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Mias Geheimnis 01 Allein zu Haus

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Der Beginn des verhängnisvollen Abends...
4k Wörter
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Freitagabend, 19:00 Uhr. Eine weitere kalte Februarnacht bahnt sich an. Ich blicke aus dem Fenster. Die Heizung unter meinem Lieblingsplatz strahlt Wärme aus, an diesem Abend, der sich so anders anfühlt als die sonstigen Tage in den letzten vierunddreißig Monaten.

Zum ersten Mal seit ich im Frühsommer 2019 erfuhr, dass ich schwanger war, bin ich allein. Ben, von dem ich ab der ersten Minute der Schwangerschaft wusste, dass er ein Junge werden sollte, war immer bei mir. Und an den bisher 5 oder 6 Freitagen, die Ben bei Mama und Markus verbrachte, war Lukas bei mir. Doch am heutigen Tag bin ich alleine...

Vor einer Woche bin ich 30 geworden. Lukas sollte eigentlich letzte Woche zur Dienstreise sein, doch er konnte die Termine verschieben lassen. Dass er jedoch gleich in der Woche darauf abreisen würde, war mir nicht bewusst. Ich war knatschig, weil ich mich nach dem Stress um meinen 30. wirklich auf unseren „kinderfreien Tag" gefreut hatte.

Nun sitze ich also hier, schaue auf die Felder des Bauern und warte darauf, dass mir mein Handy neue Nachrichten von meiner Mutter übermittelt und mir auf diese Weise vergewissert, dass ich mir keine Sorgen machen muss. Es fällt mir schwer loszulassen, die Kontrolle abzugeben. Ich bin es so gewohnt, mich um alles mögliche zu kümmern und jegliche Entscheidungen selbst zu fällen, dass ich mich kaum entspannen kann, wenn mir Verantwortung abgenommen wird - gerade dann, wenn es um Ben geht. Wenn Lukas hier wäre, würde er mich ablenken, mich beruhigen, wenn nötig. Wir würden zusammen kochen oder Essen gehen, vielleicht ins Kino oder in den Goldenen Spatz. Würden gemeinsam scherzen, lachen, etwas trinken und Sex haben.

Ich mag Sex, sehr sogar, das tat ich vom ersten Mal an. Egal ob mit dünnen Jungs wie meinem ersten Freund Jonas, durchtrainierten Kerlen wie Milan, älteren Männern mit Bauchansatz wie Cliff oder mit meinem Ehemann - dem „Normalo" -, und völlig egal ob gefühlvoll oder wild. Ja, Sex mit meinem Ehemann wäre genau das, was ich jetzt bräuchte. Außerdem spricht auch er von einem zweiten Kind, einem kleinen Geschwisterchen für unseren Ben. Soweit ich weiß, wäre die Chance darauf größer, wenn man Sex hätte, anstatt auf Dienstreise zu sein... Doch ich kann schmollen wie ich will - Lukas ist nicht hier.

Ich spüre, wie ich wieder wütend auf ihn werde, ein Gefühl, das verstärkt wird, als er meinen ausgehenden Anruf nicht beantwortet.

Ich gehe in die Küche, schütte mir die nächste Tasse Kaffee ein und kehre zurück an meinen Platz. Im nebenbei laufenden Fernseher verkündet die Heute-Moderatorin, dass der diesjährige Februar genauso mild enden würde, wie er die ersten drei Wochen begann.

„Im Vergleich zum verrückten Winterchaos 2021, fühlt sich der diesjährige Februar fast schon an wie ein viel zu früher Sommermonat", sagt sie.

Ich schaue wieder nach draußen, beobachte den in der Dunkelheit auf die Felder rieselnden Schnee und frage mich, wer mich eigentlich verarschen will. Als ich die Wetter-App öffne, die mir für den jetzigen Moment einen klaren Himmel anzeigt, beantworte ich mir laut meine Frage:

„Anscheinend alle." Wie immer.

Um halb 8 gibt mein Handy einen kurzen Piepton von sich, teilt mir eine neue Nachricht von meiner Mutter mit. Ich öffne das zugesandte Video und merke, wie sich die langsam in mir aufschäumende Wut mit einem Mal verflüchtigt.

