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Oh Silvie! 06.Teil

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Wie man sein Glück findet.
5k Wörter
4.6
4.1k
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Oh Silvie!

Vier Jahre lebte ich in London.

Ich kam zuerst bei bei Edith, Anjas Cousine, und ihrem Ehemann Alistair unter.

Edith war komplett verschieden von ihrer Cousine Anja. Das britische Ehepaar war ganz und gar nicht mit dem Hippie-Paar in Frankreich zu vergleichen. Edith war genau wie ihr englischer Ehemann, sehr freundlich, sehr praktisch, aber keine Spur von Charme, von Sex-Appeal ganz zu schweigen.

Aber das war vielleicht auch ein Grund, warum es auch so gut mit uns lief. Keine Störungen durch körperliche Interaktionen.

Ediths Boutiquen-Kette umfasste fünf Geschäfte in und um London. Die englische Mode, die sie vertrieb, ging gut. Ich war froh, dass sie meine Hilfe gebrauchen konnte. Sie gab mir einen Vertrag für ein Jahr, in dem ich ihre Buchhaltung auf IT umstellen sollte. Das war eine einfache Sache für mich und Edith bezahlte sie gut. Ihr Haus war groß genug, dass ich bei ihnen unterkam, ich hatte sogar ein eigenes Bad. Und wir verstanden uns miteinander ausgezeichnet. Lediglich das englische Essen war ein deutlicher Abstieg gegenüber Frankreich.

Nach diesem Jahr war ihre gesamte Geschäftsgebarung digital, Buchhaltung, Logistik, Kostenrechnung und sogar ein Marktforschungsmodul hatte ich ihr gezaubert. Sie war so zufrieden, dass sie mich eifrig weiterempfahl. Bald hatte ich so viele ihrer Freunde als Kunden, dass ich meine eigene Firma gründete und auch ein kleines Büro in einem Vorort von London mietete. Das Geschäft wuchs und ich konnte mit meinem Erfolg zufrieden sein. Auch als ich nicht mehr bei ihnen wohnte, hatte ich weiterhin regen Kontakt zu Edith und Alistair. Ihre gesellschaftlichen Verbindungen waren auch eine wesentliche Basis für meinen Erfolg.

So waren sie auch ein wenig traurig, als ich ihnen eröffnete, dass ich England verlassen wollte, um einen weiteren Standort in Deutschland zu eröffnen. Aber ich würde doch wohl wieder kommen? Ja, ganz bestimmt!

So landete ich wieder nach langer Zeit in Deutschland.

Ich kam in meiner Heimatstadt an, nach Jahren, in denen ich kaum zurückgedacht hatte. Aber jetzt, wo ich wieder die bekannten Straßen und Plätze meiner Vergangenheit sah, kamen auch die Erinnerungen wieder: die Zeit als kleiner Versicherungsangestellter, der blasierte Alfred, dann die Sache mit der Putze, die mir das Herz brach. Das Einzige, das ich ganz leicht verdrängen konnte, war die schlimme Affäre mit der Direktorin aus der Rechtsabteilung. Zumindest da hatte ich keine wehmütigen Erinnerungen.

Aber weil ich so nostalgisch war, suchte ich sogar die Dachgeschoßwohnung auf, in der ich damals gewohnt hatte. Und siehe da, sie war nicht vermietet. Es war eine verrückte Idee, aber ich nahm sie als erstes Firmenquartier in Deutschland. Es war mir bewusst, dass die Adresse nicht sehr repräsentativ war, auch hatte das Haus keinen Lift und die Wohnung lag im sechsten Stockwerk. Aber ich musste auch nicht wirklich Kunden hier empfangen.

Hier hatte ich keine gesellschaftlichen Verbindungen wie in London, daher hatte ich anfangs schwer zu kämpfen, an gute Kunden heranzukommen. Aber es stellten sich die ersten Kunden dann doch ein und mit guter Arbeit konnte ich gerne mein „Empfehlen Sie mich weiter!" anbringen. Ich war voller Hoffnung für die Zukunft.

