Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Die Praktikantin 01

Geschichte Info
Mir wird eine Praktikantin zugeteilt...
22.7k Wörter
4.69
89.3k
36
Geschichte hat keine Tags
Teile diese Geschichte

Schriftgröße

Standardschriftgröße

Schriftabstand

Standard-Schriftabstand

Schriftart Gesicht

Standardschriftfläche

Thema lesen

Standardthema (Weiß)
Du brauchst Login oder Anmelden um Ihre Anpassung in Ihrem Literotica-Profil zu speichern.
ÖFFENTLICHE BETA

Hinweis: Sie können die Schriftgröße und das Schriftbild ändern und den Dunkelmodus aktivieren, indem Sie im Story-Infofeld auf die Registerkarte "A" klicken.

Sie können während unseres laufenden öffentlichen Betatests vorübergehend zu einem Classic Literotica® Erlebnis zurückkehren. Bitte erwägen Sie, Feedback zu Problemen zu hinterlassen oder Verbesserungsvorschläge zu machen.

Klicke hier

Kapitel 1

„Schönen guten Morgen. Bin ich hier richtig bei Herr Müller?"

Ich werde aus meinen Gedanken gerissen. Ach, herrje, heute soll die neue Praktikantin anfangen. Pünktlich ist sie schon mal. Das ist gut. Und freundlich scheint sie auch zu sein. Super!

Der Kopf, den ich im Türspalt sehe und der mich aus neugierigen, aber auch aufgeweckten Augen anschaut, gehört offenbar zu einer sehr jungen Dame. Sie ist fast schon unerträglich gut gelaunt für einen Montagmorgen, hat aber auch etwas Ansteckendes an sich. Ich weiß nicht, ob es ihre Freundlichkeit oder der durchaus attraktive Anblick ist, auf jeden Fall bessert sich auch meine Laune schlagartig.

„Guten Morgen. So viel Schwung am Montagmorgen ist fast zu viel", lächle ich deshalb ebenfalls freundlich zurück.

„Das Leben ist zu kurz, um schlecht gelaunt zu sein", kontert sie mit ihrem einnehmenden Lächeln.

Mit diesen Worten schwingt die Tür ganz auf und sie kommt nun definitiv in den Raum. Ich schätze sie auf Anfang zwanzig. Sie ist etwa 1,70 m groß, ausgesprochen schlank, trainiert, hat lange, braune Haare und eine Top-Figur. Das schon erwähnte freundliches Lächeln im Gesicht und ein sehr intensives Strahlen in den bernsteinfarbenen Augen runden das Bild äußerst harmonisch ab.

„Sie sind wohl eine kleine Philosophin", grinse ich, angesteckt von ihrer guten Laune.

„Ach nein, nur mein Grundstein an Lebensweisheit", lächelt sie zurück. „Herr Müller?"

„Ja, ich bin Thomas Müller. Bin aber nicht der Fußballer. Mit dem bin ich auch nicht verwandt oder verschwägert."

„Ich will Ihnen ja nicht zu nahe treten, aber das hätte ich auch ohne ihren Hinweis erkannt. Die Ähnlichkeit ist nicht wirklich groß", kichert sie.

„Na gut, dann hätten wir schon mal geklärt, wer ich nicht bin. Und Sie sind dann also die neue Praktikantin, die man mir angekündigt hat", antworte ich und versuche etwas ernster zu werden.

„Ja, Vera Pirri, ist mein Name. Ich hoffe, ich muss nicht nur Post sortieren oder putzen", meint sie und schaut sich verstohlen im Büro um. „Ich würde wirklich gerne Einblick ins Berufsleben bekommen und bin mir auch für keine Arbeit zu schade."

„Da machen Sie sich mal keine Sorgen. Mein Kollege hat sich am Wochenende bei einem Skiunfall beide Beine gebrochen und fällt für mindestens zwei Monate aus. Deshalb gibt es Arbeit genug und ich hoffe, zusammen werden wir auch diesen Totalausfall meistern.

Sie können also gleich anfangen und ich hoffe, Sie finden sich schnell in ihrem neuen Aufgabenbereich zurecht. Sie sehen, es ist genug zu tun und Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, nicht richtig ausgelastet zu werden. Allerdings eine Bitte habe ich. Sagen Sie mir bitte rechtzeitig, wenn ich Sie überfordere. Sie können jederzeit auf meine Hilfe und auf meinen Rat zählen", antworte ich ehrlich.

