Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Drakan: Rynn's First Adventure 02

Geschichte Info
Die Vorgeschichte zu Drakan.
5.8k Wörter
4.43
12.4k
0

Teil 2 der 2 teiligen Serie

Aktualisiert 08/30/2017
Erstellt 05/09/2012
Teile diese Geschichte

Schriftgröße

Standardschriftgröße

Schriftabstand

Standard-Schriftabstand

Schriftart Gesicht

Standardschriftfläche

Thema lesen

Standardthema (Weiß)
Du brauchst Login oder Anmelden um Ihre Anpassung in Ihrem Literotica-Profil zu speichern.
ÖFFENTLICHE BETA

Hinweis: Sie können die Schriftgröße und das Schriftbild ändern und den Dunkelmodus aktivieren, indem Sie im Story-Infofeld auf die Registerkarte "A" klicken.

Sie können während unseres laufenden öffentlichen Betatests vorübergehend zu einem Classic Literotica® Erlebnis zurückkehren. Bitte erwägen Sie, Feedback zu Problemen zu hinterlassen oder Verbesserungsvorschläge zu machen.

Klicke hier

Dieses Mal bedarf es keines langen Einleitungstextes, außer natürlich der Danksagung an meinen stets loyalen Lektor Parttime

--------------------------------------------------

Drakan: Rynns erstes Abenteuer II

3. Das Mädchen und der Klingenmeister

Als Rynn, die Adeptin der Schwertkunde, Heledd vor einer Stunde verlassen hatte, hatte die Sonne noch wie eine blank polierte Goldmünze am Firmament gestrahlt. Inzwischen jedoch war sie mehr und mehr ihrem Bett entgegen gesunken und ihr spärlich werdendes Licht hatte sich zu dem blutigen Orange der Abenddämmerung gewandelt. Der Pfad, auf dem sie zum Wasserfall gelangt war und der ihr nun auch als Heimweg diente, wand sich gleich einer riesigen, fest getretenen Schlange durch den Wald, welcher den Norden und Westen des Tals beherrschte und bis an die Grenzen des Dorfes heranreichte. Die Luft kühlte sich durch die aufziehende Düsternis fühlbar ab und die schwarzen Schatten seitlich des Pfads wurden immer tiefer und undurchdringlicher. Hatte der Wald am lichten Tage noch idyllisch und zauberhaft ausgesehen, so änderte sich dieses nun rasch, denn das sich ausbreitende und zunehmende Zwielicht verwehrte die weite Sicht und verheimlichte die Dinge, die nach Anbruch der Finsternis im Gesträuch vor sich gehen mochten.

Von allerlei Unheilbringenden und gräulichen Begebenheiten munkelten die Einheimischen da, wenn sie sich des Nachts um die Kamine und Feuerstellen geschart hatten und von beklemmenden Beobachtungen und vermeintlichen Erlebnissen außerhalb ihrer Siedlung berichteten. Glaubte man all ihren Erzählungen, so musste sich ein gesamtes Bestiarium an fürchterlichen Kreaturen zwischen jenen Bäumen tummeln, von denen die meisten erst erwachten, sobald sich der Mantel der Dunkelheit über das Land gelegt hatte. Rynn kannte diese Geschichten zur Genüge und maß ihnen nicht sonderlich viel Wahrheit bei. Sie stammte selbst aus einem eher unscheinbaren, kleinen Dorf, dessen Leute ebenfalls anfällig für jedwede Art von Spuk waren.

Auch wusste sie, dass die schrecklich ausgeschmückten Schilderungen oftmals das Werk von Aufschneidern und Scharlatanen waren, die zwar mit Worten umgehen, aber für echte Arbeit kaum zu gebrauchen waren. Und wenn es sich nicht um Großtuer und Maulhelden handelte, so war häufig die eigene Ahnungslosigkeit der einfältigen Redner und ihrer Zuhörerschaft schuld. Sicher war es nicht klug im Dunkeln durch den mitternächtlichen Hain zu lustwandeln, doch die Gefahr eines verstauchten Knöchels war deutlich höher, als die Fährte eines streunenden Scavangers zu kreuzen.