Es war wenige Wochen seit meiner Ankunft, an einem warmen Sonntag im Frühsommer.

Ich besuchte im Stadtpark den Gastgarten des Eiscafés, als ich mit einer Frau im luftigen Sommerkleid zusammenstieß. Ich wollte mich gerade entschuldigen, da drehte sie sich zu mir um und wir beide stießen einen Überraschungsruf aus.

„Andrea!" Meine Bürokollegin Eckelhart aus der Zeit in der Versicherung stand vor mir.

„Pete! Ja, das ist eine Überraschung!", lachte sie mich an. Wir setzten uns gemeinsam an einen Tisch und sie begann sofort, mich mit Fragen zu überhäufen.

„Wo bist Du so lange gewesen? Du warst ja wie vom Erdboden verschluckt, nachdem Du damals das Büro so abrupt verlassen hast!"

„Ja, erst war ich in Frankreich, dann in England. Da habe ich mich selbständig gemacht. Und jetzt versuche ich, auch hier wieder Fuß zu fassen."

„Das war damals eine Geschichte! Wir haben uns alle gewundert. Es gab eine Menge Gerüchte. Was ist denn vorgefallen? Du bist verschwunden und dann kam die Frau Doktor Maschke zu uns herunter und hat verkündet, dass Du nicht mehr hier arbeitest. Du Armer, was hast Du denn verbrochen?"

Ich zog es vor, nicht darauf zu antworten. Stattdessen fragte ich zurück:

„Wie steht es denn jetzt mit dem Büro?"

„Ach, da hat sich viel verändert. Stell Dir vor, Du kennst doch noch Alfred? Der ist jetzt unser Chef." (Dachte ich mir doch, dass der mit seinem mächtigen Vater im Rücken Karriere macht!) „Übrigens, Du kannst ihn ja gleich treffen! Ich bin mit ihm hier verabredet.", lächelt sie geheimnisvoll.

„Der hat doch damals geheiratet?"

„Ach das...", antwortete sie langgezogen, „das ist Schnee von gestern. Er ist schon wieder seit über einem Jahr geschieden."

Warum brachte mich diese Nachricht so aus der Fassung?

Zwar war ich bemüht, Andrea nichts anmerken zu lassen, aber in mir drinnen kehrte sich das Unterste zuoberst!

„Ach, da kommt Alfred ja schon!", rief sie verzückt.

Der Kerl, der mich für seinen Freund hielt, und der Einzige, von dem ich mir gut vorstellen konnte, ihn zu ermorden, kam auf unseren Tisch zu.

Auch Alfred war überrascht, mich hier zu sehen. Aber offensichtlich freute er sich doch.

„Pete! Wundervoll! Wie geht es, altes Haus!" Alfred und Andrea begrüßten sich so intim, dass es unschwer zu erkennen war, dass da etwas zwischen ihnen lief.

„Wo hast Du gesteckt, Du Schwerenöter? Ich habe Dich vermisst!"

Ich überging seine Frage.

„Ich gratuliere Dir zu Deiner Beförderung!"

„Oh, danke! Aber das war ja abzusehen.", grinste er selbstgefällig.

„Ich bin ganz Deiner Meinung.", sagte ich, sogar ohne zu lügen.

„Möchtest Du denn nicht wieder bei uns einsteigen? Ich weiß nicht, was damals gelaufen ist, ich war ja nicht da. Aber ich glaube, ich kann bei unserer Frau Doktor Maschke ein gutes Wort für Dich einlegen, dann kannst Du gerne bei mir wieder anfangen. Was hältst Du davon, alter Junge?"

„Aber nein! Danke für Dein Angebot! Ich habe mich in England selbständig gemacht und baue jetzt in Deutschland mein Geschäft auf. Aber - sag mal, was ist mit Deiner Ehe?"

„Ach, das ist vorbei. Schluss, aus! Das war nichts!"

„Ich gehe mich mal frisch machen!", unterbrach uns Andrea, „Aber die Herren haben sicher noch viel zu besprechen!", und entschwand in Richtung Toilette.