„Das klingt nicht schlecht. Bin ja schließlich hier, um etwas zu lernen", antwortet sie und scheint tatsächlich zufrieden mit der Situation zu sein.

„Na dann, los an die Arbeit. Und wenn wir schon Kollegen sind, dann sagen wir Du zueinander. Ich bin der Tom und das ist dein Schreibtisch", sage ich und zeige auf den Platz meines verunglückten Kollegen.

„Und ich bin Vera", antwortet sie. Vera nimmt am Schreibtisch mir gegenüber Platz. „Das hast du ja schon mitbekommen."

Sie schaut sich etwas hilfesuchend auf dem Tisch um. Martin, mein Kollege, ist eher der chaotische Typ. Sein Chaos hat zwar System, aber es bleibt auf jeden Fall ein Chaos. Darin kennt zwar er sich aus, aber ein anderer behält nur sehr schwer den Durchblick. Zudem sieht der Schreibtisch immer aus, als ob dort der Zufall regieren würde.

„Räum am besten alles in den Schrank da hinten. Schau dir dabei die Sachen gut an und sortiere sie nach deinem Gefühl, damit du weißt, wo was ist. Ich weiß, das ist keine leichte Aufgabe, aber Martin ist halt so. Es tut mir Leid, dass du genau seinen Schreibtisch übernehmen musst", versuche ich ihr zu erklären.

„Wenn ich auf deine Hilfe zählen kann, dann werde ich das schon schaffen. Da mache ich mir wenig Sorgen", meint sie voller Zuversicht.

„Natürlich, du kannst jederzeit fragen", biete ich ihr erneut an.

„Womit hat sich Martin beschäftigt? Muss ich auf etwas besonders Acht geben?", erkundigt sie sich.

„Holen wir etwas weiter aus. Hat dir schon jemand erklärt, was die Firma macht?", frage ich.

„In groben Zügen. Wir produzieren Isoliermaterialien für Bauten. Wenn ich richtig verstanden habe zur Wärmedämmung", meint sie etwas unsicher. Sie weiß wohl nicht ganz, warum ich ihr diese Frage gestellt habe.

„Das stimmt und der alte Rocca -- das ist der oberste Chef und Inhaber des Unternehmens - ist genial, was die Produktion und die Neuentwicklung von Produkten angeht. Vertrieb und Marketing sind nicht so ganz seine Stärken. Dafür gibt es unseren Chef, Hans Grüner, der aber leider im Marketing eine Niete ist und den Vertrieb uns überlässt. Deshalb müssen Martin und ich nicht nur den Vertrieb sondern gleich auch das Marketing schaukeln. Wenn ich richtig informiert bin, hat Martin die Unterlagen für den Vertrieb hier rechts und die, welche den Bereich Marketing betreffen links", versuche ich Ihr zu erklären.

„Der alte Rocca? Gibt es auch einen jungen?", erkundigt sich Vera sichtlich überrascht.

„Nun ja, unser Chef ist Mitte Fünfzig, hat aber, soweit ich weiß, keine Kinder. Hätte es dich interessiert, dir den jungen Rocca zu angeln?", versuche ich sie zu necken.

„Nein, ganz sicher nicht", antwortet sie etwas schockiert. „Ein Mann ist das letzte, was ich brauche."

„Na dann, an die Arbeit", versuche ich abzulenken. Mir ist nicht ganz klar, ob mein Scherz bei ihr womöglich im falschen Schlund gelandet ist.

Vera versucht nochmals kurz alles zu überblicken und macht sich dann mit Eifer daran, die Sachen zu sortieren und auf und im Schrank hinter sich neu zu stapeln. Ich beobachte sie dabei immer wieder. In ihrer engen Jeans und dem lässigen Shirt macht sie eine umwerfende Figur. Wäre ich nochmals jung, würde ich sie sofort umwerben. Sie ist traumhaft schön und hat ein wirklich offenes und ansprechendes Wesen.

