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Fasching Teil 7 von 8

Geschichte Info
Erotischer Roman über einen Arzt und drei junge Frauen.
5.9k Wörter
4.72
25.3k
15

Teil 7 der 7 teiligen Serie

Aktualisiert 06/10/2023
Erstellt 04/05/2021
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Das Wort „Günther" brachte die Panik!

Die Mädels begannen, die Treppen im Laufschritt zu nehmen und das war zu laut!

Ich versuchte, sie zu beruhigen, aber ...

Die Verbindung zu Elke riss ab. In Hochhäusern wahrscheinlich keine Seltenheit.

Zum Glück unterhielten sich die drei im Eingangsbereich erstmal. Aber dann schien Günther wahllos zu klingeln und Sekunden später betätigte irgendjemand den Türdrücker.

Günther und der Riese mit dem Baseballschläger gingen rein, der Kleinere blieb zurück. Hatte er auch eine Waffe?

Egal.

Den Mädels war der Fluchtweg versperrt.

Oder gab es etwa noch einen anderen Ausgang? Vielleicht der Keller?

Ich fluchte vor mich hin. Marius ging nicht an sein Telefon und von irgendwelchen rettenden „Höllenengeln" war hier weit und breit keine Spur.

Ich saß im Auto, mehr oder weniger zur Untätigkeit verdammt... Ein Beobachter des Desasters.

Der Typ im Eingangsbereich war vielleicht so Einssiebzig groß. Früher in vielleicht besseren Tagen war er sicher durchtrainiert, aber jetzt wirkte er einfach nur ungepflegt, mit seinem mittellangen verfetteten blonden Haaren und den erkennbaren Pickeln im Gesicht.

Ich überlegte, ob ich ihn schaffen würde. Wohl eher nicht!

Solche Typen hatten sich in der Gewalt der Straße völlig verloren.

„Mist. Fuck!"

Nur mühsam unterdrückte ich weitere Flüche.

Ich hatte ihn zu lange angesehen und das hatte er bemerkt. Er schaute mich durchdringend an.

Trotz der Distanz sah ich, wie er begann, nachzudenken.

Gut, er kannte mich nicht und konnte mich sicher auch nicht Melissa, Sandra oder Elke zuordnen. Wie ein „Engel" sah ich nun wirklich nicht aus. Und die Telefonate hatte ich alle über Freisprecheinrichtung geführt.

Ich musste aufhören, zu ihm rüber zu sehen. Aber er war für mich wie ein Magnet.

„Maskerade!"

Ich lachte, schüttelte den Kopf, öffnete mein Fenster und winkte einer betagten Dame im vierten Stock zu, die auf dem Balkon stand und wohl gerade ihre Wäsche zum Trocknen aufhängte. Sie sah mich und winkte freundlich zurück.

Dann startete ich den Motor und fuhr langsam los. Im Rückspiegel sah ich, wie der Typ mich weiter fixierte.

Es passte mir überhaupt nicht, diesen Platz aufgeben zu müssen, aber ich hatte keine andere Wahl, wenn ich Probleme vermeiden wollte.

Ich fuhr vom Parkplatz wieder auf die Straße, dann einmal kurz um die Ecke und fand gleich einen Platz „In Der Schildwacht" auf dem rechten Parkstreifen.

Was sollte ich jetzt tun?

Polizei?

Die hätten dann meine Nummer und wir müssten uns viele Fragen gefallen lassen!

Marius war Segen und Fluch zugleich. Wir hatten uns ihm anvertraut und waren nun auf Gedeih und Verderb auf ihn angewiesen.

Rufnummernunterdrückung funktionierte nicht mit Notrufnummern.

Viele wirre Gedanken. Ich musste meine aufkeimende Panik unterdrücken.

Es klingelte.

„Elke!"

„Ja, du warst plötzlich weg."

„Ihr seid also im elften Stock bei Caplan."

„Weiß da jemand, dass ihr euch kennt? Oder hat euch jemand beobachtet?"

