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Natalya

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Ich war stinksauer. So sauer, dass ich meinte, eine gebrochene Nase würde noch nicht ausreichen. Jacek versuchte, mich zu beruhigen. Doch es half nichts. Irgendein Gegenstand musste dran glauben.

„Respekt, übrigens! Mein Bruder schwärmt von Deinem Haken!" stellte Jacek fest, während er die Tonscherben eines Blumentopfes aufsammelte. „Sorry - Ich - Ich..." stammelte ich, „Ich wusste gar nicht, dass ich sowas überhaupt kann. Mir ist einfach nur die Sicherung rausgeflogen, glaube ich", stellte ich fest, während ich ihm erschrocken half, die Reste irgendeiner exotischen Pflanze zu entsorgen. Mein Zeh schmerzte.

„Naja, den Scheißkerl hast Du erledigt und zwar allererste Sahne. So wie es sich gehört. Mit Verlaub, dann ist auch endlich Ruhe in unserer Stufe. Du hast mit Sicherheit neue Fans!", meinte Jacek.

„Dein großer Bruder und Kendra haben uns da wohl eher gerettet. Wären beide nicht so geistesgegenwärtig... Scheiße - Ich will gar nicht drüber nachdenken!", schauderte ich

Kendra setzte sich zu uns. „Häseken, wir müssten sowieso mal miteinander reden!", meinte sie und legte ihren Arm über mich. „Worüber?" wollte ich wissen, doch Kendra lehnte ab. „Nicht jetzt, süßer. Nicht jetzt. Eines aber lass Dir gesagt sein, so lieb Du auch bist, aber über uns Mädels musst Du noch eine ganze Menge lernen..."

## Wütend

Der Nachmittag verging. Es gelang irgendwie, Gespräche herbeizuführen. Ich selbst hatte noch Probleme mit Kendra's letztem Satz, meinte jedoch, dass ich das ein wenig später noch verarbeiten könne. Der Pool war verlockend und eine gute Abkühlung und vielleicht auch eine Ablenkung. Jacek hatte zunehmend Probleme damit, Kendra in ihrem Bikini zu betrachten und wurde ab und an rot im Gesicht. Immerhin mal etwas schönes, wie ich in mich hineinbringend feststellen musste.

Es musste nicht viel gesprochen werden, alle waren da und alles war irgendwie gesagt, und doch, dar war noch etwas, das musste Anastasia noch loswerden: „Das kann nicht sein, dass die so davon kommen!"

Sie hatten schon alles, was sie brauchten, um Recht und Ordnung zu bekommen. Es war protokolliert, es gab eine Blutuntersuchung und sogar Haarproben. Es gab ein Geständnis und es gab ein Beweismittel. Es war zwar über die Maßen schwer, so etwas nachzuweisen, doch anhand der Bestimmung des Mittels, dessen Bezeichnung sie von Jacek's Bruder genannt bekommen hatten, musste es den Laboren ein Leichtes sein.

Sie würden, sofern Natalya dem zustimmte, sie bei einer Anzeige unterstützen. Alle, wie sie hier saßen, soviel stand fest. Doch da war noch ein wenig mehr, denn Kendra wurde zunehmend unruhig.

„Hömma, Du Blitzbirne!", meinte sie mich, als sie - zurück von meiner Schwester - wieder zu uns stieß: „Ich fand' die Tussi zwar richtig blöd, aber ich finde, Du solltest Dich noch mal mit Biene unterhalten!", stellte sie fest. „Schließlich bin ich daran ja auch Schuld. Mein ja nur..."

Ich brauchte zwar etwas, doch irgendwie sprang dann doch der richtige Gedanke zu den passenden Synapsen. Ich sackte innerlich zusammen und vergrub mein Gesicht in meinen Händen.

„Oh, mein Gott!", vernahmen die anderen von mir.

Und so fügte sich das Puzzle langsam zusammen. Was für widerliche Kerle. Ich wollte eigentlich nicht, doch fair war ich immer. Das gehörte sich so und ich wollte tatsächlich wissen, ob es ihr gut ging, selbst wenn wir uns schon deutlich vor dem letzten Ereignis mit Torsten auseinander gelebt hatten.