Vera stellt mir immer wieder Fragen. Diese beweisen, sie hat im Wesentlichen die Materie verstanden und arbeitet sich sehr konzentriert durch die Unterlagen meines Kollegen. Ich habe selten eine Praktikantin gesehen, die mit so viel Eifer bei der Sache war. Dabei hat sie einen sehr klaren Verstand, checkt die Sachen unglaublich schnell und ist zudem selbstsicher genug, zwischendurch ihre Meinung abzugeben, zum Beispiel wenn sie Werbeanzeigen sieht.

„Essen wir in der Kantine?", erkundigt sie sich, als es Richtung Mittag geht. „Ich habe langsam Hunger."

„Wenn du mitkommst, gerne", antworte ich. „Dann müssen wir um 12.30 Uhr unten sein."

Die zwanzig Minuten, die noch bleiben, arbeiten wir dann auch wieder recht konzentriert weiter. Diesmal bin ich es, der sie darauf aufmerksam macht, dass es nun Zeit wird zu gehen.

„Es ist schön, einen Kollegen zu haben, der einem alles zeigt. Für mich ist ja alles neu heute", bedankt sie sich.

„Das ist doch selbstverständlich", winke ich etwas verlegen ab und gehe voraus.

Wir gehen in die Kantine, holen uns unser Essen, wobei der Typ an der Theke Vera offen anschmachtet, dass es fast schon peinlich ist und auch den anderen fallen beinahe die Augen aus dem Kopf. Der eine oder andere versucht auch einen Spruch abzulassen. Besonders intelligente Versuche, ein Gespräch mit ihr zu beginnen, sind aber leider nicht dabei und ich schäme mich fast für meine Arbeitskollegen.

Vera überrascht mich auch hier. Sie reagiert freundlich auf die missglückten Versuche, lässt aber gleichzeitig keinen Zweifel aufkommen, dass sie kein Interesse hat. Nur mir gegenüber wirkt sie sehr aufgeschlossen.

Zuerst erkläre ich ihr, wie es in der Kantine funktioniert, wo sie was bekommt und ich verrate ihr auch, worauf sie besonders achten soll. Beim Essen selbst plaudern wird dann recht angeregt. Ich habe mich schon lange nicht mehr so wohl gefühlt, wie jetzt in ihrer Gesellschaft.

„Wie lange arbeitest du schon hier in dieser Firma?", erkundigt sie sich und gibt mir wirklich das Gefühl, dass es sie interessiert.

„Seit neun Jahren."

„Und, macht die Arbeit immer noch Spaß?"

„Nun ja, ich habe zwar praktisch keine Aufstiegschancen mehr, dafür habe ich einen Chef, der mich machen lässt, was immer ich möchte. Er redet mir nicht drein, weil er eh nichts versteht. Einmal hat er einen Vorschlag versenkt und dann eine so dumme Figur gemacht, weil er meine Argumente nicht verstanden hat, dass er Vorschläge nur noch ablehnt, wenn sie zu teuer sind.".

„Viel Respekt vor diesem Herrn Grüner hast du nicht", stellt Vera schmunzelnd fest.

„Ich will nicht schlecht über ihn reden. Ich denke jedoch, du wirst mit ihm zu tun haben und dir ein ähnliches Bild von ihm machen. Du bist schließlich ein kluges Mädchen. Deshalb brauche ich dir nichts vormachen. Ich denke sowieso, dass du dich in deiner Meinung von mir nicht beeinflussen lässt. Aber wir arbeiten recht eng zusammen und da sollte man ehrlich sein können."

„Danke für das kluge Mädchen", schmunzelt sie.

„Und hübsch bist du auch", rutscht mir heraus.

„Willst du mich anbaggern?"

Bei dieser Frage fixiert sie mich mit den Augen. Man kann sich der Wirkung dieser bernsteinfarbenen Juwelen echt nicht entziehen. Allerdings habe ich keine Ahnung, ob sie es scherzhaft oder ernst meint.

„Dazu bin ich leider schon zu alt", wehre ich ab.

„Nun ja, du bist ein Mann in den besten Jahren."

„Ich bin Realist genug, um zu wissen, dass ich mit meinen achtunddreißig Jahren viel zu alt für dich bin", stelle ich klar.

„Du könntest mir schon gefährlich werden", neckt sie mich.

„Verarschen kann ich mich selber. Wie alt bist du? Einundzwanzig? Höchstens Zweiundzwanzig", lache ich.

