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Out of Africa - Teil 02

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Wieder schwieg Tayo verbissen. Er hatte keine Möglichkeit sich zu rechtfertigen, der Frau vom Boss zu erzählen, dass er in der letzten Nacht nur ein paar wenige Stunden geschlafen hatte; dass sein Magen knurrte, weil er seit Stunden nicht gegessen hatte; dass sein Kopf von der ungewohnten, lauten Afrikaansmusik dröhnte.

Es interessierte niemanden hier.

So senkte er seinen Kopf und murmelte nur ein leises: „Ja, Ma'am.".

Das seine Augen hierbei zum wiederholten Mal zu Julias Dekolletee wanderten, blieb von allen Anwesenden unbemerkt.

Später am Abend tauchten Kerzen und Fackeln die Terrasse in ein malerisches Licht. Der schwere Duft von blühenden Blumen erfüllte die Luft.

Julia lag ein wenig abseits der Anderen auf einer Gartenliege und starrte in den sternenklaren Himmel.

Melancholische Gedanken an ihre ersten Jahre mit John ließen sie traurig werden. Wie schön wäre es, würde ihr Mann jetzt neben ihr liegen. Früher hatten sich die beiden bei solchen Gelegenheiten wie heute Abend gern weg gestohlen. Es gab auf der Farm kaum einen Platz, an dem sie sich nicht spontan geliebt hatten.

Und heute?

John war seit dem Vormittag unterwegs. Im Pup. Rugby. Mit Christiaan und Arend.

Julia ahnte, in welchem Zustand er tief in der Nacht nach Hause kommen würde.

Helles Lachen der Gäste drang zu ihr herüber.

Wenigstens hatte Hedwig ihren Spaß.

Julia wollte ihr nicht den Abend verderben und stand auf.

"Tantchen, ich schaue noch mal im Pferdestall nach Melodie. Sie war unruhig heute Nachmittag. Du bist ja hier in den besten Händen!"

Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte sich Julia um und eilte ins Haus, um den Hintereingang durch die Küche, als Abkürzung zum Stall zu nutzen.

Anna hatte schon aufgeräumt und geputzt, kein Licht brannte. Wahrscheinlich war die alte Frau bereits zu Bett gegangen.

Julias Herz klopfte schwer, als sie nach der Taschenlampe griff und auf den Hof trat. Dunkelheit machte ihr noch immer Angst.

Mit unsicheren Schritten lief sie über den sandigen Hof und schaltete mit fahrigen Bewegungen das Licht im Pferdestall an.

Dumpfe Wärme und der typische Pferdegeruch umfing sie.

Melodie stand ruhig in ihrer Box.

Als Julia den weichen Hals des Tieres tätschelte und leise Worte zu ihm sprach, erstarrte sie in Panik.

Hinter ihr, in einem der freien Ställe konnte sie ein Geräusch wahrnehmen. Erst war es ein kläglicher leiser Laut, der zu ihr herüber drang, aber nur den Bruchteil einer Sekunde später löste sich ein großer Schatten aus der Dunkelheit, hörte sie Bewegungen und die Atemzüge eines Menschen.

Melodie scharrte jetzt unruhig mit ihren Hufen, während Julia hysterisch herum fuhr.

"Mein Gott, Joseph!", rief sie wütend aber gleichzeitig erleichtert, als sie den Gärtner erkannte. „Was in aller Welt tust du hier?"

Tayo erhob sich von dem mit Stroh ausgelegten Boden des Stalls.

"Ma'am ... ich weiß nicht, wie ich es sagen soll ...", stammelte er ratlos. „Hier ist ... ich habe hier ....". Wieder blickte er zu Boden und schwieg.

"Was hast du hier???", fragte Julia deutlich lauter und ungehalten nach.

Noch immer zitterte ihr Körper.

"Es ist ... es sind ... die Kleinen ... die Jungen ...", stotterte Tayo weiter.

Julia verstand nicht.

Entschlossen ging sie ein paar Schritte auf den Stall zu.

Wieder ertönte das leise Fiepen. Ein hilfloser, jämmerlicher Ton.