Sie war mir am Telefon nicht wirklich böse, doch es dauerte ein wenig, bis das Eis gebrochen war. Sie bestätigte in Ansätzen, was wir dachten. Sie erklärte sich bereit, uns zu besuchen, wenn die Zeit reif war. Ich war ihr dankbar, dass wir so offen reden konnten und sie es zudem im freundschaftlichen noch einmal mit meiner Schwester versuchen wolle. Sie erlaubte auch ein Gespräch mit Kendra, die darauf brannte, sich zu entschuldigen.

Paps rief jemanden an. Seine Kontakte reichten offenbar aus, um herauszufinden, dass Dr. Plattes das Land nicht verlassen hatte, sondern seinen Urlaub mit „Fischen" verbrachte. An einem See in unmittelbarer Nähe. Der Rektor unserer Schule würde gegen Abend bei uns vorbei kommen.

Papa machte in den Abendstunden irgendwann das, was er immer tat, wenn irgendwas nicht stimmte: Er begann einfach zu kochen. In der offenen Küche hatte er einigen Abstand zu den restlichen Gästen, es half ihm, sich zu beruhigen. Er hing an Natalya. Auch Anastasia brauchte dringend Hilfe, alles zu verarbeiten. Josephine war recht gut darin und die beiden Frauen begannen, sich ausgenommen gut zu verstehen.

Anastasia bereitete gemeinsam mit Josephine unter dem Sonnensegel im Garten den Tisch vor. Ich bekam von alledem nichts mehr mit, denn ich war schon längst nicht mehr bei den anderen, ich war bei meiner Schwester.

## Neuer Anfang

Natalya lag in ihrem Bett, befreit von den Plastikkabeln, in einem T-Shirt, welches sie offensichtlich von mir gemopst hatte. Sie war wohl nicht ganz weggedämmert, denn sie bemerkte mich umgehend und streckte lächelnd eine Hand zu mir aus. Ich nahm sie und legte mich neben sie, ganz so, wie sie es mir befahl. Wir mussten nicht reden. Sie zog mich an sich, und so löffelten wir in ihrem Bett unter ihrer Decke. Sie roch großartig. Es schien fast so, als ob ich eine beruhigende Wirkung auf sie hatte. Doch während Ihr Puls nach unten ging, schoss meiner nach oben. Sie zog meine Hand an ihr Herz, und so konnte ich fühlen, wie sie entspannte.

Doch für einen Jungen in meinem Alter war - mit Verlaub - nicht ganz unbemerkt, dass ich eine wunderschöne, feste „Brust" in meiner Hand hielt, nämlich jene meiner Schwester. Eine kuriose Situation. Ungewohnt, nicht unangenehm. Spannend. Knisternd. Gottseidank war immerhin noch ein T-Shirt zwischen meiner Hand und ihrer Haut. Dummerweise regte sich bei mir umgehend noch etwas anderes, und das war jetzt wirklich richtig unangenehm.

„Du scheinst meine Hupen zu mögen", stellte Natalya säufzend fest. „Ich, ähm, Lütte, ich meine..." stotterte ich. „Schon OK, sofern es für Dich auch gut so ist", entgegnete sie und räkelte sich ein wenig. „Kannst Du die da lassen? Das fühlt sich gut so an. Es ist alles in Ordnung, wirklich", meinte sie und gab einen Kuss auf meine Hand.

Was zum Geier nochmal war hier los, fragte ich mich, als die Situation sich ein wenig später noch einmal schlagartig änderte. Ich wusste noch nicht, ob ich mich darüber freuen sollte oder nicht, denn Kendra platze förmlich herein. Zumindest fühlte sich das so an, denn richtig bemerkt hatte ich sie nicht, viel mehr ihren vergnügten Aufschrei:

„OOOOah! Ihr beide seht ja soooooo goldig aus!",

stellte sie strahlend fest, gefolgt von einem „Äääh - Sorry, aber, *hust* Essen?", ertappt ob des Einbruchs in die Privatsphäre von Bruder und Schwester verschwand sie gleich darauf wieder. Womöglich würde sie den Herrschaften im Garten alles haarklein erzählen.