„Nein ehrlich. Man sollte die Hoffnung nie aufgeben. Und außerdem bin ich schon Dreiundzwanzig", zieht sie ein wenig die Schnute.

„Schon Dreiundzwanzig? Schon!"

„Die Nachspeise ist super. Wenn ich noch eine bekäme, würde ich sie verdrücken", wechselt sie ganz abrupt das Thema.

„Mal sehen, was der alte Hase organisieren kann", schmunzle ich und stehe auf.

Ich gehe zum Tresen und bitte den Typen, der vorhin Vera so angeschmachtet hat, um eine zweite Nachspeise für sie. Ohne jede Widerrede gibt er mir eine. Während ich darauf warte, werde ich von allen möglichen Leuten ausgequetscht. Sie wollen wissen, wer die Neue ist, was sie hier macht, wie lange sie bei uns bleibt, ob sie einen Freund hat und so weiter. Einer fragt mich allen Ernstes, ob ich ihm ihre Handynummer besorgen könnte.

„Da musst du sie schon selbst drum fragen", sage ich recht abweisend. „Bin ja kein Partnerinstitut."

„Nicht eifersüchtig sein. Die Kleine gehört doch nicht dir allein", antwortet der andere etwas sauer.

„Sie gehört niemandem", stelle ich klar und gehe zurück zu unserem Tisch.

„Danke, das ist super lieb von dir", bedankt sich Vera, als ich mit dem Nachschub zurückkomme.

„Da musst du eigentlich Tobias danken. Der ist so hin und weg von dir, dass er sogar noch zehn Nachspeisen herausgerückt hätte, wenn sie für dich sind", grinse ich.

Sie lässt sich die Nachspeise sichtlich schmecken. Diesmal schaut sie sich interessiert um und beobachtet die Leute. Wir sitzen schweigsam am Tisch. Als sie die leere Glasschüssel von sich schiebt, nickt sie mir aufmunternd zu und steht auf.

„Danke Tobias, das war echt lieb von dir", bedankt sie sich, als sie an der Theke vorbeigeht und macht den Angesprochenen damit unglaublich glücklich.

„Hey Süße, kann ich deine Handynummer haben. Wir zwei würden gut zusammenpassen", meint der ungebildete Klotz zu Vera, der mich schon vorher nach ihrer Nummer gefragt hat.

„Das ist jetzt aber schade. Ich habe kein Handy", antwortet sie freundlich, als ob nichts wäre.

„Wie kein Handy? Das gibt es doch nicht", ist der Typ ganz überrascht.

„Es geht auch ohne. Glaub mir. Oft noch besser", antwortet sie ihm und lässt ihn mit einem freundlichen Lächeln einfach stehen.

Ich höre ihn noch schimpfen, von wegen es gebe doch kein junges Mädchen ohne Handy. Aber ich höre nicht lange hin und bin dann auch bald um die Ecke, wo ich eh nichts mehr mitbekomme. Der Typ ist echt das Letzte. So wird er vermutlich nie mit einer halbwegs intelligenten Frau anbandeln können.

Zurück im Büro arbeiten wir wieder recht konzentriert. Vera stellt mir zwischendurch Fragen zu den Unterlagen, aber sonst sind wir sehr auf unsere Arbeit konzentriert. Ich ertappe mich dabei, wie ich Vera immer wieder heimlich beobachte. Und da fällt mir auch auf, dass sie tatsächlich kein Handy dabei hat.

„Hast du echt kein Handy?", frage ich nach einiger Zeit.

„Ist das schlimm?"

„Nein, nur etwas ungewöhnlich."

„Um ehrlich zu sein, ich besitze zwar ein Handy, aber das nehme ich nur, wenn ich es brauche. Ich versuche nicht eine Sklavin meines Streicheltelefons zu sein, wie so viele meiner Altersgenossen. An der Uni war es fast schon unerträglich. Du konntest dich mit den Leuten nicht mehr richtig unterhalten. Man hat sich nur noch Nachrichten geschickt.

Deshalb habe ich irgendwann das Handy zur Seite gelegt und mich nur noch mit jenen Leuten abgegeben, die auch mit mir gesprochen haben. Wer sich mit mir abgeben wollte, der musste es auf direktem Wege und nicht über WhatsApp oder sonst wie tun. Ich kann dir versichern, das ist eine ganz neue Qualität der Kommunikation."