"Joseph, du sagst mir jetzt sofort, was hier los ist!", befahl Julia voller Zorn aber gleichzeitig erwachender Neugier.

Tayo hob entschlossen den Kopf. Zum ersten Mal seit langer Zeit schaute er Julia wieder direkt in die Augen.

Er wusste, er musste jetzt alles auf eine Karte setzen.

"Der Gepard, den Master John gestern schießen wollte, war ein Weibchen, Ma'am. Ich habe sie gefunden. Tot, in einer der Fallen. An den dicken Milchdrüsen konnte ich sehen, dass sie Junge haben muss. Gestern Nacht habe ich die Kleinen auf den Wiesen gesucht und hier her gebracht. Sie haben Hunger. Mehr als Wasser konnte ich noch nicht besorgen!", erklärte er jetzt mit fester Stimme.

Julia erstarrte.

"Um Gottes willen, Joseph! Wie konntest du ... wenn mein Mann die Tiere hier findet! Er wird außer sich geraten vor Zorn! Die können nicht hier bleiben! Schaff sie weg, jetzt, noch heute Nacht!"

Während Julia sich immer mehr in ihre Sorgen und Ängste hineinsteigerte, raschelte das Stroh zu ihren Füßen. Aus dem Schatten des Stalls löste sich eines der Kätzchen. Zitternd tapste es auf Julia zu, maunzte und jammerte, als hätte es verstanden, dass sich jetzt und hier sein Leben entschied.

"Ooooch ...!", drang ein tiefer Seufzer aus Julias Mund.

Dann wurde es still im Stall.

Auch die winzigen Geparde gaben keinen Laut von sich.

In Julias Augen sammelten sich Tränen, ein gurgelndes Seufzen drang tief aus ihrem Brustkorb.

Binnen weniger Sekunden löste ihr Mutterinstinkt jedes ihrer eigenen Argumente in Luft auf.

"Joseph ...! Sieh doch! Jesus hilf... Das arme kleine Ding!"

Julia beugte sich nach vorn und hielt dem winzigen Gepard ihre Hand entgegen.

Das Katzenbaby drückte sich scheu in das knöchelhohe Stroh, aber seine Nasenflügel zogen sich zusammen. Ein Zeichen, das das Tier Julias Geruch aufnahm.

"Wie viele sind es?", flüsterte Julia atemlos.

"Drei.", mehr konnte Tayo nicht antworten, die Szene am Boden nahm auch ihn zu sehr gefangen.

Der kleine Gepard begann, langsam und vorsichtig in Julias Richtung zu kriechen.

"Er sucht Ihre Nähe, Ma'am.", krächzte Tayo jetzt mit rauer Stimme.

Sprachlos ließ Julia sich auf den Stallboden sinken und wartete mit offenem Mund, bis sich die junge Raubkatze in Reichweite ihrer Hand im Stroh nieder ließ. Zaghaft und sanft berührten die Fingerkuppen der jungen Frau das weiche Fell, den kleinen silbergrauen Streifen der Rückenmähne, welcher noch aus Babytagen das Gepardenjunge zierte.

Julia unterdrückte ein erneut aufkommendes Schluchzen.

Sie konnte und wollte jetzt nicht darüber nachdenken, dass sie als die Frau vom Master sich entsprechend zu verhalten hatte, dass sie Abstand und Würde bewahren musste.

Hier und jetzt brachen die Mauern in ihrem Herz auf, wurden Wunden geheilt, die schon viel zu lange in ihrer Seele faulten.

"Wie alt ist es? Was frisst es? Wo sind die anderen beiden? Wie hast du sie von den Weiden hier her bekommen?", bestürmte sie Tayo.

Das Herz des schwarzen Mannes schlug bis zum Hals, als er geduldig eine Frage nach der nächsten beantwortete: „Ma'am, ich denke, die Jungen sind um die 3 Monate alt. Von der Rückenmähne ist nicht mehr viel übrig. Wir müssen ihnen Milch bringen und ein wenig Fleisch."

