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Hismann scheint wenig von Teamarbeit zu halten. Jeder arbeitet für sich und spricht mit den anderen kaum das Nötigste. Im Unternehmen, in dem ich früher gearbeitet habe, hat man sich abgesprochen, man hat sich gegenseitig Tipps gegeben und Ideen ausgetauscht. Wenn jemand ein Problem hatte, haben wir uns an einen Tisch gesetzt und gemeinsam beraten, wie man es lösen könnte. So findet man Lösungen. Man ist als Team, als Abteilung erfolgreich. Mit dieser Arbeitsweise haben wir tolle Ziele erreicht. Wir habend das Unmögliche geschafft. Doch das geht nur gemeinsam und nicht als Einzelkämpfer."

„Das leuchtet ein", meint Fred nachdenklich.

Wir trinken unser Bier aus und er bestellt ein neues. Meine Worte scheinen ihn ins Grübeln gebracht zu haben.

„Ich werde mit Werner unserem Chefingenieur sprechen. Er soll mit dir zusammenarbeiten, dann bin ich sicher, bekommt Ihr eine Lösung für die Sauerstoffversorgung hin", sagt er zusammenfassend. „Wer weiß, dann wirst du nicht nur angestellt, sondern übernimmst die Führung der IT-Abteilung."

„Träum weiter!", antworte ich. Dabei versetze ich ihm einen freundschaftlichen Stoß in die Seite. „Ich bin schon froh, wenn ich den Job bekomme."

„Davon gehe ich aus", kontert Fred.

Wir wechseln das Thema und plaudern noch einige Zeit über alle möglichen Dinge. Fred scheint ein sehr gebildeter und weltgewandter Mensch zu sein. Je länger ich mit ihm spreche, umso faszinierter bin ich von ihm. Er ist zudem höflich und zuvorkommend aber absolut nicht aufdringlich. In seiner Gegenwart fühle ich mich echt wohl.

Als wir schließlich aufbrechen, bringt er mich noch bis vor die Haustür. Sehr galant steigt er aus, umrundet den Wagen und hilft mir beim Aussteigen. Fred begleitet mich bis vor die Haustür, wünscht mir eine gute Nacht und verabschiedet sich höflich. Er bleibt überraschend auf Distanz und wahrt den Abstand. Irgendwie bedaure ich das fast. Auch wenn ich bei Männern immer etwas länger brauche, um mich auf jemand einzulassen, bei Fred hätte ich eine vertraulichere Verabschiedung durchaus zugelassen. So jedoch bleibt es bei einem freundlichen Händedruck.

Kapitel 4

Ich bin in meinem Büro und gerade dabei meine Sachen zusammen zu packen, um in den Gemeinschaftsraum zu gehen. Meine Motivation ist heute noch geringer, als gestern. Ich habe keine Ahnung, wo ich noch nach Informationen suchen könnte. Es ist zum Heulen.

„Hallo, ich bin Werner. Fred hat gesagt, ich soll mit dir sprechen", meint ein etwa fünfzig Jahre alter Mann. Sein Kopf schaut zur Tür herein, die er offenbar sehr leise geöffnet hat. Zumindest habe ich es nicht gecheckt.

„Guten Morgen", grüße auch ich. „Welcher Werner?"

„Aus der Entwicklungsabteilung."

„Der Werner! Das ging aber fix!", bin ich überrascht. „Ich bin übrigens Amy."

Er nimmt die Hand, die ich ihm anbiete und schüttelt sie entschlossen. Ich sehe ihm an, dass ich ihm gefalle. Nur leider ist er für mich Lichtjahre zu alt.

„Fred war überzeugend", kontert er.

„Hat er dir auch erklärt, was mein Problem ist?"

„Das hat er. Ich würde dich bitten, mit mir hinauf in die Entwicklungsabteilung zu kommen", antwortet er.