„Nein? Das ist gut. Dann bleibt da erstmal. Ich musste um die Ecke fahren. Einer der Typen hat mich bemerkt. Aber ich glaube, er konnte mich nicht richtig einordnen.

Weggefahren bin ich trotzdem."

„Nein, ich habe Marius noch nicht erreicht. Er ist nicht rangegangen."

„Gibt es irgendwie eine Art Hinterausgang?"

„Ja, frag mal Sandra..."

„Über die Keller?"

„Ja klar, du hast Recht. Das werden die auch wissen."

„Momentmal - gerade klopft Marius an. Bleib kurz in der Leitung."

„Marius! Dich schickt der Himmel!"

„Du hast gerade was Wichtiges zu tun? Ernste Probleme mit einem anderen Charter?"

„Ja, es ist dringend! Wirklich!!!

Günther hat uns zu dritt bei Sandra abgefangen und die Mädels sitzen irgendwo im Haus bei Nachbarn fest, während einer von denen unten den Eingang blockiert."

„An die Keller habe ich auch gedacht. Aber ich sehe nicht, ob da nicht auch einer von denen wartet."

Unser Gespräch lief irgendwie gar nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Waren meine Erwartungen zu groß?

Ich klang zunehmend frustriert, hilflos und beinahe hysterisch.

Das war alles zu viel für mich. Die Situation als solche und selbst, wenn ich „cool" genug gewesen wäre...

Mit allen Drei konnte ich es nicht ansatzweise aufnehmen.

„Marius, ihr könnt also nicht kommen?"

„Ja, habe ich verstanden. Ihr wollt euch später dem Problem annehmen. Aber was machen wir jetzt hier?"

„Du schickst die Polizei?"

„Einbruch? Ja ich denke auch, dass die ziemlich sicher schon in der Wohnung sein werden."

„Und du denkst, dass die stiften gehen werden? Okay, wenn die Polizei da ist, werde ich zum Hauseingang fahren, Sandra und Elke steigen bei mir ein und wir fahren direkt zu mir."

„Ich glaube, das ist alles ein wenig zu viel für mich. Ich bin Arzt und das hier ist eher für Bruce-Willis-Typen!

„Ja! Ich werde das schon schaffen. Und alles weitere später?"

Es wurde plötzlich laut im Hintergrund. Ich hörte Schreie und das Gespräch brach ab. Elke war wieder in der Leitung.

Ich schluckte kurz.

„Hallo Elke, da bin ich wieder."

Ich zwang mich zu einer Ruhe, die ich nicht hatte. Das hier war kein Operationssaal. Und hier war leider auch kein Team, das mich auffing, wenn ich mal schwächelte.

„Die Polizei wird kommen. Marius ruft sie an."

Ich atmete tief durch -- eine feste sichere Stimme: „Gebt jetzt gut Acht: In dem Moment, wenn die Polizei eintrifft, sollte Günther abhauen. Sein Kumpel steht unten am Eingang. Der wird ihn warnen...

Dann wartet ihr ein paar Minuten. Die werden die Einbruchspuren sehen, in die Wohnung gehen und es wird noch mehr Polizei kommen."

„Genau. Dann geht ihr aber nicht zu Sandras Wohnung und der Polizei, sondern ihr kommt raus, wenn ich es euch sage, geht zu meinem Wagen, steigt ein und wir fahren direkt zu mir nach Hause."

„Richtig! So unauffällig, wie möglich. Wenn ihr was von all dem mitbekommt, schaut kurz, wie es normale Passanten tun würden und dann gut..."

„Genau. So machen wir das.

Wir schaffen das zusammen! Gut, machen wir jetzt Schluss und ich rufe euch dann gleich an, wenn es soweit ist."

Ich lehnte mich zurück.

„Fuck!!!"

Wie kam ich denn aus der Nummer wieder raus?

---

Ich stieg aus. So „normal" wie möglich ging ich zu Fuß die paar Meter zur Einmündung der Ahornstraße und positionierte mich so im Schatten, dass ich den Bereich der Hochhäuser einsehen konnte.

Egal aus welcher Richtung die Polizei kam -- ich würde sie sehen.