„Das glaube ich dir aufs Wort. Aber es brauch in der heutigen Zeit schon eine ordentliche Portion Mut und Selbstvertrauen, um einen solchen Schritt zu machen."

„Ich nehme das Handy nur noch, wenn ich auf den Berg gehe oder wenn ich es brauche, um Hilfe zu holen. Ansonsten bleibt es zu Hause. Und das hält mir auch unliebsame Verehrer vom Hals. Die sind meist zu faul sich wirklich zu bemühen. Wenn du als Mädchen ein Handy hast, haben unzählige solcher Kerle, wie der eben in der Kantine, deine Nummer und geben keine Ruhe mehr", erklärt sie.

„Es ist inzwischen schon achtzehn Uhr. Zeit nach Hause zu gehen", stelle ich überrascht fest, als ich auf die Uhr schaue.

„Bist du immer pünktlich wie ein Maurer?", prustet sie los vor Lachen.

„Was heißt hier, pünktlich wie ein Maurer? Wir hätten schon um 17.30 Uhr Dienstschluss gehabt", antworte ich etwas verwundert.

„Oh, das wusste ich nicht", grinst sie entschuldigend. „Ist nur so, dass ich noch keinen Bock drauf habe, nach Hause zu gehen."

„Wartet Mister right heut nicht auf dich?"

„Nein, den gibt es im Augenblick nicht."

„Schade", antworte ich.

„Nein, ganz und gar nicht. Wenn der Richtige kommt, dann kommt er. Das kann man nicht erzwingen", antwortet sie recht gelassen und ich glaube ihr das auch. „Und bei dir? Warten zu Hause Frau und Kinder?"

„Ich bin das beste Beispiel dafür, dass man oft sehr lange auf die Richtige wartet", grinse ich.

„Wie? Keine Frau, keine Kinder?"

„Junggeselle, ein echter sogar. Oder Single, wie man heute dazu sagt."

„Und was machst du dann jetzt?"

„Ich weiß es nicht. Früher bin ich oft mit Martin noch auf ein Feierabendbier gegangen. Das ist immer gut, um etwas runter zu kommen. Aber das geht ja im Augenblick nicht. Martin ist nicht da und alleine macht es wenig Spaß."

„Mit zwei gebrochenen Füßen ist das auch schwierig", lacht Vera, „Und mit mir hast du keinen Bock auf ein Feierabendbier?"

„Wie? Du würdest mit mir ein Feierabendbier trinken gehen?", bin ich überrascht.

„Nun ja, warum nicht? Ich trinke lieber Bier und bin keine Sekt-Tussy."

„Na dann komm", fordere ich sie auf und nehme mein Jacke.

Wir gehen in die Kneipe, in die ich sonst immer mit Martin gegangen bin. Ich habe kurz überlegt, ob das schon das passende Lokal dafür ist, eine junge Dame auszuführen. Aber es ist schließlich keine Spelunke und Vera macht auf mich einen recht bodenständigen Eindruck. Und sie macht dann auch nicht den Eindruck, als würde sie sich in dem Lokal unwohl fühlen.

„Auf die neue Praktikantin?", proste ich ihr zu, als wir am Tisch sitzen und mit dem ersten Bier anstoßen.

„Auf meinen Lehrmeister. Ich glaube, ich habe es mit dir ganz gut getroffen", hält sie dagegen.

„Du hast gesagt, du gehst in die Berge?", frage ich, nachdem wir den ersten Schluck getrunken haben. Ich versuche das Thema zu wechseln.

„Ja, ich gehe leidenschaftlich gerne wandern. Aber im Augenblick habe ich niemanden, der mich begleitet. Meine Mutter ist nicht mehr so gut zu Fuß und wie schon gesagt, Freund habe ich im Augenblick keinen", antwortet sie recht offen.

„Ich fahre am Wochenende nach Südtirol zum Wandern", platze ich heraus.

„Wohin dort? Südtirol kenne ich gut", ist sie sofort begeistert.

„Nach Sexten. Kennst du das?"

„Ja natürlich. Und was hast du dort vor?", ist ihre Neugier auch schon geweckt.

