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Eva 01 - Der Sesshafte

Geschichte Info
Paul sortiert alte Dias und Gedanken.
3.9k Wörter
4.37
4.7k
0

Teil 1 der 8 teiligen Serie

Aktualisiert 04/10/2024
Erstellt 09/20/2023
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Die Geschichte ist frei erfunden. Ähnlichkeiten mit realen Personen oder Orten sind rein zufällig und keineswegs beabsichtigt.

Copyright 2023 © LiteroCat1147

Eva 01 - Der Sesshafte V1.0

Warnung: Diese Geschichte wird vom Schwanz her aufgezäumt, ist also nichts für Ungeduldige. Wer eine Geschichte sucht, bei der es im ersten Kapitel mindestens zwanzig Orgasmen gibt, ist hier in der falschen Abteilung. Auch wer eine Sprache ohne Kraftausdrücke langweilig findet, muss etwas anderes lesen. Eva ist Jahrgang 1955, gehört also zu einer Generation, die gepflegte Sprache liebt. Paul ist zwar zwei Jahre älter, aber er hat sich angewöhnt, respektable Frauen mit Respekt zu behandeln. Nicht respektablen Frauen geht er mehr und mehr aus dem Weg, weil er die Erfahrung gemacht hat, dass diese ihn im besten Fall früher oder später langweilen, aber im schlechtesten Fall sogar echt nerven. Im Freundeskreis, unter Männern, soll er schon gesagt haben: Die hängen sich Dir früher oder später wie Mühlsteine um den Hals.

***

Verstaubte Erinnerungen -- Bericht von Paul

Ich war soeben pensioniert worden. Nach vierzig Jahren Berufstätigkeit -- ich war eigentlich ununterbrochen fleissig gewesen -- war das ein ziemlich schönes Gefühl. Ich musste nicht mehr arbeiten. Die Rente reichte locker für ein fast üppiges Leben zu zweit. Die Kinder waren aus dem Haus und die Hypothek war vollständig abbezahlt. Das Haus gehörte uns und alle Renovationsarbeiten waren erledigt.

Endlich hatte ich mehr Zeit für meine Frau Marianne. Nachdem die Kinder weg waren, war sie fast ein bisschen unterbeschäftigt. Das wurde schlagartig besser als sie Grossmutter wurde, aber auch das ist jetzt bald vorbei, weil unsere jüngste Enkelin einundzwanzig, also sogar nach altem Recht volljährig geworden war. Marianne hatte jetzt drei Jahre verdrängt, dass Kinder heutzutage mit achtzehn volljährig sind, aber jetzt konnte sie nicht mehr daran vorbeisehen, dass nächstens ein Mann vorbeikommen und 'ihre' geliebte Eveline entführen könnte.

Endlich hatte ich auch Zeit, gewisse Dinge zu tun, die ich schon lange tun wollte, aber immer wieder auf die lange Bank geschoben hatte. Dazu gehörte, mal im ganzen Haus aufzuräumen und mich von Dingen zu trennen, die ich nicht mehr unbedingt brauchte, die aber alte Zyklen repräsentierten, die irgendwie noch nicht abgeschlossen waren, weil der letzte damit verbundene Notizzettel noch weggeworfen werden müsste.

Dazu gehörten Dinge, die von meiner ersten grossen Leidenschaft übriggeblieben waren, der Fotografie. Damals schrieb man noch Photographie! Von den alten Schalen und Chemikalien zum Selberentwickeln von Schwarzweiss-Bildern konnte ich mich relativ leicht trennen. Das war nun wirklich Tempi Passati. Ich fotografierte seit zwanzig Jahren digital, aber ich hatte nie ausgemistet.

Dann kam ich zu einem Schrank voller Dia-Magazine, teilweise in Karussell-Form, teilweise in Stangenform. Die liess ich noch wo sie waren und fragte beim nächsten Familientreffen, was meine 'Nachkommen' dazu meinten. Beide Generationen waren sich einig: Vor mir aus musst Du nichts aufheben. Wir haben sowieso keine Dia-Projektoren mehr.