Ich bin völlig perplex. Gerade eben war ich noch am Verzweifeln, weil ich keine Ahnung hatte, worum es eigentlich geht und nun darf ich mit in die Entwicklungsabteilung. Ist das wirklich die Realität oder liege ich noch in meinem Bett und träume nur? Bevor er sich sein Angebot doch noch überlegen kann, stehe ich auf, schnappe mir meine Mappe und den Laptop und folge ihm. Werner führt mich in den oberen Stock des Gebäudes. Dort streift er mit seinem Daumen über einen Fingerabdruckscanner und schon öffnet sich die Tür. Diese hält er mir galant auf.

Wir betreten einen riesengroßen Raum. Ich bin geflasht. Praktisch der gesamte Stock ist eine Fläche, ohne Zwischenwände. Nur ein paar Säulen stützen die Decke. An den Außenseiten des Raumes stehen Schreibtische. Dazwischen sind eine Unmenge von Tafeln mit Plänen, verschiedene Modelle und andere Planungsdetails aufgestellt. Ich komme aus dem Staunen nicht heraus. Allmählich bekomme ich eine Vorstellung, wie das Raumschiff aussehen soll. Hier habe ich endlich eine Chance dazu, mir den nötigen Einblick zu verschaffen. An der, dem Eingang gegenüberliegenden Seite des Raumes befinden sich zwei Büros und ein Sitzungsraum, die jeweils durch Glaswände abgetrennt sind.

„Wenn du willst, kann ich dir einen Schreibtisch überlassen, sagen wir den dort hinten", meint Werner. Dabei zeigt er auf einen Tisch an der rechten Seite.

„Für mich?", frage ich erstaunt.

„Anweisung von Fred", erklärt er.

„Fred kann dir Anweisungen geben?"

„Er hat nur verständlich gemacht, dass es für alle von Vorteil ist, wenn wir dich nicht in unsere Planungsarbeit einbinden. Er hat absolut Recht. Wie willst du die Steuerung für ein so wichtiges System wie die Sauerstoffversorgung programmieren, wenn du keine Ahnung hast, worum es dabei geht?", antwortet er sachlich.

„Ich soll Einblick erhalten?"

„Voll und ganz! Du bekommst auch Zugang zu unserem Datenarchiv und den Planungen online. Dort findest du jedes Detail", erklärt er weiter. „Wenn du Fragen hast, brauchst du nur fragen."

„Zwick mich!", bitte ich ihn.

„Warum?", meint er und grinst.

„Ich fürchte ich träume. Gestern noch habe ich geglaubt, ich schaffe es nicht, weil ich keine Ahnung von alledem habe und nicht weiß, wo ich ansetzen soll. Und heute stehen mir plötzlich alle Türen offen."

„Es hat nur die Vernunft gesiegt", meint er. „Ich habe immer schon gesagt, die IT-Leute sollten hier heraufkommen, aber Hismann wollte nicht."

„Er wollte nicht?"

„Er traut Euch Computerfreaks nicht über den Weg."

„So ein Blödsinn!"

„Das habe ich auch gesagt, aber er wollte einfach nicht. Es könnte Sicherheitslücken geben, hat er gemeint. Der Typ sieht überall nur Gefahren und behindert sich damit selbst", fährt er fort. „Als Fred heute früh zu mir gekommen ist und gemeint hat, da gäbe es eine hübsche und junge Programmiererin, die noch dazu neugierig ist, habe ich die Gelegenheit beim Schopf gepackt. Ich hoffe nur, Hismann bremst dich nicht aus."

„Das soll er mal versuchen!", antworte ich kämpferisch.

„So gefällst du mir!"

„Fred hat echt gesagt, eine hübsche und junge Programmiererin?"

„Hat er gesagt", meint Werner. „Und er hat dabei sogar noch untertrieben."

Werner nimmt sich tatsächlich den ganzen Vormittag Zeit und erklärt mir alle Pläne und alle Modelle des Raumschiffs. Mir dreht sich zwar der Kopf, aber endlich habe ich eine Vorstellung von dem, was wir planen. Mit dem Bild vom Raumschiff vor Augen und den unzähligen Informationen zu den technischen Details der Sauerstoffversorgung, sehe ich mich nun endlich in der Lage, meine Aufgabe zu meistern.

