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Die Weltreise - Kapitel 09

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Die Tipps waren echt gut und so verging die Zeit bis zum Wiedersehen mit Henry wie im Flug. Als wir am Nachmittag wieder im Café eintrafen, erhob sich Henry von seinem Platz und schaute uns freundlich entgegen. Wir grüßten uns und Henry lud uns noch auf einen schnellen Kaffee ein, da er seinen gerade erst bestellt hatte. Diesmal war es an uns, einige Informationen über uns preis zu geben. So erfuhr er, dass ich diese Weltreise gewonnen hatte, erfuhr, was für einen harten Schlag wir hatten hinnehmen müssen und wie unsere Mutter schließlich wieder zu uns gestoßen war. Das besondere Verhältnis zwischen Mike und mir verschwiegen wir aber, hatte uns unsere Mutter ja bereits am Morgen als Geschwister vorgestellt. Er schüttelte nur erstaunt den Kopf. „Na, da habt ihr ja einiges durchmachen müssen. Mein aufrichtiges Beileid für euren Verlust", betrübt blickte er uns der Reihe nach an.

„Danke dir, Henry, wir geben uns gegenseitig Halt, das macht den Schmerz ertragbar." Meine Mutter blickte ihm mit einem Lächeln an. „Aber jetzt wollen wir kein Trübsal blasen, das hätte mein Mann sicher nicht gewollt. Also wenn dein Angebot als Fremdenführer noch steht, würde ich sagen, wir satteln die Pferde." Da niemand widersprach, bezahlten wir den Kaffee und verließen gemeinsam die Örtlichkeit.

Henry war ein hervorragender Guide. Er wusste viel über seine Wahlheimat zu erzählen und kannte die ein oder andere versteckte Sensation. Als wir uns einen kleinen Imbiss gönnten, fragte Mike Henry nach der nächstmöglichen Toilette, während ich mit meiner Mutter im Gespräch war. Die beiden gingen also das WC suchen und ich blieb mit Mama an dem Futterstand zurück. „Und Bibi, wie gefällt es dir?" Scheinbar war meiner Mutter nach ein wenig Smalltalk zumute.

„Soweit klasse, hätte nicht gedacht, dass man hier so viele kleine geheime Ecken finden kann. Ohne Henry hätten wir sowas nicht gesehen." Zustimmend nickte meine Mutter mir zu. Das Gespräch kam zum Erliegen und wir mussten noch geschlagene zwanzig Minuten auf die beiden Herren warten. Daher war ich auch etwas gereizt, als sie sich endlich wieder zu uns gesellten. „Na das hat ja lange gedauert." Schuldbewusst sahen mich die beiden an.

„Naja wir mussten ja noch...", dann schien Henry sich plötzlich an etwas zu erinnern und unterbrach sich selbst. „Also wir mussten etwas länger laufen, bis wir ein Klo gefunden hatten", beendete er schließlich seinen Satz. Die Unterbrechung kam mir zwar merkwürdig vor, aber da mein Bruder nickend daneben stand, musste es wohl so gewesen sein. Auch meine Mutter schien mit der Erklärung einverstanden.

„Na, dann lasst uns jetzt endlich weiter gehen, oder haben wir schon alles gesehen?", fragend wandte sie sich an Henry.

„Mitnichten die Dame, bitte folgen sie mir." Dabei machte er eine ausladende Bewegung mit der Hand und lachend setzten wir unsere Tour fort. Neben den ganzen Entdeckungen, die wir machten, vergaßen wir aber nicht uns für den morgigen Tag einzudecken. So versorgten wir unsere Mama mit warmer Kleidung, Mike und ich hatten unsere ja noch vom Shop. Aber da wir nicht sicher gehen konnten, dass unsere Mutter auch einen hundertprozentigen Rabatt bekam, deckten wir sie lieber gleich dort ein, wo es günstiger war. Zusätzlich kauften wir, aus den gleichen Gründen, Snacks und jede Menge Wasser. So betraten wir voll bepackt erst spät am Abend wieder unser Schiff. Meine Füße brannten wie Feuer, so viel war ich schon lange nicht mehr gelaufen. Das Abendessen fiel daher auch recht kurz aus und wir überließen es unserer Mama, der neugierigen Silvia alles zu erzählen.