„Ich wollte schon immer den Alpinisteig machen. Und wenn ich es noch schaffe, würde ich am Sonntag einen leichteren Berg besteigen."

„Nein, nicht wahr, den Alpinisteig willst du machen. Das war immer schon mein ganz großer Wunsch. Dieser zwar beschwerliche Weg entlang der Frontlinie des Ersten Weltkrieges muss unglaublich sein", schwärmt sie.

Die Begeisterung ist ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. Ihre Augen strahlen noch stärker als sonst, ihr Blick bekommt etwas Sehnsuchtsvolles und ich kann die Leidenschaft für das Wandern und Bergsteigen sehen.

„Kann ich nicht mitkommen?", platzt sie nach einer kurzen Pause heraus und schaut mich mit unglaublich hoffnungsvollem Blick an.

„Aber das geht doch nicht", ist meine erste Reaktion.

„Du bist also doch nicht alleine", antwortet sie und es klingt furchtbar traurig.

„Nein, das nicht, aber ich habe nur einen Zeltplatz reserviert", erkläre ich meine Absage.

„Was hast du denn für ein Zelt?", will sie wissen.

„Ein Dreimannzelt. Ganz etwas Einfaches. Ich brauche keinen Luxus", sage ich fast entschuldigend.

„Aber in einem Dreimannzelt hätten wir doch locker beide Platz", wirft Vera leicht unsicher und schüchtern ein.

Dabei schaut sie mich auch noch mit einem so treuen Hundeblick an, dass ich mir richtig schäbig vorkomme, sie nicht mitzunehmen.

„Das würde dir nichts ausmachen. Mit mir in so einem kleinen Zelt?", frage ich überrascht.

„Es ist ja nur für zwei Nächte und nicht fürs ganze Leben. Bitte!", fleht sie mich regelrecht an.

„Bist du trainiert?", frage ich. „Der Alpinisteig hat es in sich."

„Etwa zehn Stunden Marsch, ohne Aufenthalte, bergauf und bergab. Ich weiß. Das traue ich mir zu. Ehrlich!", bestätigt sie.

„Und wie sieht das in der Firma aus, wenn wir zusammen in den Urlaub fahren?", ist mein Widerstand bereits beim Bröckeln.

„Hier muss es ja keiner wissen. Ich erzähle es niemandem. Ehrlich! Ich kenne ja auch keinen", versichert sie treuherzig und fast schon ein wenig schelmisch. „Außerdem ist es nicht Urlaub sondern Anstrengung."

„Na dann", grinse ich nachdem ich sie eine ganze Zeitlang habe zappeln lasse. „Aber ich nehme keine Rücksicht. Du bekommst bei mir keinen Mädchenbonus."

„Den brauche ich nicht", versichert sie mir. „Ich könnte dir vor Freude um den Hals fallen."

„Das wäre allerdings auffällig", grinse ich.

„Vor allem weil da hinten der Typ von der Kantine ist, der meine Handynummer haben wollte", meint sie sichtlich genervt.

„Ok, dann starten wir am Freitag gleich nach der Arbeit um dreizehn Uhr. Rucksack und alles Notwendige musst du zur Arbeit mitbringen", weise ich sie an.

„Aber, fällt das nicht auf?", wirft sie ein.

„Anders ist es nicht zu schaffen", halte ich dagegen.

„Ok, du bist der Boss", grinst sie überglücklich. „Muss ich Lebensmittel mitnehmen?".

„Was wir brauchen habe ich mit. Das passt schon. Du musst nur an deine Sachen denken."

„Du bist ein Schatz! Ich könnte dich knutschen", flüstert sie mir zu, so dass es niemand außer mir hören kann.

Kapitel 2

Ich weiß nicht, ob ich mich freuen soll oder nicht. Natürlich bin ich froh, dass ich nicht alleine in die Berge fahren muss sondern eine Begleitung habe. Und dann auch noch ein so süßes, junges Mädchen. Zum einen ist es zu zweit sicherer und zum anderen ist es auch viel schöner, wenn man die Erlebnisse mit jemandem teilen kann. Vera ist wirklich ein ausgesprochen hübscher Käfer. Aber andererseits kenne ich ihre Kondition nicht und ich weiß nicht, wie es ist, mit ihr auf so engem Raum zusammen zu sein.