Als Elektro-Ingenieur und Informatiker wusste ich eine Lösung: Ich würde die Dias einscannen. Jedes Bild wurde so zu einem File auf der Festplatte und später zu einem File auf einer CD, DVD oder Blue-Ray-Disk. Ich konnte mir pro Thema eine separate Scheibe leisten. Nach etwas Planung begann ich einzulesen. Dabei muss man jedes Bild kurz anschauen. Wenn es Kopf steht oder auf der Seite liegt, muss man es aufstellen. Dann speichern.

Dass sich dabei gewisse nostalgische Gefühle einstellten, liess sich nicht vermeiden. So eine Aktion lässt verschiedene Gedanken hochkommen. So wurde mir bewusst, dass ich eigentlich ganz schön herumgekommen war, obwohl ich nie einen Studienplatz oder einen Arbeitsort ausserhalb von Bayern hatte. Ein Teil der Reisen war beruflich motiviert, der Rest einfach der Reiselust von Marianne und mir geschuldet.

Je länger ich Dias einscannte, desto weniger war ich bei der Sache, aber ich war auch nicht total unaufmerksam, sonst hätte ich dieses Bild überhaupt nicht angeschaut: Was ist denn das? Diese Frau kenne ich doch. Ist das nicht meine Nichte Eveline? Wie kommt ihr Bild in meine Dia-Sammlung? Quatsch, das ist sicher nicht Eveline.

Zum Glück waren die Dia-Magazine beschriftet: Skandinavienreise 1976. Für eine Skandinavierin hat die Frau zu dunkle Haare. Schöne, braune, füllige Haare, weit den Rücken hinunter, fast bis zur Gürtellinie. Dazu eine super Figur und elegante Keilsandaletten, nicht diese klobigen Dinger wie man sie heute sieht. Kleider völlig unauffällig. Jeans und Bluse. Praktisch, zum Reisen geeignet. Dazu passen auch die vielen Koffer, auf die sie sich stützt. Moment, die Koffer bilden zwei Stapel und der eine kommt mir bekannter vor als der andere. Ich glaube, das hier waren ihre und das da waren meine Koffer. 1976. Studium gerade fertig. Erste Stelle bei einem grossen deutschen Unternehmen. Letzte Reise als 'Student mit Abschluss in der Tasche'. Aha, das war die Eva! Alles klar!

Je länger ich über dem Bild von Eva brütete, desto klarer wurden die Erinnerungen und als ich begann, mir Notizen zu machen, begann der Film wirklich zu rollen. An dieser Stelle muss ich vielleicht sagen, dass ich diese Technik von Berufs wegen trainiert hatte. Nach allen wichtigen Besprechung mit Kunden und Lieferanten schrieben wir Gedächtnisprotokolle, die wir dann verglichen und ergänzten.

Eva hatte ich in der Warteschlange am Flughafen in Oslo kennengelernt. Wir haben rasch herausgefunden, dass wir beide nach Frankfurt wollten. Wir hatten beide über den Studentenreisedienst gebucht, möglichst günstig eben. Da musste man in Kauf nehmen, dass die SAS ein altes Propellerflugzeug anbot, das doppelt so lange brauchte wie ein Jet.

Der Zufall wollte es, dass unsere Sitzplätze fast nebeneinander lagen. Ein freundlicher Nachbar war bereit, mit mir die Plätze zu tauschen. Er bekam meinen Fensterplatz und ich den Platz in der Nähe von Eva. Jetzt trennte uns nur noch ein Gang, und wir konnten uns ja ein bisschen herüberbeugen, was niemand störte, ausser die Air-Hostess, die gelegentlich vorbeiwollte -- so nannte man Flugbegleiterinnen damals noch. Heute darf man das vielleicht gar nicht mehr, weil gewisse Begleitagenturen den Begriff 'Hostess' auch verwendeten. Die meisten Fluggesellschaften haben unterdessen die Berufsbezeichnung 'Flight Attendant' eingeführt. Diese englische Bezeichnung lässt das Geschlecht nicht erkennen. Auf Flügen wird man heutzutage von Neutren begleitet...