„Ich werde teilweise unten und teilweise hier arbeiten, wenn das Recht ist", sage ich nach der Einweisung zu Werner.

„Das kannst du halten, wie du willst."

„Wie komme ich aber in diese Abteilung?", frage ich schüchtern. „Soll ich klingeln?"

„Klingeln? Wozu? Wir lesen sofort deinen Fingerabdruck ein, dann kannst du kommen, wann immer du willst."

Auf seine Anweisung hin, ziehe ich meinen rechten Daumen über einen Scanner und wenige Klicks später ist er im System hinterlegt, wie mir Werner erklärt. Ungläubig schaue ich zwischen meinen Daumen und Werner hin und her. Ich kann es immer noch nicht glauben. Ich darf in der Entwicklungsabteilung ein- und ausgehen, wie immer es mir passt. Wahnsinn!

Gegen Mittag verabschiede ich mich und mache mich voller Tatendrang auf den Weg in den Gemeinschaftsraum. Dort herrscht Hochbetrieb. Es sind etwa zwanzig Leute im Raum und eine Zehnergruppe diskutiert sehr angeregt miteinander.

„Wo warst du den ganzen Vormittag? Hast du dich in deinem Büro verkrochen?", erkundigt sich Kerstin

„Ich habe recherchiert", antworte ich ausweichend. Ich weiß noch nicht, ob ich ihr trauen kann und halte mich deshalb lieber bedeckt. „Was ist denn da drüben los?"

„Sigmund hat das Gerücht aufgeschnappt, dass Hismann ersetzt werden soll", meint Kerstin.

„Wie ersetzt?"

„Er soll als Leiter der IT-Abteilung abgelöst werden. Es soll überhaupt ein ganz neuer Wind wehen. Der oberste Chef soll heute früh getobt haben. Er ist offensichtlich unzufrieden mit den Leistungen unserer Abteilung."

Auch, wenn ich den Mann nicht kenne, kann ich seine Einschätzung durchaus teilen. Aber auf das hätte er doch schon viel früher kommen können. Warum ausgerechnet jetzt? Ich nehme an, er hat irgendeinen Leistungsbericht gelesen und daraufhin die Krise gekriegt. Manager neigen dann immer dazu, radikale Einschnitte zu machen.

„Das hat Sigmund aufgeschnappt? Von wem?", frage ich.

„Er hat beste Kontakte in die Chefetage. Seine Cousine arbeitet dort als Sekretärin."

„Aber warum diskutiert die Gruppe so heftig?", erkundige ich mich.

„Sie hoffen, dass jemand von ihnen neuer Chef wird", meint Kerstin. „Jeder glaubt besser zu sein."

„Sind das dort drüben die aussichtsreichsten Kandidaten?"

„Zumindest die, welche sich dafür halten."

„Und du? Hättest du nicht Lust?"

„Ich weiß nicht. Einerseits wäre es natürlich cool, Chef zu sein und bestimmen zu dürfen. Andererseits heißt das auch einiges an Mehrarbeit und vor allem Mitarbeiterführung. Das ist nicht ganz mein Ding."

„Mitarbeiter führen ist nicht einfach", pflichte ich ihr bei. „Aber einige von denen dort drüben dürfte genauso wie Hismann an dieser Aufgabe scheitern."

„Wie scheitern?"

„Hismann ist doch kein wirklicher Chef."

„Glaubst du?"

„Ich bin noch nicht lange da. Aber bei meinem Vorstellungsgespräch hat er keine Führungsqualitäten bewiesen", verrate ich. „Wieso gehen alle davon aus, dass der neue Chef unter ihnen bestimmt wird? Es könnte doch sein, dass es einen Nachfolger von außen gibt."

„Von außen?"

„Um den gewünschten frischen Wind in die Abteilung zu bringen, braucht es neue Ideen. Wenn ich Chef wäre, würde ich mir einen Fachmann holen, der noch nicht in der Firma gearbeitet hat und damit nicht von Hismanns Art angesteckt wurde."