Mama filmt Ben, der einen kleinen Frack trägt, den sie ihm zurechtgenäht hat. Ben, der am letzten Silvester, im Alter von 2 Jahren, zum ersten Mal eine Frühvorstellung von Dinner for One sah, spielt die Bewegungen von James, seinem neuen Helden, fast 1-zu-1 nach. Eine von ihm verwendete Fantasiesprache ersetzt das Englisch und ich muss lachen, als er seiner Großmutter auf Nachfrage mehr Wasser ins Sektglas schüttet, anschließend davontorkelt und über Markus stolpert, der auf dem Boden das bekannte Tigerfell mimen muss.

Nachdem ich das Video ein paar Mal angeschaut habe, lege ich das Handy wieder weg und schenke mir die dritte Tasse Kaffee ein. So langsam verstehe ich, warum ich kaum herunterkomme...

Ich denke an Mama und Markus und wie sich unser Verhältnis gebessert hat, seit Ben da ist. Das war zum Zeitpunkt als Mama Markus kennenlernte keineswegs der Fall gewesen. Abgesehen davon, dass ich Markus' Gehabe, sich als lang ersehnter Vater aufzuspielen, rigoros ablehnte, störte mich prinzipiell einfach alles an ihm. Markus ist 11 Jahre jünger als Mama, die in ihren Fünfzigern zwar nach wie vor über ein tolles Erscheinungsbild verfügt, deren Sprung in ein Leben mit dem jüngeren Mann aber zwangsläufig zu mehreren, für mich schwer zu akzeptierenden Veränderungen führte. Die drastischste Veränderung war zweifelsohne der Umzug in ein abgelegenes Waldhaus, fast 100 km entfernt von meiner Heimatstadt.

Lukas' und mein Umzug in das kleine 1.500-Einwohner-Dorf, das nur 20-25 Minuten von Mamas Haus entfernt ist, und die Geburt von Ben änderten das jedoch knappe 2 Jahre später wieder. Nicht nur stellte das Baby unser Leben völlig auf den Kopf, auch die von Natur aus unergründliche Mutter-Tochter-Liebe wurde fast wieder gänzlich hergestellt. Sogar mein Verhältnis zu Markus, der mit Mitte 40 jeden Tag mehr zum Vorzeigeopa wird, hat die Existenz dieses kleinen Troublemakers zu einer tatsächlichen Freundschaft verbessert - was mir zig Mal lieber ist, als ein unechtes Vater-Tochter-Gehabe.

„Wir feiern eine kleine Party", schreibt Mama, als sie mir in den darauffolgenden Minuten mehrere Fotos zusendet. Fotos, auf denen die 3 zusammen lachen, essen, trinken, sogar zu tanzen scheinen. Ich bemerke ein kleines, beleidigtes Zwicken in meiner Magengegend.

Ich sollte heute eine Party feiern, denke ich. Schließlich war ich es, die vor einer Woche, an ihrem eigenen Geburtstag, gut 40-50 Leute bespaßen und bekochen musste, während alle anderen - mein Ehemann inklusive - einen traumhaft entspannten Abend zu genießen schienen. Aber Mama und Markus scheinen sich ihrer in meinen Augen geleisteten Taktlosigkeit nicht bewusst zu sein, was mich erneut stinkig werden lässt.

Als ich mir die letzte Tasse Kaffee einschenke, obwohl das Koffein weiter meinen so untypischen Jähzorn anspornt, klingelt mein Handy. Es ist Lukas.

„Hi", sage ich, während ich darauf achte, dass auch der letzte Tropfen der Kaffeekanne in meiner Tasse landet.

„Hi", antwortet mein Mann. „Alles gut bei dir? Was macht dein Freitagabend? Hast du was von Ben und Mathilde gehört?"

„Alles gut hier. Ben ist wohlauf." Ich höre Musik und Stimmengewirr im Hintergrund. „Bist zu unterwegs?"