Rynn konnte die Unbedarftheit dieser Menschen verstehen, aber zugleich auch belächeln. Der Aberglaube war stark verwurzelt in den Traditionen der ländlichen Bevölkerung und würde nie gänzlich entschwinden, dafür wurde er zu gut genährt. Die Oberhäupter und Magistrate der Ortschaften, die selbst zumeist selbst eine weltgewandte Bildung besaßen, waren sich sehr wohl klar darüber, dass eine abergläubische Gemeinschaft leichter unter den Fittichen zu halten war als eine, die zu viele Fragen stellte. Es war nicht so, dass sie mutwillig die Gerüchte und Ammenmärchen unter dem gemeinen Volk ausstreuen ließen, doch wenn Neuigkeiten über namenlose Ungeheuer im Umlauf waren, überlegten sich die Bürger zweimal, ob sie sich zu weit von ihren Hütten und ihrer Arbeit entfernten.

Dies konnte man als geschickten politischen und wirtschaftlichen Winkelzug seitens der Feudalen betrachten um an ihre opulenten Tribute zu kommen, während sie den besorgten Bewohnern beibrachten, dass ihre Soldaten anstellig damit beschäftigt wären, die schattenhaften Bestien seitlich des Wegesrandes zu bekämpfen. Dies waren Wahrheiten, die sie von Atimar, dem alten Priester ihres Heimatdorfes, gelernt hatte. Er war ein Anhänger der alten Zeit, Kleriker eines fast vergessenen Ordens und Quell archaischen Wissens. Ihm hatte sie es zu verdanken, dass sie nicht so blauäugig durch die Welt ging wie all jene, die sich gerne von Erdichtung und der Unrichtigkeit blenden ließen. Ihr hatte schon immer größeres vorgeschwebt; schon von Kindesbeinen an war sie von dem Horizont gebannt gewesen, hatte unbedingt erfahren wollen, was sich hinter ihm wohl verborgen hielt.

Ihre Eltern waren ihr in dieser Sache keine Hilfe gewesen, unablässig hatten sie versucht ihren Erkundungsdrang und ihrer Neugier Einhalt zu gebieten, doch nur eine gegenteilige Wirkung erzielt. Wann immer sie konnte war sie sich aus dem Dorf geflohen, um neuartiges zu entdecken und hatte ihrer Sippschaft damit eine Heidenangst eingejagt. Auch über die Verbote ihres Vaters hatte sie sich mit den Jahren hinweggesetzt und irgendwann hatten sie brummend einsehen müssen, dass ihre Tochter für ein anderes Leben geschaffen war als Bäuerin zu werden. Sie lockte das Abenteuer. Fortan war also Delon, ihr kleiner Bruder, der Liebling der Familie geworden, ein Umstand, den Rynn nicht einmal besonders störte. Sie hingegen wurde von ihren Erzeugern fast wie eine ferne Bekannte oder Fremde behandelt, die nur noch ab und zu ins elterliche Heim einkehrte.

Diese Intoleranz hatte ihr zuerst wehgetan, aber mit der Zeit wandelte sich dies zu Trotz und letztlich wurde es ihr sogar gleichgültig. Zu Delon verband sie jedoch stets ein vertrautes Verhältnis, er bewunderte sie für ihren abweichenden Werdegang, und sie nahm ihn häufig mit sich, wenn sie Atimar aufsuchte, der ihnen Epen aus den dunklen Kriegen der Vergangenheit erzählte. Ihrem Vater und ihrer Mutter gefiel dies überhaupt nicht, aber sie mischten sich nicht ein, denn der greise Priester war ein anerkannter Mann im Dorf. Er war auch der einzige aus ihrer Sippe gewesen, der sie im Morgengrauen verabschiedet hatte, als sie den Entschluss gefasst hatte nach Heledd zu reisen, um das Schwerthandwerk bei einem Meister des Fachs zu erlernen.

Delon... Das sommersprossige Gesicht ihres jüngeren Bruder, der unzählige Meilen entfernt von Heledd in ihrem Geburtsort verweilte, erschien in ihren Gedanken und rang ihr ein wehmütiges Lächeln ab. Sie vermisste ihn. Er war das Wichtigste in ihrem Leben, sie liebte ihn vom ganzen Herzen und würde selbst die Hölle für ihn durchschreiten. Sie hatte keine Ahnung, weshalb sie so innig für ihn empfand. Eigentlich hatten ebenso ihre Eltern diese Treue verdient, ganz gleich ob sie ihre Art zu leben ablehnten oder nicht, aber bei ihnen war diese Gefühl nicht annähernd so ausgeprägt wie bei ihrem Bruder. Atimar hatte einmal etwas sehr seltsames gesagt, hatte gemeint das in ihrem Blut die Kraft der Ahnen schlummerte, war aber nie weiter darauf eingegangen. Womöglich war es das, was sie so fest aneinander band.