Darüber, wie er in der letzten Nacht die drei Jungtiere nach Stunden der Suche mühsam auf Rücken und Armen über Kilometer geschleppt hatte, schwieg er.

Es entstand ein Moment der Stille in dem Julia das Gepardenjunge immer wieder berührte und bestaunte. Dann raschelte das Stroh erneut und auch die beiden anderen Babys kamen aus ihrem Versteck zum Vorschein.

Vorsichtig nährten sie sich Tayo und ließen sich streicheln. Wenn seine Finger ihre winzigen Mäulchen berührten, begannen sie fast verzweifelt daran zu saugen.

Julia beobachtete dieses Schauspiel schweigend. Tränen der Rührung schimmerten in ihren Augen.

"Sie haben Hunger, Ma'am!", begann Tayo von Neuem. „Anna hat sicher Milch im Vorratsraum."

Das Herz des schwarzen Mannes schlug bei seinen Worten bis zum Hals. Ihm war bewusst, dass er alles, seinen Job, seine armselige Existenz und vor allem das Leben der jungen Geparde riskierte, wenn Julia überreagieren und wie eine weiße Madam handeln würde.

Julia aber blieb erstaunlich gelassen.

„Ja, ich weiß. Aber ich habe keinen blassen Schimmer, ob die Kleinen Kuhmilch vertragen.", gab sie zu bedenken.

"Man könnte die Milch mit Wasser verdünnen. Oder vielleicht sind sie schon alt genug, um sich von Fleisch zu ernähren.", wand Tayo vorsichtig ein.

Julia seufzte.

"Ok, Joseph. Geh in die Küche und hole Milch! Heute ist es zu spät, um irgendwo nach Hilfe zu fragen. Aber morgen versuche ich herauszufinden, wie die Kleinen am besten ernährt werden können."

Tayo atmete hörbar erleichtert auf.

"Heißt das, die Geparde können erstmal hier bleiben?"

Sofort bereute Tayo seine Frage und schlug demütig die Augen nieder.

Normalerweise hätte Julia eine Äußerung dieser Art von einem schwarzen Diener als Anmaßung empfunden und dementsprechend harsch darauf reagiert.

Aber die kleinen Geparde hatten in wenigen Minuten ihr Herz erobert. Ihre Traurigkeit und Bitternis schien verflogen. Hier wartete eine lohnende Aufgabe auf sie.

"Ich werde sehen, Joseph.", antwortete sie ausweichend. „Morgen muss ich herumtelefonieren. Dann überlegen wir, wie es weiter geht."

Über Tayos hoffnungsvolles Gesicht legte sich ein Schatten.

"Werden Sie mit Master John sprechen, Ma'am?", fragte er voller Sorge.

Julia lachte bitter auf.

"Nein! Ganz sicher werde ich das nicht tun! Wir finden einen Weg, die Kleinen zu retten. Um Master John musst du dir keine Gedanken machen, er wird den Pferdestall ohnehin nie betreten. Apropos Master John ... lass mich die Milch holen, ich will nicht, dass dich um diese Zeit noch jemand im Haus sieht. Das wirft nur unnötige Fragen auf. "

Vorsichtig, um die Jungen nicht zu erschrecken, stand sie auf.

"Ich bin gleich wieder hier. Meinst du, es geht in Ordnung, wenn ich die Milch zur Hälfte mit Wasser verdünne?", fragte sie zögerlich in Tayos Richtung.

Der schwarze Mann schaute erstaunt auf.

Dann huschte ein kaum sichtbares Lächeln über sein Gesicht.

Julia wollte seine Meinung wissen.

"Ja, Ma'am, das sollte in Ordnung gehen."

Julia rannte mehr als sie lief über den Hof. Jetzt machte ihr die Dunkelheit keine Angst. Dort im Stall warteten drei hungrige Mäulchen auf sie.

Sie wurde gebraucht!

In Windeseile hatte Julia aus dem Vorratsraum die Milch aus einem der hohen Regale genommen, sie in einen Krug geschüttet und mit ausreichend Wasser verdünnt. Drei kleine Plastikschälchen mussten zum Trinken genügen, es gab keine Babyflaschen in Julias Haushalt.