Alfred beugte sich ganz nahe zu mir: „Also die Silvie, das war ein Rohrkrepierer, die hatte zwar einen Wahnsinns-Körper, aber im Bett kalt wie ein Fisch. Da hätte ich auch eine Tote vögeln können. Das hatte ich mir wirklich anders vorgestellt."

(Du hast es nicht besser verdient! Wie anders kannte ich sie doch!)

Ich hielt fest an mich, um keine Regung zu zeigen. Alfred fuhr eifrig fort:

„Da ist die da", er deutete mit dem Daumen über seine Schulter zu den Toiletten, „eine ganz andere Nummer. Du kannst Dir nicht vorstellen, was für eine geile Sau im Bett die ist! Die lässt alles mit sich anstellen, aber wirklich alles! Seit neulich sogar in den Arsch ...!", flüstert er mir aufgeregt zu, „Ich weiß zwar, dass sie es darauf anlegt, geheiratet zu werden, aber wenn sie jetzt noch darauf einsteigt, dass ich auch Nutten mit ins Bett bringen kann, dann heirate ich sie prompt! Und wie sie abgeht ... ich glaube, ich muss das Schlafzimmer schalldicht machen.", lachte er laut heraus.

„Oh, wie die Zeit vergeht!", tat ich eilig, „Ich muss jetzt aber los. Sag einen schönen Gruß an Dein Fräulein Braut!" Alfred lachte amüsiert, als wäre das ein guter Witz. Und ich enteilte schnell.

Das war denn doch zu viel. Nicht eine Minute länger hätte ich dort stillsitzen können, zu groß war die Versuchung, Alfred etwas anzutun.

Silvie ist nicht mehr mit Alfred zusammen!

Ich musste erfahren, was sie jetzt tat. Zu schade, dass ich es nicht länger aushielt zu bleiben, ich hätte es vielleicht noch herausbekommen.

Aber egal! Ich wusste ja von Andrea Eckelhart die Büronummer. Und so rief ich sie am nächsten Morgen im Büro an.

„Ja, hallo!", rief sie erfreut, „Du bist aber gestern schnell verschwunden! Aber nett, dass Du wieder anrufst! Möchtest Du Dich wieder treffen? Und wenn ich Dich ganz lieb bitte? ... Was? ... Ach so, Du bist derzeit sehr im Stress! Das verstehe ich ... Ja die neue Firma ... Das hast Du erzählt ... Das ist sicher nicht sehr leicht ... Was? ... Die Silvie? Ja, was soll die denn machen? Sie putzt wieder ... Wo? Ich glaube, es ist noch immer dieselbe Reinigungsfirma. Aber in unser Büro kommt sie nicht mehr! Das will ich ihr auch nicht geraten haben! ... Was? ... Aber bitte! Für Dich tu ich das doch gerne! ... Also möchtest Du nochmal mit mir ...?"

Ich beendete das Gespräch schnell. Ich hatte erfahren, was ich wissen musste. Und ein Treffen mit Andrea, das brauchte ich jetzt sicher nicht! Alfred schien recht zu haben, die ist zu allem imstande.

Die Reinigungsfirma wusste ich auch nach dieser langen Zeit noch, also suchte ich im Internet die Telefonnummer heraus und rief an. Ich stellte mich als möglichen künftigen Kunden vor und bat um einen Termin.

Wie groß war die Wahrscheinlichkeit, dass ich sie dort treffe?

Warum forschte ich eigentlich wie ein Wilder hinter ihr her?

Die Antwort darauf blieb ich mir schuldig.

Die Firma war in einem modernen Bürobau im ersten Obergeschoß eingemietet. Die Prokuristin Held, die mich empfing, machte einen freundlichen Eindruck. Dennoch konnte ich wohl schlecht nach einer bestimmten Reinigungskraft fragen.

Ja, ich würde hier ein Büro aufmachen und einen Reinigungsdienst dazu benötigen.