Aber noch während sie an Delon dachte, verwandelte sich das Gesicht in ihrer Vorstellung und wurde zu dem Kalans. Unweigerlich musste sie den Kopf schütteln. Kalan, dieser Lustmolch! Er war ihr hinterher gestiegen und hatte sich an ihr aufgegeilt wie ein läufiger Köter! Warum schweiften ihre Gedanken ausgerechnet jetzt zu ihm? Die Lösung war einfach, er sah Delon beinahe zum verwechseln ähnlich. Freilich, sein Haar war ungepflegter und seine Augen ohne Ausdruckskraft, aber darüber hinaus glichen sie sich sehr. Zudem teilten sie sich die Achtung ihr gegenüber, was sie schon stolz machte, wie sie sich selbst eingestehen musste. Sie war dem scheuen Jungen nicht böse, auch wenn sie es so hatte wirken lassen.

Ganz im Gegensatz, sie hatte seine staunenden Blicke auf ihrem Leib genossen, als sie ihn überführt hatte. Aber ihm jenes zu offenbaren wäre unverantwortlich gewesen. In ihm steckte ein guter Mann, doch er musste zunächst den Knaben abstreifen bevor er zu diesem wurde. Das war ein bedeutsamer Schritt und sie hoffte ihn in die richtige Richtung mit ihren barschen Worten gestoßen zu haben. Vor ihr beschrieb der Pfad einen Bogen und sie erblickte die sich in den Himmel kräuselnden Rauchfahnen, die aus den hochgemauerten Kaminen der Häuser Heledds aufstiegen.

Eine knappe halbe Stunde später durchwanderte sie bereits das Dorf und sandte höfliche Grüße an die wenigen Einwohner, die noch draußen letzte Arbeiten des ausklingenden Tages verrichteten, sich zur nächtlichen Wache versammelten oder die Fackeln entzündeten, die an Holzpfählen zwischen den Hütten in die Erde gerammt waren. Madayn und Tathal, die zwei fleißigen Gesellen des Schmiedes, wurden sofort auf sie aufmerksam als sie heran schlenderte und gesellten sich fidel an ihre Seite. Fröhlich und unbekümmert wie sie waren, mühten sie sich, sie zu einem Umtrunk in der Taverne zu überzeugen.

Rynn war kurzweilig fast geneigt, ihren überschwänglichen und mitunter erheiternden Überredungskünste nachzugeben, wäre nicht Eleri des Weges gekommen und hätte ihr ausgerichtet das Ehren, ihr Lehrmeister, nach ihr geschickt hatte. Die Enttäuschung war den beiden Gehilfen ins Gesicht geschrieben, doch als sich Eleri bereit erklärte, Rynns Stelle beim Umtrunk einzunehmen, waren sie zumindest teilweise wieder guter Laune.

Sich bei den zweien Burschen einhakend, liefen sie scherzend und kichernd davon, indes die junge Kriegerin sich fragte, weswegen ihr Meister schon wieder nach ihr rufen ließ. Sie hatten den ganzen Morgen bis zum Nachmittag hin trainiert. Danach hatten ihre Muskeln derartig geschmerzt das er ihr eine verdiente Ruhepause zugesprochen hatte, die sie hieraufhin am See verbrachte. War etwas geschehen? Hatte sie irgendeine Pflicht versäumt? Eine Aufgabe vergessen, die sie heute noch hatte erledigen sollen? Unbewusst beschleunigte sie ihre Schritte, während sie ihr Gedächtnis unermüdlich nach einer Antwort durchstöberte. Aber der erlösende Einfall wollte sich nicht einstellen.