Nur... die Polizei kam nicht.

Nicht nach fünf Minuten.

Und auch nicht nach zehn Minuten.

Ich wurde zunehmend ungeduldig.

Mein Handy klingelte...

„Hallo Elke. Nein. Nichts Neues. Keine Polizei in Sicht."

„Ja. Das dauert ewig."

„Warten wir noch fünf Minuten. Ich melde mich gleich."

Ich war ratlos. Die Zeit rannte uns davon! Was sollte ich jetzt tun?

Da kam zu meiner und unserer Erlösung endlich ein Streifenwagen mit Blaulicht, aber ohne Sirene von der Mainzer Landstraße kommend, die Schildwacht hoch, bog direkt in den Ahornweg ab und blieb bei Sandras Haus stehen.

Es ging los!

„Die Polizei ist gerade angekommen. Ihr habt es auch schon gesehen? Ja, das ist eine sehr gute Nachricht."

„Ich sehe gerade, da kommt ein zweiter Wagen. Umso besser! Wartet jetzt 5 Minuten. Ich fahre gleich wieder zum Haus und gebe Rückmeldung..."

---

Keine zehn Minuten später saßen wir wieder zu dritt im Wagen und fuhren mit hoher Geschwindigkeit über die A 66. Ich wollte vermeiden, dass mir jemand folgte und so wählte ich nicht den kürzesten Weg und behielt meinen Rückspiegel im Auge.

Beim Wegfahren -- ich war noch nicht auf der Mainzer Landstraße -- hatten wir obendrein zwei Schüsse gehört - zumindest meinten wir das.

Im Wagen roch es penetrant nach Scheibenreiniger -- das machte alles nicht besser. Die Lüftung lief auf Hochtouren. Wahrscheinlich war der Kanister mit dem Reiniger, den ich im Kofferraum hatte, bei meinem rasanten Fahrstil umgekippt und irgendwie ausgelaufen.

Wir wollten zu Hause über all das sprechen. Elke und Sandra saßen beide auf der Rückbank -- leichenblass.

Sandra hatte erzählt, dass sie beim Verlassen des Hauses durch die eingetretene und offenstehende Wohnungstür einen kurzen Blick auf ihre Wohnung und das Chaos im Inneren werfen konnte.

Das alles zusammen war einfach zu viel! Gut, dass ihre Familie gerade nicht da war. Aber das war so ziemlich der einzige Lichtblick.

Offensichtlich hatte die Polizei niemanden mehr vorgefunden.

Die Beamten standen, als die beiden vorbei gingen, im Wohnungseingang und beratschlagten. Ein Polizist war draußen bei den Autos, wie ich vermutet hatte.

Das hatten wir für unsere „Flucht" genutzt.

Ich konzentrierte mich auf die Straße und versuchte „runter" zu kommen.

„Du, Kai! Mach mal schnell das Radio lauter."

Ich hatte gar nicht auf das Radio geachtet. Im Hintergrund lief HR1 und da war irgendein Bericht. Ich drehte lauter.

„... kam es vor wenigen Augenblicken zu drei Schusswechseln in Frankfurt, die wahrscheinlich im direkten Zusammenhang mit Konflikten im Bereich der organisierten Bandenkriminalität und dem Rockermilieu zu stehen scheinen.

In der Kaiserstraße sind zwei Mitglieder der Gruppe „Hells Angels" auf offener Straße erschossen worden. Eine weitere unbeteiligte Person wurde angeschossen und verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert.

In Schwanheim kam es zeitgleich zu einem zweiten Schusswechsel, bei dem zwei Personen schwer verletzt wurden. Die Polizei konnte im Rahmen einer sofort eingeleiteten Ringfahndung drei Personen aus dem Rockermilieu festnehmen.

Kurz darauf lieferten sich in Griesheim zwei Männer mit der Polizei einen dritten Schusswechsel Einer der beiden Männer verstarb noch am Tatort und der andere wurde mit leichten Schussverletzungen in ein Frankfurter Krankenhaus verbracht.