Während dieses Fluges von Oslo nach Frankfurt unterhielten wir uns so angeregt, dass wir unsere Post-Adressen und Telefonnummern austauschten. Ich weiss noch, dass der Flug über vier Stunden dauerte, mir aber wie eine, höchstens zwei Stunden vorkam. Diese interessante Frau hatte mich irgendwie verzaubert, so dass die Zeit viel zu schnell verging.

Von Frankfurt aus flogen wir in verschiedene Richtungen weiter.

In der Folge schrieben wir uns und telefonierten auch mal miteinander, aber das war damals schweineteuer, denn sie wohnte in Paris, wo sie an der Sorbonne Französisch studierte, und ich in München, wo mein Arbeitgeber zu Hause war. Wenn ich mich recht erinnere, berechnete die Deutsche Post zwei Mark die Minute und Eva musste vier französische Franc bezahlen, was in etwa auf dasselbe hinauslief.

Zwei Mal hatten wir Glück. Mein Arbeitgeber schickte mich an einen Kurs in der Nähe von Paris, der zwei Wochen dauerte. Wir verbrachten ein gemeinsames Wochenende, aber das wäre eigentlich eine separate Geschichte.

Im zweiten Fall übernahm Eva eine Reiseleitung. Eine Horde von zwanzig lebenslustigen Witwen wollten München, das Voralpenland und die Zugspitze besuchen. Später lernte ich, dass sie ausgerechnet in dieser Gegend viele blonde Männer zu finden hofften.

Sie bestanden darauf, eine Reiseleiterin zu bekommen, die mindestens einen 'blond teutonique' vorweisen konnte, der zumindest an einem Teil der Reise durch das Alpenvorland teilnehmen konnte. Die Witwen waren bereit, alle Spesen für bis zu zehn Männer zu übernehmen, die mitkommen konnten oder wollten, einzige Bedingung: blond und Jahrgang 1950 oder jünger.

Eva war anfänglich überzeugt, dass das nichts werden würde. Die Witwen würden irgendwann von ihrer verrückten Forderung absehen. Bis zum geplanten Reisetermin im nächsten Spätsommer oder frühen Herbst war ja noch Zeit für einen Sinneswandel.

Eva schrieb mir trotzdem von den Witwen und ich schrieb zurück, ich müsste schon wissen, wie alt die Witwen wären. Überraschenderweise waren es allesamt junge Witwen, die ihre Männer früh auf tragische Weise verloren hatten. Die Reise-Idee sei im Rahmen einer Selbsthilfegruppe entstanden. Eva frotzelte noch: Um ihren Schmerz zu überwinden, würden die Witwen wohl am liebsten eine Horde 'teutons' an einer Orgie vernaschen. Sie komme sich vor wie ein 'souteneur' -- Zuhälter. Die älteste Witwe sei fünfunddreissig, und genau diese hätte der Anmeldung ein Foto beigelegt, das sie im Bikini zeigt. Damals galt das als sehr mutig. Allerdings müsse man der lebenslustigen Witwe zugestehen, dass sie immer noch für fünfundzwanzig durchgehen könnte. Sie sehe wirklich aus wie man sich eben eine rassige schwarzhaarige Französin so vorstellt.

Ich nahm die Sache nicht wirklich ernst, erzählte meinen Kollegen davon eher im Sinne eines Scherzes, aber diese reagierten unerwartet begeistert: Das könne man sich doch nicht entgehen lassen!

Nach einer kurzen aber heftigen Debatte wurde ich mit einer Liste von acht Namen zum Projektleiter geschickt, der nicht schlecht staunte, als er von unserem Wunsch erfuhr, allen acht zur gleichen Zeit Ferien zu geben. Natürlich fragte er nach dem Grund und ich klärte ihn voll auf. Sein Grinsen wurde immer breiter, je mehr er verstand, wovon wir da sprachen, aber auch er war der Meinung, so eine Chance dürfe man auf keinen Fall ungenutzt lassen. «Mann, zwanzig scharfe Französinnen in einem Bus! Das tönt ja schöner als jedes Drehbuch für einen Porno!»