„Wir lassen den Abend ausklingen", antwortet Lukas. „Haben ein klasse Restaurant gefunden."

„Schön", antworte ich knapp, während das Zwicken in meinen Eingeweiden stärker wird.

Ich sollte heute eigentlich ausgehen.

„Was sagst du?", ruft Lukas ins Telefon. „Schatz? Es ist ziemlich laut hier."

„Habt einen schönen Abend, habe ich gesagt."

„Danke! Ich melde mich später bei dir. Ich liebe dich."

„Ich dich auch."

Ich lege auf. Das Zwicken beginnt langsam ernsthaft zu köcheln.

Angefressen gehe ich auf die Toilette, nachdem ich die letzte Tasse Kaffee heruntergestürzt habe. Es ist zehn nach 8. Ich könnte einen Film schauen, ein Buch lesen oder vielleicht etwas schreiben. Ich liebe es besonders zu Schreiben, doch jetzt gerade habe ich auf all das keine Lust. Viel lieber würde ich nun neben Lukas im Restaurant sitzen, etwas essen und trinken, anschließend mit ihm schlafen. Doch ich sitze allein zuhause.

Wütend tippel ich barfuß zurück an meinen Platz. Meine Füße sind nach dem Gang ins Badezimmer urplötzlich wieder kalt, auch die leichte Leinenhose und mein Langarmshirt wärmen mich nicht sonderlich. Ich schnappe mir eine Decke und mümmel mich auf meinem Platz ein.

Ich sollte heute eigentlich ausgehen, denke ich erneut. Das ist mein Ausgehtag.

Halb 9. Mama schickt erneut ein Bild. Sie hat Ben im Arm, der auf der Couch langsam müde zu werden scheint. Er hat einen Schnuller im Mund. Hatte ich Mama nicht gesagt, dass wir ihm den Schnuller frühzeitig abgewöhnen wollen? Warum hört mir eigentlich nie jemand zu? Zugegeben, der Schnuller im Mund eines gerade Zweijährigen ist kein Drama und die Abgewöhnung sollte sich auf einen längeren Zeitraum erstrecken. Doch ich lasse mir die Gelegenheit, noch ein bisschen wütender zu werden, nicht nehmen.

Ich schlüpfe in meine Pantoffeln und gehe in die Küche, um mir etwas zu essen zu machen. Die letzte Mahlzeit hatte ich vor etwa 6 Stunden, außerdem brauche ich eine Beschäftigung.

Ohne wirklichen Plan oder Hunger schneide ich Tomaten und Knoblauch klein. Vielleicht mache ich mir Nudeln oder etwas in der Art. Abwechselnd schneide ich Gemüse und putze die Arbeitsplatte und den Tisch.

Um kurz vor 9 geht die letzte Nachricht meiner Mutter ein:

„Der Kleine ist im Bett. War ein anstrengender Tag. Wir sind auch bald reif für die Kiste. Hab dich lieb."

Ich spüre, wie ich mich automatisch entspanne. Ben schläft wohlbehalten.

‚Und jetzt fahr dich endlich ein bisschen runter, Mädel', sagt eine spitze Stimme in meinem Kopf.

Ich putze Spüle, Herd und Ofen und fahre mich also herunter. Ein wirkliches Hungergefühl verspüre ich nach wie vor nicht.

Mein Entspannungszustand hält ganze 2 Minuten.

Lukas schickt mir ein Foto. Er grinst in die Kamera und hält einen Cocktail hoch, im Hintergrund lachen und winken seine Kolleginnen und Kollegen, allesamt Programmierer wie er, vermute ich.

„Jetzt reicht's", sage ich laut, während ich auf den Tisch haue, gehe zum Schrank, nehme ein Weinglas heraus und schütte mir Primitivo ein - etwas, das ich schon viel früher hätte tun sollen.

„Das ist mein Ausgehtag."

Ich muss raus, das spüre ich ganz deutlich. Raus aus dem Haus, spazieren, etwas trinken oder essen gehen oder einfach nur vor die Haustür - egal, irgendwas. Mit meinem Glas Wein gehe ich zurück ins Bad.