Zwei Polizisten wurden im Verlauf des Schusswechsels verletzt und werden nun ebenfalls in Krankenhäusern behandelt.

Die Polizei bittet sie, im Großraum Frankfurt keine Anhalter mitzunehmen und die Anwohner, sich vorsichtig zu verhalten.

Weitere Täter sind noch auf der Flucht, bewaffnet und gefährlich. Die Fahndung läuft.

Sollten sie etwas beobachtet oder sachdienliche Hinweise haben, werden sie gebeten, sich umgehend über den Notruf „110" mit ihrer nächstgelegenen Polizeidienststelle in Verbindung zu setzen.

Wir halten sie über die weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden.

Und jetzt kommt der neue Song von Lena Meyer Landrut..."

Ich drehte das Radio wieder leiser.

„Zumindest wissen wir jetzt, warum Marius nicht kommen konnte." Ich war geschockt.

„Griesheim -- war das bei uns?"

„Ich weiß es nicht, Sandra. Vielleicht. Dann waren das ja wirklich Schüsse!"

„Vielleicht war das ja Günther?"

„Weiß ich nicht. Wir müssen weiter Radio hören und heute die Hessenschau sehen. Könnt ihr zu Hause mal ins Internet gehen. Vielleicht steht da ja mehr drin?"

Elke zückte ihr Handy.

„Rufe jetzt besser erst mal niemanden an, Elke. Wir müssen erst mal nachdenken und mehr rausbekommen."

„Melissa?"

„... Geht es gut. Die ist im Krankenhaus und braucht derartige Aufregung im Moment nicht."

„Schon gut, Kai."

Sie steckte ihr Telefon wieder weg.

Sandra war förmlich in sich zusammengesunken -- wer konnte es ihr verdenken.

„Ich denke, ihr habt nichts dagegen, wenn wir jetzt direkt nach Hause fahren. Wir kaufen morgen ein. Das war gerade eindeutig zu viel Stress!"

Beide nickten.

„Uns folgt niemand. Niemand weiß, wo ich wohne oder, dass wir in irgendeiner Verbindung zueinander stehen. Wir sind in Sicherheit. Melissa auch."

„Soll ich Melissa anrufen?"

„Déjà-vu -- hatten wir das nichtgerade schon?"

„Mist."

„Wir sind gerade alle am Limit. Alles gut, Elke. Nochmal - Besser nicht. Melissa soll sich nicht unnötig Sorgen machen."

„Ist sie dort wirklich sicher?"

„Im Krankenhaus, kann ihr nichts passieren. Sie ist unter einem anderen Namen angemeldet und wenn ihr oder Melissa zwischenzeitlich niemanden angerufen hat, weiß auch niemand, dass sie dort ist.

Aber ich denke darüber nach, ob ich sie nicht heute Abend zu uns hole..."

„Vielleicht keine schlechte Idee", meldete sich Sandra zu Wort. „Aber ihr geht es doch noch nicht so gut und sie braucht Medikamente und Infusionen..."

„Bin ich vielleicht Arzt?"

Ich versuchte mich an einem ersten Scherz, um die Situation etwas aufzulockern, auch wenn mir nicht wirklich danach zu Mute war.

Elke lächelte. Zu Sandra drang ich noch nicht ganz vor.

„Schauen wir mal..."

Die Fahrt verlief ruhig und wir kamen nach einer guten halben Stunde wieder bei mir zu Hause an. Wir stiegen aus und ich ging zum Kofferraum, um meinen Laptop rauszuholen.

Da sah ich sie auch schon... zwei Einschusslöcher im Kofferraumdeckel!

Sandra, die hinter mir stand, schluchzte auf.

„Elke, kommst du mal bitte... Das solltest du dir auch kurz ansehen."

Elke kam und schüttelte ungläubig den Kopf.

„Wir müssen jetzt alle verdammt vorsichtig sein. Keine Touren mehr nach Frankfurt, bis die ganze Situation nicht klar und sicher ist!"

„Ich will nicht mehr zurück! Nie wieder..."

Sandras Stimme klang schrill.

„Musst du jetzt auch nicht, Sandra. Jetzt sind wir wirklich in Sicherheit."