Er war der Meinung, unser Forschungsprojekt könne durchaus mal eine Woche auf die halbe Besatzung verzichten. Ich kam mit der Zusicherung zurück, dass das im Herbst zu machen wäre.

Ich schreib nach Paris. Das Telefon klingelte und Eva wollte sich nur vergewissern, dass das kein Scherz war. Ich würde von ihr hören. Weg war sie.

Nach Rücksprachen mit dem Reiseveranstalter und den zwanzig Witwen -- eine Sitzung der Selbsthilfegruppe wurde kurzerhand zweckentfremdet -- bekam ich per Telefon die Eilnachricht, ich würde am anderen Tag von einem lokalen Partner des Reiseveranstalters kontaktiert werden.

Die Reise fand statt. Ich verbrachte eine Woche in einem Bus mit Eva, zwanzig lebenslustigen Witwen und meinen sieben Kollegen -- nicht nur im Bus natürlich. Da waren auch noch Hotels, Saunabesuche und vieles mehr, aber das wäre eine andere Geschichte.

Kurz danach war Eva fertig mit ihren Französisch-Studien und wechselte an die UCSD, um ihr Englisch weiter zu perfektionieren, Spanisch zu lernen und andere Dinge, die für eine Reiseleiterin interessant waren. Sogar surfen lernte sie -- Wellenreiten, nicht mit einem Browser, aber mit und ohne Segel. Sie schrieb mir, bei keinem anderen Sport bekomme man so viele gutaussehende, kaum bekleidete Männer in so lustigen Posen zu sehen, vor allem kurz bevor es eben passierte.

Unser 'Ausflug' in den Süden von Bayern hatte Eva auf den Geschmack gebracht. Sie sah in dieser Branche ihre Zukunft. Da würde man mehr interessante Menschen kennenlernen als in jedem anderen Beruf, meinte sie.

Wir schrieben uns nun nur noch selten und telefonieren kam nicht in Frage, schon wegen der Zeitdifferenz von neun Stunden. Übertrieben gesagt, ging ich schon bald zu Bett, wenn Eva aufstand. Ganz abgesehen davon vertrug das Budget eines jungen Ingenieurs solchen Luxus nicht.

Eva verlegte dann ihre Studien so weit weg wie es nur ging, zuerst nach Perth und dann nach Wellington. Nun war sie bei den Antipoden angekommen und begann mich vielleicht schon zu vergessen. Viel später erfuhr ich dann, dass ihr Leben sehr viel bunter wurde, als sie einen reiselustigen Amerikaner kennenlernte, der in Wellington Segelferien machte. Spätestens dann wird sie mich vermutlich ganz vergessen haben. Mein letzter Brief kam zurück: Adressat verzogen. Ich hatte unterdessen Marianne kennengelernt und so fiel es mir leicht, Eva zu vergessen.

An dieser Stelle schloss ich mein Notizheft und ging schlafen. Verstaubte Dias können ganz schön müde machen.

***

Noch kein Wiedersehen -- Bericht von Paul

Am anderen Tag sortierte ich weiter Dias, scannte, sortierte Files in Ordner, brannte kleinere Sammlungen auf CD, grössere auf DVD und eine ganz grosse auf Blue-Ray. Dann 'stolperte' ich über das Notizheft was mich auf einen ganz merkwürdigen Gedanken brachte: Es wäre doch interessant, zu wissen, was aus Eva geworden war.

Ich öffnete das Notizheft, begann eine neue Seite und notierte aus dem Gedächtnis, was mir zur Südbayernreise einfiel, insbesondere was Eva so alles über sich und ihre Familie erzählt hatte. In der Woche kam doch einiges zusammen, denn ich benützte jede Gelegenheit, mich neben sie zu setzen, im Bus, bei Tisch, in der Sauna usw. Je mehr ich mich erinnerte und sorgfältig zu Papier brachte, umso mehr fiel mir wieder ein. Sie hatte einen Bruder, der immer noch in Deutschland war, allerdings den Arbeitsort auch laufend wechselte, weil sein Arbeitgeber ihn auf Montage schickte. Etwas technisches, Wasserräder oder so etwas. Als wir beim Walchenseekraftwerk vorbeifuhren, half das vermutlich ihrem Gedächtnis: Genau solche Wasserräder, die zu solchen Röhren gehören, würde ihr Bruder verbauen.