Der Hauptplatz des Dorfes blieb hinter ihr zurück. Reetgedeckte Gebäude oder solche aus massiven Bohlen gebaut, flankierten links wie rechts die Straße, die sie entlangeilte. Ein gurgelndes Bächlein floss durch Heledd, trennte einige Hütten und Gehöfte von der Ortsmitte. Die Bretter der hölzernen Brücke knarrten leise als Rynn geschwind über sie hinwegsetzte. Hier spaltete sich der Pfad und sie wählte, ohne inne halten zu müssen, die rechte Abzweigung. Zehn Atemzüge darauf stand sie vor Ehrens Gutshof, der sich etwas abgseits vom Dorf befand. Der Klingenmeister befürwortete die Ruhe der Abgeschiedenheit. Er war der Geschäftigkeit und Unrast der Städte überdrüssig geworden, hatte er ihr einmal verraten. Und selbst der Trubel, den die Dörfler mit ihren derben Festen Jahr für Jahr veranstalteten war ihm zuwider, weshalb er oft mit seiner Abwesenheit glänzte.

Man sprach deswegen nicht übler von ihm, aber so hatte er sich den Ruf erworben, nicht der geselligste Mensch zu sein. Eine Einschätzung die vollkommen unzutreffend war, wie sie selbst nur zu gut zu beurteilen wusste. Ehren war ein überaus geselliger Mensch, allerdings suchte er sich seine Freunde und Vertrauten sehr genau aus, und lediglich jene, die seinen Respekt erlangten, denen maß er auch Gastfreundlichkeit bei. Es herrschte Stille, als Rynn das Tor aufsperrte, das in dem Holzzaun eingelassen war, welcher seinen Grund und Boden wie eine robuste Palisade umgab. Nur sehr selten verirrte sich der Lärm der Dörfler hierher, was ihrem Meister äußerst genehm war, denn so jammerte auch niemand über das andauernde Schwertergeklirre, das sie bei ihren Übungen erzeugten.

Geflissentlich schaute sie sich um. Zu beiden Seiten neben ihr lagen die vernachlässigten Äcker ihres Lehrers, da er sich hin und wieder in der Rolle des Farmers versuchte. Aber die Erzeugnisse, die er der Erde abrang, waren überwiegend nicht genießbar. Sie ließ diese hinter sich und näherte sich dem Haus, einem großen Gebäude mit einem Fundament aus Stein und einem Aufbau aus soliden Balken. Im Inneren musste ein Feuer im Kamin brennen, denn weißgrauer Rauch quoll aus dem Kamin. Aber ehe sie die Tür öffnete fiel ihr auf, dass der Bereich hinter dem Haus ebenfalls vom Schein der Flammen erhellt wurde. Was hatte das zu bedeuten? Skeptisch verengten sich die Brauen über ihren grünen Augen und sie umrundete das Bauwerk. Kaum wurde sie vom Licht der flackernden Feuer erfasst, erklang auch schon die Stimme ihres Meisters.

"Da bist du ja endlich! Ich warte hier schon seit einer Ewigkeit. Ich verdächtigte Eleri schon, nicht meine Botschaft überbracht zu haben. Sie lässt sich oft leicht ablenken!" Ehren stand inmitten eines großzügig gesteckten Fackelkreises, der zweifellos einen Zweck erfüllte und sie sogleich erkennen ließ, dass ihre heutigen Lektionen doch noch nicht abgeschlossen waren.

"Nein, Eleri trifft keine Schuld. Ich habe getrödelt, denn ich hätte schwören können, dass die Unterweisungen für heute als beendet galten. Offenbar habe ich mich geirrt", erwiderte sie ihm spitz. Bei kaum einer anderen hätte er diese Scharfzüngigkeit geduldet, aber sie bildete eine Ausnahme.

"In der Tat! Ein wahrer Krieger kann sich den Ort oder die Zeit nicht aussuchen, an welchem er zu kämpfen hat. Darum sei froh, dass ich dir nicht schon im Wald aufgelauert habe, wie es ein elender Räuber tun würde", schleuderte er ihr nicht minder beißend entgegen. Seine große rechte Hand umschloss den Knauf eines Breitschwertes, auf dessen Klinge sich der Schein der Flammen spiegelte. Der Waffenarm vollzog eine herrische Geste.

"Jetzt steh dort nicht rum wie zu Stein erstarrt! Du hattest deine Erholung, her mit dir! Und wo bei Keurokhs Atem ist deine Klinge? Hast du deinen Kopf etwa dermaßen geleert bevor du ausgerückt bist, das du sogar eine der gewichtigsten Unterweisungen verdrängt hast?", schimpfte er sie aus.