„Das würdest du machen?"

„Ich schon. Ob es der Chef auch macht, kann ich nicht sagen. Ich kenne ihn ja nicht."

„Du hast es einfach", grinst sie.

„Ich warum?"

„Na du bist die Neue und noch nicht einmal fix angestellt. Du brauchst dir über die Stelle von Hismann keine Gedanken machen", erklärt sie.

„Weil ich eh keine Chance habe?"

„Wie denn auch?"

Kerstin scheint sich sicher zu sein, dass ich keine Gefahr im Rennen um den Chefposten bin und das ist einerseits gut so. Vermutlich geht es den anderen genauso. Mich wird niemand in diesem Machtkampf behelligen. Damit kann ich in Ruhe an meinem Projekt arbeiten. Das ist mir sowieso lieber. Was mir aber auch klar wird ist, dass ich mich in dieser Situation zurückhalten muss. Selbst Kerstin darf ich nicht von meinem Zugang zu geheimen Informationen erzählen. Sonst ist womöglich der Teufel los.

„Wie geht es denn mit deiner Arbeit voran?", erkundigt sie sich.

„Gut, danke der Nachfrage. Überraschend gut sogar."

„Du glaubst, du kannst das Problem lösen?", ist sie sichtlich überrascht.

„Warum nicht?", frage ich ganz unschuldig. „Ich bin gut, in dem was ich tue."

„An der Steuerung des Sauerstoffsystems hat sich schon die gesamte Abteilung die Zähne ausgebissen. Monatelang saßen immer wieder neue Leute dran. Keiner hatte auch nur den Hauch einer Idee."

Es hat sich also herumgesprochen, dass ich dieses Ei bekommen habe. An Kerstins Tonfall kann ich auch erkennen, dass sie mir nicht im Traum zutraut, das Problem zu lösen. Wie soll das der Neuen gelingen, wenn sich bisher alle die Zähne ausgebissen haben? So denkt sie und ich lasse sie in diesem Glauben.

„Mal sehen", antworte ich ausweichend. „Für mich hängt davon schließlich der Job ab. Wenn das nicht Motivation genug ist."

„Ich drücke dir die Daumen", meint sie. Sie hat jedoch einen mitleidigen Unterton in ihrer Stimme. „Aber sei dir nicht zu sicher."

Damit macht sich Kerstin wieder auf zu ihrem Platz und lässt mich allein zurück. Ich beginne mit einer groben Skizze des Programms. Es läuft -- endlich! Ich steige in die Pläne ein und überprüfe, ob meine Ansätze mit den Details der Hardware zusammenpassen. Da mir Zweifel zu einer Pumpe und einigen Ventilen kommen, mache ich mich dazu im Internet schlau und suche, was es auf dem Markt an Alternativen gibt. Schließlich muss ich die Teile optimal ansteuern können.

Werners Einblicke und der Zugang zu den Planungen sind für mich von unschätzbarem Wert. Ich habe endlich eine Vorstellung von der Größe des Systems, von der Sauerstoffmenge, die es umwälzen soll und von der Technik, die für die Steuerung eingeplant und notwendig ist. Ich tüftle daran herum, welches Ventil sinnvoller wäre. Ich lese mich in die Details von Pumpen ein. Endlich kann ich konkret danach suchen. Bis heute früh hatte ich noch nicht einmal eine Ahnung, ob das System überhaupt Ventile hat.

So vergeht der Nachmittag. Der Gemeinschaftsraum leert sich Zusehens und erneut bleibe ich als letzte zurück. Kerstin verabschiedet sich heute bereits etwas früher.

„Hast du keinen Freund?", erkundigt sich Jürgen. Heute ist offenbar er der Vorletzte.

„Wie kommst du auf diese Idee?"

„Weil es schon acht Uhr vorbei ist und du immer noch hier sitzt und arbeitest", meint er.