Natalya drehte sich um und schaute mir in die Augen. Es dauerte ein wenig, bis sich meine Pupillen scharf stellten. Anschließend konnte ich sie betrachten. Ihre Grübchen, ihre Stupsnase, die Farbe ihrer Iris, bis hinein in ihre Seele. Sie lächelte.

Natalya war - wie ich - fast noch ein Kind und doch eine ganze Ecke erwachsener, wie ich immer fand. Ich wollte etwas sagen, doch sie kam mir zuvor. „Es ist alles gut so, wie es ist, mein großer Held".

Sie wusste wohl doch zu gut, was am Abend zuvor passiert war. Ich hatte gehofft, dass sie einen Filmriss hatte. Ich konnte nicht verstehen, wie sie das ertragen, ja sogar erdulden hatte können. Das wollte nicht in meinen Kopf rein, doch im Moment war es nicht die Zeit dazu, sich solche Gedanken zu machen. Primär war mir wichtig, dass es meiner „Lütten", wie ich sie wieder nannte, gut ging. Ich hatte Gewissensbisse und Schuldgefühle, und auch die konnte sie von meinen Augen lesen. „Alles gut, wirklich!", meinte sie und machte eine Pause. „Ich wollte wirklich nicht" wollte ich sagen, doch sie unterbrach mich: „Großer, wir müssen da wohl oder übel jetzt runter. Ich will zwar nicht, aber essen müssen wir schon und das wird diese fürchterlichen Kopfschmerzen hoffentlich auch vertreiben."

„Klar", stellte ich fest, „nur - ich *ähem* - also, es. Ich meine. Also es geht gerade nicht. Also bitte nicht jetzt!"

Und dann passierte es.

Sie nahm mein Gesicht in ihre Hände und gab mir einen Kuss. Zunächst nur einen kleinen, so wie zwischen Bruder und Schwester. Doch dann, ganz anders. Und zwar so, dass es mir die Socken auszog. Das Feuerwerk breitete sich in mir aus, ganz so, als ob ich noch nie in meinem Leben richtig geküsst hätte. Mein Herz schlug Purzelbäume. Mein Kreislauf drehte komplett frei. Ich versank in ihr und sie in mir. Ein Umspannwerk hätte neidisch werden müssen, als sich unsere Zungen berührten. So etwas hatte ich in meinem ganzen - zugegeben noch sehr kurzen - Leben noch nicht erlebt.

Ich hatte ja sowas von gar keine Ahnung. Ihr musste es da ganz ähnlich gehen, denn ich spürte auch sie und wie es ihr ging. Es war zugegeben mehr als erotisch. Es war doch noch viel mehr ein Ausdruck voller gegenseitiger, ganz unschuldiger Liebe und tiefer Zuneigung.

Wir übersahen, dass man mit Sicherheit in ihr Zimmer hätte blicken können, denn die Fenster zum Garten waren bodentief, ebenso war die Balustrade aus Glas, und Kendra hatte dummerweise das Licht eingeschaltet gelassen, als sie in ihr Zimmer platzte. Doch ein wenig visuelle Deckung bot uns noch die Chaiselongue in jener Kendra zuvor die Nacht über uns wachte.

Es war wohl Jacek, der einen lauten Pfiff abgab, welcher unüberhörbar, doch weit entfernt zu uns durchdrang. Wir erschraken.

Es gelang uns nur schwer, uns voneinander zu lösen. Das ziemlich große Problem, welches ich in meiner Hose hatte, wollte sich indes immer noch nicht lösen. Der Kuss machte es da wirklich nicht einfacher. Zudem musste ich mal. Natalya musste grinsen. „Wenn Du willst, gehe ich vor Dir her. Draußen ist es ja schon dunkel."