Rynn presste verärgert die Lippen aufeinander. Einerseits weil er sie so anfuhr und anderseits weil er absolut Recht hatte. In ihrer Eile zum See zu gelangen, hatte sie tatsächlich nicht mehr an ihr Schwert gedacht. Ein unverzeihlicher Fehler, der ihr eigentlich nicht mehr geschehen durfte.

"Verzeih mir, eine dumme Achtlosigkeit meinerseits", entschuldigte sie sich und ging rasch zu dem stabilen Waffengestell, das unter einem Überdach stand und in dem Ehren seine Waffen aufbewahrte. Ihre Finger griffen bereits zu ihrem Kurzschwert, aber dann besann sie sich eines besseren und wählte das Langschwert. Es lag deutlich schwerer in der Hand, aber ihre Gelenke waren längst kräftig genug um solch eine Klinge mit Geschick führen zu können. Bewaffnet trat sie in den Kreis und blieb zwei Schritt vor ihrem Lehrmeister stehen.

Er nickte zustimmend. "Gute Entscheidung. Offensichtlich benutzt du das hübsche Ding zwischen deinen Ohren noch für etwas anderes als nur jungen Burschen den Kopf zu verdrehen!", meinte er und grinste spöttisch.

Seine Aussage traf wie ein Pfeil ins Schwarze und ihre Augen weiteten sich für einen Wimpernschlag, ehe sie sich klar machen konnte, dass er sie nur narren wollte. "Das müsstet Ihr doch derweil am besten wissen, alter Mann!", schoss sie kess zurück.

Ehren lachte einmal laut auf und richtete dann seine Schwertspitze auf sie. Er war ein eindrucksvoller Mann, hoch gewachsen, mit breiten Schultern, einer mächtigen Brust und muskelbepackten Armen und Beinen. Die fünfzig hatte er unlängst überschritten und seine lange flachsblondes Mähne und sein kurzer Stoppelbart waren schon reichhaltig mit Grau durchwirkt, aber dies mochten die einzigen Merkmale sein, die auf sein gehobenes Alter hindeuteten. Er verfügte immer noch über die Kraft eines jungen Bären und über die Gewandtheit eines jagenden Panthers. Bekleidet war er mit leichtem Stiefelwerk, einer Lederhose und einem Hemd aus hellen Leinen. "Du ungezogene Göre! Komm nur her, ich werde dich lehren, was es heißt deinem Klingenmeister solch rotzfreche Antworten zu geben. Glaube ja nicht als Siegerin aus diesem Wettstreit hervorzugehen, ich werde dich den Staub unserer kleinen Arena küssen lassen, auf das du weißt, wie eine Niederlage schmeckt!"

"Pah, das wird dir nicht gelingen! Früher konntest du mich mühelos zu Boden schicken, aber da war einmal! Heute kannst du lange auf solch einen Moment warten!", vergalt sie ihm und nahm lächelnd Kampfeshaltung ein.

"Nun, wir werden sehen. Wer den Kreis verlässt hat verloren, erscheint... einleuchtend, nicht wahr? So, dann lassen wir die Spiele beginnen. Ich will hoffen, dass du dich in den vergangenen Stunden nicht allzu sehr verausgabt hast bei etwaigen anderen... Unternehmungen, denn dies hier wird dein ganzes Können erfordern!" beschied er ihr.

Rynn hob ihr Schwert über den Kopf und sagte höhnisch: "Was ist denn jetzt, alter Mann? Wollt Ihr nur reden oder auch kämpfen? Ich werde langsam ungeduldig."

Seine Antwort war ein wölfisches Grinsen. Er senkte noch einmal flüchtig den Blick, festigte den Griff um sein Breitschwert und stürmte dann wie ein Wüterich auf sie zu.

Die rothaarige Adeptin riss ihre Klinge herunter und Funken stieben in die Nacht, als die beiden Waffen klirrend aufeinanderschlugen. Unwillkürlich machte sie einen Ausweichschritt nach hinten um wieder Distanz zwischen sich und ihren Angreifer zu bringen. Ehren folgte ihr, seine gletscherblauen Pupillen waren fest auf sie fixiert. Schon führte er die nächste Attacke aus und sie sah die Spitze seines Schwertes auf sich zurasen. Gewisslich hätte diese sich in ihren Bauch gefressen und ihre Eingeweide zerschnitten, wäre ihre Reaktion nicht schneller gewesen und hätte sie nicht die breite Schneide ihrerseits zur Seite gehauen.