Egal wo ich hin will, erst einmal brauche ich eine Dusche.

Das warme Wasser, das meinen nackten Körper herunterfließt, tut gut. Ich überlege, was der Abend bringen soll. Kino? Restaurant? Ein Spaziergang? Goldener Spatz?

Im Kino würde ich mich so erdrückt fühlen wie in meinem Wohnzimmer. Alleine etwas essen zu gehen kommt mir wie der wahrhaftige Albtraum vor. Und ebenso allein durch das Dorf, über die Felder oder gar durch den Wald, kommt bei der Dunkelheit nicht in die Tüte. Goldener Spatz also, schlussfolgere ich. Ich war lange nicht dort, habe die leicht urige Dorfkneipe nicht sonderlich vermisst. Aber verglichen mit den anderen Alternativen klingt es gar nicht so schlecht und in eine Lokalität außerhalb des Dorfes möchte ich sowieso nicht mehr fahren.

Wie immer dusche ich mich zum Ende hin kalt ab. Es ist gut für das Bindegewebe, schwört Mama, und sie muss es wissen. Cellulite ist auch heute noch ein Fremdwort sie, bisher gilt das auch für mich.

Ich betrachte meinen nassen Körper in Spiegel. Zufriedenheit macht sich breit, während ich einen weiteren Schluck Wein nehme.

Ich bin mit meinen 1,67 Meter nicht winzig klein, aber meine Veranlagung geht eher ins Zierliche. Auf meinem flachen Bauch ist kein Anflug von Speckröllchen erkennbar. Mein Po ist nicht mehr so 'naturknackig' wie vor 10 Jahren, doch mein regelmäßiges Yogatraining hat einen runden, sich von meinem Körper abhebenden Po hervorgebracht. Meine handlichen Brüste, aus denen durch die Schwangerschaft ein C-Körbchen wurde, stehen wie eine Eins. Die beiden Nippel mit dem rosa Farbton schauen seit je her nach vorne.

‚Nicht schlecht für die ständig gestresste, dauergenervte Mami', sagt die kesse Stimme in meinem Kopf.

Ich frische die Rasur meiner Beine und Achseln auf und überlege, ob ich mich auch frisch intim rasieren soll. Eigentlich wollte ich damit bis zum nächsten Rendezvous mit meinem Mann warten.

Eine neue Nachricht auf meinem Handy lässt mir die Entscheidung leicht fallen:

„FYI: mein Zug kommt morgen um 13:24 Uhr im Bahnhof an. Denkst du daran, morgen früh noch zu Helge zu gehen und frischen Lachs zu kaufen? Er hat bis 11 Uhr offen. ♥"

Du kannst mich mal. Ich entferne die Haare, die sich um Lukas' geliebten Streifen oberhalb meines Heiligtums gebildet haben. Auch den Streifen entferne ich und empfinde eine gewisse Befriedigung beim Gedanken an meinen Ehemann. Das hat er nun davon.

Als ich vollständig enthaart bin, leere ich mein Glas. Um meine nassen Haare binde ich mit einem kleinen Handtuch eine Art Turban, ein größeres Handtuch binde ich um meinen Körper, wodurch Brüste und Po bedeckt werden.

Ich mache mich auf den Weg in die Küche, um mir Primitivo-Nachschub zu holen. In meiner verfrühten Aufbruchstimmung vor meiner Dusche habe ich sämtliche Lichter ausgeschaltet. Ich schleiche nun durch das dunkle Wohnzimmer und erschaudere leicht, als ich durch die Terrassentür hinaus auf die Felder und den Wald im Hintergrund gucke.

Ganz allein, überlege ich, während meine Arme meinen Körper umschlingen und ich herausschaue. Ich erkenne in der Dunkelheit noch so gerade das große Haus des Bauern. Würde ich es bis dorthin schaffen, sollte in diesem Moment hier eingebrochen werden? Was, wenn der Einbrecher mich laufen sehe? Würde er mich verfolgen? Könnte ich vor ihm wegrennen? Bin ich überhaupt noch gut zu Fuß, seit ich das Tennisspielen mit 26 aufgegeben habe?