Frau Held fragte mich, ob ich Kaffee wollte und ich bat darum. Sie verschwand in einen hinteren Raum und ich nutzte die Gelegenheit, die Blätter, die hier im Raum am Weißen Brett angeschlagen waren, zu mustern. Eine Liste war offensichtlich die Reinigungskräfte und die Firmen, wo sie eingeteilt waren.

Es lief mir ein freudiger Schauer über den Rücken, als ich ihren Namen dort stehen sah! Gerade konnte ich in ihrer Zeile die Firma Nixdorf lesen, dann kam schon Frau Held mit dem Kaffee zurück und ich musste so tun, als ob mich nur die Langeweile herumschauen ließ.

Ich ließ mir alle Unterlagen erklären, nahm einen Stoß an Prospekten mit mir und verabschiedete mich freundlich.

Jetzt hieß es, die Firma Nixdorf aufzusuchen!

Auch diese Nummer hatte ich schnell, ich rief den Chef der Entwicklungsabteilung an und fragte an, ob man Interesse an einem Joint venture mit einer etablierten Programmierfirma aus England habe. Ich hätte maßgeschneiderte Lösungen für Kleinunternehmen. Zwar war die Chance auf so ein Geschäft wohl sehr gering, immerhin schien ich am Telefon einen guten Eindruck zu machen, denn der Herr gab mir einen Termin für nächsten Montag.

„Um welche Uhrzeit können Sie den kommen?", fragte der Herr höflich.

„Wann wird denn das Büro gereinigt?", überraschte ich ihn mit meiner Gegenfrage.

„Um fünf Uhr. Wieso fragen Sie?"

„Na, dann kann ich doch noch um vier Uhr dreißig zu Ihnen kommen."

„Ähh, ... ja, ist in Ordnung."

So einen lauten inneren Jubelschrei hat die Welt noch nicht gehört!

Ich hatte meinen Termin bei Nixdorf!

Allerdings hieß das noch immer nicht, dass ich sie sehen würde. War sie die Einzige, die von ihrer Firma zu Nixdorf geschickt wurde? Würde sie auch dieses Büro putzen? Würde sie vielleicht erst später kommen? So viele Unsicherheiten!

Ich konnte meine Unruhe kaum bändigen. Die ganzen Tage musste ich mich zwingen, an meinem Geschäft weiter zu arbeiten. Da gab es genug zu tun. Telefonate, Einladungen, Kontakte zu einflussreichen Personen. Ich hätte mich an Alfred wenden können, ob er mich wichtigen Personen zusammenbringen könnte, aber den frage ich sicher nicht, nicht in hundert Jahren! Lieber verhungere ich hier in Deutschland!

Dann war der Montag da.

Ich suchte Zuflucht in meiner Routine. Es gelang so halb und halb.

Vormittags hatte ich noch zwei Treffen mit möglichen Kunden. Beide gingen mir leicht von der Hand und ich hatte bei beiden ein gutes Gefühl. Dann ging ich mittags in einem Café eine Kleinigkeit essen und fuhr anschließend in mein neues Büro.

Ich stand in dem beinahe leeren Raum. Hier gab es noch ganz viel zu tun, bis es eine repräsentative Geschäftsräumlichkeit würde. Die Erinnerungen stiegen in mir hoch, die schönen Stunden mit ihr -- aber auch die letzten Treffen voller Bitterkeit und Enttäuschung.

Ich war aufgewühlt.

Dann kam die Stunde, um Nixdorf aufzusuchen. Der Herr Doktor Preußler empfing mich höflich. Erster Glücksmoment: Es war ein Großraumbüro, da war die Chance sie zu treffen deutlich höher!

Er bat mich zu einer Kreativ-Ecke im letzten Winkel des Raumes. Wir setzten uns. Ich stellte meine Erfolge in England vor und warb für eine Kooperation, wo doch Nixdorf zu groß war, um kleineren Kunden adaptierte Programmlösungen anbieten zu können. Da könnten sie mich doch als Partner dem Kunden vermitteln.

Während all dieser Gespräche musterte ich ständig den Raum. Es wurden immer weniger Leute an den Schreibtischen, je näher die fünfte Stunde kam. Zuletzt waren nur noch zwei weiter Personen da. Herr Doktor Preußler war sehr geduldig mit mir. Ich wollte unbedingt bis mindestens fünf Uhr reden.