Wieder in unserem kleinen Reich, ließ ich mich vollkommen erledigt aufs Bett fallen. Mike sah mich an, bevor er damit begann sich auszuziehen. „Ich geh duschen, willst du mitkommen?" Mit großer Kraftanstrengung schaffte ich es meinen Kopf zu heben.

„Nur wenn du mich trägst." Was als Scherz gemeint war, setzte mein Bruder plötzlich in die Tat um. Scheinbar ohne Probleme hob er mich vom Bett auf und trug mich Richtung Badezimmer. Ich bekam vor Lachen kaum noch Luft, wies ihn dann aber darauf hin, dass ich immer noch bekleidet war. Zuckend hob er die Achseln, was bei meinem Zusatzgewicht doch sehr ungelenkig aussah.

„Tja also entweder gehst du mit Sachen unter die Brause oder ich muss dich auszuziehen." Dann ließ er mich aber grinsend auf den Boden zurück und ich entledigte mich schnell meiner Klamotten. Ich wollte schon weiter Richtung Bad gehen, doch Mike hielt mich zurück. „Du hast gesagt, ich muss dich tragen, also hopp." Und schon hatte er mich wieder gepackt und trug mich die restliche Strecke, bis er mich schließlich in der Duschkabine wieder absetzte. Ich zog ihn zu mir hinterher und gab ihm einen kurzen Kuss auf den Mund.

„Ich weiß, ich hatte dir heute früh was versprochen, aber könnten wir das verschieben? Ich bin echt kaputt." Zärtlich strich er mir eine Strähne aus dem Gesicht.

„Glaubst du ich nicht? Solange ich mit dir kuscheln darf, können wir unser Liebesspiel gerne vertagen." Da wir uns dahingehend einig waren, hielten wir uns auch unter der Dusche zurück und so dauerte es nicht allzu lange und ich kuschelte mich an den warmen Körper meines Liebsten.

„Es war zwar anstrengend, aber trotzdem hat sich der Tag echt gelohnt. Schön, dass wir Henry getroffen haben, eigentlich schade, dass wir uns nur noch mal sehen, wenn er sich verabschieden kommt." Wir hatten ihm gesagt, was wir alles noch geplant hatten und dass wir nicht lange bleiben würden. Henry hatte es aber leichtgenommen, da er, nach eigener Aussage, die nächsten Tage sowieso sehr eingespannt sei. Er versprach uns aber am Hafen vorbeizukommen, bevor wir ablegten. Mit den Gedanken schon beim nächsten Tag und den damit verbundenen Strapazen, schlief ich schließlich ein.

Wir waren gerade dabei die Rucksäcke zu packen, welche uns Mama gestern ebenfalls gekauft hatte, als es an der Tür klopfte. Ich unterbrach meine Tätigkeit und ging zur Tür, um sie zu öffnen. Eine gut gelaunte Sasha blickte mir entgegen. „Na, fertig mit packen? Eure Mama und Onkel Peter sitzen schon beim Frühstück. Ich soll euch ausrichten, dass ihr die warme Kleidung nicht vergessen sollt. Da oben soll es ziemlich kalt werden." Ohne zu antworten, drehte ich mich um und mit Handzeichen bedeutete ich Sasha mir ins Zimmer zu folgen.

„Sei froh, dass du gestern nicht mitgekommen bist, mir tun meine Füße jetzt noch weh, vom ganzen Laufen", eröffnete ich schließlich das Gespräch und holte währenddessen die zwei dicken Jacken aus dem Schrank. Eine davon reichte ich Mike, der mir verlegen zu zwinkerte. Wahrscheinlich hätten wir sie wirklich vergessen, unsere Mutter hatte scheinbar einen sechsten Sinn. Als die Rucksäcke schließlich gepackt waren, begaben wir uns zu dritt in den Speisesaal.