‚Sicher nicht in dem Handtuch', feixt meine innere Stimme.

Ich erschaudere erneut, als ich mein splitternacktes Ich über die Felder laufen sehe, der große, vermummte Einbrecher auf meinen Fersen. Ein aufregender, spannender Gedanke, zumindest solange er nur genau das bleibt.

Mit meinem zweiten Glas Wein tippel ich zurück ins Bad und beginne mir meine Haare zu föhnen. Als ich damit fertig bin, greife ich zu Glätteisen und Haarspray, um meinen Look ausgefallener werden zu lassen. Um kurz vor 10 schaue ich zufrieden auf mein dunkelblondes, schulterblattlanges Haar, das im Licht leicht golden glänzt.

Heute trage ich sie offen, beschließe ich. Zu 90% meines Alltags stecke ich die Haare hoch oder binde sie zu einem Dutt. Hochsteckfrisuren stehen meinem schmalen, ovalen und mit hohen Wangenknochen versehenen Gesicht. Doch heute ist eben alles ein wenig besonderer. Es ist schließlich mein Ausgehtag.

Nachdem ich meine Wimpern betont habe (ein wenig mehr als sonst), einen dezenten und nur leicht von meiner Haut abhebenden roséfarbenen Lippenstift aufgetragen habe (ich benutze sonst nie Lippenstift) und meine Wangenknochen mit ein wenig Rouge mehr Ausdruck verleihe (worauf ich in der Regel verzichte), blicke ich in mein Spiegelbild.

„Aus hübsch werde schön", sage ich in gespielt arrogantem Ton, wobei ich mir insgeheim recht gebe.

Meine Zehen- und Fingernägel lackiere ich am Badewannenrand mit einem transparenten Nagellack, um die Nägel glänzen und gepflegt aussehen zu lassen. Nachdem ich fertig bin schaue ich auf meine auffallend geraden Finger und Zehen. Ich versuche, alle 20 Glieder leicht nach links zu krümmen und denke an Lukas' Penis.

Amüsiert gibble ich über meinen kindischen Witz, während mein zweites Glas Primitivo langsam zur Neige geht.

„So", sage ich, als ich im Bad fertig bin, und mache mich auf in mein Ankleidezimmer.

Ich stehe vor meinen Schränken und habe keine Ahnung, was ich zum heutigen Abend anziehen soll. Wenn ich ehrlich bin, weiß ich ja nicht mal, was genau ich überhaupt mit all der Aufmachung bezwecke.

‚Was soll's', sagt die freche Stimme von vorhin wieder. ‚Hau einen raus!'

Eines ist klar - zu meinem Make-up, das viele Frauen wohl als dezent bezeichnen würde, das für meinen ansonsten eher natürlich Look aber nahezu offensiv wirkt, passt kein gewöhnliches Alltagsoutfit. Es muss schon etwas Schickes sein.

Mein Blick wandert über meine Röcke und Blusen, die ich vor meiner Elternzeit fast täglich trug, weiter zu schicken Jeans und eng anliegenden Leggins und bleibt schließlich auf meinem königsblauen Jumpsuit stehen. Ich liebe meinen Jumpsuit, doch heute tendiere ich eher zu etwas Kürzerem und wende mich daher meinen Kleidern zu. Sommer- und Abendkleider ignoriere ich, doch mein Blick bleibt kurz auf meinem Hochzeitskleid hängen. Ich stelle mir vor, wie ich den Spatzen im langen, weißen Kleid betrete und muss wieder kichern. In meinem Glas befinden sich noch ein bis zwei Schlücke Primitivo.