„Geh' Du besser doch schonmal. Ich muss noch mal kurz für kleine Jungs!", meinte ich. „Ich warte auf Dich", meinte sie bestimmt und ich stand auf und verschwand im Bad. Ich ging erst auf und ab, doch der Druck auf meine Blase erhöhte sich zunehmende also versuchte ich es.

Außerhalb des Bades musste es sich zum Schreien anhören. Ob der kurzen Wasserstöße und dem schmerzerfüllten Stöhnen zwischendurch hörte ich ein Kichern von draußen. Auch ich musste grinsen, lachen und - oh Mann tat das weh. Meine Güte. Aber irgendwie hatte ich das dann doch hinbekommen und wusch mir die Hände. Der Blödmann in meiner Hose gab endlich Ruhe.

Als wir das Wohnzimmer zum Garten hinaus verließen, sogen wir die Luft in uns ein. Ich vernahm einen Seufzer von ihr und die Gänsehaut auf ihren Armen. Es war angenehm. Zwar noch warm, doch nicht mehr so schwül wie in den vielen Tagen zuvor. Sonst war es immer ein Schlag, wenn man aus der Kühle des Hauses in diesen Sommer hineinging, doch heute nicht. Die Sonne hatte sich verabschiedet und von dem großen Tisch dämmerte das Kerzenlicht herüber. Wir mussten die Zeit vergessen haben.

So hatten wir auch nicht den Besuch des Rektors und der Polizei mitbekommen. Gottseidank, will ich im Nachhinein meinen. Es sollte sich alles klären, doch davon wussten wir in diesem Moment noch nichts. Es würde wohl eine Konferenz geben, in jener aufgeklärt werden sollte, wer von den Mädchen in unserer Stufe noch in die Fänge der beiden geraten war. Die Fäden wurden im Hintergrund gezogen. Hannes konnte das gut.

Wir bemerkten andere Dinge. Zum Beispiel war herrlich gedeckt. Und die Stimmung der Gäste war gut. Die Zweierbank, jene sonst regelmäßig unsere Eltern in Beschlag nahmen, war noch frei, und wir steuerten jene an. Es gelang uns gerade so eben, nicht wie ein verliebtes Pärchen auszusehen. Viel mehr lehnte sich Natalya schutzsuchend an mich. Ich meinte, den brauchte sie damals auch.

Es waren zu viele Besucher da. Ich wusste noch gar nicht so viel damit anzufangen, hatte ich in dem Moment auch eher Probleme damit, meine Schwester als das zu sehen, was sie zweifellos war: Ein unheimlich heller Kopf mit einer Erscheinung, die einem sprichwörtlich den Atem rauben konnte. Wir würden darüber reden müssen. Doch auch wieder nicht jetzt.

Sicher, die Anwesenden gaben sich auch alle Mühe, ihre Neugier über Natalya's Wohlbefinden zu verbergen, doch schwer war es ihnen damit schon, das war offensichtlich. Sie versuchte zu klären, doch eine belegte Stimme war ihr ein wenig hinderlich. Es gelang ihr einen Moment später: „Heeey, es ist alles gut. Wirklich", versuchte sie mit ihrer wieder gefundenen, zuckersüßen Stimme zu beruhigen. „Dank meinem Helden hier und Kendra ist mir nichts geschehen, außer dieser furchtbaren Kopfschmerzen und diese Übelkeit heute morgen. Ich habe nichts bleibendes!", meinte sie jetzt ein wenig bestimmter. „Könnt Ihr jetzt mal bitte wieder so sein, wie ihr sonst immer so seid?"

Das reichte offenbar aus, dass Anastasia umgehend die Tränen kamen. „Ach Kind!", stellte sie fest und rannte zu meiner Schwester und nahm sie in die Arme und drückte sie, dass ich wahrhaft Sorge hatte, dass sie noch Luft bekam. Auch Kendra war ein wenig später bei ihr und selbst Hannes und sogar Jacek mussten einen Klos mit einem Flens herunterspülen. Beide kamen alsbald herüber. Josephine schaute vergnügt zu doch auch sie nahm ihre zweite Tochter alsbald in die Arme.