Dort wurden wir von Mama und Onkel bereits erwartet.

„Alles gepackt? Habt ihr auch nichts vergessen?" Sofort wurden wir mit Fragen bombardiert.

„Dir auch einen guten Morgen, Mama. Und ja, alles erledigt. Nach dem Frühstück können wir los." Der Kapitän hatte es sich nicht nehmen lassen für unseren Ausflug einen Shuttlebus zu organisieren, welcher uns an diesem Tag hinbringen und am nächsten Tag wieder abholen würde. Da wir die einzigen Mitfahrer waren, brauchten wir auch nicht auf andere Mitfahrer Rücksicht nehmen. Trotzdem wollten wir uns beeilen. Zum einen würde die Fahrt bis zum Fuji mehr als zwei Stunden dauern, zum anderen stand uns dann ja auch noch ein gewaltiger Aufstieg bevor. So beeilten wir uns also mit dem Frühstück und waren eine halbe Stunde später bereits auf der Straße unterwegs.

Als wir aus dem Bus stiegen, erschlug mich die schiere Größe des Berges, den wir besteigen wollten. Wie meine Mutter zu berichten wusste, lag nur jetzt im Sommer kein Schnee auf der Spitze, sonst wäre es unmöglich gewesen, bis zu unserer gemieteten Hütte zu kommen. Diese lag nämlich an der letzten Station, bevor es nur noch zum Krater des Vulkans ging. „Wir müssen über 2000m hoch, also richtet euch auf einen langen Marsch ein, aber die Wege sollen sehr gut ausgezeichnet sein", ergänzte sie ihr Wissen noch.

„Wir machen aber schon Pausen, oder?" zweifelnd sah ich erst meine Mutter und dann den Kapitän an.

„Natürlich" antwortete dieser, „wir werden an jeder Station rasten und uns ausruhen, so wird es auch empfohlen." Und dann begann der Aufstieg. Am Anfang ging es noch leicht, da der Weg nur leicht anstieg und so erreichten wir unser erstes Ziel innerhalb einer Stunde. Meinen Füßen ging es erstaunlicherweise gut und so tollte ich an der Rast noch vergnügt mit Mike herum. Da alle Anwesenden über unser Verhältnis Bescheid wussten, sahen wir keinen Grund uns zurückzuhalten. So tauschten wir den ein oder anderen Kuss aus, nachdem mein Bruder mich beim Fangenspielen erwischt hatte. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass auch Sasha versuchte mit ihrem Onkel Zärtlichkeiten auszutauschen, doch dieser blockte ab, deutete dabei auf unsere Mutter. Ich glaubte zwar, dass sie auch mit dieser besonderen Beziehung kein Problem gehabt hätte, aber meine Freundin akzeptierte scheinbar die Entscheidung ihres Liebsten und hielt sich zurück.

Als wir die dritte Station erreichten, verfluchte ich meine frühere Entscheidung, denn inzwischen brannten meine Füße schon. Auch die Beschaffenheit des Weges hatte sich geändert. Waren wir anfänglich noch relativ flach aufgestiegen, so mussten wir jetzt zwischendurch immer wieder kleine Kletterpartien einlegen oder uns einem steilen Anstieg stellen. Dies ging ordentlich in die Knochen und so ließ ich mich erschöpft neben meinen Bruder auf einer Bank nieder und lehnte meinen Kopf an seine Schulter. „Alles okay mein Schatz?" Mit besorgter Miene blickte er mich an. Doch tapfer lächelte ich zurück.

„Ja alles gut, ich bin nur etwas geschafft" und mit fragendem Blick richtete ich mich an meine Mama. „Wie viel haben wir denn noch vor uns?" Sie schien kurz in ihrem Gedächtnis zu kramen.