Hilfe suchend blickte sie sich um.

Da mussten noch rohe Rindersteaks im Kühlschrank sein!

Mit fahrigen Handbewegungen öffnete sie dessen große Tür und klaubte zwei rohe Stücke Fleisch heraus. Rasch zerschnitt sie diese in winzige Teile und eilte zurück zum Stall.

Hedwig, die Party, die Gäste, selbst John waren vergessen.

Als Julia nach einer knappen halben Stunde aufgeregt wie ein Kind die Box des Pferdestalls betrat, bot sich ihr eine Szene, welche in ihrer Schönheit schon fast kitschig wirkte:

Im matten Licht der Stalllampe lehnte Tayo mit geschlossenen Augen an der Bretterwand. Seine Atemzüge waren gleichmäßig und ruhig. Die Hände lagen entspannt auf den leicht geöffneten Oberschenkeln. In seinem Schoß lagen die drei Gepardenbabys eng aneinandergeschmiegt und öffneten ihre Augen lediglich zu kleinen Schlitzen, als sie Julias Schritte wahrnahmen.

Die atemlose junge Frau blieb für einen Augenblick bewegungslos stehen. Mit klopfendem Herzen betrachtete sie dieses friedliche Bild.

Aber noch etwas geschah: Zum ersten Mal fiel ihr bewusst die aparte Schönheit des jungen schwarzen Mannes auf, der vor ihr im Stroh lag. Die langen seidigen Wimpern seiner geschlossenen Augen; seine Haut, wie sie trotz des schwachen Lichtes dunkelbraun und samtig schimmerte; der aus dem alten T-Shirt herausschauende Teil seiner Brust, auf welchem sich winzige, rabenschwarze, drahtige Härchen kräuselten; die schlanken, aber dennoch von kräftigen Muskeln durchzogenen Arme; seine starken, sehnigen Hände; weiche, volle Lippen, die jetzt, während er schlief, zu einem Lächeln geformt waren.

'Himmel! Was tust du da?', mahnte Julia sich selbst, als sie kopfschüttelnd niederkniete, die Schüssel mit dem Fleisch und den Milchkrug ins Stroh stellte. ‚Du betrachtest ihn, als wäre er ein Mann, der dir gefährlich werden könnte. Vergiss es, nie! ... Niemals! Er ist nur ein Kaffer -- nichts als ein ganz gewöhnlicher Kaffer!'

Aber dennoch, auch wenn sie es sich nicht eingestehen wollte, huschte ein sanftes, leises Kribbeln über die Haut ihres Rückens.

Tayo fuhr erschrocken auf, als Julia sich ebenfalls auf dem Stallboden nieder ließ. Seine großen, schwarzen Augen blickten sie voller Bestürzung an, während seine Hände instinktiv versuchten, die Gepardenjungen zu verdecken.

Im Bruchteil einer Sekunde waren Julias geringschätzige, verächtliche Gedanken verschwunden. Sie musste lachen. Es war das erste ehrliche, warme, befreiende Gelächter seit langer Zeit.

"Keine Sorgen, Joseph!", kicherte sie. „Du hast nicht verschlafen. Es ist noch immer Nacht. Ich war nicht lange weg."

Tayo atmete hörbar. Verschlafen rieb er sich die Augen.

Noch immer schmunzelnd, stellte Julia jetzt die flachen Schalen auf das Stroh und goss vorsichtig Milch hinein. Ohne Aufforderung erhoben sich die Gepardenbabys und tapsten mit unsicherem Gang zu ihrer ersten Mahlzeit seit vielen Stunden.

Tayo und Julia saßen nebeneinander. Fasziniert schauten beide zu, wie sich die kleinen rauen Zungen der Kätzchen geschäftig immer wieder in der weißen Flüssigkeit versenkten, bis jedes der Schälchen restlos ausgeleckt war.

