle überholt und raste dann auf das Auto von Georg und Ute zu. Georg konnte nicht mehr ausweichen, die Autos prallten zusammen. Alle waren sofort tot.

Utes Vater, der in der Nähe von Stuttgart wohnte, hat sich noch an dem Abend auf den Weg gemacht und kam dann am nächsten Morgen zu uns. Wir haben stundenlang geheult und geredet. Irgendwann wurde uns allen bewusst, dass das was passiert war, nicht mehr zu ändern ist. Und dann kamen wir natürlich schnell zu der Frage, was jetzt mit der einzigen Überlebenden der Familie werden sollte. Utes Vater war geschieden, alleinstehend und als Chef eines Maschinenbauunternehmens beruflich sehr stark eingespannt. Er meinte, für ihn sei es unheimlich schwierig, die Kleine zu sich zu nehmen. Und die anderen Großeltern, also die Eltern von Georg, waren als Diplomatenehepaar ständig in der Welt unterwegs. Das hätte auch nicht gepasst. Also hat er uns gefragt, ob wir uns vorstellen konnte, die Kleine zu adoptieren. Gerade weil sie sie sich mit Patrick so gut verstand.