Ich vernahm die Tränen in Paps Augen sehr wohl, jene er sich beschämt wegwischte. Ich nickte ihm zu. Der alte Haudegen war offenbar doch nicht so seefest, wie er immer tat.

Es dauerte, bis sich alle fassen konnten.

„Morgen spielt der BVB. Gehen wir in die Kneipe oder schauen wir bei Euch?" brach Jacek die drückende Stimmung und es half wirklich. Es löste sich, und auch ich kam alsbald wieder in geordnete Bahnen. Wenn, ja wenn da nicht diese zierliche Hand rechts von mir in meiner eigenen gewesen wäre. Und dieser Geruch. Und diese Stimme, die ich ab und an vernahm. Und überhaupt! Ich hoffte, nein ich betete inständig, dass niemand mein Gefühlsdurcheinander auf das zurückführte, was es tatsächlich war: Eine Verknalltheit, wie ich sie noch nie erlebt hatte. Es war schwer, mir das einzugestehen. Auch wenn es sich verboten anfühlte. Sowas hatte ich bislang nicht erlebt. Aber es fühlte sich gut an. Denn es war echt. Das hatte ich bei unserem ersten Kuss eindrucksvoll erfahren. Es konnte gar nicht anders sein. Aber es konnte eben doch nicht sein wie es war. Es darf nicht so sein. Oder doch? Natalya, die hatte unlängst so furchtbares durchgemacht, wie konnte sie überhaupt Typen noch mögen? (Typen war ein damaliger, abwertender Begriff für das männliche Geschlecht unserer Gattung) Wie war das möglich? Und mein verfluchter Ständer vorhin. Ich meine, ich bin ja eben auch nur einer von diesen „Typen", dachte ich. Wie konnte sie sich überhaupt an meine Hand klammern? Gerade in diesem Moment? Ich verstand das alles nicht.

Ich begriff anscheinend nur, dass das einzige, was ich derzeit tun konnte sehr wohl war, jenen Spielfilm, welcher da gerade ablief, weiter laufen zu lassen. Vielleicht brauchte ich mal eine kurze Werbeunterbrechung, aber es war wohl schon spannend, das musste ich zugeben.

Doch da gab es jemanden, der nur zu gut verstand, wie mir dämmerte. Die Person saß schräg gegenüber bei ihrer Mutter und lächelte, als sie meine fragenden Augen bemerkte. Sie bedeutete mir ein Nicken und machte eine beruhigende Geste mit ihrer Hand.

Kendra war ganz offensichtlich nicht die Regisseurin dieses Films, aber sie kannte zumindest einen Teil des Drehbuchs. Ihre Geste half, mich zurechtzufinden. Ich nahm es so, wie es passierte.

Die Carbonara waren göttlich. Hannes hatte sich wieder einmal übertroffen. Die Nudeln waren eben hausgemacht und nicht aus der Packung. Und diese Carbonara, nein, das Rezept wollte er nicht rausrücken, musste Josephine feststellen. Aber sie taten der Seele gut. Natalya lachte, als sie ihre Spaghetti aufrollte. Es war unglaublich schön, sie so vergnügt und hungrig zu sehen. Für alle. Es schien so, als ob Natalya das Wohlbefinden aller in ihren Händen trug.

Hannes schob mir ein Flens rüber - in seiner üblichen Manier - und meine Reaktion war Gottseidank irgendwie noch da.

Natalya rümpfte wohl ihre Nase und ich begriff umgehend. Jacek war ein dankbarer Empfänger für das kühle, herbe Getränk und Hannes entschuldigte sich, dass er sich nicht zuerst um ihn gekümmert hatte. Sein Sohn wollte offenbar kein Bier, das schlug er sonst doch niemals aus? Tja. „Wir hätten dann hier auch noch Beaujolais du Texas (er meinte damit abwertend Cola), oder diesen herrlichen Ott-Rosé, den Du säufst wie ein Mafiosi - wenn's genehm ist, Eure Hoheit?" fragte er mich scherzhaft. Ich nahm letzteren Vorschlag dankbar an. Auch Natalya war ganz froh, als wir unser Glas teilten. Es bedurfte keiner Frage. Ein wenig später stand der Kühler schon neben uns, gefolgt von einem „Banausen!" meines Vaters.