Da betrat eine Reinigungskraft in dem blauen Firmenmantel das Büro. Sie war noch ganz am anderen Ende des Raumes, aber diese Haare, diese hochgesteckte Frisur, es war kein Zweifel, das war sie!

Ich bebte.

Schnell beendete ich meine Ausführungen und gab den Ball an Herrn Doktor Preußler:

„Was halten Sie von meiner Idee?" fragte ich so laut, dass meine Stimme auch am anderen Ende des Büros zu hören sein musste. Gleichzeitig versuchte ich, sie zu beobachten. Sie blickte zu uns herüber. Mit einer unauffälligen Kopfwendung konnte ich ihren Blick einfangen, ihre erstaunt aufgerissenen Augen, ihr betroffener Blick trafen mich ins Mark.

Schnell sah ich wieder weg.

„Nun Herr Kramer", erwiderte Herr Doktor Preußler, „um ehrlich zu sein, liegt unser Interesse nicht so sehr an einem Geschäft mit Ihnen, vielmehr an Ihrer Person. Ich habe mir gedacht, ob Sie mit Ihren Fachkenntnissen nicht in einem so großen und erfolgreichen Unternehmen wie Nixdorf mitarbeiten wollen?" (Ähnliches hatte ich schon vermutet. Warum sonst hätte man mir den Termin angeboten?)

Im Augenwinkel bemerkte ich, dass sie sich von uns abwendete und vermied näher zu kommen. Sie wollte nicht entdeckt werden! Also erhob ich wieder meine Stimme, auch laut genug für sie:

„Tut mir leid, Herr Doktor! Ich bin als Unternehmer unabhängig und habe genug Erfolg, dass ich es auch bleiben kann. Aber vielleicht, haben Sie ja Werksaufträge für mich, so könnten wir immer noch ins Geschäft kommen."

Ich konnte nicht sehen, ob sie mich verstanden hatte, ob meine Worte Eindruck auf sie machten. Sie zeigte immer nur ihren Rücken. Es war zu verrückt werden!

Sie machte sogar nicht weiter bei den Schreibtischen, die näher zu uns standen, vielmehr verließ sie vorzeitig das Büro wieder.

Mir war, als würde der ganze Raum plötzlich dunkler.

Ohne fixen Zusagen verabschiedete Doktor Preußler mich unverbindlich. Er geleitete mich nur zu Bürotür und ließ mich von dort den Korridor zum Lift alleine gehen. Auf dem Weg kam ich bei einer Türe vorbei, die mit ‚Reinigung' beschriftet war.

Es war, als ob die Türe mich gerufen hätte!

Ich öffnete, es brannte Licht in dem fensterlosen kleinen Raum -- und sie stand mitten drin!

Sie wandte sich erstaunt um, wer denn hier hereinkam.

Unsere Blicke trafen sich -- ihre Augen waren schmerzerfüllt, dann senkte sie den Blick zu Boden und hielt still. Ich ließ die Türe hinter mir zufallen und rührte mich auch nicht.

Nach einer Minute peinlicher Stille, hob sie ihre Augen wieder, jetzt sah sie mich direkt an -- aber ihr Blick war undurchdringlich.

Keine Regung, als wäre alles in ihr abgestorben!

Wie weh das tat!

„Bitte? Sie wünschen?", fragte sie mich, als ob ich ein Fremder für sie wäre.

„Hallo!" erwiderte ich leise. Sie wusste doch, wer ich war.

„Was wollen Sie?", hielt sie an ihrer Rolle fest.

„Ich will fragen, wie es Dir geht - Silvie!" nannte ich sie bewusst bei ihrem Namen.

„Danke, mir geht es gut.", sagte sie teilnahmslos.

„Mehr willst Du mir nicht sagen?" Ihre knappen Antworten machten mich ratlos.

„Wollten Sie sich von meiner Schmach überzeugen? Bitte, hier! Jetzt haben Sie sie gesehen. Bitte gehen Sie jetzt!"