Erste Tränen rannen über ihr Gesicht.

Ich kämpfte meine aufkeimende Hysterie runter und öffnete den sichtbar lädierten Kofferraum.

Eine Kugel hatte den Laptop getroffen. Der war garantiert hin. Die andere hatte den Kanister zerfetzt und war in der Rückwand der Rücksitzbank hängen geblieben -- genau in der Höhe, wo Sandra vorher gesessen hatte.

Ich wusste nicht, ob die Mädels das bemerkt hatten. Ihre Augen waren noch auf meinen Rechner gerichtet. Ich beschloss zu schweigen und warf den Kofferraumdeckel direkt wieder zu.

Glück gehabt!

„Elke, du hast ja den Schlüssel. Könntest du bitte das hintere Hoftor öffnen? Ich fahre den Wagen besser rein."

Sie nickte.

„Das da muss niemand sehen, den es nichts angeht."

Ich zeigte auf die Einschusslöcher.

Elke und Sandra überquerten die Straße und öffneten das vordere Hoftor. Elke zeigte mit dem Daumen nach oben und winkte mir zu. Sie schloss die Tür und verschwand damit aus meinem Blickfeld.

Ich war erleichtert, startete und fuhr mit dem Wagen kurz um den Block, um in den hinteren Hofeingang im richtigen Winkel einfahren zu können.

Als ich ankam, war das Tor bereits offen. Ich fuhr rückwärts hinein... Am Gartentisch saß Marius und winkte mir müde zu. Ich bemerkte es mit dem ersten Blick im Rückspiegel -- er sah nicht wirklich gut aus.

---

Drei Stunden später war ich um mindestens 5 Jahre gealtert.

Sandra lag im ehemaligen Schlafzimmer meiner Eltern und schlief im Himmelbett. Ich hatte ihr ein starkes Schlafmittel und ein Sedativ aus meinem Arztkoffer gegeben. Es war alles viel zu viel für sie.

Ich hatte kurz mit Melissa und anschließend mit ihrem diensthabenden Arzt telefoniert und ihnen beiden gesagt, dass ich sie gegen 20:00 Uhr abholen würde.

Melissa hatte das mit den Schießereien im Fernsehen gesehen. Eine solche Nachricht hatte es in die Prime Time eines jeden Fernsehsenders geschafft -- inklusive obligatorischer Sondersendungen.

Marius lag im Gästezimmer. Auch er schlief, hatte aber zusätzlich starke Schmerzmittel intus. Er hatte Glück im Unglück -- ein Streifschuss am Oberschenkel und am Arm ein glatter Durchschuss. Ich hatte fast zwei Stunden damit zugebracht, seine Wunden fachgerecht zu versorgen.

Er war hart im Nehmen und wollte partout nicht in ein Krankenhaus. Ich verstand, warum.

Seine Harley stand wie mein Wagen ebenfalls im Hinterhof -- überdacht und vor fremden Blicken sicher.

Weiß der Teufel, wie er in den Hof gekommen war.

Elke war in der Küche und beseitigte das von mir angerichtete „Blutbad". Marius hatte eine Menge davon verloren und wenn ich im Krankenhaus war, würde ich auch mal einen Liter „Universalblut" prophylaktisch „mitgehen" lassen...

Überhaupt brauchte ich noch einiges -- vor allem Nachschub an Medikamenten, Verbandmaterial und Equipment für die Pflege. Ich musste mich ja jetzt nicht nur um Marius, sondern auch um Melissa kümmern.

Ich saß auf der Couch, trank ein alkoholfreies Hefeweizen und schüttelte den Kopf. Letzten Samstagabend -- was wäre passiert, wenn ich nicht reagiert und mich einfach aus allem rausgehalten hätte?

Hatte ich aber nicht!

Und deshalb saß ich nun hier.

Elke kam mit einem Tablett aus der Küche: ich sah dampfenden Kräutertee und eine Lage belegte Brote.

Sie sah müde aus. Aber sie war stark.

„Du siehst ziemlich müde aus, Kai."