„Ich muss nur eine Idee konkretisieren, dann bin ich auch weg", weiche ich aus.

„Wir könnten noch etwas zusammen unternehmen", schlägt er vor.

„Nein danke, ich muss dann wirklich heim zu meinem Freund", antworte ich.

Der Freund ist zwar nur erfunden, aber er wirkt abschreckend. Ich habe wirklich keine Lust, mit Jürgen noch etwas zu unternehmen. Er ist nicht mein Typ und außerdem ein wenig zu aufdringlich.

„Na dann, Tschüs!", meint er und verschwindet.

Er wirkt ein wenig angefressen, aber das ist mir egal. Ich bleibe noch und komme mit meiner Recherche sehr gut voran. Es ist fast wie eine Sucht. Endlich habe ich die Möglichkeit und kann nun nicht mehr aufhören. Ich will vorankommen. Plötzlich geht die Tür auf und Fred kommt herein.

„Hallo Amy, du bist wohl immer die Letze?", meint er.

„Oder ich habe auf dich gewartet."

„Auf mich gewartet? Du konntest doch gar nicht wissen, dass ich noch im Hause bin", wirft er ein.

„Weibliche Intuition", antworte ich grinsend.

„Ach ja?", kontert er ungläubig.

„Sagen wir so, ich habe es gehofft."

„Warum?"

„Ich wollte mich bei dir bedanken."

„Wofür?"

„Na hör mal, Werner stand heute früh auf der Matte und hat mich in alle Geheimnisse des Weltraums eingeführt."

„Wurde er zudringlich?", will Fred wissen.

„Zudringlich? Werner? Warum?"

„Werner ist ein Weiberheld. Hübschen Frauen kann er nicht widerstehen."

„Dann bin ich nicht hübsch", resümiere ich scherzhaft.

„Oder er hat sich nicht getraut", schränkt Fred ein.

„Werner und nicht getraut?", frage ich. „In seiner Position?"

„Ich habe ihm gesagt, er soll die Finger von dir lassen", stellt Fred klar.

„Und Werner hört auf dich?"

„Offenbar", schmunzelt Fred. „Er hat sich schließlich um dich gekümmert. Warum soll er dann nicht auch meine Warnung ernst nehmen?"

„Dann bedeutet das, dass ich unter deinem besonderen Schutz stehe?"

„Wenn du es so nennen willst?", meint er. „Ich würde sagen, ich habe dir den Weg etwas geebnet. Den Rest musst du selber machen."

„Deine Hilfe war ganz toll. Ich habe schon eine Idee, muss aber noch mit Werner reden."

„Du hast eine Idee?"

„Werner müsste eine Pumpe gegen einen anderen Typ austauschen und es müssten völlig neue Ventile verwendet werden", verrate ich ihm voller Begeisterung.

„Donnerwetter, erst den zweiten Tag da und schon greift sie in die Entwicklung ein."

„Willst du mich verarschen?", frage ich leicht angefressen.

„Nein, nein, das hast du wohl komplett falsch verstanden", meint er. Dabei hebt er abweisend die Hände. „Ich finde das unglaublich toll."

„Ach so", lenke ich ein.

„Hast du noch etwas vor?"

„Heute würde ich dich gerne zum Feierabendbier einladen. Sozusagen als kleines Dankeschön für deine Hilfe", schlage ich schüchtern vor.

„Gern, das war schön gestern", antwortet er sofort.

„Das war es", stimme ich zu.

Erneut fahren wir in die Bar, in der wir schon gestern waren. Heute allerdings bestelle ich auch ein paar Häppchen, da ich Hunger habe. Heute sprechen wir nicht über die Arbeit, wir unterhalten uns vorwiegend über Musik. Als ich ihm verrate, dass ich gerne einmal auf ein großes Konzert gehen würde, nickt er nur.