Nachdem ich verschiedene Kleider von der Stange nehme und wieder zurückhänge (ein hellblaues Cocktailkleid aus Kaschmir - zu übertrieben -, ein beiges Sportkleid mit langen Ärmeln - zu langweilig -, ein rotes Minikleid mit tiefem Ausschnitt und klobigem Schnitt - ein Fehlkauf -, ...), richte ich meine Augen schließlich auf das pinke Cocktailkleid, das ich so gerne trage. Es ist der Klassiker, das Kleid, dass ich anziehe, wenn mir sonst nichts anderes einfällt. Ärmellos, Rundhalsausschnitt, mit enger Taille und aufgehendem Saum. Es steht mir fabelhaft und ich schaue in den Spiegel. Dennoch bin ich irgendwie ernüchtert, als ich die Schranktüren schließe, um mich anschließend um die Unterwäsche zu kümmern. Es ist das Kleid, das ich ständig trage. Kaum passend für den heutigen, so ungewöhnlichen Abend.

Im letzten Moment, als ich die Schranktür fast komplett geschlossen habe, sehe ich es. Mein Herz macht einen kleinen Freudensprung, ob der Überraschung des ganz vergessenen Kleidungsstücks. Ich greife nach dem schwarzen Stück Stoff, hole es hervor und nehme es vom Bügel.

Es ist ein trägerloses, eng anliegendes, kurzes Minikleid, das mir Markus zum 24. Geburtstag schenkte, kurz nachdem er meine Mutter kennenlernte.

„Hast du sie noch alle?", schrie ich ihn damals an. „Lass das Ding doch Mama für dich anziehen und hol' dir einen darauf runter! Noch besser, trag den scheiß Fetzen doch einfach selber!"

Bei dem Gedanken daran bekomme ich ein nachträglich schlechtes Gewissen. Markus war sichtlich irritiert, vielleicht sogar gekränkt. Es war der Grundstein für die knapp zweijährige dicke Luft zwischen meiner Mutter und mir.

Jetzt jedoch, an diesem späten Februarabend, der so anders ist, als alle vergangenen Abende, wirkt der „scheiß Fetzen" - den Lukas damals verstaut hatte, ich selbst hätte ihn weggeschmissen - wie das ideale Kleidungsstück. Ich entledige mich meinem pinken Lieblingskleid und ziehe das knappe Schwarze an.

Es passt wie maßgeschneidert. Der hochwertige Stretchstoff lässt es fast zu einer zweiten Haut werden, außerdem ist es gemütlich. Mein Busen wird durch die Passform leicht gepusht, mein Po sieht schlicht perfekt darin aus.

„Ja", sage ich zu mir. „Entscheidung getroffen."

Als ich mich zur Kommode mit meiner Unterwäsche begebe, um einen BH und ein Höschen auszusuchen, wird mir aber auch die Komplikation dieses Kleids bewusst. Dadurch, dass das Kleid so eng anliegt, wird so gut wie jede Unebenheit darunter sichtbar. Zudem hat das Kleid keine Träger, was mich bei der Suche nach dem heutigen BH ziemlich einschränkt.

Ich probiere einen meiner trägerlosen Comfy-Bras an, die ich meistens zum Sport anziehe. Das Fazit ist simpel: kann man machen, wenn man Lust darauf hat, ständig darauf zu achten, dass der BH nicht zum Vorschein kommt - der Schnitt des Kleids oberhalb der Brüste ist fast identisch mit dem meiner Comfy-Bras. Bei den einzigen sonstigen trägerlosen BHs, die ich besitze, handelt es sich um Spitzenwäsche. Diese würden definitiv oberhalb des Kleids sichtbar sein und fallen somit ebenfalls raus. Also gar keinen BH? Ich lasse nie meinen BH weg, wenn ich das Haus verlasse... Vielleicht einfach nur Nippelpads?

‚Scheiß auf Nippelpads.'

Heute ist alles anders. Heute ist mein Ausgehtag. Heute brauche ich keinen BH.

Was das Höschen angeht, stehe ich vor einem ähnlichen, wenn nicht sogar größeren Problem. Die Tangas, die ich bevorzugt trage, brauche ich erst gar nicht unter dem Kleid anprobieren - ihre Passform würde sich durch den schwarzen Stoff wie nachgezeichnet abheben. Auch das kleine Dreieck eines G-Strings, den ich anprobiere, ist wie ein kleiner Knubbel über meinem Po zu erkennen.

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