„Ich dachte gerade das Gleiche von dir..."

Sie lachte.

„Wundert´s?"

„Nicht wirklich. Ich fühle mich gerade 5 Jahre älter."

Ich nahm ihr das Tablett ab und sie setzte sich.

„Was zur Stärkung. Wir haben noch nichts gegessen."

„Danke, Elke." Ich lächelte sie dankbar an.

„Die Brote sehen toll aus und der Tee... Genau das Richtige für diesen Moment."

„Wann fährst Du Melissa abholen?"

„Gleich nach dem Essen. Wenn was sein sollte mit unseren Patienten, kannst du mich kurz anrufen. Aber ich denke, die werden alle friedlich bis morgen durchschlafen."

Ich nahm einen Schluck Kräutertee -- Kamille und Minze, eine gute Wahl.

„Marius muss ich gegen eins heute Nacht mal kurz wecken und ihm noch was spritzen. Dann sollte es passen."

Elke nickte.

„Du kannst dich auf mich verlassen. Ich werde hier warten und wenn ich was höre, sehe ich nach und rufe dich an."

„Genau. Ich werde heute Nacht hier unten schlafen und mir den Wecker stellen. Ich schaue in der Nacht mehrmals nach allen."

„Ich bleibe bei dir."

„Nein, geh du mal heute Nacht nach oben in mein Zimmer. Melissa schläft bei Sandra. Du musst aber auch durchschlafen. Das war sehr viel Stress heute."

„Nein, nein. Ich bleibe auch hier unten, wenn du Hilfe brauchst."

„Ich bin es gewohnt, nachts aufzustehen, zu arbeiten und dann wieder zu schlafen. Im Dienst in der Ambulanz machen wir Nacht für Nacht nichts anderes."

„Ich leiste dir Gesellschaft. Und ehrlicherweise will ich heute nicht alleine schlafen."

Elke sah mich ernst an.

„Ich weiß, ich bin ein „Mädchen" und wo sollte es sicherer sein, als im obersten Stockwerk."

„Ich verstehe dich."

Sie nickte.

„Alles wird gut."

„Glaubst du daran Kai?"

„Manchmal."

„Die zweite Kugel war in der Rückbank und hätte beinahe Sandra erwischt."

„Müssen wir ihr das sagen, Elke?"

„Nein. Müssen wir nicht. Wir hatten verdammt viel Glück."

„Hatten wir."

„Sandra... meine Sandra... Was mir nicht einleuchtet -- warum all das? Warum so extrem?"

„Weil Typen wie Günther schon vor langer Zeit aufgehört haben, rational zu denken."

„Wahrscheinlich hast du Recht, Kai."

Ich biss in ein neues Brot, das mit Schinken und Tomate belegt war.

Ich hatte plötzlich Appetit und es schmeckte mir auch wieder.

Wir schalteten das Fernsehgerät an. In einer Sondersendung waren Bilder der unterschiedlichen Tatorte zu sehen.

Die dritte Schießerei war tatsächlich in Griesheim in der Ahornstraße. In der Reportage blinkten dort nach wie vor die Blaulichter.

„Hoffentlich ist es Günther."

„Hoffe ich auch, Elke. Wäre sehr gut und würde vieles einfacher machen."

„Was meinst du, wie es dazu gekommen ist?"

Ich trank einen weiteren Schluck Tee.

„Ich denke, sie haben uns gesehen und auf uns geschossen. Das hat der Polizist unten am Auto gehört und der hat dann seine Kollegen geholt..."

„So könnte es gewesen sein."

„Ich hoffe nur, dass das jetzt keine großen Auswirkungen auf Melissa und euch hat."

„Auswirkungen? Ich hoffe nur, dass jetzt alles endlich vorbei ist."

„Wo Du Recht hast, hast du Recht, Elke!"

Elke umarmte mich, als ob es kein Morgen gäbe.

Ich merkte Tränen an meiner Schulter. Ich streichelte sie und streichelte und streichelte... eine gefühlte halbe Ewigkeit, nur unterbrochen von ihrem leisen Schluchzen.

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