Auch heute fährt er mich nach Hause und begleitet mich bis zur Tür. Wie bereits gestern verhält er sich, wie der perfekte Gentleman. Als er mir eine gute Nacht wünscht und sich umdrehen will, nehme ich seinen Kopf links und rechts in meine Hände und küsse ihn ganz schüchtern auf den Mund. Es ist genau genommen nur der Hauch eines Kusses und doch löst er in mir einen Sturm der Gefühle aus. Alles wirbelt in mir umher und scheint durcheinander zu sein.

Ich habe noch nie einen einfachen Kuss so besonders wahrgenommen. Ich hatte den Eindruck, als wäre ich in diesem Augenblick ganz stark mit ihm verbunden. Mich hat die Intensität überrascht und erschreckt gleichermaßen. Ich bin ein wenig irritiert und doch kommt in mir ein unbändiges Verlangen nach mehr auf. Wenn er mich jetzt in den Arm nehmen würde, könnte es durchaus sein, dass wir im Bett landen. Ich könnte für nichts mehr garantieren. Bevor ich also etwas Unüberlegtes tue, lasse ich ihn los.

„Gute Nacht", säusle ich.

Dann drehe ich mich schnell um und verschwinde durch die Haustür. Aus dem Augenwinkel heraus kann ich noch erkennen, dass Fred ganz überrascht zurückbleibt und mir nachschaut. Offenbar wurde er von meinem Kuss genauso überrumpelt, wie ich selbst.

Kapitel 5

„Werner? Guten Morgen. Kann ich dich kurz sprechen?", frage ich.

Gleich in der Früh bin ich in die Entwicklungsabteilung gegangen. Ich bin ganz stolz, als sich die Tür mit einem leisen Surren öffnet, als ich meinen Daumen auf den Scanner lege. Hinter der Tür laufe ich zufällig Werner über den Weg, den ich gesucht habe.

„Guten Morgen, Amy. Du siehst wie immer blendend aus. Wie machst du das?", antwortet er.

„Lass das Süßholzraspeln. Wir sind zum Arbeiten hier", bremse ich ihn aus.

Offenbar wirkt Freds Ermahnung heute nicht mehr ganz so gut. Aber ich bin inzwischen ein großes Mädchen und kann mich selbst wehren. Typen wir Werner habe ich mir schon öfter vom Hals halten müssen. Da waren sogar noch deutlich hartnäckigere Exemplare dabei.

„Was gibt es?", kehrt er zu einem sachlichen Ton zurück. Meine Ansage scheint ihn auf den Boden zurückgeholt zu haben.

Ich erkläre ihm kurz mein Anliegen und frage, ob es machbar wäre, eine andere Pumpe und andere Ventile zu verwenden. Diese könnte ich deutlich leichter anzusteuern und sie würden außerdem zuverlässiger arbeiten, da sie einfacher gebaut sind.

„Das müsste sich machen lassen", meint Werner nach kurzem Überlegen. „Kann ich das mit meinem Team noch kurz besprechen und dir am Nachmittag Bescheid geben? Aber ich glaube nicht, dass es Einwände dagegen gibt."

„Ich würde heute damit beginnen, die Programmierung für die Steuerung der Sauerstoffversorgung in Angriff zu nehmen. Was mir bei Eurem System fehlt, ist die Absicherung. Wir müssen damit rechnen, dass es Probleme gibt oder Wartungsarbeiten durchgeführt werden müssen."

„An eine Absicherung habe ich sehr wohl gedacht. Bisher hat es aber niemand geschafft, das normale System zu steuern. Deshalb haben wir diese Frage vorerst ausgeklammert. Aber wenn du Vorschläge hast, können wir gerne darüber reden", meint er. Es klingt beinahe wie eine Entschuldigung. Das übergehe ich jedoch.

„Ich komme in dieser Sache ganz sicher noch auf dich zu. Wir können nicht riskieren, dass ein defektes Ventil die gesamte Sauerstoffversorgung lahmlegt. Allerdings sollte ich bereits in die Steuerung des Hauptsystems die Andoggstellen für den Notfall vorsehen. Es geht bei diesem System um Leben und Tod. Ein Versagen wäre eine Katastrophe."