Erst im letzten Urlaub hatten wir uns wieder kistenweise in Hyères mit dem fabelhaften Getränk eingedeckt, welches in quasi jedem Restaurant unseres Lieblingsdomizils verfügbar war. Ein Stückchen Urlaub, gegossen in Flaschen. Ich war gerade mal 18 1/2, doch das war uns beiden sehr wohl geläufig. Anastasia ging offenbar das Herz auf, als sie uns betrachtete und erneut kamen ihr die Tränen. Dieses Mal offensichtlich vor Freude.

Mindestens sechs „Clos Mireille Domaines Ott Rosé" und einige Martinis, einen Singlemalt und eine Zigarre meines Vaters hatten wir durchlebt, bis unsere Eltern auch annahmen, dass wir beide offenbar rauchten. Bislang konnten wir das immer mehr oder weniger erfolgreich verbergen. Es gab keine Diskussion.

Ein Ersatz für das Verstecken unserer Gefühle im Moment offenbar. Kendra bemerkte erneut, dass es Natalya war, jene sich zwei Zigaretten zugleich anzündete und eine davon mir gab. Kendra schüttelte zwar leicht mit dem Kopf, doch es ging unbemerkt über die Bühne, hatten wir doch zuvor schon einige Davidoff's hinter uns, unsere Eltern waren zu den Klängen von Paolo Conte und der vielen Alkoholika sowieso schon angeheitert.

Natalya musste sich wohl fühlen, zumindest hatte das den äußeren Anschein, so wie ich sie erlebte. Sie lauschte mehr, als dass sie erzählte. Es gab nicht viel, was sie sagen wollte, viel mehr schien sie zu genießen. Sie genoss, dass sie umgeben war von Menschen, die sie so liebten, wie sie war.

Irgendwann lehnte ihr Kopf auf meiner Schulter. Auch Kendra schien vergnügt bei dem was nur sie sah. Als sie an meinem Ohr vorbei kam, vernahm ich ein geflüstertes „endlich!". Sie strich über unsere beiden Köpfe und kleidete uns in eine von den vielen Decken, welche bereit lagen. Kuschelig.

Ich war immer noch nicht ganz bei meinen Sinnen. Ich roch, ich hörte und ich fühlte. Ihre duftenden Haare, ihre Wärme, ihre Haut, ihr Schaudern, ihre Stimme. Es war überwältigend und ganz neu. Ganz anders.

## Aber!

Das auf dieser Bank an mir zusammengekauerte Geschöpf schien bald schon wieder im Reich der Träume. Ihre Hand regte sich noch, denn immer wieder glitten ihre Fingerspitzen durch meinen Handrücken und verursachten mit jedem Strich ein Wohlbefinden das ich so auch noch nicht kannte. Ungern wollte ich deswegen diese Situation verlassen, doch Natalya brauchte wohl oder übel Schlaf. Und auch ich konnte einiges davon vertragen. Ich schaute wortlos hinüber zu den anderen und das Verständnis aller wurde uns liebevoll zugesprochen. Nach einer kurzen Verabschiedung begleitete ich meine Schwester hinauf. Sie ging voran und ich bewunderte, was da vor mir die Treppe hinauf lief.

Himmel, das war meine Schwester überkam mich ein letztes Mal mein Gewissen.

Als ich zurück in den Garten blickte, bemerkte ich Jacek und Kendra auf unserer Bank. Unter unserer Decke. Na wenn das nicht mal was zu bedeuten hatte. Aber ich konnte mich ja auch irren. Ich hatte ja sowas von keine Ahnung, wie mir Kendra zuletzt bewusst machte.

dafoe
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