Damals, als Eva mir das erzählte, gab es noch kein Internet. Der erste Web-Browser wurde erst etwa 10 Jahre später entwickelt und etwa 15 Jahre später allgemein verbreitet. Aber jetzt, als ich mich an diese Fahrt am Kochelsee und am Walchensee vorbei erinnerte, konnte ich bequem recherchieren. In diesem Kraftwerk wurden zwei Sorten von 'Wasserrädern' verwendet, nämlich Francis-Turbinen für den normalen Strom und Pelton-Turbinen für den Bahnstrom.

Bald hatte ich eine Liste erarbeitet, wer solche Turbinen liefern konnte. In Deutschland gab es insgesamt sechs Firmen, die in Frage kamen und ich begann ein bisschen herumzutelefonieren. Ich gab vor, ein Fachjournalist zu sein, der einen Artikel über die Geschichte des Walchenseekraftwerks und seine Turbinen schreiben sollte. So bekam ich Verbindung zu Personen, die etwas von diesen Turbinen verstanden und meine technische Allgemeinbildung genügte gerade, um mich mit diesen Fachleuten so zu verständigen, dass sie mich nicht gleich aus der Leitung jagten, sondern mich nach und nach akzeptierten. Dann fragte ich beiläufig, ob der Bruder von Eva, dessen Namen sie hier nicht verbreiten möchte, immer noch dort arbeiten würde.

Nach ein paar Fehlstarts und Sackgassen wurde ich fündig und sogar mit ihm verbunden. Er versprach, Eva meine E-Mail-Adresse zu senden.

Zwei Tage später bekam ich eine Mail von ihr. Sie benützte ein Mail-Konto bei einem amerikanischen Provider, was an sich noch alles offen liess. Sie war vorsichtig und erst nach und nach tauschten wir nähere Angaben aus. Als sie sicher sein konnte, dass ich es war, der da schrieb, weil ich Dinge wusste, die nur wissen konnte, wer damals mit ihr in jener Sauna war, gab sie ihre aktuelle Adresse durch: Willow Lake Mobile Home Estates, Riverport Road, Raleigh, North Carolina, USA.

Wieder dank Internet konnte ich rasch herausfinden, dass mit dem Begriff Willow Lake Neighborhood etwas gemischte Rezensionen verbunden waren: Beste Wohnlage für gutbetuchte Singles und Paare, nicht für Kinder zu empfehlen, da keine Schule in der Nähe und kein Schulbus organisiert sei.

Ein User fragte, ob denn die Bewohner keine Kinder haben wollten. Ein anderer User schrieb «Maybe» und klebte sechs Smilies dazu. Ein anderer User wollte wissen, ob das denn nur für alte Leute, Rentner, sei. Er bekam Antwort von einem User, der berichtete, ein ihm bekanntes kinderloses und sehr lebenslustiges Paar im Alter von achtundzwanzig Jahren lebe dort und es gefalle den beiden prächtig!!!! Zusätzlich zu den vier Ausrufezeichen waren da vier Daumen nach oben zu sehen.

Ich entschloss mich, meine Fragezeichen in einer Mail zum Ausdruck zu bringen und Eva antwortete mit einer ziemlich langen Mail.

***

Von Wellington über Las Vegas nach Raleigh -- Bericht von Eva

In Wellington lernte ich Peter kennen, Ingenieur wie Du und mein Bruder, aber hauptsächlich in der Bauleitung tätig. Renovation von Kraftwerken und anderen Wasserbauten. Sein Arbeitgeber hat sein Hauptquartier an der Wake Forest Road in Raleigh. Das sind wenig mehr als 10 Meilen bis zur Riverport Road. Hierzulande geht das noch unter 'gleich nebenan'.