Julia fühlte sich in diesen Minuten wohl und geborgen. Sie genoss das harmonische Bild vor ihren Augen. Da gab es keinen Rassismus, keinen Hass, keine Vergewaltigung, alles schien so einfach. Aber ihr war gleichzeitig auch klar, das bereits ihr Sitzen hier im Stall, allein mit einem anderen Mann, einem schwarzen Mann, einem Nigger, für einen handfesten Skandal auf Droekraal sorgen könnte und John sie noch mehr hassen und verachten würde, als er dies ohnehin bereits tat.

Julia seufzte schwermütig.

"Alles in Ordnung, Ma'am?", fragte Tayo leise.

Julia schaute ihn unumwunden an.

Unfreiwillig fielen ihr Tayos ausdrucksvolle Augen auf.

"Ich denke schon.", murmelte sie dann unsicher. „Es ist einfach schön, die kleinen Tierchen hier zu beobachten. Sie wissen nichts von Kummer und Leid. Fressen, schlafen und wachsen, ist alles, was sie kennen."

"Ihre Mutter ist gestern gestorben...", wand Tayo vorsichtig ein.

Ein Schatten huschte über Julias Gesicht.

"Natürlich, Joseph. Du hast ja Recht.", gestand sie sich ein. „Meinst du, sie sehnen sich nach ihr?"

"Ich weiß es nicht, Ma'am. Ich hoffe, sie werden den Rest der Nacht ruhig halten und nicht nach ihr schreien."

"Oh Gott!", murmelte Julia jetzt, „Das habe ich noch gar nicht bedacht! Was tun wir, wenn sie Lärm machen und das Pferd damit aufschrecken?"

"Ich könnte für ein paar Nächte hier im Stall schlafen.", schlug Tayo vor.

"Wird deine Frau nicht auf dich warten?"

"Sie wird denken, ich bin im Pup versumpft und liege volltrunken unter einem von Funanis wackligen Holztischen. Suchen wird sie mich nicht, sie kann das Baby nicht allein lassen. Morgen Abend werde ich mit ihr reden, ihr sagen, dass ich für ein paar Nächte auf der Farm bleiben muss, weil es viel Arbeit gibt."

Tayo grinste schelmisch.

Julia überlegte kurz.

"Also gut, Joseph. Dann schlaf vorerst hier im Stall. Drüben bei Melodie liegen Pferdedecken, du kannst dir nachher ein Lager davon bauen. Aber wenn du morgen früh deine Arbeit beginnst, lass dich um Himmels willen nicht von Master John erwischen, wenn du aus dem Stall kommst!"

"Werd' ich nicht, Ma'am, versprochen."

"Sharp?"

Tayo schaute sie mit staunenden Augen an.

Jetzt war es Julia die grinsen musste.

"Ja, Joseph, ich weiß auch von ein paar schwarzen Gepflogenheiten.", lachte sie.

Fast fröhlich stimmte er in ihr helles Lachen ein und hielt ihr die Hand hin.

"Sharp Sharp!"

Zum ersten Mal in ihrem Leben berührte Julia bewusst und willentlich die Haut eines Schwarzen als sie einschlug und damit den Packt zwischen den beiden besiegelte.

Sie schob all die unsinnigen Geschichten beiseite, welche sie seit ihrer Kindheit gehört hatte: Schwarze Haut wäre schmutzig, voller Keime und Krankheiten.

Da war keine Ablehnung, keine schlimmen Erinnerungen, keine von Hass vergifteten Gedanken. Es gab nur sie, Tayos warme trockene Hand, welche beherzt und kräftig zugriff, die kleinen Geparde, die gerettet werden mussten und ein neues Gefühl, tief in ihrer Seele, welches sie sich nicht eingestehen wollte.

In der Zwischenzeit hatten die noch hungrigen Kätzchen versucht, das Fleisch aus der auf dem Boden stehenden Schüssel zu klauben. Mit ungeschickten Bewegungen war es ihnen gelungen, ein paar der winzigen Stücke ins Stroh zu zerren. Verspielt und gleichzeitig gierig kauten sie daran herum, schoben sie mit ihrem Pfötchen hin und her, forderten die Geschwister zum Spiel auf.