„Du sprichst ja wunderbares Deutsch!", stellte ich erstaunt fest.

„Ich besuche den Deutschkurs immer noch. Er wurde im Voraus bezahlt... -- Bitte ... gehen Sie...!", kam es eindringlich aus ihrer Kehle herausgepresst.

Sie drehte sich weg, es kamen ihr zwar keine Tränen, aber ich spürte deutlich, wie sehr meine Gegenwart sie quälte. Sie krümmte ihren Leib und presste ihre Hand auf den Mund.

Es stand eine gläserne Wand zwischen uns und ich konnte nicht zu ihr durchdringen.

So dumm es auch war, ich drehte mich um und verließ den Raum.

Bevor die Türe ganz zugefallen war, hörte ich einen gequälten Laut. Es klang eher nach einem Tier als nach einem Menschen.

Ich raste in mein unmöbliertes Büro, das einmal mein Zuhause war. Dort konnte ich nichts anderes tun, als im einzigen Zimmer auf und ab zu laufen.

Was sollte ich nur tun?

Jetzt verstand ich erst, wie sehr sie sich vor mir schämte. Womöglich nahm sie sogar an, dass ich sie nur aufsuchte, um mich zu rächen.

Genaugenommen hatte ich mir selber in diesen Tagen nie Rechenschaft abgelegt, warum ich so hinter ihr her war. War wirklich etwas dran, dass ich mich an ihrem Unglück weiden wollte? Aber spätestens, als ich ihr gegenüberstand, hatte ich keinen anderen Wunsch mehr, als ihr nahe zu sein!

Wie schwierig war es mir jetzt, mich, der ich auf die Butterseite gefallen war, ihr zu nähern, die so abgestraft worden ist! Und wie leicht ist es damals gewesen, als wir beide noch nichts besaßen als unseren Leib und unser Leben?

Es war zum Verzweifeln!

Ich fuhr wieder ins Hotelzimmer, das ich noch immer bewohnte, und warf mich auf mein Bett. Nein, den Whisky rührte ich nicht an! Schlimm genug, dass er mir jetzt in den Sinn kam.

Statt einzuschlafen warf ich mich stundenlang nur hin und her. Es half auch nichts.

Spät nach Mitternacht umfing mich ein traumloser Schlaf.

Am nächsten Morgen wachte ich mit einem Gefühl auf, als hätte es den gestrigen Tag nicht gegeben.

Das war eine Wohltat.

Plötzlich schien alles so einfach.

Und ich wusste, was ich jetzt unternehmen würde.

Als allererstes machte ich mich daran, endlich mein Büro fertigzustellen. Die Malerei, die Elektrik und auch die Sanitäreinrichtungen wurden erneuert. Das dauerte schon mal vier Wochen. Dann kam das Interieur. Dabei war ich nur mit dem Besten zufrieden. Ein großer gläserner Schreibtisch, ein hoher lederner Drehstuhl, ein Regal dahinter, eine Chesterfield Sitzgruppe und ein Ohrensessel mit Stehlampe, dann war der Raum voll. Auf die Chesterfield-Gruppe musste ich sechs Wochen warten.

Ich ging durch alle Kunstgalerien, um die richtigen Bilder für mich zu finden, und es mussten Originale sein!

Bis das Büro dann ganz fertig war, vergingen schon wieder zwei Monate.

Dann besuchte ich Frau Held von der Reinigungsfirma wieder. Ich brauchte eine Reinigungskraft für Montag bis Freitag von 14:00 bis 18:00 Uhr.

Und es gab eine Bedingung, ohne die ging es nicht ...

. - . - . - .

Ich war nicht dabei, aber ich stellte mir ihr Gesicht bildlich vor, als Silvie zu ihrem neuen Dienstort genau an die Adresse fuhr, die sie vor langer Zeit oft besucht hatte. Vermutete sie, was sie da erwarten würde? Würde sie das Firmenschild an der Hausfassade bemerken?

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P&S Inc.

Customised IT Solutions

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