Als ich ihn kennenlernte, wohnte er aber gerade mal eben nicht hier, sondern in einem ähnlichen Double-Wide-Park in der Nähe von Boulder City unweit von Las Vegas. Seine Wohnung bestehe aus zwei Containern, die ihm gehören, und vier dazugemieteten Einheiten. Hier sei er voraussichtlich noch ein knappes Jahr, bis die Revision am Hoover Damm abgeschlossen sind. Dann fahre er wo immer ihn sein Boss hinschicke.

Ich habe dann noch ein halbes Jahr bei einem Reisebüro in Wellington gearbeitet, bin nach Boulder City geflogen und habe mich bei Peter einquartiert. Nein, ich habe ihn nicht geheiratet. Peter ist kein Mann zum Heiraten. Lieben, bumsen, herumtollen wie Kinder, herumreisen wie Vagabunden ja, heiraten nein. Peter ist ein High-Tech-Zigeuner, beruflich wie privat. Er sagt mir immer, ich sei einsame Spitze. Sonst habe er es noch nie mehr als ein Jahr mit derselben Frau ausgehalten.

Vielleicht hat das damit zu tun, dass Du mich motiviert hast, mir auch technische Dinge zu merken und sogar verstehen zu wollen. So habe ich mir gemerkt, dass der Hoover-Damm 2 GW hergibt. Damals in Bayern sahen wir doch ein Wasserkraftwerk, von dem Du wusstest, dass es weniger als 200 MW hergibt. Peter war mächtig beeindruckt, als ich ihn fragte, ob ich das richtig verstehe: Ein Hoover-Damm entspricht zehn bayrischen Kraftwerken. Amerikanische Männer sind manchmal leicht zu beeindrucken, vor allem, wenn man gleichzeitig ihrem Nationalstolz schmeichelt, aber ich finde sie süss.

Nachdem er mit dem Hoover-Damm fertig war, schraubte er die Container auseinander, verschloss einige Öffnungen und wartete auf die beiden bestellten Zugmaschinen mit Fahrer. Die beiden Trucker hatten ihre Frauen dabei, denen sie die halbe Zeit das Steuer überliessen. Wir kamen also flott voran und waren dennoch tagelang auf Achse. Wir schliefen während der Fahrt in den Trucks, die ja halbe Wohnwagen als Kabinen haben. Details erzähle ich Dir gerne mal ausführlicher. Für den Moment nur so viel: Peter berichtete, die beiden Trucker-Frauen wären nicht nur am Steuer gut, und ich überzeugte mich, dass man das auch von den beiden Männern sagen könnte...

In der Nähe der historischen Niagara Parks Power Station wurden die beiden Container praktisch am Ufer des Niagara River abgeladen und mit zwei Containern zusammengeschraubt, die schon auf uns warteten. Hier war es, vor allem verglichen mit den Standort vorher am Colorado River, richtig kalt. Schliesslich waren wir kaum zehn Meilen von der Grenze zu Kanada entfernt.

Wir blieben zum Glück nur den Sommer über, dann waren die Arbeiten an den Kraftwerken hier fertig. Die Niagara Parks Power Station ist zwar nur noch ein Museum, aber auch das gibt immer noch zu tun, denn es soll ja nicht verfallen, und ein Teil der Arbeiten betraf das neue Kraftwerk, das jetzt Strom für den ganzen Staat New York produziert. Es ist mit 2,5 GW sogar noch etwas grösser als der Hoover Dam, der aber schon 1936 Strom lieferte. Das Kraftwerk der New Yorker lief jedoch erst 1961 an. Ich erzählte Peter, dass ich etwas recherchiert hätte. Als ich dann sagte, dass ich den grössten Unterschied im Zweck sehe, schaute er ziemlich neugierig: «Das neue Kraftwerk ist einfach ein Kraftwerk, das vom Höhenunterschied der Niagara Fälle profitiert. Der Hoover Damm ist aber vor allem ein Stausee, der die umliegenden Staaten bewässert. Nebenbei macht er auch noch ein 'bisschen' Strom, eben zehn Mal so viel wie das bayrische Kraftwerk.»

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