Wiederum wich sie zurück, hörte auf einmal das Knistern einer Fackel und die Wärme ihrer lodernden Flamme in ihrem Rücken. Ihr Meister bewegte sich zielstrebig auf sie zu, das überhebliche Grinsen auf seinen Zügen schien sie zu verspotteten. Erneut holte er aus und die Schwerter prallten wuchtig gegeneinander. Da Ehren stärker war, war es seine Klinge, die das Kräftemessen gewann und sie zurückstieß. Beinahe wäre sie aus dem Kreis gestolpert, doch sie schaffte den Balanceakt und wand sich in einer geschmeidigen Drehung zurück auf das Kampffeld.

"Pff, ist das alles? Bisher bin ich nicht beeindruckt, kleines Mädchen! Wo ist dein Feuer, überlässt du mir die Führung bei diesem Tänzchen? Das nenne ich unklug, ich ermüde nicht so leicht", neckte er sie und marschierte gleichmütig in die Mitte des Platzes.

Rynn erkannte, worauf er anspielte. Sie ließ sich einfach von ihm treiben, ähnlich einem Beutetier, das vor dem Jäger flüchtete. Sie musste den Spieß umdrehen, sofort. Mit einem wilden Schrei stürzte sie sich auf ihn und entfesselte eine Serie von wütenden Hieben auf seinen Oberkörper. Ihr Klingenmeister ließ sich von ihrem rasch ausgeführten Vorgehen nicht aus der Ruhe bringen. Behände wich er ihrem herab zischenden Stahl aus und lenkte ihren abschließenden Schlag kräftig nach links weg, wodurch sie an ihm vorbeitaumelte und ihr fast das Schwert aus der Hand geprellt wurde. Sie spürte einen Klaps auf ihrem Hintern und gleich darauf dröhnte das Lachen Ehrens über den Hof.

"Welch Trauerspiel, Mädchen, du lebst gefährlich. Blinde Raserei hat noch niemanden geholfen außer vielleicht den Barbaren hoch im eisigen Norden! Doch du bist keine Barbarin aus den Gestaden des Raben oder? Aber was beschwere ich mich, mach nur weiter so, die flache Seite meine Klinge wird dich heute noch an lieblicheren Stellen kosen wie mir scheint."

Zornig ruckte sie zu ihm herum, dass der Zopf ihres Haares ihr ungezähmt um die Schultern hüpfte. "Ja, lach du nur, denn es wird dir noch gründlich vergehen! Deine Trägheit ist Beweis genug für mich, dass du in dieser Auseinandersetzung früher oder später den Kürzeren ziehen wirst!", fauchte sie und korrigierte ihre Körperhaltung, die er ein wenig durcheinandergebracht hatte.

"Hohle Worte, meine junge Schülerin", sagte er ruhig und winkte sie mit der freien Hand lockend zu sich. "Das ist keine Trägheit, ich bewege mich nur so viel wie ich muss. Mehr ist auch gar nicht notwendig, du strauchelst auch ohne meine Angriffe durch den Sand."

Diese Beleidigung konnte sie nicht auf sich sitzen lassen. Ihr erhitztes Blut forderte Genugtuung. Dieses Mal rannte sie auf ihn zu um einen beidhändig geführten Schlag von unten führen zu wollen, aber in Wahrheit war dies nur eine Finte. Bevor sie den angedeuteten Hieb bewerkstelligte, wirbelte sie herum, schwang die Klinge um ihren Leib, veränderte so den Aufschlagswinkel der Waffe und ließ sie nach vorne zucken. Aber Ehren wäre dem Titel des Klingenmeisters nicht gerecht geworden, wüsste er nicht von derartigen Täuschungen und Manövern. Auch er köderte sie, tat so als glaube er ihrem niedrig angesetzten Streich. Erst im letzten Augenblick handelte er und entblößte sein falsches Spiel, riss sein Schwert hoch, schmetterte ihre Waffe in gefahrlose Bahn und umpackte ihre schmale Taille.

12