„Du, so genau weiß ich das auch nicht, auf jeden Fall müssten wir aber über die Hälfte geschafft haben." Ich vergrub mein Gesicht an der Brust meines Bruders. Noch einmal so lange! Dabei waren wir schon über drei Stunden unterwegs. So anstrengend hatte ich mir diese Unternehmung nicht vorgestellt. Mein Bruder spürte meinen Unmut und streichelte mir sanft über die Haare.

„Na los Schwesterchen und wenn du gar nicht mehr kannst, trag ich dich wieder." Ich bedankte mich mit einem Kuss auf die Wange, verzichtete aber dankend auf sein Angebot.

Bis kurz vor Einbruch der Nacht, waren wir dann noch unterwegs. Ich fürchtete schon, dass wir in der Wildnis übernachten mussten, als endlich die beleuchteten Hütten vor uns auftauchten. Ich stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und ließ mich auf einer der Bänke nieder, welche vor einer der Hütten standen. Morgen würde ich definitiv Blasen an den Füßen haben, dessen war ich mir sicher. Als sich plötzlich eine Hand von hinten auf meine Schulter legte, schrak ich zusammen und kippte dabei nach vorne. Unsanft landete ich auf dem harten Boden, begleitet vom allgemeinen Gelächter der anderen. Sashas Onkel war der erste, welcher sich beruhigte und mir die Hand reichte, um mir beim Aufstehen zu helfen. Ich klopfte mir den Dreck von meinen Hosen und drehte mich dann um, damit ich sehen konnte, wer mich so erschreckt hatte.

Vor mir stand eine ältere Dame und blickte mich schuldbewusst an. „Darf ich vorstellen Bibi, das ist Frau Tanaka, sie ist die Besitzerin der beiden Hütten, welche ich gemietet habe." Ihr Blick war immer noch betrübt, doch als sie ihren Namen hörte, erschien ein Lächeln auf ihrem Gesicht.

„Konbanwa, kowagara sete gomen'nasai. Sore wa watashi no itode wa arimasendeshita. Shazai shimasu." Ich sah sie nur fragend an, da hielt mir der Kapitän sein Handy hin, auf welchem eine Übersetzungsapp lief.

„Guten Abend, es tut mir leid, dass ich Ihnen Angst gemacht habe. Das war nicht meine Absicht. Ich entschuldige mich." Kam es dann aus dem Gerät. Fragend sah ich daraufhin zu Sashas Onkel.

„Kann ich ihr dadurch auch antworten?" Eine Antwort brauchte ich gar nicht mehr abwarten.

„Watashi mo kanojo ni kotaete mo īdesu ka?", ertönte auch schon meine gestellte Frage aus dem Lautsprecher. Daraufhin mussten wir alle lachen. Frau Tanaka entschuldigte sich bei mir noch mindestens hundert Mal, wobei ich ihr versicherte, dass es mir gut geht und nichts passiert war. Wir betraten dann die Hütte und wurden von einem Hinweisschild dazu aufgefordert unsere Schuhe auszuziehen und diese in eine dafür vorgesehene Tüte zu verpacken. Dann zeigte uns Frau Tanaka den Schlafbereich, welchen wir uns mit zirka zwanzig anderen Besuchern teilen würden. Für jeden von uns war eine Matte vorbereitet, auf welchem ein Schlafsack bereitgestellt war.

Etwas missmutig sah ich meinen Bruder an. Diese Nacht würden wir seit langem das erste Mal getrennt verbringen müssen. Schließlich wurde zum Abendessen gerufen. Es war sehr schlicht, dafür aber traditionell und bestand aus Curryreis und einer Kanne mit heißem Tee. Wir wurden auch zur Eile angehalten, man wollte pünktlich zur Nachtruhe übergehen. Ein bisschen kam ich mir vor wie in einer Jugendherberge, doch brav hielten wir uns an die Anweisungen. Ich mummelte mich also in meinen Schlafsack ein und steckte mir die Ohrstöpsel in die Ohren, welche mir meine Mutter überreicht hatte. Sie hatte sich vorher tatsächlich gut informiert und wusste daher, dass die Geräuschkulisse nachts wohl sehr laut werden könnte. Kein Wunder bei etwas unter dreißig Personen in einem doch recht kleinen Raum. Es war eine recht unruhige Nacht, zum einen vermisste ich meine bessere Hälfte, zum anderen kämpfte ich mit der dünneren Luft, immerhin befanden wir uns in über 2300m Höhe.