Julias Gesicht erstrahlte in einem glücklichen Lächeln bis ihr schmerzhaft klar wurde, dass sie den Rest der Nacht nicht hier im Pferdestall verbringen konnte.

"Ich muss zurück, Joseph.", sagte sie unglücklich. „Meine Gäste werden mich vermissen und ich weiß nicht, wann Master John nach Hause kommt."

Tayo schaute traurig auf.

"Tut mir leid, Ma'am. Ich kann mir vorstellen, dass Sie gern hier bleiben würden. Die drei sind wirklich niedlich. Wir werden sie noch einige Zeit hier haben. Sie können her kommen, sie sehen und füttern."

"Ja...", entgegnete Julia gedankenverloren. „Morgen muss ich herausfinden, was aus diesen kleinen Engeln werden soll."

Es fiel ihr nicht auf, wie vertraut und freundschaftlich Tayo mit ihr sprach.

Hier im Stall, ohne Konventionen, war eine andere Welt entstanden.

Hier war sie frei.

"Gute Nacht, Joseph.", murmelte sie jetzt leise. „Wir sehen uns morgen. Ich werde dich wissen lassen, wenn ich Neuigkeiten habe!"

"Gute Nacht, Ma'am und danke!"

Julia schaute über ihre Schulter zurück in die Stallbox. Sie lächelte.

Auf der Terrasse des großen Farmhauses war es in der letzten Stunde ruhig geworden. Die meisten Gäste hatten die Party bereits verlassen. Tante Hedwig, ihr alter Freund Dr. Levin und Alice, eine gute Bekannte, saßen noch beisammen und redeten, als Julia aus dem Stall zurückkehrte.

"Julia! Liebes! Wo warst du so lange?", fragte Hedwig gut gelaunt. „Wir haben dich vermisst. Du hast dir mit meiner Abschiedsfeier viel Mühe gegeben und verbringst den Abend dann bei deinem Pferd im Stall."

Beinah tadelnd schaute Hedwig Julia an.

Dann stutzte sie.

Die alte Dame kannte Julia gut genug, um in deren Gesichtsausdruck eine Veränderung festzustellen.

"Hast du mir etwas zu erzählen?", raunte sie ihrer Nichte verschwörerisch zu.

Julia lächelte verhalten.

"Nein, liebes Tantchen, nicht im Moment. Ich möchte mich gern für heute verabschieden und zu Bett gehen, wenn es dir recht ist. Es war ein langer, anstrengender Tag für mich."

Hedwig schaute enttäuscht, stand dann aber auf, um ihre Nichte liebevoll zu umarmen.

"Gute Nacht, meine Liebe!"

"Gute Nacht Tante Hedwig, Dr. Levin und Alice!", rief Julia eilig in die Runde.

In ihrem Zimmer schlug sie ihr Bett auf und schlüpfte nach einer ausgiebigen Dusche nackt unter die leichte Decke.

Sie schloss die Augen und versuchte, all die wirren Gedanken aus ihrem Hirn zu verbannen. Vergeblich.

Ungefragt zogen Bilder durch ihren Kopf. Die kleinen Geparde, wie diese sich zum ersten Mal von Julia streicheln ließen; Tayo, wie er friedlich schlafend in der Stallbox lag ... John, wie er heute morgen grußlos das Haus verlassen hatte um sich im Pup zu betrinken.

Julia seufzte leise, als sie wieder aufstand, um sich im Badezimmer ein Glas Wasser zu holen. Durstig trank sie es in langen Zügen gleich am Waschbecken aus und beobachtete sich dabei. Die dunkelgrünen Augen, welche sonst melancholisch in die Welt blickten, schienen zu leuchten. Da war ein Glitzern, welches tief aus ihrer Seele zu kommen schien.

Ein Wassertropfen lief über ihr Kinn an ihrem langen schlanken Hals hinab und kitzelte die zarte Haut ihres Schlüsselbeines. Ein leiser Schauder durch ihren Körper, Tayos Gesicht blitzte vor ihrem inneren Auge auf.