Gefühlt war ich gerade erst eingeschlafen, als ich sanft an der Schulter berührt wurde. Verschlafen öffnete ich die Augen und erblickte meine Mama, welche mich freudestrahlend anblickte. Nachdem ich meine Ohren von den Stöpseln befreit hatte, konnte ich auch verstehen, was sie zu mir sagte. „... ist gleich Sonnenaufgang, los jetzt die anderen warten schon draußen." Ich blickte mich um und tatsächlich waren alle Schlafsäcke leer, mit Ausnahme von zwei Stück im hinteren Bereich des Raumes. Die beiden hatten wohl keine Lust darauf, die angepriesene spirituelle Erfahrung zu erleben. Da ich komplett bekleidet war, schlüpfte ich nur aus meiner warmen Höhle und schlurfte hinter meiner Mutter her, die es auffallend eilig hatte.

An der Tür packte ich meine Schuhe wieder aus der Tüte und zuckte erschrocken zurück, da diese eiskalt waren. Die Zähne zusammenbeißend zog ich dann trotzdem meine Schuhe an und folgte meiner Mama nach draußen. Gegenüber der Hütte warteten Sasha und ihr Onkel auf uns, nur von meinem Bruder konnte ich keine Spur entdecken. Verwirrt sah ich alle drei der Reihe nach an. Doch alle grinsten mich nur an. Dann nahm meine Mutter meine Hand und von hinten wurde mir ein Tuch über die Augen gezogen. Ich war komplett überfordert und wusste nicht was ich sagen oder machen sollte. Dann vernahm ich die Stimme meiner Mutter: „Vertrau mir und lass dich führen." Ich tat, was mir gesagt wurde und langsam setzten wir uns in Bewegung. „So hier stehen bleiben." Immer noch hatte ich keinen Schimmer was eigentlich los war. Dann wurde mir die Augenbinde abgenommen.

Kurz musste ich blinzeln, da ich genau in die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne schaute. Allerdings war das nicht das Einzige, was ich sah. Meine Mutter hatte mich an einem Vorsprung abgestellt und vor mir sah ich Mike. Allerdings stand er mir nicht gegenüber, sondern kniete auf einem Bein vor mir und blickte mich an. Die ganze Szenerie erschien mir unwirklich. Ich sah den Sonnenaufgang, sah meinen Bruder vor mir und wusste nicht, was ich tun sollte. Ich stand einfach so da und erschauerte, als Mike meine Hand ergriff. „Meine Liebe, seit wir uns so nah gekommen sind, vergeht kein Tag, an dem ich nicht dankbar bin, dich bei mir zu haben. Ich kann mir ein Leben ohne dich an meiner Seite nicht mehr vorstellen." Langsam dämmerte mir, was gerade geschah und mein ganzer Körper fing an zu zittern. „Ich weiß es ist nur symbolisch, aber ich möchte dir diese Frage trotzdem stellen. Isabell Werding, würdest du mir die Ehre erweisen und meine Frau werden?" Mit der Frage holte er eine kleine Schachtel aus seiner Jackentasche und als er diese öffnete, funkelte mir der schönste Ring entgegen, den ich jemals gesehen hatte. Meine Knie gaben nach, doch Mike fing mich auf und wartete geduldig auf meine Reaktion. Längst hatten sich Tränen in meinen Augen gesammelt und ich sah alles nur noch verschwommen.

Hinter mir hörte ich ein Räuspern.

„Du musst jetzt ja sagen Bibi." Wie durch einen dicken Nebel drangen Sashas Worte an meine Ohren. Dann plötzlich löste sich der Schleier. Mein Bruder hielt im Licht der aufgehenden Sonne um meine Hand an. Auf meinem Gesicht bildete sich endlich ein Lächeln und ich fiel Mike um den Hals.

„Ohh Gott, ja natürlich will ich." Endlich hatte ich meine Stimme wieder gefunden. Mein Bruder erhob sich, zog mich mit sich und zusammen begannen wir uns im Freudentaumel im Kreis zu drehen. Dann hielten wir an und meine Lippen suchten seine und der Kuss befördere mich endgültig auf Wolke sieben. Es war der perfekte Antrag vom perfekten Mann gewesen.

Minutenlang lagen wir uns in den Armen, dann endlich hatte mein Bruder die Möglichkeit mir den Ring an den Finger zu stecken. Kaum das wir uns etwas voneinander gelöst hatten, wurde ich auch schon von Sasha angesprungen. Der 19jährigen liefen dicke Krokodilstränen die Wangen herunter. „Oh ich freue mich so für euch beide." Dann wurde auch Mike umarmt. Dann kam meine Mutter auf mich zu und drückte mich ebenfalls.

„Jetzt ist es wohl amtlich, aber ich stehe zu meinem Wort. Werdet glücklich ihr zwei, ich bin stolz auf euch beide." Auch ihre Augen waren feucht von Freudentränen. Auch der Kapitän gratulierte uns anschließend, während ich mein Glück noch immer nicht fassen konnte. Immer wieder starrte ich auf den Ring an meinem Finger. Als ich meine Augen getrocknet und somit keinen Schleier mehr vor den Augen hatte, betrachtete ich mir den Ring genauer. Er schien aus Gold und zwei, wie ich schätze, Diamanten bildeten das Zentrum. Doch am meisten war ich von der Fassung angetan. Diese hatte nämlich die Form eines kleinen Ankers und in den Bögen waren die Diamanten eingefasst. Mein Bruder, jetzt Verlobter und mein über alles geliebter Anker hatte sich wirklich selbst übertroffen.

Sämtliche Strapazen von den letzten zwei Tagen waren vergessen, als ich den Berg regelrecht herunter tanzte. Immer wieder blickte ich auf meinen Ringfinger, nur um festzustellen, dass es wirklich kein Traum gewesen war. Mike hatte tatsächlich um meine Hand angehalten. Der einzige Wermutstropfen bestand darin, dass wir niemals offiziell heiraten könnten, kein Standesamt in Deutschland würde unsere Ehe bestätigen. Doch das war mir im Augenblick vollkommen egal. Der Antrag hätte nicht schöner sein können, ich war die glücklichste Frau auf Erden. Hand in Hand mit meinem Liebsten machten wir uns also an den Abstieg vom Fuji. Der Rest unserer Gruppe musste uns regelrecht einbremsen, sonst wären wir ohne Pause einfach immer weitergelaufen. Es wäre uns aber auch egal gewesen, mit dem liebsten Menschen an der Seite, war sprichwörtlich alles andere Nebensache. So waren wir bereits am frühen Nachmittag wieder am Fuß des Berges angekommen und mussten über eine Stunde warten, bis uns der Shuttlebus wieder Richtung Hafen fuhr. Mike und ich hatten uns auf eine Bank gesetzt und turtelten miteinander. Das wir uns nicht in unserer Leidenschaft hingaben, war wirklich nur dem Umstand geschuldet, dass wir nicht allein waren. Nur zu gern hätte ich jetzt wilden Sex mit meinem Bruder gehabt, aber da wir noch einen Rest an Anstand besaßen, hielten wir uns schlussendlich doch zurück. Doch als wir aus dem Bus stiegen und den Steg zum Schiff erklommen hatten, konnten wir uns beide nicht mehr zurückhalten. Wir entschuldigten uns bei den anderen und rannten regelrecht in unsere Kabine.